Titel: Verkehrswesen.Fahrräder.
Fundstelle: Band 308, Jahrgang 1898, S. 214
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Verkehrswesen.Fahrräder. (Fortsetzung des Berichtes S. 196 d. Bd.) Mit Abbildungen. Fahrräder. b) Fahrräder mit Kraftbetrieb. Wiederholt wurden Versuche gemacht, den Antrieb des Fahrrades mittels abnehmbarem Motor zu unterstützen. Als eine Lösung ist das in Fig. 19 dargestellte Motorfahrrad der Firma Werner frères in Paris zu bezeichnen. Textabbildung Bd. 308, S. 214 Fig. 19.Werner's Motorzweirad. Textabbildung Bd. 308, S. 214 Fig. 20.Mittels Dion- und Bouton-Motor betriebenes Zweiradtandem von der Humber Co. Der ¾ -Motor ist an der Lenkstange montirt und mittels Schnurantrieb mit dem Vorderrad in Verbindung gebracht. Dieser Motor macht 1200 Touren in der Minute und wiegt nur 10 k, das Mischgefäss 4 k, wodurch eine verhältnissmässig geringe Mehrbelastung des Fahrrades stattfindet. Die Zündung geschieht durch ein Zündrohr mit continuirlicher Zündung. Der Zünder brennt mit einer nichtleuchtenden Flamme und ist in einer kleinen Laterne eingeschlossen. Das Mischgefäss besteht aus einem aus vernickeltem Kupfer hergestellten Reservoir, das am Rahmen der Maschine befestigt ist. Es fasst 2½ l Erdöl, was für eine Strecke von 120 km genügt. Mittels eines an der Lenkstange angebrachten Hebels wird nicht allein die entsprechende Mischung der Flüssigkeit mit Luft herbeigeführt, sondern auch der Motor in Thätigkeit gesetzt, sowie die Geschwindigkeit regulirt bezieh. die Compression zeitweilig ausgesetzt. Zum Antrieb genügt es, eine kurze Zeit sich der Pedale zu bedienen, die, sobald das Fahrrad im Gang ist, festgestellt werden können, um dieselben als Stütze der Füsse zu benutzen. Es können mit diesem Motorfahrrad 30 bis 35 km in der Stunde zurückgelegt werden. Textabbildung Bd. 308, S. 215 Fig. 21.Dion- und Bouton-Motor. Fig. 20 zeigt ein von der Humber Co. in Coventry gebautes, mit Dion- und Bouton-Motor combinirtes Zweiradtandem, das durch die sinnreiche Anordnung des Motors, sowie dessen Zubehör im Rahmen, nur 3 Zoll länger ist als ein gewöhnliches. Der Antrieb geschieht durch den 2½--Motor mittels zweier Cylinder, die auf beiden Seiten des Hinterrades angeordnet sind, dadurch, dass der Arbeitskolben D (vgl. Fig. 21) durch das federbelastete Ventil S1 und das gesteuerte Drehventil RR1 ein zündfähiges Gemisch ansaugt. Dieses bildet sich dadurch, dass beim Saugehub Luft durch Rohr T in das leicht flüchtige Benzin gelangt, das sich in einem innerhalb des Rahmens angeordneten Behälter C, der durch ein Rohr A mit den Abgasen der Maschine geheizt wird, befindet. Die mit Benzindämpfen gemischte Luft steigt in den oberen Raum des Behälters und durch Ventil R in das Zuflussrohr zum Einlassventile S1, wobei zugleich atmosphärische Luft durch Ventil R in geeignetem Mischungsverhältnisse zutritt. Dieses Gemisch wird nun im Arbeitscylinder verdichtet und beim Hubwechsel, dritter Hub, auf elektrischem Wege durch einen zwischen den Spitzen T überspringenden Funken entzündet. Zu diesem Zwecke ist hinter dem zweiten Sattel eine elektrische Batterie und am Sattelstützrohre eine Inductionsrolle befestigt. Die Steuerung des Zündfunkens geschieht durch den von der Steuerwelle bethätigten Unterbrecher. Die Geschwindigkeit der Maschine wird durch Aenderung der Ladung nach Menge und Gehalt geregelt, oder durch Ausschaltung der Zündung. Zum Anhalten der Maschine wird die Zündung abgestellt. Diese Manipulationen werden vom hinten sitzenden Fahrer vom Sitze aus bethätigt. Um das Geräusch zu dämpfen, mündet das Auspuffrohr in einen Topf B. Das Auspuffventil S wird von einer unrunden Scheibe G bei jeder zweiten Umdrehung der Schwungrad welle geöffnet. Die Kraft des Motors wird unter Vermittelung zweier Schwungräder und einer Zahnräderübersetzung P auf die Hinterradachse übertragen. Wird die Maschine angelassen, öffnet man den Zapfen N, so dass in den Cylindern keine Verdichtung stattfinden kann. Dann treiben die Fahrer das Fahrrad und damit die Maschine mit den Tretkurbeln an, so dass allmählich Gemisch in die Cylinder eingesaugt und entzündet werden kann. Textabbildung Bd. 308, S. 215 Fig. 22.Mittels Dion- und Bouton-Motor betriebenes Zweirad von der Humber Co. Bei dem von derselben Firma gefertigten Einsitzer (Fig. 22) ist der Motor, sowie dessen Zubehör ebenfalls im hinteren Theile des Rahmens untergebracht, jedoch ist die Anordnung eine andere. Der Motor, der in Fig. 20 direct auf die Hinterradachse wirkt, überträgt hier seine Kraft mittels Kette auf dieselbe. Die elektrische Batterie sitzt hier an dem zur Hinterradachse führenden Streberohre, während die Inductionsrolle an dem vom Sattel zur Hinterradgabel führenden Rahmenrohre angebracht ist. Dieser Motor macht 1400 Umdrehungen in der Minute, wobei 700 Zündungen stattfinden. Die Geschwindigkeit dieser Fahrräder ist etwa 40 km in der Stunde. Der Verbrauch an Benzin für 70 bis 100 km beträgt 4 l. Es können mit diesen Rädern Steigungen von 4 bis 5 Proc. ohne Benutzung der Pedale, mit Benutzung derselben 10 bis 12 Proc. Steigungen gefahren werden. Passirt etwas am Motor, so kann derselbe ausgeschaltet und das Fahrrad mittels der Pedale getrieben werden. Ebenso kann der Motor und seine Mechanismen, einschliesslich des Triebrades und Oelbehälters durch Lösung von drei Bolzen vollständig abmontirt und ein gewöhnliches Rad eingesetzt werden. Diese Manipulation kann in etwa 15 Minuten ausgeführt werden. Textabbildung Bd. 308, S. 216 Fig. 23.Mittels Erdöl- und Elektromotor betriebenes Zweirad von Wattles. Unter amerikanischem Patent Nr. 597042 wurde L. H. Wattles in Providence, R. I., ein mit einem Erdöl- und Elektromotor combinirtes Motorzweirad patentirt. Wie Fig. 23 zeigt, ist unterhalb des oberen Rahmenrohres ein Accumulator a befestigt, der mittels der Inductionsrolle b einen Elektromotor c speist. Letzterer überträgt seine Kraft mittels Riemenscheibe und Riemen d auf die Scheibe d1, mit welcher ein Zahnrad e fest verbunden ist. Textabbildung Bd. 308, S. 216 Fig. 24.Elektrisch betriebenes Tandem von der Humber Co. Auf dieses Zahnrad e wirkt ebenfalls der Erdölmotor ah der sich auf das untere Rahmenrohr h stützt, dadurch, dass seine Kraft mittels Kette i auf das Rad k, das mit Rad l ein Stück bildet, übertragen wird. Dieses Rad l steht mittels Kette l1 mit dem Rade e in Verbindung. Letzteres greift nun in das mit dem Kettenrade g verbundene Zahnrad g1 ein, wodurch der Antrieb auf der Hinterradachse erfolgt. Die Zündung erfolgt auf elektrischem Wege und die Regulirung der Motore geschieht von der Lenkstange aus. Zur Unterstützung der Motore sind Tretkurbeln angeordnet. Textabbildung Bd. 308, S. 216 Fig. 25.Mittels Dampfmaschine betriebenes Zweirad von Libbey. Fig. 24 zeigt ein elektrisch betriebenes Tandem der Humber Co. in Coventry. Der Antrieb erfolgt mittels Kette, durch die der Elektromotor seine Kraft auf die Hinterradachse überträgt. Dieser Elektromotor befindet sich am untersten Rahmenrohre und wird durch die im oberen Theile des Rahmens gelagerten Accumulatoren gespeist. Die Geschwindigkeit, welche bis zu etwa 48 km in der Stunde gesteigert werden kann, wird vom hinteren Fahrer durch den Widerstand, der an der Lenkstange angebracht ist, geregelt. Zur Unterstützung des Motors sind ebenfalls Tretkurbeln vorgesehen. Ein mittels Dampfmaschine betriebenes Motorzweirad von H. W. Libbey in Boston (Amerikanisches Patent Nr. 583809) zeigt Fig. 25. Auf der Grundplatte e ist der Dampfkessel a befestigt, dessen Feuerung b unterhalb der Platte liegt. Hinter diesem Kessel befindet sich das Wasserreservoir c. Der Antrieb des Hinterrades geschieht mittels Kette durch eine oscillirende Dampfmaschine d, deren Kolbenstange direct mit der Kurbel gekuppelt ist. Eine neue und gefälligere Form des in D. p. J. 1896 302 253 ausführlich beschriebenen Motordreirades von L. Bollée zeigt Fig. 26. Dasselbe ist von der Humber Co. gebaut. Um das Gewicht des Motors mehr auf das ganze Rad zu vertheilen, ist der 2½--Motor statt nach hinten in die Mitte verlegt. Die Steuerung des Fahrrades, sowie die Bethätigung des Motors geschieht durch den hinten sitzenden Fahrer, der hier auf einem Fahrradsattel sitzt. Die beiden vorn Sitzenden sind durch die Anordnung des Sitzes dem Motor vollständig aus dem Wege. Das Motordreirad mit Einrichtung für Fussbetrieb von F. Lutzmann in Dessau ist zweisitzig und hat bei einer Breite von etwa 1,10 m etwa 2 m Länge. Das Gewicht des Rades beträgt etwa 175 k. Letzteres ist so gebaut, dass Steigungen bis zu 15 Proc. von zwei Personen mit Leichtigkeit gefahren werden können. In der Ebene vermögen zwei Personen auf guter Strasse etwa 30 bis 40 km in der Stunde zurückzulegen. Der 1½--Motor hat einen Cylinder von 105 mm Bohrung bei 140 mm Hub und ist für Benzinbetrieb eingerichtet. Der Benzinvorrath reicht für 8 bis 10 Stunden. Der Gang der Maschine lässt sich leicht vom Sitze aus reguliren; beim schnellen Gange erfolgt die Uebertragung direct, bei Steigungen mittels Vorgelege. Beim Halten braucht die Maschine nicht abgestellt zu werden, sondern kann auch in Betrieb bleiben. Textabbildung Bd. 308, S. 217 Fig. 26.Motordreirad System Bollée von der Humber Co. Die Bremse ist äusserst wirksam und wird von den Fusstützen aus bedient, während der Tretmechanismus so angeordnet ist, dass er jederzeit bethätigt werden kann, gleichviel ob die Maschine ein- oder ausgerückt ist. Die Momentausrückung vollzieht sich mittels eines einzigen Handgriffes. Wie aus Fig. 27 ersichtlich, befindet sich der Führersitz mit der Lenkstange hinten, direct hinter dem Schwungrade, welches 550 mm im Durchmesser hat. Der vordere Sitz kann auf Wunsch abgenommen werden, ebenso lassen sich mit Leichtigkeit Gepäckkasten an dem Dreirade anbringen, welche von der Firma geliefert werden. Textabbildung Bd. 308, S. 217 Fig. 27.Motordreirad von Lutzmann. Der Motorencylinder ist aus geschmiedetem Stahl hergestellt. Die Zündung vollzieht sich durch Elektricität mittels Accumulators und Ruhmkorff'schen Funken-Inductors. (Nach Uhland's Maschinenconstructeur.) (Schluss folgt.)