Titel: Die erste Acetylen-Fachausstellung in Berlin.
Fundstelle: Band 308, Jahrgang 1898, S. 255
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Die erste Acetylen-Fachausstellung in Berlin. (Schluss der Berichtes S. 237 d. Bd.) Mit Abbildungen. Die erste Acetylen-Fachausstellung in Berlin. Aehnlich wie der Verschluss der Carbidbehälter an den Apparaten der französischen Gesellschaft ist der bei den Entwicklern, die F. J. Bergmann (Neheim) ausgestellt hatte. Der Verschlusskonus wird nur durch einen mit der Gasometerglocke in Verbindung stehenden Hebel bethätigt. Entleerung, Reinigung und Beschickung der Apparate können ohne Unterbrechung des Betriebes erfolgen. Textabbildung Bd. 308, S. 255 Acetylenapparat von Pärli. Ganz praktisch erschien mir der Apparat von Pärli und Brunschwyler in Biel, Schweiz, bei dem das Carbid aus den nach und nach sich öffnenden Segmenten einer Trommel, die über dem Zersetzungscylinder angebracht ist, ins Wasser fällt. Die Speisevorrichtung d (Fig. 6 und 7) besteht aus einem die Achse h tragenden festsitzenden Behälter, der durch Deckel l hermetisch verschlossen werden kann. Er ist in eine Anzahl Zellen getheilt, die durch Klappen k verschliessbar sind. Unter diesem Zellenapparate ist um die Achse h drehbar eine tellerförmige Platte i (Fig. 8) angeordnet, die mit einer Anzahl concentrisch eingeschnittener Oeffnungen i1, einem excentrischen Ausschnitte i2 und einem Rande i3 versehen ist. Unterhalb der Platte i ist in dem Gasentwickler c eine wagerechte Welle m drehbar. Sie trägt am inneren Ende ein Schaltrad n, das in die Oeffnungen i1 der Platte i hineinragt, und an dem äusseren, nach dem Gasometer zu verlängerten Ende ein Rad o (Fig. 9), auf dessen Nasen die oben an der Gasometerglocke befestigte Schubstange p wirkt. Um die Klappen k bis zur nothwendig werdenden Entleerung geschlossen zu halten, sind daran Supports k1 befestigt, an denen kleine wagerechte Rollen k2, die den Rand i3 der Platte i auf der inneren Seite berühren, drehbar gelagert sind. Sinkt die Gasometerglocke, so dreht die Stange m das Rad o sammt Welle m und Schaltrad n. Letzteres dreht i so, dass ein Ausschnitt i2 unter eine bisher durch i3 und k2 zugehaltene Klappe k kommt. Diese wird frei, so dass sie der Inhalt einer Zelle d herunterdrücken kann und das Carbid auf den Rost e der trichterförmigen Endigung g des Gasentwicklers c fällt. Durch f wird der Kalkschlamm in das Gefäss t abgelassen. Hahn s dient zur Regulirung des Wasserstandes. Mit ähnlicher Beschickungsvorrichtung ist der Acetylenerzeuger ausgerüstet, den U. Kesselring (St. Imier, Schweiz) in zwei Grössen, für 10 und 20 Flammen, vorführte. Nur klappen nicht die Seitenwände, sondern die Böden der betreffenden Abtheilungen herab. Das Carbid fällt durch einen Trichter, in dem eine Klappe mit Gegengewicht das Aufsteigen von Wasserdämpfen in die Ladungstrommel während der Gaserzeugung hindert. Durch eine einfache Vorrichtung wird beim Laden das Fallen der Klappen verhindert; ein Rückschlagsventil hindert das Entweichen von Gas. Es ist ein besonderer Wasserbehälter über dem Gasometer angebracht. Dieser steht mit einem kleineren Behälter in Verbindung, der mittels eines Schwimmers nur die zur Zersetzung einer Ladung Carbid erforderliche Menge Wasser aufnimmt. Das Vorstossen der einzelnen Ladungen in der Trommel erfolgt automatisch durch ein Hebelwerk. Nach Verbrauch jeder Ladung entleert sich der Generator und wird nachgespült und wieder mit Wasser gefüllt. Bei dem kleineren Apparate ist der Generator grösser und enthält, ähnlich wie bei dem Apparate von Pärli und Brunschwyler, Wasser zur Zersetzung sämmtlicher Ladungen. Eine auf Rollen laufende Ladungstrommel war besonders ausgestellt. Die Type III der Apparate, die v. Scheidt (Charlottenburg) auf der Ausstellung zeigte, unterscheidet sich von den vorher beschriebenen Erzeugern im Wesentlichen nur dadurch, dass die mehrkammerige Beschickungsvorrichtung sich um eine wagerechte Welle dreht. Eine Anzeigevorrichtung lässt jederzeit den Stand des verbrauchten Carbids erkennen. Einen nach dem Meyersberg'schen österreichischen Patente Nr. 48/548 ausgeführten automatischen Acetylenentwickelungsapparat hatte Leo Arnoldi (Wien) ausgestellt. Beim Sinken der Gasometerglocke wird eine Klinke, die in einen Bolzen einer Scheibe greift, ausgelöst. Die Scheibe dreht sich durch Angriff eines an einer Kette befestigten Gewichtes, bis eine neue Klinke in sie eingreift. Dadurch wird gleichzeitig eine Gleitschiene derartig verschoben, dass eine der auf ihr befestigten Carbidschalen umkippt und ihren Inhalt in den Erzeugerraum entleert. Für grössere Anlagen bereits vielfach ausgeführt ist der von v. Szepczynski erfundene Apparat „Archimedes“ (Oesterreichisches Patent Nr. 14761), den die Acetylengas-Actiengesellschaft (Wien-Budapest) ausgestellt hatte. Die Nr. II, die einen Theil der Ausstellung beleuchtete, fasst auf einmal etwa 100 k Carbid, die zur Erzeugung von 25 bis 30 cbm Gas für 300 und mehr Flammen ausreichen. Der wagerechte Entwicklerkessel a (Fig. 10), der zu zwei Dritteln mit Wasser gefüllt ist, trägt ein doppeltes Carbidzuführungsgehäuse b, in dem sich eine Transportschnecke d bewegt. Soll während des Betriebes Carbid nachgefüllt werden, so wird der Deckel c abgenommen und die Klappe s geschlossen. Ist die Nachfüllung beendet, so wird s geöffnet und die Schnecke d kann dann Carbid durch die Speiseöffnung e in den Entwickler schieben. Der Antrieb der Schnecke d erfolgt durch die Welle f, auf der die mit schraubenförmigen Nuthen versehene Seilscheibe i nebst dem Schaltwerke h montirt ist. Die Seilscheibe ist einseitig mit dem an einem Drahtseile aufgehängten Triebgewichte p belastet. Das andere Ende des Seiles steht mit der Gasometerglocke derart in Verbindung, dass bei deren Sinken die Transportschnecke frisches Carbid in die Speiseöffnung schiebt, h ist ein Wasserstandsrohr, o ein Mannloch zur Entleerung und n eine Kurbel für den Fall, dass die Speisung durch Handbetrieb vorgenommen werden soll. Textabbildung Bd. 308, S. 256 Fig. 10.Acetylenapparat „Archimedes“ der Acetylengas-Actiengesellschaft. Nach ähnlichem Systeme sind der Erzeuger „Industriel“ für Handbetrieb, der nicht ausgestellt war, und der „Revolver-Duplex“ (Oesterreichisches Patent Nr. 14728) construirt. Bei letzterem besteht der Carbidvertheiler aus zwei cylinderförmigen concentrischen Transporteuren, die in je acht Kammern getheilt sind. Sie drehen sich ruckweise und lassen dabei das Carbid kammerweise durch Bodenöffnungen in den Entwickler fallen. Beim Sinken der Gasometerglocke fällt ein an sie angehängtes Gewicht auf das eine Ende eines Schalthebels und löst ein Seilrad mit einseitiger Gewichtsbelastung zu begrenzter Bewegung aus. Dieses sitzt an einer wagerechten Welle, deren Drehung durch Kegelradübersetzung auf eine senkrechte Spindel übertragen wird, die für beide Ringtransporteure gemeinschaftlich ist. Steigt die Gasometerglocke, so wird das Schaltgewicht mit angehoben, der Schalthebel schnappt entlastet zurück und die Drehung der Seilscheibe und damit der Carbidspeisevorrichtung wird suspendirt. Der Apparat kann mit einer Beschickung 30 Flammen zu je 20 l 7 Stunden lang speisen. Sehr einfach und deshalb für grössere Anlagen sicher empfehlenswerth ist der von F. Butzke und Co. (Berlin) ausgestellt gewesene Apparat „Central“, durch den mehrere Tausend Flammen gespeist werden können. Ein Theil der Beleuchtung in der Ausstellung wurde durch einen derartigen Entwickler besorgt. Dieser ist nichts weiter als ein mit Wasser gefülltes Reservoir mit Einführungstrichter. Neu und, soweit es sich beurtheilen lässt, sehr praktisch ist die Ladevorrichtung, die ein Entweichen von Gas während der Beschickung ausschliesst. Sie besteht aus einem Gestelle an langer Stange. An dieser ist ein Deckel befestigt, der nach Einsetzen der Carbidbüchse auf diese aufgeschoben und nach Einführung in den Entwickler gelüftet wird. Die Beschickung erfolgt gewöhnlich durch Hand, kann aber auch automatisch eingerichtet werden. Sehr beachtenswerth war auch der von Franz Fikentscher (Zwickau i. S.) erfundene (D. R. P. Nr. 95990) und von Friemann und Wolf (Zwickau i. S.) verfertigte Acetylenerzeuger, bei dem das Entweichen von Gas während der Beschickung mit Carbid vollständig ausgeschlossen ist. Um dies zu erreichen, ist der seitlich angebrachte Carbidkasten mit einer unteren und einer oberen Klappe verschlossen, die nicht beide zu gleicher Zeit geöffnet werden können. Auf ihren Drehachsen sind nämlich zwei segmentförmige Scheiben mit Ausschnitten befestigt, die mit den äusseren kreisförmigen Rändern zusammenstossen. Will man Carbid einschütten, so öffnet man die obere Klappe. Dadurch dreht sich die auf ihrer Achse befestigte Scheibe in den runden Ausschnitt der anderen Scheibe hinein und hält so die untere Klappe unter festen Verschluss. Die obere Klappe wird nun auch wieder geschlossen. Erreicht die Gasometerglocke ihren tiefsten Stand, so drückt ein im Inneren von oben herabgehender Stab auf einen Hebelarm, der sonst durch eine Feder hochgehalten wird. Dadurch wird ein Haken, der in einen Einschnitt des Randes der unteren Scheibe eingreift, ausgelöst, die Scheibe wird frei und die untere Klappe öffnet sich, während durch das Eingreifen der unteren Scheibe in den Ausschnitt der oberen die zu dieser gehörige Klappe festgehalten wird. Der Kalkschlamm wird durch eine Pampe entfernt, die gleichzeitig frisches Wasser zuführt. Die einfache und saubere Bedienung des Apparates, der das Gas durch die grosse Wassermenge gut kühlt und vollkommen gleichmässig liefert, sind weitere Vorzüge des Systems. Eine vollständige Abdichtung nach der Beschickung will auch Joseph Rosemeyer (Lingen a. E.) bei einem neuen Apparate erreichen, der nicht ausgestellt war, dessen Princip aber erläutert wurde. Weitere, in der Ausstellung vorgeführte Apparate, bei denen das Carbid ins Wasser fällt, sind der Erzeuger „Gloria“ von V. Johannes Woschnagg (Maria-Rast, Steiermark) und der Entwickler von Oscar Falbe und Borchardt (Berlin). Ferner hatten J. Schwarz und Rudolf Kühn (Rorschach, Schweiz) Acetylenentwickler ausgestellt, letzterer auch eine Aufspeicherungsvorrichtung. 2) Vorrichtungen zur Verwendung des Acetylens. Das weiteste Feld, das sich der Verwendung des Acetylens darbietet, ist sicher das der Beleuchtung, zu dem schon die ungewöhnliche Lichtstärke seiner Flamme es prädestinirt. Viel Schwierigkeiten bereitete allerdings die Construction eines passenden Brenners, da der hohe Kohlenstoffgehalt des Acetylens leicht zum Russen Veranlassung gibt, und dieser Russ die Brenneröffnungen verstopft. Wenn auch noch nicht in ganz vollkommener Weise, so ist die Brennerfrage im Wesentlichen doch als gelöst zu betrachten. Die verschiedensten vorgeführten Constructionen zeigten dies deutlich. Beim Verbrennen des Acetylens bildet sich aus dem ihm stets beigemengten Phosphorwasserstoffe Phosphorsäure. Diese erfüllt, wie man in der Ausstellung am Abend deutlich beobachten konnte, in Dunst- oder Nebelform die Luft des Raumes, der mit Acetylen beleuchtet wird. Den Phosphorwasserstoff vor der Verbrennung aus dem Acetylen zu entfernen, ist ziemlich schwierig und für kleine Anlagen verhältnissmässig theuer. Deshalb reinigt Dr. J. Billwiller (Untereggen bei Rorschach) nicht das Brenngas, sondern die Verbrennungsgase.. Dazu wird bei der in Benutzung gezeigten Vorrichtung die Phosphorsäure condensirt und neutralisirt. Auf den Lampenschirm ist ein Metallcylinder aufgesetzt, der im Inneren je nach der Stärke des Luftzuges 3 bis 5 Siebe von verschiedener Maschenweite enthält. Im mittelsten Siebe befinden sich haselnussgrosse Bimssteinstücke, die mit Kaliumcarbonat getränkt sind. Ein Theil der Phosphorsäure schlägt sich schon auf dem Lampenschirme nieder, die grösste Menge wird auf den Sieben condensirt und der Rest vom Kaliumcarbonat aufgenommen. Da letzteres hygroskopisch ist, kommen immer neue, noch nicht in Phosphat verwandelte Theilchen aus dem Inneren des Bimssteines an die Oberfläche. Eine Beschickung genügt für etwa 500 Brennstunden. Die Reinigung und Neufüllung ist leicht und billig. Die bei der Verbrennung phosphorwasserstoffhaltigen Acetylens entstehende Phosphorsäure ist auch insofern nachtheilig, als sie bei Metallbrennern das Material angreift und zur Verstopfung der feinen Brenneröffnungen durch Salze Veranlassung gibt oder bei Verwendung von Edelmetallen als freie Säure sich darin niederschlägt. Dadurch wird der Vortheil der Metallbrenner, weniger als Specksteinbrenner zur Russbildung zu neigen, wieder illusorisch. Verstärkte Luftzuführung hebt diesen Uebelstand nicht ganz auf. Sie verhindert auch bei Specksteinbrennern nicht genügend die Verstopfung der Gasausströmungsöffnungen durch Russ, zumal da der Speckstein selbst häufig von Kohlenstoff oder Kohlenwasserstoffen durchsetzt ist. Eine vollständig russfreie Verbrennung, bei der auch keine Condensationen am Brenner eintreten, erreicht Dr. J. Billwiller (D. R. P. Nr. 95192) dadurch, dass er auf dem Thon- oder Specksteinkörper des Brenners in möglichst wenigem Contact mit dem schlecht leitenden Material eine dünne Nickelplatte anbringt. Diesen Brenner hatten u.a. die Acetylengas-Gesellschaft Basel und J. v. Schwarz (Nürnberg) ausgestellt. Die letztere Specksteinbrennerfabrik zeigte ausserdem noch zwei andere Systeme von Brennern. Das eine, der Doppelbrenner (D. R. G. M. Nr. 86505), beruht, wie auch die vorige und manche andere Construction darauf, dass zwei Gasstrahlen, die sich unter einem Winkel treffen, sich beim Entzünden zu einer breiten, fischschwanzähnlichen Flammenform vereinigen. Der Brenner ist aus einem Stücke hergestellt, wobei Ersparniss an Material und Raum, sowie grosse Stabilität maassgebend waren. Da die Flamme bei vermehrter Kerzenstärke die erforderliche Steifheit verliert, wurden statt der sonst gebräuchlichen einen capillaren Bohrung in jedem Brennerarme zwei, drei und mehr Bohrungen angebracht. Diese feinen Bohrungen würden nun bald verrussen. Deshalb münden sie oben in einer kleinen, nach der Innenseite des Brenners gerichteten trichterförmigen Erweiterung, die auch Luftzuführungslöcher besitzt. Die Flamme ruht auf dem äussersten Rande dieses Trichters. Die vorgeführten Nrn. 1 bis 6 hatten 1- bis 4fache Bohrung und eine Lichtstärke von 20 bis 70 Normalkerzen bei 10 bis 45 l Gasconsum. Der Sternstrahlenbrenner (D. R. G. M. Nr. 88617) derselben Firma besteht aus einem Rohre mit doppeltkugeligem Kopfe. Letzterer hat sechs, acht und mehr feine Bohrungen, die, wie bei der vorigen Construction, in eine trichterförmige Erweiterung münden. In diese sind von der unteren Seite des doppeltkegeligen Kopfes aus Luftkanäle eingeführt. Durch Combination von solchen mehrstrahligen Einzelflammen kann der Brenner vergrössert werden. Die ausgestellten Grössen Nr. 2, 3 und 4 hatten 42, 70 und 100 Normalkerzen bei einem Consum von 45, 80 und 110 l. Mit dem Brenner versehene Hängelampen wurden ebenfalls gezeigt. Brenner hatten ferner ausgestellt: die Deutsche Acetylengas-Gesellschaft m. b. H. (Berlin), und zwar Flach- und Gabelbrenner, „Hera“ (Berlin), und zwar Strahlenbrenner in verschiedenen Ausführungen, Ehrich und Graetz (Berlin), die Allgemeine Acetylengas-Gesellschaft Oscar Falbe und Borchardt (Berlin) Schmetterlingsbrenner, F. Butzke und Co. (Berlin), Emile Engasser (Colmar i. E.) französische, die Acetylengas-Actiengesellschaft (Budapest Wien), diese u.a. solche nach Bray, nach Lebeau mit Kühlplatte aus Speckstein, Glühlicht- und Bunsen-Brenner, Eduard Grimm (Berlin) und Jean Stadelmann und Co. (Nürnberg). Letztere Firma war mit einer grossen Zahl von Specksteinbrennern vertreten. Unter ihnen erschienen besonders beachtenswerth die Zweistrahlenflachbrenner in Ring- und Hufeisenform, die Rundbrenner und Bunsen-Brenner. Letztere sind jetzt so vervollkommnet, dass sie dauernd eine tadellose Flamme geben. Diese nichtleuchtende Flamme hat man, wie beim Steinkohlengase, zur Erhitzung von Glühstrümpfen benutzt. Dem unbefangenen Beurtheiler muss diese Richtung, der sich die Acetylenindustrie zuwendet, als verfehlt erscheinen. Warum der Acetylenflamme erst ihre Leuchtkraft rauben, die grösser als die des Gasglühlichtes ist, und sie dann mit Strumpf verbrennen? Mit zwei derartigen Acetylen-Glühlichtlampen „Mammut“, deren jede 1500 H.-K. liefern soll, hatten F. Oehlmann und Protz (Berlin) den Eingang der Ausstellung beleuchtet. Die Luft wird mit einer kleinen durch die Wasserleitung bethätigten Luftpumpe dem Brenner, wo sie sich mit dem Acetylen mischt, zugeführt. Auch Leo Arnoldi (Wien) hatte einen Brenner mit Glühkörper ausgestellt. Schülke, Brandholt und Co. (Berlin) zeigten windsichere Regenerativlampen und Laternen für Acetylenbeleuchtung. Der Brenner befindet sich in einem hermetisch verschlossenen Glasgehäuse, auf dem ein Dach oder Lampenkörper mit Luftleitflächen ruht. Die Aufhängung schützt den Glühkörper vor Erschütterungen. Die ausgestellten Acetylen-Fahrradlaternen und tragbaren Acetylenlampen der Acetylengas-Gesellschaft Basel unterscheiden sich dadurch von anderen Constructionen, dass sie mit den sogen. Calciumcarbidkerzen beschickt werden. Diese sind aus gemahlenem Carbid und einem geeigneten Bindemittel hergestellt und mit einem wasserundurchlässigen, aber schmelzbaren Ueberzuge versehen. Sie verbrauchen sich nur von einem Ende aus. Durch ihr Herausheben aus dem Wasserbade kann die Acetylenentwickelung jederzeit unterbrochen werden. Fahrradlaternen zeigten ferner die Acetylengas- Actiengesellschaft (Wien-Budapest) und „Hera“ (Berlin). Die der Deutschen Acetylengas-Gesellschaft (Berlin), „Unicum“ genannt, sind so eingerichtet, dass der während des Brennens unten befindliche Carbidbehälter beim Nichtgebrauche nach oben gekippt werden kann. Bei denen von E. Söhnel (Hamburg-St. Georg) befindet sich der Entwickelungsbehälter im Laternenschaft, die Regulirung ausserhalb. Lauritz Peterson Hoiid (Kopenhagen) besorgt die Druckregulirung des Gases durch einen Kautschukbeutel, eine beachtenswerthe Neuerung. M. Pressler und Co. (Chemnitz i. S.) versehen die Laternen mit Condensationsranm, Sicherheitsventil und Regulator eigener Construction. Mit Tischlampen war die Acetylengas-Actiengesellschaft (Wien-Budapest), v. Scheidt (Charlottenburg) und die „Hera“, Internationale Gesellschaft für Acetylenbeleuchtung (Berlin) vertreten. Die von Schülke angegebene Construction der letzteren sei hier als typisch näher beschrieben. Die Lampe besteht aus dem Entwickler A (Fig. 11), der den Carbidbehälter E, in Wasser stehend, aufnimmt, der Glocke B, deren oberer Theil C ebenfalls mit Carbid zur Trocknung des Gases gefüllt und durch einen Rost S abgeschlossen ist, und dem Wasserbehälter D mit Eingussöffnung o. Oeffnet man Hahn g, so tropft Wasser in den Trichter F und bei offenem Hahne h zum Carbid. Das Acetylen kann nach Oeffnung des Hahnes m bei p entzündet werden. Der Wasserzufluss wird durch mehr oder minder weites Oeffnen des Hahnes g regulirt. Für gewöhnliche Flammen rechnet man 80 Tropfen in der Minute. Sollte die Gasentwickelung zu stürmisch werden, so treibt der vermehrte Druck in Glocke B das Wasser in F so weit empor, dass das untere Ende des Lufteinlassrohres i geschlossen wird. Dadurch hört natürlich das Zutropfen des Wassers so lange auf, bis sich der Druck wieder vermindert. Nachentwickeltes Gas wird durch den Dreiwegehahn m in ein Luftkissen oder auch einen kleinen Gasometer abgelassen. Dieselbe Gesellschaft führte auch mit Acetylen gespeiste Flammenanzünder vor und erläuterte das Princip der Eisenbahnwagenbeleuchtung unter Niederdruck. Textabbildung Bd. 308, S. 258 Fig. 11.Schülke's Tischlampe der „Hera“ Internationale Gesellschaft für Acetylenbeleuchtung. Mit Lampen und Laternen beschickten die Ausstellung ferner F. J. Bergmann (Neheim), die Deutsche Acetylengas-Gesellschaft (Berlin), die auch Wollf'sche Acetylenbirnen vorführte, und Oscar Falbe und Borchardt (Berlin), die ausserdem eine grosse Anzahl von Beleuchtungsgegenständen, einen Scheinwerfer und eine Sicherheits- und Rettungsboje zeigten. Letztere entzündet sich beim Emportauchen aus dem Wasser selbsthätig und kann auch bei Arbeiten im Freien benutzt werden. Die Société Internationale de l'Acétylène (Paris) hatte Strassenlaternen aufgestellt, die in ihrem Sockel eine kleine Form ihres oben beschriebenen Entwicklers enthielten. Mit Acetylen gespeiste Projectionslaternen führte die Acetylengas-Actiengesellschaft (Wien-Budapest) vor. Ausser einigen der schon genannten Firmen waren Eduard Grimm (Berlin) und besonders F. Butzke und Co. (Berlin) mit einer grossen Menge von geschmackvoll ausgeführten Beleuchtungskörpern vertreten. Ehrich und Graetz (Berlin) hatten den Gang zwischen dem Thore und dem eigentlichen Eingange der Ausstellungshalle beleuchtet. In einer reichlichen Zahl von Plänen und Photographien zeigte die Acetylengas-Actiengesellschaft (Wien-Budapest) bereits im Betriebe befindliche und noch in der Ausführung begriffene Acetylengasbeleuchtungsanlagen. Biedermann und Czarnikow (Berlin) führten ihre „Hermes“-Gasfernzünder vor. Durch den Druck auf einen Knopf wird ein Elektromagnet erregt. Dadurch wird ein Anker gehoben, der das Gasventil öffnet. Gleichzeitig wird durch einen Unterbrecher ein elektrischer Funke erzeugt, der durch eine in den Stromkreis geschaltete Inductionsspule vergrössert wird. Er bringt eine Zündflamme, deren Gaskanal oberhalb des elektrischen Gasverschlusses abzweigt, zum Brennen und entzündet dadurch die eigentliche Flamme. Beim Drucke auf einen anderen Knopf schliesst ein anderer Anker das Gas ab. Ferner wurden gezeigt ein nach demselben Principe construirter Hand-(Nah-)Zünder, Läutewerke, Tableaus und Blitzableitermaterial. Mit Acetylen gespeiste Heizöfen, Réchauds und Kochapparate hatten ausgestellt: die Deutsche Acetylengas-Gesellschaft (Berlin), die Acetylengas-Actiengesellschaft (Wien-Budapest), Oscar Falbe und Borchardt (Berlin) und die Société Internationale de l'Acétylène (Paris). Die drei letzteren Firmen zeigten auch, dass man das Acetylen zum Erhitzen von Löthkolben vortheilhaft verwenden könne. Die „Hera“ brachte Apparate für zahnärztliche und medicinische Untersuchungen, sowie Luftkissen. Moritz Hille (Dresden-Löbtau) ist es gelungen, das Acetylen zum Betriebe von Motoren verwendbar zu machen. Auf der Ausstellung wurde von dieser Fabrik ein 2pferdiger Acetylengasmotor im Betriebe vorgeführt. 3) Calciumcarbid und Hilfsapparate. Calciumcarbid eigener Fabrikation und die zu seiner Darstellung nöthigen Rohmaterialien führten die Elektrochemischen Werke (Bitterfeld), die Schweizerische Calciumcarbidfabrik (Luterbach-Solothurn) und die Actiengesellschaft für Trebertrocknung (Cassel) vor. Die Producte waren durchweg sehr schön krystallisirt. Die Société Internationale de l'Acétylène (Paris) zeigte gekörntes Carbid, wie es zur Beschickung ihrer Apparate nothwendig ist, die Acetylengas-Actiengesellschaft (Wien-Budapest) Gasreinigungsmassen. Einerseits, um die Einwirkung des Wassers auf das Carbid in den Acetylenentwicklern weniger stürmisch zu machen, andererseits, um den Einfluss der Luftfeuchtigkeit auf das Carbid auszuschliessen, hat man dieses mit den verschiedensten Stoffen (vgl. D. p. J. 1897 304 140 und 1898 307 213) überzogen. Zu diesen Zwecken imprägnirtes Calciumcarbid hatte Jul. v. Orlowsky (St. Petersburg) ausgestellt. Dem Gerüche nach war es mit Erdöl getränkt. Die Schutzhülle soll bei 4 Monate langem vollkommen freiem Lagern jede Zersetzung verhindern. Die Kosten werden zu 2 Proc. des Herstellungspreises des Carbids angegeben. Zum Zermahlen der Rohmaterialien für die Calciumcarbidfabrikation ist die bekannte Kugelmühle mit stetiger Ein- und Austragung, welche die Firma C. T. Speyerer und Co. (Berlin) ausstellte, sehr gut geeignet, weil durch Siebvorrichtungen in ihrem Inneren ein Mehl von gewünschter Feinheit in einer Operation geliefert wird, und die noch zu groben Rückstände von Neuem der zerschlagenden und zerreibenden Wirkung der Stahl- oder Hartgusskugeln ausgesetzt werden. Eine weniger gute Mischung der Materialien wird wahrscheinlich durch die von Werner und Pfleiderer (Cannstatt und Berlin) vorgeführten „Universal“-Knet- und Mischmaschinen erzielt, bei denen zwei besonders geformte Mischflügel in dem von zwei Halbcylindern gebildeten Boden des Troges mit verschiedener Geschwindigkeit gegen einander arbeiten. Die Actiengesellschaft für Fabrikation von Kohlenstiften vorm. F. Hardtmuth und Co. (Ratibor) zeigte Kohlenelektroden in allen Formen und Grössen, galvanische, Mikrophon- und Beleuchtungskohlen, unter letzteren die Marke Koh-i-noor. Die Erzeugnisse dieser Gesellschaft gehören mit zu den besten, die gegenwärtig am Markte sind. Auch Keiser und Schmidt (Berlin) stellten Kohlenelektroden aus. C. Conradty (Nürnberg) beschränkte sich auf die Vorführung von Kohlen, die in der Calciumcarbidfabrikation Verwendung finden. Sie waren in den Maassen 80 × 10 × 10 cm bis herauf zu 140 × 30 × 20 cm vertreten. Mit ebenso grossen vierkantigen und runden Kohlen anöden war Dr. Albert Lessing (Nürnberg) vertreten. Ausserdem wurden Kohlenblöcke mit Rinnen zur Führung der Anoden, Kohlenplatten zur Auskleidung und Montirung, Kohlensteine zum Ausmauern von elektrischen Oefen und Kohlenbürsten, die an Stelle der gewöhnlichen Kupfergewebebürsten bei Dynamomaschinen zur Schonung des Collectors angewandt werden, gezeigt. Besonderes Interesse erweckten die vollständig homogenen, stahlklingenden und glasharten Kohlen, über die bereits früher (vgl. D. p. J. 1897 304 294 und 1898 308 42) berichtet worden ist. Die Actiengesellschaft für Trebertrocknung (Cassel) war mit Elektroden aus Holzkohle vertreten, die graphitartig gehärtet ist. L. Henking (Cannstatt) hatte eine Anzahl nicht gelötheter Carbid-Versandt- und Aufbewahrungsbüchsen, sowie die Fachzeitung Voran! ausgestellt. Die von Ludwig Rümelin (Graz) vorgeführte sehr praktische Büchse ist oben vollständig geschlossen. Die Einfüllöffnung befindet sich am Boden und wird durch Aufschrauben eines Deckels geschlossen. Die Seitenwände sind etwas über die Verschraubung hinaus nach unten verlängert. Diese Anordnung macht einen mechanischen und zwei automatische Verschlüsse wirksam. Was die letzteren betrifft, so wirkt nämlich einerseits der vorstehende Rand als Taucherglocke, die das Eindringen von Wasser verhindert, andererseits verwehrt das im Inneren des Behälters befindliche Luftacetylengemisch der specifisch schwereren Aussenluft den Eintritt. Ausser mit unzerbrechlichen und Universalmaasstäben war die Berliner Maasstabfabrik Oscar Schubert und Co. mit Ablasshähnen für Acetylenapparate vertreten, die nicht nachtropfen sollen. Eine grosse Menge von Werkzeugen und Maschinen für Acetylenapparatenbau hatte Herrn. Lembke (Berlin) zusammengebracht. Apparate zur Gasuntersuchung hatte die für Experimentirgasuhren u.s.w. wohl bekannte Firma S. Elster (Berlin), solche mehr chemischer Art Max Kaehler und Martini (Berlin) ausgestellt. Bücher und Zeitschriften, die sich mit Calciumcarbid und Acetylen befassen, legten S. Calvary und Co. (Berlin) aus.