Titel: Verkehrswesen.Stationssicherungen mittels selbsthätiger Blocksignale der „Hall Signal Company“.
Fundstelle: Band 310, Jahrgang 1898, S. 10
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Verkehrswesen.Stationssicherungen mittels selbsthätiger Blocksignale der „Hall Signal Company“. Mit Abbildung. Stationssicherungen mittels selbsthätiger Blocksignale der „Hall Signal Company“. Unter den in Amerika entstandenen selbsthätigen Blocksignalsystemen ist jenes von Hall sowohl eines der ältesten als relativ einfachsten, weshalb es auch in seinem Vaterlande ziemliche Verbreitung gefunden hat. Sämmtlicheim Verlaufe der Jahre an der Anordnung des Hall'schen Signals eingetretenen Neuerungen und Verbesserungen sind von uns stets pünktlich registrirt worden und so auch die letzte Wandlung des Systems, welche darin besteht, dass an Stelle der ursprünglich benutzten Streckensignale, nämlich der Scheibenständer mit abzublendenden Brillen, richtige Flügelsignale zur Verwendung gelangen, welche durch Elektromotore gestellt werden. Laut der Decembernummer der Railroid Gazette des verflossenen Jahres, S. 849, haben die seiner Zeit auch an dieser Stelle (1896 300 * 39) erwähnten, bereits seit 1894 in Durchführung begriffenen Versuche auf der Illinois-Central-Bahn mit der jüngsten Gattung Hall-Signalen zu so trefflichen Ergebnissen geführt, dass sich diese Bahnanstalt hierdurch bestimmt fand, 45 km ihrer verkehrsreichsten zweigleisigen Linie Carbondale-Cairo mit derartigen selbsthätigen Signaleinrichtungen ausrüsten zu lassen, wovon die Blocksignale auf offener Strecke die an der vorbezeichneten Stelle textlich und bildlich erläuterte Anordnung besitzen. Auf den Stationsplätzen, von welchen die obengenannte Nummer der Railroid Gazette Cobden, Moore und Makanda ausführlich beschreibt, erfährt die Einrichtung an ihrer sonstigen Einfachheit allerdings eine Einbusse und namentlich werden die Stromwegführungen unter Umständen ziemlich verwickelt. Textabbildung Bd. 310, S. 11 Bahnhofsgleis mit drei Weichen. Hinsichtlich der grundsätzlichen Art und Weise, wie die Signale auf Bahnhöfen angewendet werden, kann der in der Abbildung ersichtlich gemachte einfache Fall, in welchem ein Bahnhofsgleis mit drei Weichen durch ein sogen. Haupt- oder Ortssignal (Home-Signal) h und das dazugehörige Vorsignal (Advance-Signal) a geschützt wird, als Beispiel gelten. Hierzu kommt zuförderst zu bemerken, dass diese auf und vor den Stationen befindlichen Signale mit der Blocksignaleinrichtung der Strecke in keine directe Beziehung gebracht sind, sondern die Einfahrt in die Station lediglich unter der Bedingung gestatten, dass das Gleis frei und keine der Weichen umgestellt sei, gleichgültig ob die in der Zugsrichtung liegende Nachbarblockstrecke besetzt oder nicht besetzt ist. Das Vorsignal vor Bahnhöfen, welches stets in genügender Entfernung von der ersten Weiche seinen Platz erhält, damit zwischen diesen beiden Punkten Züge jeder Länge genügend Raum haben, um unbehindert die erforderlichen Verschiebungen auszuführen, besitzt überdem nicht, wie die Vorsignale (Distant-Signals) zu den Ortssignalen der Streckenblockanlagen, den Charakter eines blossen Warnungssignals, sondern ist ein richtiges Haltsignal. Der wagerecht stehende Flügel bedeutet nämlich an a ebenso wie an h Fahrt verboten, der gesenkte Flügel Fahrt erlaubt und a wie h zeigen bei Nacht übereinstimmend ersterenfalls rothes, letzterenfalls grünes Licht, während die Ortssignale des Streckenblocks bezw. rothes oder weisses und die zugehörigen Vorsignale hingegen grünes oder weisses Licht ersehen lassen. An Stelle von Radtastern, Streckencontacten o. dgl. sind zur Vermittelung der Einwirkung der Züge auf die Signale die Schienenstränge des Hauptgleises als Stromleiter eingerichtet und in angemessen lange, von einander isolirte Stücke getheilt, von welchen beispielsweise in der Abbildung die vier Gleisabschnitte I, II, III und IV für den Betrieb der Signale h und a entfallen. Jeder dieser Abschnitte bildet mit Hilfe eines am Streckenanfang mittels Anschlusskabeln zwischen den beiden Schienensträngen eingefügten Relais r1, r2, r3 und r4 sowie durch eine in gleicher Weise an den Enden der Theilstrecken zwischengeschaltete Batterie b1, b2, b3 und b4 je einen geschlossenen Stromkreis, welcher so lange, als sich weder ein Zug noch überhaupt ein Fahrzeug im Gleise befindet, von einem Ruhestrom durchflössen wird, der den Anker des zugehörigen Relais angezogen hält. Gelangt jedoch ein Zug oder Fahrzeug in die Theilstrecke, so bilden die Räderpaare desselben Kurzschluss zwischen den beiden Schienensträngen; die Spulen des betreffenden Relais werden stromlos, der Anker des letzteren fällt ab und vermittelt durch den Zungencontact den Schluss der Stellinie der Signale. Es ist dies dasselbe Princip, auf welchem sich auch der Betrieb der Streckenblocks aufbaut; ebenso gleicht der Vorgang des eigentlichen Stellens der Signale auf den Stationen ganz demjenigen bei den Streckenanlagen (vgl. D. p. J. 1896 299 190). Es wäre diesbezüglich vielleicht kurz zu erinnern, dass die Signalflügel der Orts- wie Vorsignale in der wagerechten Lage (Fahrt verboten) durch einen Gewichtshebel normal festgehalten sind, der behufs Umwechselung des Signalzeichens mittels einer Drahtseilübersetzung von einem Elektromotor t1 bezw. t2 gehoben wird. Sobald hierbei der Flügel sich genügend senkt, wechselt die Ankerwelle des Elektromotors den Stromweg derart, dass er im Motor unterbrochen, dafür in die dünndrähtigen Spulen eines Elektromagnet es m1 bezw. m2 gelenkt wird, welcher die Antriebswelle magnetisch bremst und schliesslich bewirkt, dass der Signalflügel in der gesenkten Lage (Fahrt erlaubt) verharrt. Erfolgt späterhin eine völlige Unterbrechung des obgedachten Stromes, dann hört die festhaltende Wirkung des Bremselektromagnetes auf und daswirksam werdende Gegengewicht des Flügels bringt den letzteren wieder in die wagerechte Lage zurück. Allerdings erfolgt auch bei dieser Rückstellung des Signals vor dem Abschlusse des vollen Flügelweges behufs Sänftigung des Ganges und Anschlages selbsthätig eine kurz vorübergehende Einschaltung des Bremsstromes, doch sind die betreffenden Contacte und Stromwege, als für den Signalisirungsvorgang unmaassgebend, in der Zeichnung nicht eingezeichnet. Bemerkenswerth bleibt nur noch, dass der zum Signalstellen dienende Strom keineswegs direct durch die Relaisanker der Schienenstromkreise geschlossen und unterbrochen wird, sondern erst durch die Ankercontacte eines für jedes einzelne Signal vorhandenen, besonderen Zwischenrelais r5 bezw. r6. Mittels dieser Anordnung können die Signale während der Ruhelage die Stellung Fahrt verboten und während der Arbeitslage die Stellung Fahrt erlaubt einnehmen, wogegen sonst bei selbsthätigen Blocksignalen in der Regel das umgekehrte Verhältniss obwaltet. Demnach hat sich bei den jüngsten Hall'schen Anlagen der fahrende Zug jedes Fahrsignal erst selber zu ziehen, was natürlich nur bei freier Linie möglich sein wird; das Versagen irgend eines Theiles der Einrichtung kann denn auch für keinen Fall eine Gefahr, sondern lediglich eine Verzögerung der Züge nach sich ziehen. Diese Grundzüge der Einrichtung im Auge behalten, sieht man an der Hand der Abbildung die als Beispiel gewählte Stationssignalanlage in nachstehender Weise ihre Aufgabe erfüllen: Jeder in den Streckenabschnitt I einfahrende Zug – der in der Abbildung durch einen Pfeil angedeutet erscheint – schliesst die Batterie b1 kurz, macht somit r1 stromlos, und stellt durch die abreissende Relaiszunge den bisher unterbrochen gewesenen Stromweg bei 1 her. In Folge dessen kann die Batterie b6 über 0, 1, 1, r5, 6 und r6, welcher wichtiger Stromweg in der Zeichnung durch kräftig gestrichelte Linien besonders kenntlich gemacht ist, wirksam werden, weshalb die Relais r5 und r6 ihre Anker anziehen. Hierbei schliesst r5 den Relaiscontact 8 und r6 den Relaiscontact 10. Ersterenfalls findet der Strom der Batterie b5 über e, den Umschalter w1, t in den Elektromotor t1 und weiter über k, 3 und 8 seinen Weg. Der Elektromotor t1 senkt den Flügel des Vorsignals a auf Fahrt erlaubt, wobei w1 auf m gelangt und den Bremselektromagneten m1 einschaltet, welcher den Flügel in der Freilage festhält. Ersichtlichermaassen kann sich dieser Vorgang nur dann vollziehen, wenn die Strecke II nicht besetzt, also das Relais r2 nicht stromlos ist, weil sonst im Zungencontacte 3 von r2 der Stromweg der Batterie b5 unterbrochen sein würde. Ganz so, wie das Relais r5 auf a einwirkt, besorgt r6 das Ziehen des Ortssignals h durch Herstellen des Zungencontactes 10, welcher dem Strome der Batterie b7 den Weg über y, 10, den Umschalter w2, t, den Elektromotor t2, ferner über d und x erschliesst. Wie die Figur zeigt, ist die Thätigkeit der Batterie b6 noch an die Bedingung gebunden, dass im Relais r3 des dritten Schienenstromkreises der Zungencontact 6 geschlossen sei, d.h., dass sich im Gleisabschnitt III kein Zug oder Fahrzeug befinde. Der Schluss bei 6 hängt aber überdem davon ab, dass auch die Theilstrecke IV nicht besetzt sei, weil sonst am Zungencontact 7 des Relais r4 der Stromweg der zur Theilstrecke III gehörigen Batterie b3 unterbrochen wäre und dieselbe Wirkung hätte, wie ein in III vorhandener Zug. Diese Anordnung der Stromwege macht es also unmöglich, dass ein einfahrender Zug die Signale a und h auf Fahrt erlaubt stellen könnte, solange sich in irgend einem der Abschnitte I, II, III und IV ein Fahrzeug befindet. Angenommen, der Zug sei bei durchaus freiem Gleis eingefahren, so hat er, wie weiter oben bereits festgestellt wurde, die Signale a und h beide gleichzeitig auf Fahrt erlaubt gebracht. Hierbei schliesst der Flügel des Ortssignals h, noch bevor er die geänderte Signallage ganz erreicht, einen besonderen am Signalmaste angebrachten Nebencontact c, demzufolge über i, c, s, q, p und i Stromwege hergestellt werden, welche es der Batterie b8 ermöglichen, die drei bei den Weichen angebrachten, zu einander parallel geschalteten Läutewerke z1, z2 und z3 in Thätigkeit zu setzen. Das Ertönen dieser Läutewerke zeigt nun an, dass ein Zug in Einfahrt begriffen ist und die Weichen nicht mehr umgestellt werden dürfen. Fährt der Zug in die Theilstrecke II ein, so lässt das mit drei Zungencontacten versehene Relais r2 seinen Anker los, wobei auch der Stromweg bei 3 unterbrochen wird. Hierdurch hört der Stellstrom oder vielmehr Bremsstrom, welcher den Signalflügel von a in der gesenkten Lage festhält, auf, und dieser Flügel kehrt zum Schutze des eingefahrenen Zuges in die normale Haltlage zurück. Durch den abgefallenen Anker von r2 ist zugleich der Zungencontact 4 unterbrochen worden, was nothwendig wird, um die Batterie b1 im Schienenschlusse des vom Zuge verlassenen Streckentheiles 1 nicht thätig werden zu lassen. Es würde sonst im Relais r1 der Zungencontact 1 aufgehoben und demzufolge auch das Ortssignal h auf Fahrt verboten zurückkehren, was noch nicht geschehen darf, da sich der Zug diesem Signal erst nähert. Der Contact 4 besorgt auf diese Weise die Aufrechthaltung der Erlaubniss zur Fahrt bis der Zug bei h anlangend in die Theilstrecke III eintritt. In diesem Momente erfolgt der Ankerabfall bei r3, demnach wegen der Unterbrechung des Zungencontactes 6 die Ausserdienstsetzung der Batterie b6 und als letzte Folge die Rückstellung des Ortssignals h auf Fahrt verboten. Sobald dann die letzte Achse des Zuges in die Strecke III übergetreten ist, gehen die Relaisanker von r2 und r1 in ihre Ruhelage zurück, wobei ersterer durch Schliessen des Zungencontactes 4 und letzterer durch Oeffnen des Contactes 1 an diesen Stellen den ursprünglichen Stand der Einrichtung wiederherstellt, ohne dass dabei an der Lage der Signale h und a irgend etwas mehr geändert werden könnte. Bei der vorerwähnten Rückkehr des Ortssignals h in die Lage für Fahrt verboten ist natürlich auch der vom Signalflügel beeinflusste Läutecontact c wieder unterbrochen worden; nichtsdestoweniger läuten die Weichenglocken, solange sich der Zug in den Strecken III oder IV aufhält, ungestört weiter, weil der abgerissene Anker von r3 bei 5 eine Schleifenleitung bildet, welche die Batterie b8 über i, 5, q, z1, z2, p, z3, n, l und f ihre geschlossenen Stromwege finden lässt. Erst bis der Zug mit seinem letzten Räderpaare den Gleisabschnitt IV verlassen hat, können r4 und also auch r3 in die Ruhelage zurückkehren; nun: hören auch die Läutewerke zu läuten auf und in der ganzen Signalanlage sind die normalen Verhältnisse, wie sie in der Figur dargestellt erscheinen, wieder hergestellt. Stets sind übrigens, was allerdings in der Zeichnung der besseren Uebersichtlichkeitwillen nicht erst ersichtlich gemacht wurde, auch die sämmtlichen ins Hauptgleis mündenden Weichen in die Signalanlage derart einbezogen, dass sich an jeder Weichenstellvorrichtung ein Stromunterbrecher befindet, der bei normaler Weichenlage dem Stromweg der Batterie b6 freien Durchgang gewährt, wie der Zungencontact 6 im Relais r3, hingegen während der Zeit, wo die Weiche nicht genau eingestellt oder auf Abzweigung ist, den gedachten Stromkreis unterbricht. Als Stromquelle werden bei den jüngsten Hall-Signalen im Allgemeinen Edison-Lalande-Accumulatoren verwendet, und zwar für den Antrieb jedes Signalflügels, wozu etwa ⅙ erforderlich sind, nach Maassgabe des Widerstandes im Schliessungskreise 10 bis 16 Zellen. Zur Unterbringung der Batterien sind gewöhnlich ausgemauerte Gruben vorhanden, wo die Elemente in eisernen Trögen oder hölzernen Tragkästen Platz finden. Endlich bleibt noch hinsichtlich der Hauptrelais, welche unmittelbar das Stellen der Signale veranlassen, r5 und r6 in der Abbildung, anzuführen, dass dieselben als sogen. Buchenan-Relais (vgl. Engineering vom 9. August 1895) ausgeführt, d.h. mit einer äusserst einfachen sinnreichen Vorkehrung versehen sind, durch welche etwa während der Freilage des Signals durch atmosphärische Entladungen eintretende Verschmelzungen von Relaiszungen mit ihren Contacten, hinsichtlich der Gefahr von hieraus entspringender Signalfälschungen, durchaus unschädlich gemacht werden.