Titel: Elektrolytische Bleiche.
Fundstelle: Band 311, Jahrgang 1899, S. 17
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Elektrolytische Bleiche. Elektrolytische Bleiche. Textabbildung Bd. 311, S. 17 Fig. 1. Elektrolyser. (Patent Dr. K. Kellner.) Das im folgenden besprochene Verfahren bezweckt die Darstellung eines Ersatzmittels für die bisher in der Textil- und Papierbranche allgemein angewandte Chlorkalklösung. Die Bleichverfahren bleiben hierbei die bisher verwendeten, so dass eine Umgestaltung des Betriebes nach dieser Richtung hin unnötig ist. Dieses Ersatzmittel wird dargestellt, indem man eine Kochsalzlösung der Elektrolyse unterwirft, hierbei bildet sich unterchlorigsaures Natrium (Natriumhypochlorit), welches eine ausserordentliche Bleichkraft besitzt. Die Menge des sich bildenden Hypochlorits hängt ab von der Dauer und Stärke des einwirkenden elektrischen Stromes, sowie auch von der Konzentration der Kochsalzlösung. Der von der Firma Siemens und Halske, A.-G., in Verbindung mit Dr. Kellner in die Praxis eingeführte Apparat (Fig. 1) besteht aus einem Steinzeugkasten mit unterem Einlauf und oberem Ueberfall. In denselben sind Elektrodenplatten eingebaut, zwischen welchen die zu zersetzende Kochsalzlösung fortwährend in rascher Bewegung durchfliesst. Der ganze Apparat besteht ausser dem erwähnten Steinzeugkasten nur aus Glas und Platiniridium, somit aus Materialien, welche erfahrungsgemäss dem Chlor den grössten Widerstand entgegensetzen. Diese Materialien bedingen auch die ausserordentliche Haltbarkeit der Apparate. Neben dem eigentlichen Elektrolyser bedarf eine elektrolytische Bleichanlage noch einer Zirkulationseinrichtung. Dieselbe umfasst ein Sammelgefäss mit Kühlschlange für die zu zersetzende Salzlösung, welche durch eine Hartblei-Zentrifugalpumpe und entsprechende Rohrverbindungen kontinuirlich dem elektrolytischen Apparat zugeführt wird, um nach Ueberlauf in das Sammelgefäss den Kreislauf zu wiederholen. Während des Durchfliessens durch das Sammelgefäss wird die Salzlösung durch Berührung mit der an eine Wasserleitung angeschlossenen Kühlschlange auf einer Temperatur von 20 bis 25° C. erhalten, um die Bildung von chlorsaurem Natrium, welches für Bleichzwecke wirkungslos ist, zu vermeiden. Die Elektrolyse wird so lange vorgenommen, bis die Lösung 1 % bleichendes Chlor enthält, dann wird die fertiggestellte Bleichflüssigkeit in ein Vorratsbassin gepumpt und eine frische Salzlösung der Elektrolyse unterworfen. Textabbildung Bd. 311, S. 17 Fig. 2. Elektrolytische Bleichanlage. Jahrelange Arbeiten mit der so gewonnenen Bleichflüssigkeit haben eine Reihe schätzenswerter Vorteile ergeben: Ausserordentliche Schonung der Faser, tadellose Reinheit und Schönheit der Bleichware, weit geringerer Verbrauch an Säure bei nachträglicher Säuerung der Ware. Ausserdem stellt sich bei günstigen Kraft- und Salzpreisen der Betrieb meist erheblich billiger als bei Verwendung von Chlorkalklösung. Fig. 2 zeigt einen grossen Teil einer Anlage, welche für eine Cellulosefabrik gebaut wurde. Bis heute stehen bereits über 700 im Dienste von elektrischen Bleichanlagen der Papier-, Cellulose- und Textilbranche, welche nach dem hier beschriebenen Verfahren eingerichtet wurden. Viele Fabriken benutzen die Dynamomaschinen tagsüber zur Chlorerzeugung und des Nachts zur Beleuchtung. Die Lieferung der Apparate für die Textilindustrie hat die Firma Fr. Gebauer in Charlottenburg übernommen. Anlagen für die Cellulose- oder Papierbranche werden von Siemens und Halske, Wien, ausgeführt.