Titel: Die Haupt-Fördermaschine auf dem Salzwerk Heilbronn vor und nach dem Umbau.
Autor: Fr. Buschmann
Fundstelle: Band 311, Jahrgang 1899, S. 118
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Die Haupt-Fördermaschine auf dem Salzwerk Heilbronn vor und nach dem Umbau. (Schluss des Berichtes S. 88 d. Bd.) Die Haupt-Fördermaschine auf dem Salzwerk Heilbronn vor und nach dem Umbau. Theoretische Resultate. Während die Zwillingsfördermaschine ohne Kondensation zur Ueberwindung des mittleren Lastmomentes bezw. zur Aeusserung des mittleren Kraftmomentes 21,3 % Cylinderfüllung bedarf, gebraucht die Verbundfördermaschine mit Kondensation nur 12,2 %. Rechnet man den Dampfverbrauch der Duplex-Verbundpumpe für die Bedienung des Strahlkondensators wieder zu 4,6 % des ganzen verbrauchten Dampfes, so ergibt sich eine theoretische Dampfersparnis von 100\,\left(\frac{21,3-12,2}{21,3}\right)-4,6=38,1 %, also fast dasselbe Resultat, wie bei der Zwillingsmaschine mit und ohne Kondensation. Betriebsresultate. Nachdem die umgebaute Maschine sich einige Zeit eingelaufen hatte, und sämtliche Rohre wie früher und auch der Receiver ordnungsgemäss mit Wärmeschutzmasse umhüllt waren, wurde die Verbundkondensationsfördermaschine am 25. August 1894 auf Kohlen- und Wasserverbrauch untersucht. Die Untersuchung dauerte wie die früheren Versuche ebenfalls 12 Stunden, und waren während dieser Zeit alle übrigen Maschinen ausser der Speisepumpe und der Duplex-Verbundpumpe von den Kesseln abgesperrt und ausser Betrieb. Der ganze Versuch wurde überhaupt unter den möglichst gleichen Verhältnissen wie die übrigen beiden Versuche ausgeführt. Während der Versuchszeit wurden nach dem Wiegeregister 530700 kg Steinsalz aus 215 m Tiefe gefördert. Der Kohlenverbrauch betrug im ganzen 1230 kg, dagegen der Speisewasser- bezw. Dampfverbrauch einschliesslich der Speisepumpe und der Duplex-Verbundpumpe 13000 kg. Aus diesen Zahlen berechnen sich die folgenden Resultate: Leistung der Verbundkondensationsmaschine   \frac{530700\,.\,215}{12\,.\,60\,.\,60\,.\,75}= 35,21 Nutz-pferd Dampfverbrauch pro Stunde und Nutzpferd   \frac{1300}{12\,.\,35,21}= 30,76 kg Kohlenverbrauch pro Stunde und Nutzpferd   \frac{1230}{12\,.\,35,21}= 2,91 Gefördertes Salz mit 1 kg Kohle \frac{530700}{1230}= 430,90         „             „     „   1 kg Dampf \frac{530700}{13000}= 40,80 Praktische Ersparnis durch die Verbundmaschine. Aus den Versuchszahlen ergibt sich, dass mit 1 kg Speisewasser bezw. Dampf bei der Zwillingsfördermaschine 28,7 kg Steinsalz gefördert wurden, dagegen bei der Verbundmaschine mit Kondensation 40,80 kg Salz. Hieraus berechnet sich die Ersparnis durch die Verbundkondensationsfördermaschine gegenüber der Zwillingsmaschine ohne Kondensation zu 100\,\left(\frac{40,8-28,7}{40,8}\right)=30 %. Da nun aber aus den Füllungsverhältnissen bei der Verbundmaschine mit Kondensation gegenüber der Verbundmaschine ohne Kondensation sich eine Ersparnis von 38,1 % berechnet, so ergibt sich, dass die Abkühlungs- und Lässigkeitsverluste bei der Verbundkondensationsfördermaschine nur 38,1 – 30 = 8,1 % höher sind als bei der Verbundmaschine ohne Kondensation bezw. dass die Verluste bei der Verbundkondensationsfördermaschine gegenüber der Zwillingsfördermaschine mit Kondensation um 25,0 – 8,1 = 16,9 % geringer sind. Diese Ersparnisse liegen lediglich in der besseren Verteilung des Wärmegefälles bezw. in den geringen Wärme- und Lässigkeitsverlusten des Verbundsystems. Aus den Versuchszahlen der Zwillingsfördermaschine mit Kondensation ergibt sich, dass mit 1 kg Dampf 33,2 kg Salz gefördert sind, während durch die Verbundfördermaschine mit Kondensation 40,8 kg Salz mit 1 kg Dampf gefördert wurden. Durch die Verbundmaschine gegenüber der Zwillingsmaschine wird daher eine Ersparnis von 100\,\left(\frac{40,8-33,2}{40,8}\right)=18,6 % erzielt, während nach der obigen Rechnung nur 16,9 % erwartet werden konnten. Diese Differenz von 1,7 % ist auf den grösseren Dampfverbrauch der Zwillingsmaschine und dadurch bedingten grösseren Gegendruck im Kondensator zurückzuführen. Durch vorläufige Versuche wurde ferner festgestellt, dass die Verbundmaschine ohne Kondensation gegenüber der Zwillingsmaschine ohne Kondensation 14 % Dampfersparnis, also fast so viel als dme Kondensation bei der Zwillingsmaschine ergibt, während nach der obigen Rechnung 16,9 % erwartet werden konnten. Die Differenz beträgt in diesem Falle 16,9 – 14,0 = 2,9 % und kann darauf zurückgeführt werden, dass die Expansion im grossen Cylinder bei dem grösseren Gegendruck und der geringen Dampfspannung zu weit getrieben wird. Nach diesen Erfahrungszahlen kann man rechnen, dass durch die Verbundmaschine infolge der Teilung des Wärmegefälles und der teilweisen Nutzbarmachung der Lässigkeitsverluste durchschnittlich \frac{18,6+14}{2}=16,3 an Dampf gespart wird, und dass die weiteren Ersparnisse durch den Betrieb des Kondensators erzielt werden. Erhebungen darüber, ob die Verbundfördermaschine im stande ist, bei eventuell wesentlicher Verstärkung des Betriebes auch vier beladene Grubenwagen gleichzeitig zu fördern. Nachdem die Rechnung und auch die Erfahrung ergeben haben, dass die Verbundfördermaschine ohne Kondensation noch stark genug ist, den beladenen Förderkorb zu überheben, so fragt es sich, ob für den Fall, dass das Hängeseil stets so kurz gehalten wird, dass ein Ueberheben des beladenen Förderkorbes nicht notwendig wird, die Maschine mit Kondensation stark genug ist, um eventuell bei grösseren Ansprüchen an die Förderung auch vier beladene Grubenwagen gleichzeitig zu fördern. In diesem Falle würde erfahrungsgemäss das Gewicht der zweietagigen Grosse Fördermaschine (Salzwerk Heilbronn). Zwillingsmaschine Verbundmaschinemit Kondensation mit Auspuff mit Kondensation Verbrauchte Kohlen inkl. AnheizenVerbrauchtes Speisewasser inkl. SpeisepumpeAschengehalt der KohleVerdampfungszifferVerbrannte Kohlen per Quadratmeter Rostfläche und StundeVerdampftes Wasser per Quadratmeter Heizfläche und StundeFördertiefeGesamtes FörderquantumCylinderdurchmesserHubDurchschnittliche Nutzleistung der MaschineDampfverbrauch pro Stunde und NutzpferdKohlenverbrauch pro Stunde und NutzpferdGefördertes Salz mit 1 kg KohleGefördertes Salz mit 1 kg Dampf kgkg%mkgmmmmkgkgkgkg     1620  16348          8,0        10,08        41,18          8,40      215469800      780    1400        31,175        43,70          4,33      290        28,70     1600  13560        12,2          8,10        81,15        13,29      215450000      730    1400        30,000        37,67          4,4      281,20        33,20 1230 Briketts   13000             4,0             10,83             59,59             12,74      215530700730 . 1000    1400             35,21             30,76               2,91           430,90             40,80 Dampfersparnis der Zwillingsmaschine mit Kondensation gegen Zwillingsmaschine mit Auspuff 13,6 % Dampfersparnis der Verbundmaschine mit Kondensation gegen Zwillingsmaschine mit Kondensation 18,6 % Dampfersparnis der Verbundmaschine mit Kondensation gegen Zwillingsmaschine mit Auspuff 30,0 %. Förderschale 2100 kg und das 37 mm starke 215 m lange Förderseil rund 1000 kg wiegen, woraus sich das Lastmoment wie vorhergehend zu 9150 kg berechnet. Bei 80 % Füllung des Hochdruckcylinders der Verbundkondensationsfördermaschine und bei 6 at abs. Kesselspannung berechnet sich das Kraftmoment zu 9939 mkg, der Kraftüberschuss für die Beschleunigung beträgt daher nur 9936 – 9150 = 786 mkg. Dieser Ueberschuss ist zu gering, die Maschine wäre zu träge, so dass eine rationelle Förderung, selbst wenn die Kesselspannung annähernd auf dem höchsten konzessionierten Druck von 7 at abs. gehalten werden könnte, ohne Gegenseil nicht möglich ist; ganz anders verhält es sich, wenn eine Seilausgleichung zur Anwendung kommt und natürlich das Hängeseil so kurz gehalten wird, dass ein Ueberheben des beladenen Förderkorbes nicht notwendig ist. Bei Anwendung eines Gegenseils zur vollständigen Ausgleichung des Oberseils berechnet sich das Lastmoment zu: Textabbildung Bd. 311, S. 118 Fig. 26. Dampfbremsenarretierung der Eisengiesserei und Maschinenfabrik Oggersheim (Pfalz). 2,5 [(2100 + 1100 + 2400 + 1000 + 100) (1 + 0,03) – (2100 + 1100 + 1000 + 100) (1 – 0,03)] = 6825 mkg. Da dieses Lastmoment bei der Anwendung der Seilausgleichung während der ganzen Fahrt gleich bleibt, so ist dasselbe auch natürlich als mittleres Lastmoment in Rechnung zu ziehen. Rechnet man für die Massenbeschleunigung zum Lastmoment noch einen Zuschlag von 1265 mkg, so ergibt sich das Lastmoment gleich dem Kraftmoment zu 8100 mkg. Diesem Moment steht bei 55 % Füllung im Hochdruckcylinder bezw. 0,527 . 55 = 29 % Gesamtfüllung und 6 at abs. Kesselspannung bei 0,2 at Gegendruck ein Kraftmoment gegenüber von P . r = pm . 2205,1 p_m=6\,.\,0,29\,\left(1+log_n\,\frac{1}{0,29}\right)-0,20=3,6939 P . r = 3,6939 . 2205,1 = 8145 mkg. Die Maschine ist also stark genug, um mit Unterseil bei 6 at abs. Kesselspannung und 29 % Gesamtfüllung regelmässig aus 215 m Tiefe vier beladene Wagen Steinsalz von zusammen 2400 kg Gewicht zu fördern. Während die Verbundmaschine ohne Kondensation zum Fördern von zwei Wagen Salz 21,3 % Gesamtfüllung bedarf, ist es bei derselben Maschine mit Kondensation möglich, bei nur 6,5 % Mehrfüllung die doppelte Förderleistung zu erzielen. Kosten des Umbaues und Rentabilität. Für den Umbau der Maschine wurde der Niederdruckcylinder mit Kolben, jedoch ohne Kolbenstange, sowie auch der Receiver von der Maschinenbau-Aktiengesellschaft „Union“ in Essen a. d. Ruhr angefertigt. Die Duplex-Verbundpumpe lieferte die Maschinenfabrik Gritzner in Durlachi. Baden. Der Strahlkondensator Nr. 30 Kl. B wurde samt Rückschlagklappe und Dampfschieber und Injektor von Gebrüder Körting in Hannover bezogen. Die ganzen Umbaukosten betragen: Dampfcylinder mit Kolben und Receiver 4700 M. Duplex-Verbundpumpe 2375 Kondensator mit Rückschlagklappe und Dampf-   schieber 1565 Rohrleitungen und Injektor 460 Isoliermaterial 100 Montage und Fracht 300 ––––––––– Summa 9500 M. Die Zwillingsmaschine hat im Jahre 1885 einschliesslich Reserveteile 40000 M. gekostet, so dass die jetzige Verbundkondensationsfördermaschine einschliesslich eines kompletten Dampfcylinders mit Kolben und Stange, sowie diverse Reserveteile 49500 M. kostet. Der frühere Dampf verbrauch der Fördermaschine war vor dem Umbau täglich durchschnittlich 17500 kg oder in 300 Tagen 5250000 kg. Da nun, wie nachgewiesen wurde, durch die Verbundkondensationsfördermaschine 30 % Dampf gespart werden so ergibt sich hieraus bei 8facher Verdampfung eine jährliche Kohlenersparnis von \frac{5250000\,.\,0,3}{8}= rund 20 Waggons. Rechnet man den Preis von 10 t Kohle franko Kesselhaus mit 135 M., so ermitteln sich die Geldersparnisse zu rund 135. 20 = 2700 M., womit der ganze Umbau in 3½ Jahren bezahlt ist. Sicherheit des Betriebes. Durch den Umbau hat die Fördermaschine an Manövrierfähigkeit nicht das mindeste eingebüsst, der Gang ist genau derselbe geblieben, wie bei der Zwillingsmaschine, was wohl am testen daraus hervorgeht, dass vor wie nach ohne Aufsatzvorrichtung gefördert wird, und der Maschinist den Förderkorb genau an der Hängebank anhalten muss. Dass dem Maschinisten dieses Manöver auch absolut keine Schwierigkeiten macht, und dass das genaue Fördern leicht möglich ist, geht auch daraus hervor, dass mit der Maschine schon sehr häufig in der Stunde 70 bis 72 Schachtzüge gemacht worden sind, also die ganze Fahrt einschliesslich der Bedienung des Förderkorbes nur 50 Sekunden dauerte. Textabbildung Bd. 311, S. 119 Fig. 27. Seilscheibe. Zum Festhalten des Förderkorbes während der Bedienung desselben dient die Dampfbremse, Welche zur Vermeidung von Dampfverlusten mit einer Arretiervorrichtung nach der dieser Arbeit beiliegenden Konstruktion, welche vom Verfasser konstruiert wurde, versehen ist. Die Wirkungsweise der Einrichtung ist folgende: Sobald der Maschinist die Bremse mittels Verschiebens des Steuerhebels im Schlitze der Zugstange der Aufs atz Vorrichtung in Thätigkeit setzt, steht die Stütze unter der Einwirkung der Feder (oder eines Gewichtes). Beim höchsten Hub der Bremse klinkt die mit mehreren Rasten versehene Stütze unter das Querhaupt der Bremse. Nun kann sofort durch Zurücklegen des Steuerhebels bis zum Ende des Schlitzes in der Zugstange der Aufsatzvorrichtung der Arbeitsdampf von der Bremse weggenommen werden und die Bremse steht dampf los da, sie hält also auch dann fest, wenn die Fördermaschine ohne Dampf ist. Die Vorrichtung bildet mithin in einfachster Weise eine weitere Bremssicherung auch für den Fall die Maschine aus irgend einem Grunde, sei es während des Stillstandes oder sei es während der Fahrt, dampflos wird. Durch weiteres ruckweises Zurückziehen des Steuerhebels findet ein sofortiges Loslassen der Bremse statt. Diese von der Maschinenfabrik Oggersheim (Pfalz) ausgeführte Dampfbremsenarretierung ist seit Oktober 1893 mit bestem Erfolg in Betrieb. Fig. 26 zeigt die Bremse arretiert bezw. aufgekäpst ohne Dampf. Textabbildung Bd. 311, S. 119 Fig. 28. Seilauslösungsvorrichtung. Die Dampfbremse der Maschine ist ausserdem noch mit einer selbstthätigen Vorrichtung versehen, welche so arretiert ist, dass, wenn die Förderschale nur um ca. 1 m über die Hängebank getrieben wird, vom Fahrzeiger der Maschine aus die Arretierung gelöst wird und die Dampfbremse selbstthätig in Funktion tritt. Zwischen Förderkörbe und Förderseile sind zur weiteren Sicherheit Seilauslösungsvorrichtungen eingeschaltet, wodurch auch der vom Seil gelöste Förderkorb gleichzeitig gefangen wird. Neuere Einrichtung zur Reduzierung des Dampfverbrauches. Seit etwa einem Jahre wird die Verbundkondensationsfördermaschine wie alle übrigen Maschinen des Werkes mit überhitztem Dampf gespeist, der am Absperrventil der Maschine noch eine Temperatur von 280 bis 300° C. hat. Durch die Verwendung des überhitzten Dampfes werden durchschnittlich etwa 20 % an Dampf gespart, so dass gegenwärtig die Dampfersparnis der Verbundkondensationsmaschine gegen die frühere Zwillingsmaschine ohne Kondensation wesentlich höher als 30 % ist. Feste Betriebszahlen über den jetzigen Dampfverbrauch der Fördermaschine liegen noch nicht vor, sollen jedoch später noch als Nachtrag zu dieser Arbeit gebracht werden; es steht aber heute schon fest, dass gegenwärtig mit 1 kg überhitztem Dampf ca. 50 kg Steinsalz aus 215 m Tiefe fördert werden. Heilbronn, den 20. November 1898. Fr. Buschmann.