Titel: Die Anwendung des überhitzten Dampfes im Dampfmaschinenbetriebe.
Autor: O. Herre
Fundstelle: Band 312, Jahrgang 1899, S. 17
Download: XML
Die Anwendung des überhitzten Dampfes im Dampfmaschinenbetriebe. Von O. Herre, Ingenieur und Lehrer. (Fortsetzung des Berichtes S. 3 d. Bd.) Die Anwendung des überhitzten Dampfes im Dampfmaschinenbetriebe. B. Der Einfluss der Ueberhitzung des Dampfes. Der in den gewöhnlichen Kesseln erzeugte Dampf ist stets gesättigter Dampf. Er befindet sich an der Grenze zwischen dem tropfbar-flüssigen und dem gasförmigen Zustande, denn die geringste Wärmeentziehung genügt, um einen Teil des Dampfes zu kondensieren. Die Temperatur des gesättigten Dampfes ist vollständig bestimmt durch die Spannung desselben und umgekehrt. Will man Dampf erzeugen, der bei einem bestimmten Druck eine höhere Temperatur als die Verdampfungstemperatur besitzt, so muss man gesättigten Dampf, der nicht mehr mit Wasser in Berührung stehen darf, durch weitere Wärmezuführung überhitzen. Der überhitzte Dampf besitzt demnach bei gleicher Spannung höhere Temperaturen als gesättigter Dampf. Bleibt während der Ueberhitzung des Dampfes die Spannung konstant, so nimmt das Volumen mit der Ueberhitzung zu, die Dichte des Dampfes muss demnach abnehmen. Lässt man dagegen das Volumen und damit auch die Dichte konstant, so steigt mit der Temperatur auch die Spannung. Der überhitzte Dampf zeigt somit gegenüber dem gesättigten Dampfe: bei gleicher Spannung: höhere Temperatur, grösseres Volumen und geringere Dichte; bei gleichem Volumen oder gleicher Dichte: höhere Temperatur und höhere Spannung. Um den überhitzten Dampf in gesättigten überzuführen, ist eine bestimmte Wärmeentziehung notwendig. Es wird daher der überhitzte Dampf eine gewisse Wärmemenge, nämlich die Ueberhitzungswärme, abgeben können, ohne zu kondensieren. Die grossen Fortschritte, welche durch Anwendung überhitzten Dampfes in der Oekonomie des Dampfbetriebes gemacht wurden, sind hauptsächlich auf diese Eigenschaft des überhitzten Dampfes zurückzuführen. Die ersten, von einem praktischen Erfolge gekrönten Versuche führte G. Hirn in der Mitte der 50er Jahre aus. Er erzielte an seiner stehenden Zweicylinder-Balanziermaschine in der Spinnerei Loggelbach bei Colmar i. E. durch die Anwendung überhitzten Dampfes einen Dampf verbrauch von nur 7½ kg für 1 i in der Stunde, was bei einer Gesamtleistung von etwa 120 und dem damaligen Stande des Maschinenbaues berechtigtes Aufsehen erregte. Auch für die heutigen Verhältnisse kann dieser Dampfverbrauch noch als ein sehr günstiger bezeichnet werden. Trotz dieses auffälligen Erfolges fand die Verwendung des überhitzten Dampfes nur wenig Anklang und geriet später sogar ganz in Vergessenheit. Der Betrieb mit überhitztem Dampf zeigte nämlich andererseits empfindliche Mängel. Die Schmieröle vermochten die hohe Ueberhitzungstemperatur nicht zu ertragen; sie verdampften, so dass die unter Dampf stehenden Gleitflächen trocken wurden, sich verrieben und ein dauernder Betrieb somit unmöglich war. Die Hanfpackungen der Stopfbüchsen verbrannten und wurden undicht. Die Ueberhitzungsapparate waren mangelhaft konstruiert, besonders Waren die Verbindungen der einzelnen Teile nicht genügend feuerbeständig. Es war daher natürlich, dass man zu anderen Mitteln griff, um die Oekonomie des Betriebes zu erhöhen. Man steigerte allmählich die Dampfspannung und führte den Dampfmantel und die Verbundwirkung ein. Mit der Steigerung der Spannung stieg aber auch die Temperatur. Man war daher genötigt, auf die Verwendung widerstandsfähigerer Oele mit hohem Entflammungspunkt bedacht zu sein. An die Stelle der bei hohen Temperaturen nicht mehr zuverlässigen Hanfpackungen traten Metallpackungen. So vollzogen sich eine Reihe von Veränderungen, die schliesslich auch zur Ueberwindung der Schwierigkeiten führten, die mit den noch viel höher liegenden Temperaturen des überhitzten Dampfes verknüpft sind. Die ersten Ingenieure, welche auch für den dauernden Betrieb vollständig zuverlässige Ueberhitzungsanlagen schufen, waren Louis Uhler in Mühlhausen und Emil Schwörer in Colmar. Ihren Bestrebungen ist es vorzugsweise zu danken, dass man der Frage der Anwendung des überhitzten Dampfes wieder grösseres Interesse entgegenbrachte. Dieses Interesse wurde vermehrt durch die Erkenntnis, dass auf den bisher beschrittenen Wegen keine wesentliche Förderung des Dampfmaschinenbaues mehr zu erwarten sei. Die Vorteile, welche mit der Anwendung des überhitzten Dampfes verbunden sind, lassen sich hauptsächlich auf zwei Eigenschaften desselben zurückführen. Erstens besitzt überhitzter Dampf ein grösseres Volumen als gesättigter; es ist also zur Erzielung derselben Leistung ein geringeres Dampfgewicht notwendig. Der Wirkungsgrad ηII des theoretischen Kreisprozesses fällt demnach bei überhitztem Dampf grösser aus. Dieser Einfluss ist jedoch im allgemeinen verhältnismässig unbedeutend und könnte die wesentliche Verminderung des Dampf Verbrauches allein nicht erklären. Zweitens kann überhitzter Dampf eine gewisse Wärmemenge abgeben, ohne zu kondensieren. Hierdurch werden die bedeutenden Kondensationsverluste ganz vermieden oder doch wenigstens stark vermindert. Ausserdem ist überhitzter Dampf ein viel schlechterer Wärmeleiter als gesättigter Dampf. Das Bestreben, Wärme an die umgebenden kühleren Metallwände abzugeben, ist somit bei jenem viel geringer, als bei diesem. Es wird sich daher bei überhitztem Dampf der indizierte Wirkungsgrad ηIII viel günstiger gestalten, als bei Anwendung gesättigten Dampfes. Zunächst sei hier der Einfluss des überhitzten Dampfes auf den theoretischen Arbeitsvorgang besprochen. Die Abhängigkeit der drei bestimmenden Grössen: Spannung p, Volumen v und Temperatur T ist für überhitzten Dampf dargestellt durch die folgende Gleichung: p . v = BT – Cpn . . . . . . 16) Hierin bezeichnet T die absolute Temperatur des Dampfes. Ferner stellen in Gleichung 16) B, C und n konstante Grössen dar, deren Werte bezogen auf 1 kg Dampf sich zu B = 50,93; C = 192,5; n=\frac{1}{4} ergebenZeuner, Thermodynamik, II S. 239.. Lässt man nun 1 kg überhitzten Dampf von der Spannung p, dem Volumen v und der Temperatur t in einer vollkommen gedachten Maschine adiabatisch expandieren, so ändern sich die beiden Grössen v und p nach dem GesetzZeuner, Thermodynamik, II S. 279. p\,.\,v^\frac{4}{3}=p_1\,{v_1}^\frac{4}{3}=constant . . . . 17) Textabbildung Bd. 312, S. 18 Fig. 3. Es zeigt sich nun, dass während der adiabatischen Expansion des überhitzten Dampfes der Grad der Ueberhitzung stetig abnimmt. Bei genügend weit getriebener Expansion muss sich daher der Sättigungszustand einstellen, worauf bei fortgesetzter Expansion die Niederschläge beginnen. Den Augenblick, wo der überhitzte Dampf in den gesättigten Zustand übergeht, erhält man nach Fig. 3, wenn man für die gleiche Dampfmenge, d.h. für 1 kg Dampf, die Zustandskurve für die adiabatische Expansion des überhitzten Dampfes und die bereits früher erläuterte Grenzkurve einzeichnet. Der Schnittpunkt beider Kurven liefert den Augenblick, wo der Zustand der Sättigung eintritt. In Fig. 3 stellt bc die Adiabate für überhitzten Dampf und gc die Grenzkurve dar; c ist der Schnittpunkt, folglich tritt die Sättigung bei der Spannung p1 und dem Volumen v1 ein. Da nach Gleichung 2) pv1,0646 = p1 v11,0646 die Gleichung der Grenzkurve ist, so erhält man für die Bestimmung von p1 und v1 nach Fig. 3 die beiden Beziehungen p_1\,{v_1}^\frac{4}{3}=p\,v^\frac{4}{3} . . . . I p1v11,0646 = pvs1,0646. . . II Hierbei ist vs das Volumen des trockenen gesättigten Dampfes von der Spannung p. Dividiert man die beiden Gleichungen I und II, so folgt \frac{{v_1}^\frac{4}{3}}{{v_1}^{1,0646}}=\frac{v^\frac{4}{3}}{{v_{\mbox{s}}}^{1,0616}} {v_1}^{1,3333-1,0646}={v_1}^{0,2687}=\frac{v^{1,3333}}{{v_{\mbox{s}}}^{1,0646}} v_1=\frac{v^\frac{1,3333}{0,2687}}{{v_{\mbox{s}}}^\frac{1,0646}{0,2687}}=\frac{v^{4,96}}{{v_{\mbox{s}}}^{3,96}} . . . . .18) Hat man hiernach v1 bestimmt, so ergibt sich p1 mit Benutzung von Gleichung I zu p_1=p\,\left(\frac{v}{v_1}\right)^\frac{4}{3} . . . . . 19) Sobald in v1 der Sättigungszustand eingetreten ist, muss für die weitere Expansion die Zustandsgleichung 1) des gesättigten Dampfes p1v11,135 = constant angewendet werden. In Fig. 3 ist daher cd eine Adiabate für gesättigten Dampf. Man erkennt hieraus, dass im allgemeinen bei Verwendung überhitzten Dampfes die Ueberhitzung nur während des ersten Teiles der Expansion anhält. Nur bei sehr hoch überhitztem Dampf und bei mässig weit getriebener Expansion könnte eine Ueberhitzung bis zum Hubende erreicht werden. Die Arbeit, welche der überhitzte Dampf bei einer Expansion bis zur Spannung p2 und dem Gegendruck p0 leisten könnte, ist in Fig. 3 in der Fläche abcdef dargestellt. Wäre der Dampf anfangs gesättigt gewesen, so wäre sein Volumen vs und seine Arbeitsleistung gleich der Fläche aghif. Die schraffierte Fläche stellt somit den Arbeitsgewinn durch die Ueberhitzung des Dampfes dar, doch ist dabei zu bedenken, dass zur Ueberhitzung selbst eine bestimmte Wärmemenge aufgewendet werden müsste. Bezeichnet ts die Temperatur des gesättigten und t die Temperatur des überhitzten Dampfes, ferner c = 0,48 die spezifische Wärme des überhitzten Wasserdampfes für konstanten Druck, so ist die Erzeugungswärme für 1 kg überhitzten Dampfes λü= q + ϱ + Apu + c (t – ts) . . . 20) Die Ueberhitzungswärme beträgt sonach c (t – ts). Das Arbeitsvermögen des überhitzten Dampfes berechnet sich in der gleichen Weise, wie bei gesättigtem Dampfe. Die Fläche abcdef liefert nach Fig. 3 die Arbeit: L_{\mbox{ü}}=p\,v+\frac{1}{\frac{4}{3}-1}\,(p\,.\,v-p_1\,v_1)+\frac{1}{1,135-1}\,(p_1\,v_1-p_2\,v_2)-p_0\,v_2 Lü = pv + 3 (p . v – p1 v1)              + 7,407 (p1 v1p2 v2) – p0 v2 . . . .21) Diese Gleichung gilt für eine Expansion bis zur Spannung p2. Für die Berechnung des Wirkungsgrades ηII ist jedoch wieder p 2 = p 0 zu setzen, d.h. eine Expansion bis zum Gegendruck anzunehmen. Für diesen Fall nimmt Gleichung 21) folgende Form an: Lü = pv + 3 (p . v – p1 v1 ) + 7,407 (p1 v1 – p0 v2 ) – p0 v2 Lü= 4p . v + 4,407 p1 v1 8,407 p0 v2 . . . . . . . . 22) Das Volumen v2 berechnet sich hierbei nach Fig. 3 mit Benutzung der Zustandsgleichung 1) für die adiabatische Expansion gesättigten Dampfes aus der Beziehung p2v21,135 = p1 v11,135 v_2=v_1\,\left(\frac{p_1}{p_2}\right)^\frac{1}{1,135} v_2=v_1\,\left(\frac{p_1}{p_2}\right)^{0,881} . . . . . 23) Ist p2 = p0, so ergibt sich v_2=v_1\,\left(\frac{p_1}{p_0}\right)^{0,881} . . . . . 24) Bleibt jedoch der Dampf bis zum Hubende überhitzt, so ist die Arbeit nicht nach Gleichung 21) bezw. 22) zu berechnen; es ist dann vielmehr L_{\mbox{ü}}=p\,.\,v+\frac{1}{\frac{4}{3}-1}\,(p\,v-p_2\,v_2)-p_0\,v_2 Lü= p . v + 3 (p . v – p2 v2 ) – p0 v2 . . . 21a) Hierbei ist vorausgesetzt, dass die Expansion bis p2 reicht. Ist p2 = p0 , so wäre Lü = p . v + 3 (p . v – p0 v2 ) – p0 v2 Lü = 4 (p . v – p0 v2) . . . . . . . . 22a) Das Volumen v2 berechnet sich dabei aus v_2=v\,\left(\frac{p}{p_2}\right)^\frac{3}{4} . . . . . 23a) bezw. aus v_2=v\,\left(\frac{p}{p_0}\right)^\frac{3}{4} . . . . . 24a) Die Anwendung der vorstehenden Formeln auf die Berechnung des Wirkungsgrades ηII sei durch das folgende Beispiel erläutert. Es soll der Wirkungsgrad?/n des theoretischen Kreisprozesses für eine Kondensationsmaschine berechnet werden, Reiche mit überhitztem Dampf von der Spannung p = 6 kg absolut und der Temperatur t = 300° arbeitet. Zunächst wäre nach Gleichung 22) die Arbeitsleistung Lü zu bestimmen. Zu diesem Zwecke sind erst v, p1, v1 und v2 zu berechnen. Das Volumen v des überhitzten Dampfes von der Spannung p = 6 kg für 1 qcm, bezw. p = 60000 kg für 1 qm und der Temperatur t = 300° bestimmt sich nach Weichling 16) p . v = B . T – C . pn. Folglich erhält man nach Einsetzung der Konstanten in die obige Gleichung v = 0,4362 cbm. Das Volumen v1, bei welchem der Sättigungszustand Antritt, berechnet sich nach Gleichung 18) aus v_1=\frac{v^{4,96}}{{v_{\mbox{s}}}^{3,96}}. Das Volumen vs des gesättigten Dampfes von der Spannung p = 6 kg für 1 qcm ist nach der Fliegner'schen Dampftabelle vs= 0,3193 cbm. Folglich ergibt sich v_1=\frac{0,4362^{4,96}}{0,3193^{3,96}}=1,5005\mbox{ cbm}. Sodann ist die zugehörige Spannung p1 nach Gleichung 19) p_1=p\,\left(\frac{v}{v_1}\right)^\frac{4}{3} p_1=60000\,\left(\frac{0,4362}{1,5005}\right)^\frac{4}{3}=11554\mbox{ kg} für 1 qm. Schliesslich berechnet sich noch das Endvolumen v2 nach Gleichung 24) v_2+v_1\,\left(\frac{p_1}{p_0}\right)^{0,881}. Hierin ist p0 = 0,1 kg für 1 qcm, also p0 = 1000 kg für 1 qm zu setzen, da es sich um eine Kondensationsmaschine handelt; somit ergibt sich v_2=1,5005\,\left(\frac{11554}{1000}\right)^{0,881}=12,957\mbox{ cbm}. Die Arbeitsleistung des Dampfes ist dann nach Gleichung 22) Lü  = 4 p . v + 4,407 . p1 v1 – 8,407 p0 v2 Lü = 4 . 60000 . 0,4362 + 4,407 . 11554 . 1,5005 – 8,407 . 1000 . 12,957 Lü = 72161 mkg. Die Wärmemenge, welche zur Erzeugung von 1 kg überhitztem Dampf aus Wasser von 0° aufgewendet werden muss, ist nach Gleichung 20) λü = qϱ + A . p . u + c (t – ts). Nach der Fliegner'schen Tabelle folgt dann λü = 159,625 + 450,423 + 44,625 + 0,48 (300 – 157,94) λü = 722,86 Kalorien. Wird nun die Speisewassertemperatur t0 wieder gleich der Temperatur des Gegendampfes von der Spannung p0 angenommen, so wäre t0 = 45,6°; dementsprechend ist die Flüssigkeitswärme q0 = 45,6 Kalorien, so dass die für 1 kg Dampf aufzuwendende Wärmemenge Qü= λü– q0 = 722,86 – 45,6 = 677,26 Kalorien beträgt. Dann ergibt sich aber der Wirkungsgrad zu \eta_{\mbox{II}}=\frac{A\,.\,L_{\mbox{ü}}}{Q_{\mbox{ü}}}=\frac{\frac{1}{428}\,72161}{677,26}=0,249. Bei Verwendung gesättigten Dampfes ergab sich aber nach Tabelle II bei sonst gleichen Verhältnissen ein Wirkungsgrad ηII = 0,239. Die Verbesserung beträgt demnach 0,01, oder, bezogen auf den gesamten Wärme- oder Kohlenverbrauch der mit gesättigtem Dampf gespeisten Maschine: \frac{0,01\,.\,100}{0,249}=\,\sim\,4,02%. Der Dampfverbrauch der vollkommenen Maschine würde bei Verwendung überhitzten Dampfes für 1 EP in 1 Stunde entsprechend Gleichung 12) betragen: D_{\mbox{ü}}=\frac{75\,.\,60\,.\,60}{L_{\mbox{ü}}}=\frac{75\,.\,60\,.\,60}{72161}=\,\sim\,3,74\mbox{ kg}. Nach Tabelle II würde der Dampf verbrauch bei gesättigtem Dampfe 4,33 kg betragen, demnach tritt eine Verminderung ein von 0,59 kg oder um \frac{0,59\,.\,100}{4,33}=\,\sim\,13,6%. Dass der Dampfverbrauch sich um einen grösseren Betrag vermindert als der Kohlen verbrauch, erklärt sich daraus, dass der überhitzte Dampf stets eine grössere Erzeugungswärme erfordert, als gesättigter Dampf. In unserem Beispiel ist für den überhitzten Dampf Qü = 677,26 Kalorien; nach Tabelle II ist für gesättigten Dampf dagegen Q = 609,1 Kalorien. Der geringere Dampfverbrauch einer mit überhitztem Dampf arbeitenden Anlage bildet daher allein noch keinen Massstab für die Zweckmässigkeit der Ueberhitzung; entscheidend ist nur der Kohlen verbrauch. In der vorstehend angegebenen Weise ist nun die Berechnung für die Spannungen p = 4, 6, 8, 10 und 12 kg für 1 qcm, und für Ueberhitzungen bis zu 200, 250, 300 und 350° ausgeführt worden, um hierdurch zu erkennen, welchen Einfluss die Stärke der Ueberhitzung bei den verschiedenen Dampfspannungen auf die Veränderung von ηII ausübt. Das Ergebnis dieser Berechnung ist in den folgenden Tabellen III bis VI enthalten. Tabelle III. Werte von Lü und Qü für Auspuffmaschinen; Gegendruck p0 = 1 kg für 1 qcm. p Ueberhitzungstemperatur t = 200° t = 250° t = 300° t = 350°   4 L ü Q ü 25538 577,9 28392 601,9 31000 625,9 33985 649,9   6 L ü Q ü 32176 575,3 34628 599,3 37823 623,3 41462 647,3   8 L ü Q ü 36847 573,3 39262 597,3 42429 621,3 46203 645,3 10 L ü Q ü 40445 571,6 42819 595,6 45970 619,6 49743 643,6 12 L ü Q ü 43370 570,2 45714 594,2 48835 618,2 52602 642,2 Tabelle IV. Werte von Lü und Qü für Kondensationsmaschinen; Gegendruck p0 = 0,1 kg für 1 qcm. p Ueberhitzungstemperatur t = 200° t = 250° t = 300° t = 350°   4 L ü Q ü 58818 631,9 62761 655,9 66776 679,9 71589 703,9   6 L ü Q ü 64298 629,3 67898 653,3 72159 677,3 76931 701,3   8 L ü Q ü 68164 627,3 71710 651,3 75926 675,3 80679 699,3 10 L ü Q ü 71141 625,6 74632 649,6 78822 673,6 83564 697,6 12 L ü Q ü 73565 624,2 77017 648,2 81165 672,2 85894 696,2 Tabelle III gibt die beiden wichtigsten Werte Lü und Qü für Auspuffmaschinen mit p0 = 1 kg an; Tabelle IV enthält dieselben Werte für Kondensationsmaschinen mit p0 = 0,1 kg. Tabelle V gibt für Auspuffmaschinen die aus Lü und Qü berechneten Werte von ηII an, wobei des leichteren Vergleiches wegen die Werte ηII aus Tabelle I für gesättigten Dampf beigefügt sind. Tabelle VI gilt dann in entsprechender Weise für Kondensationsmaschinen. Die nähere Betrachtung der beiden Tabellen III und IV zeigt, dass die Anzahl der Meterkilogramm Lü, die 1 kg Dampf im besten Falle liefern kann, mit dem Grade der Ueberhitzung sehr merklich zunimmt. In demselben Masse, in dem Lü zunimmt, muss sich aber der theoretische Dampfverbrauch vermindern. Dabei ist jedoch zu beachten, dass, wie Tabellen III und IV ergeben, auch Qü mit der Ueberhitzung wächst. Die Mehrleistung von 1 kg Dampf muss daher durch Mehr auf Wendung einer gewissen Wärmemenge erkauft werden; der Kohlenverbrauch wird sich daher theoretisch um weniger vermindern als der Dampf verbrauch. Tabelle V. Werte von ηII für Auspuffmaschinen. p GesättigterDampf Ueberhitzter Dampf t = 200° t = 250° t = 300° t = 350°   4 0,101 0,103 0,110 0,116 0,122   6 0,130 0,131 0,135 0,142 0,150   8 0,150 0,150 0,154 0,160 0,167 10 0,165 0,165 0,168 0,173 0,181 12 0,178 0,178 0,180 0,185 0,191 Tabelle VI. Werte von ηII für Kondensationsmaschinen. p GesättigterDampf Ueberhitzter Dampf t = 200° t = 250° t = 300° t = 350°   4 0,217 0,217 0,223 0,229 0,238   6 0,239 0,239 0,243 0,249 0,256   8 0,255 0,255 0,257 0,263 0,270 10 0,266 0,266 0,268 0,273 0,280 12 0,276 0,276 0,278 0,282 0,288 Wie sich der Kohlenverbrauch auf Grund der Verbesserung des theoretischen Arbeitsprozesses verringern müsste, lässt Tabelle V bezw. VI erkennen. Auch hier sieht man, wie sich ηII mit zunehmender Ueberhitzung günstiger gestaltet. Ferner erkennt man, dass der Einfluss der Ueberhitzung bei kleineren Spannungen grösser ist als bei höheren Dampfspannungen. Schliesslich zeigt sich noch, wenn man Tabelle V mit VI vergleicht, dass bei Auspuffmaschinen die relative Verbesserung von ηII grösser ist als bei Kondensationsmaschinen. Um dies noch besser zu veranschaulichen, sind die Werte der in Prozenten ausgedrückten Verminderung des Wärmeverbrauches für die Spannung p = 4 kg und p = 12 kg und für Auspuff- und Kondensationsmaschinen besonders berechnet und in Tabelle VII zusammengestellt worden. Tabelle VII. Verminderung des Wärmeverbrauches in Prozenten des Verbrauches bei gesättigtem Dampf. p Ueberhitzung des Dampfes t = 200° t = 250° t = 300° t = 350° Auspuff   412 1,94 8,181,11 12,93  3,79 17,22  6,81 Kondensation   412 2,690,72   5,24  2,13   8,82  4,16 Bei mässiger Ueberhitzung bis 200° verschwindet der Einfluss fast ganz; ebenso ist er bei hoher Spannung verhältnismässig gering. Nur bei hoher Ueberhitzung und bei kleineren Spannungen tritt eine erhebliche Verminderung des Wärmeverbrauches ein. Vergleicht man nun dieses Ergebnis mit den in der Praxis erzielten Resultaten, so findet man, dass sich durch die Ueberhitzung des Dampfes in Wirklichkeit viel grössere Vorteile erreichen lassen, als es nach den Tabellen V bis VII der Fall sein müsste. Auch schon bei mittlerer Ueberhitzung bis zu 250° sind 20 % Kohlenersparnis und darüber ermittelt worden. Die Verbesserung des Wirkungsgrades ηII, also die Verbesserung des theoretischen Arbeitsprozesses, ist im allgemeinen, wie Tabellen V bis VII zeigen, gering gegenüber den thatsächlich erzielten Erfolgen. Diese erklären sich vielmehr hauptsächlich durch den besonders günstigen Einfluss, den die Ueberhitzung auf den indizierten Wirkungsgrad ηII ausübt, d.h. durch die Verminderung der Dampfverluste. Wie früher nachgewiesen wurde, ist der Dampfverbrauch der praktischen Maschine infolge verschiedener Verluste wesentlich grösser als derjenige der vollkommen gedachten Maschine. Die Verluste entstehen hauptsächlich durch Abkühlung, d.h. durch Kondensation des Dampfes und durch Spannungsverluste infolge von Drosselung. Die übrigen Verluste sind nur unbedeutend. Durch die Ueberhitzung des Dampfes werden nun besonders die Abkühlungsverluste, welche den überwiegend grössten Teil der gesamten Verluste bilden, bedeutend vermindert. Es erklärt sich dies aus der schon erwähnten Eigenschaft des überhitzten Dampfes, einen Teil seiner Wärme abgeben zu können, ohne zu kondensieren. Dieses Verhalten des überhitzten Dampfes gegenüber dem gesättigten Dampfe lässt sich auch durch einen Versuch sehr leicht und anschaulich nachweisen. Lässt man, wie dies in Fig. 4 dargestellt ist, gesättigten und überhitzten Dampf durch zwei Hähne unmittelbar in die Luft ausströmen, so wird der gesättigte, an sich unsichtbare Dampf infolge der eintretenden Abkühlung sofort nach dem Verlassen des Hahnes teilweise kondensieren und sich zu weissem Nebel verdichten. Textabbildung Bd. 312, S. 20 Fig. 4. Versuch über das Verhalten des überhitzten Dampfes gegenüber dem gesättigten Dampfe. Der überhitzte Dampf dagegen kondensiert nicht sofort und bleibt infolgedessen auch unsichtbar, wenn er den Hahn schon verlassen hat. Erst wenn er sich bis zur Sättigungstemperatur abgekühlt hat, beginnt er zu kondensieren und verhält sich dann wie gesättigter Dampf. Während bei gesättigtem Dampfe schon in dem Dampfzuleitungsrohr grosse Dampfmengen kondensieren, lassen sich diese Verluste bei überhitztem Dampf ganz vermeiden. Allerdings verliert der überhitzte Dampf auch Wärme, doch vermindert sich dadurch nur seine Temperatur. Nach ausgeführten Anlagen beträgt dieser Temperaturverlust bei entsprechender Isolierung der Rohrleitung etwa 0,6 bis 1° für 1 m Länge. Je länger die Zuleitung ist, um so höher wird der Dampf in der Kesselanlage zu überhitzen sein, wenn er noch mit genügender Ueberhitzung in die Maschine eintreten soll. Die mit Ueberhitzungsanlagen vorgenommenen Versuche haben aber in vielen Fällen nicht nur die Beseitigung der Leitungskondensation, sondern auch eine Verminderung des Spannungsverlustes ergeben. Es dürfte dies wohl auf die geringere Dichte des überhitzten Dampfes zurückzuführen sein, indem hierdurch geringere Reibung hervorgerufen wird. Wollte man denselben Spannungsabfall in der Rohrleitung wie bei gesättigtem Dampf zulassen, so könnte man die Dampfgeschwindigkeit wesentlich erhöhen. Hierdurch ergeben sich dann geringere Rohrdurchmesser und damit kleinere Anlagekosten und kleinere Abkühlungsflächen. Gelangt der Dampf noch reichlich überhitzt in die Maschine, so werden auch die Kondensationsverluste vermieden. In diesem Falle müsste aber die Ueberhitzung noch bedeutend sein. Will man den Dampf bis zum Ende der Füllung überhitzt oder doch gut trocken halten, so ist hierzu, wie die Erfahrung zeigt, eine Ueberhitzung von 70 bis 100° beim Eintritt in die Maschine erforderlich. Während der Expansion geht dann der Dampf gewöhnlich sehr schnell in den Sättigungszustand über. Selbst wenn keine Wärmeentziehung durch Abkühlung vorhanden wäre, würde nach Gleichung 17) für die adiabatische Expansion des überhitzten Dampfes die Erhaltung des überhitzten Zustandes bis zum Ende der Expansion bei höheren Dampfspannungen unmöglich sein. Nur bei hoher Ueberhitzung bis 350° wäre es für kleinere Spannungen theoretisch möglich, den Abdampf überhitzt abzuführen. Die Kondensationsverluste werden daher im allgemeinen nicht ganz beseitigt, aber doch stark eingeschränkt werden können. Diese Beseitigung bezw. Verminderung der Niederschläge im Cylinder bildet den Hauptvorteil, welchen die Anwendung des überhitzten Dampfes bietet; er ist aber nur dann bedeutend, wenn die Ueberhitzung auch eine genügend hohe ist, denn bei geringer Ueberhitzung tritt entweder schon in der Zuleitung oder bestimmt während der Füllung der Sättigungszustand ein. Es dürfte jetzt noch zu untersuchen sein, welche Einwirkung die bisher zur Vermeidung der Kondensationsverluste benutzten Mittel, der Dampfmantel und die Verbundwirkung, auf den Dampfverbrauch ausüben, wenn überhitzter Dampf verwendet wird. Da bei hoher Ueberhitzung die Eintrittskondensation fast ganz vermieden wird, so muss in diesem Falle die Heizung des Dampfmantels überflüssig und sogar schädlich erscheinen. Auch aus einem anderen praktischen Grunde ist es zweckmässig, die Heizung bei hoher Temperatur des Einlassdampfes zu unterlassen. Wie schon hervorgehoben wurde, tritt selbst bei hoher Ueberhitzung während der Expansion infolge der Arbeitsleistung des Dampfes der Sättigungszustand ein. Die alsdann eintretenden Niederschläge sind aber insofern von grosser Bedeutung, als durch sie die Schmierung der Cylinderflächen erleichtert und dadurch besser ein andauernder anstandsloser Betrieb ermöglicht wird. Ist dagegen der Dampf nur schwach überhitzt, so wird die Beibehaltung der Mantelheizung im allgemeinen von Vorteil sein, indem sich der Eintritt des Sättigungszustandes, also auch der Beginn der Niederschläge dadurch weiter hinausschieben lässt. Wird zur Heizung des Dampfmantels überhitzter Dampf verwendet, so ist zu bedenken, dass derselbe seine Wärme viel langsamer abzugeben geneigt ist, als gesättigter Dampf. Für energische Heizung erscheint daher gesättigter Dampf geeigneter, als überhitzter. Die Verbundwirkung wird auch bei überhitztem Dampf ihre Vorteile behalten, wenn hohe Dampfspannungen zur Verwendung gelangen. Der Hochdruckcylinder arbeitet dann gewöhnlich allein mit überhitztem Dampf. Die Abkühlung, welche der Dampf im ersten Cylinder erleidet, sowie der Wärmeverlust durch die Expansion, führen den Sättigungszustand herbei. Der zweite Cylinder erhält somit gewöhnlich gesättigten Dampf, wenn nicht eine besondere Zwischenüberhitzung vorgenommen wird, indem man dem Dampf beim Passieren des Aufnehmers wieder Wärme zuführt. Geschieht dies nicht, so arbeitet der zweite Cylinder wie eine gewöhnliche mit gesättigtem Dampfe gespeiste Maschine. Der Dampfmantel ist daher unter diesen Umständen stets beizubehalten. Auch bei Zwischenüberhitzung wird er gewöhnlich von Vorteil sein, da die Temperaturerhöhung des überströmenden Dampfes in der Regel nicht bedeutend ist. Beim Hochdruckcylinder wird dagegen der Dampfmantel meistens zu entbehren, unter gewissen Verhältnissen sogar nachteilig sein. Wie durch mehrfache Versuche nachgewiesen worden ist, zeigt sich der Einfluss der Ueberhitzung bei Verbundmaschinen dahingehend, dass der Dampfverbrauch einer mit überhitztem Dampf arbeitenden Zweifach-Expansionsmaschine sich auf den einer mit hochgespanntem, gesättigtem Dampfe gespeisten Dreifach-Expansionsmaschine ermässigt. Wird ausserdem noch Zwischenüberhitzung angewandt, so arbeitet unter Umständen eine Zweifach-Expansionsmaschine sogar noch vorteilhafter als eine Dreifach-Expansionsmaschine mit gesättigtem Dampf. Erwiesen ist dies z.B. durch Versuche an der 1000pferdigen Corliss-Dampfmaschine der Firma Ed. Vaucher und Co. in Mülhausen i. E.Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1898 S. 131.. Diese Maschine ist so gebaut, dass sie sowohl als Dreifach-Expansionsmaschine, als auch nach Ausschaltung des Mitteldruckcylinders und Einschaltung der Zwischenüberhitzung als Zweifach-Expansionsmaschine benutzt werden kann. Der Dampf wird durch Schwörer'sche Ueberhitzer überhitzt. Bei dem ersten Versuche wurde nur der Hochdruckcylinder mit überhitztem Dampf gespeist und alle drei Cylinder benutzt; beim zweiten Versuche wurde der Mitteldruckcylinder ausgeschaltet, der Abdampf des Hochdruckcylinders aber nochmals vor dem Eintritt in den Niederdruckcylinder überhitzt. Obwohl nun auch im ersten Falle Ueberhitzung Anwendung fand, so wurde doch, wie die in Tabelle VIII enthaltenen Ergebnisse erkennen lassen, durch die Zwischenüberhitzung eine Dampfersparnis von 10,5 % und eine Kohlenersparnis von 6 % erzielt. Dabei ist noch zu beachten, dass der mechanische Wirkungsgrad der Zweifach-Expansionsmaschine wesentlich günstiger ist, als derjenige der Dreifach-Expansionsmaschine, so dass sich die Ersparnis, bezogen auf die effektive Leistung, noch höher darstellen würde. Tabelle VIII. 3 CylindermitUeberhitzungim Hoch-druckcylinder 2 CylindermitUeberhitzungin beidenCylindern Mittlere DampfspannungTemperatur des Dampfes am Ueber-   hitzerTemperatur des Dampfes am Ein-   tritt in den HochdruckcylinderTemperatur des Dampfes am Ein-   tritt in den NiederdruckcylinderLeistung im Hochdruckcylinder    „          „   Mitteldruckcylinder    „          „   Niederdruckcylinder at°C.i   11,47246,52216,00118,00399,08111,49235,95   11,31268,22211,38236,00345,46381,81 GesamtleistungGesamtniederschlagswasser pro iDampfverbrauch pro i bruttoKohlenverbrauch pro i bruttoDampfverbrauch pro i im Be-   harrungszustandeDampfersparnisKohlenersparnis kg% 746,52    0,20  5,6040,7665  5,142 727,22  5,0920,7213  4,603  10,5    6,0 Der Dampfverbrauch von 4,603 kg für 1 i in 1 Stunde zählt zu den kleinsten Werten, die bisher erreicht wurden. Die Verminderung der Leistung von etwa 20 i im zweiten Falle ist hauptsächlich der Ausschaltung des Mitteldruckcylinders zuzuschreiben, da in beiden Fällen darauf geachtet wurde, dass der Betrieb der Fabrik genau übereinstimmte. Diese 20 i wären daher für die Reibung im Mitteldruckcylinder zu rechnen. Die Verminderung des Kohlenverbrauches infolge der Dampfüberhitzung fällt naturgemäss bei solchen Maschinen, die an sich schon sehr sparsam arbeiten, verhältnismässig geringer aus als bei solchen, die hohen Dampf- und Kohlenverbrauch aufweisen. Auch spielt die Beschaffenheit des gesättigten Dampfes eine grosse Rolle. Dort, wo wirklich trockener gesättigter Dampf verwendet wird, müssen die Dampfverluste durch Abkühlung mässiger ausfallen als dort, wo der Dampf sehr nass zur Verwendung kommt. Der Einfluss der Ueberhitzung auf die Verminderung der Kondensation wird daher um so stärker hervortreten, je nasser der vorher verwendete Dampf war. Nun wird aber wohl überall, wo der Kesseldampf unmittelbar zur Speisung der Maschine benutzt wird, nasser Dampf und niemals vollkommen trockener Dampf vorhanden sein. Selbst wenn der Kessel wirklich trockenen Dampf erzeugen würde, was aber nicht immer der Fall ist, so müsste derselbe doch nass werden, d.h. in ein Gemisch von Dampf und Wasser übergehen, bevor er in die Maschine gelangt, denn er muss in der Rohrleitung Wärme abgeben, also teilweise kondensieren. In der Regel liefert aber schon der Kessel nassen Dampf. Besonders wird dies, ob mit Recht, sei dahingestellt, den Wasserrohrkesseln zum Vorwurf gemacht. Die Fälle sind aber nicht selten, dass auch Grosswasserraumkessel nassen Dampf liefern, besonders, wenn sie zu klein sind, d.h. zu hoch beansprucht werden. Das Mitreissen von Wasserbläschen muss um so leichter eintreten, je rapider die Dampfentwickelung vor sich geht, je kleiner die Verdampfungsoberfläche des Wasserspiegels ist und je länger und komplizierter der Weg ausfällt, den ein Dampfbläschen von der Erzeugungsstelle bis zum Dampfraum im Wasser zurücklegen muss. Auch die Höhe des Wasserstandes und die Grösse der Dampfräume mögen Einfluss auf den Feuchtigkeitsgehalt des Dampfes haben. Die experimentelle Bestimmung des Feuchtigkeitsgehaltes ist nun eine umständliche und unsichere Arbeit. Die verschiedenen Methoden liefern so widersprechende Ergebnisse, dass von einzelnen Forschern sogar in Zweifel gestellt wurde, dass Kesseldampf grössere Wassermengen fein verteilt enthalten könne. Dass hier ein Irrtum vorliegt, zeigt aber unter anderem auch die Thatsache, dass oft ungewöhnlich hohe, sogar unmögliche Verdampfungsziffern bei Kesselversuchen erhalten wurden. Die Umständlichkeit der Feuchtigkeitsbestimmung ist aber die Ursache, dass diese Untersuchung gewöhnlich unterbleibt. Infolgedessen ist es nicht ausgeschlossen, dass bei Erzeugung nassen Dampfes der Wirkungsgrad ηI der Kesselanlage viel zu günstig erscheint, indem die falsche Annahme besteht, dass das ganze in den Kessel gespeiste Wasser in vollwertigen gesättigten Dampf verwandelt worden wäre. Gleichzeitig wird dann aber auch der indizierte Wirkungsgrad ηIII viel zu ungünstig erscheinen müssen, da der Dampfverbrauch scheinbar viel grösser ausfällt. Wird nun überhitzter Dampf verwendet, so ist ein Feuchtigkeitsgehalt des Kesseldampfes vollständig ausgeschlossen, wenn die Ueberhitzung nur genügend hoch und gleichmässig erfolgte. Die Verdampfungsresultate sind dann fehlerfrei. Man erkennt daher, warum, abgesehen von anderen Gründen, die Verbesserung des Wirkungsgrades ηIII um so grösser ausfallen muss, je nasser vorher der vom Kessel erzeugte Dampf war. Nachdem der Einfluss der Ueberhitzung auf die Gestaltung von ηII und ηIII besprochen worden ist, erübrigt es sich noch, auf den Wirkungsgrad der Kesselanlage ηI etwas näher einzugehen. Eine Wirkung ist bereits erwähnt worden; der Wert ηI wird bei Erzeugung überhitzten Dampfes kleiner ausfallen, wenn vorher nasser Dampf erzeugt, aber als trockener gesättigter Dampf angesehen wurde. Abgesehen hiervon, wird ηI noch weitere Veränderungen erfahren, ohne dass allgemein vorausgesagt werden könnte, ob sich ηI bei Ueberhitzung günstiger oder ungünstiger ergeben wird. Da mit der Verwendung überhitzten Dampfes eine Verminderung des Dampfverbrauches eintritt, so wird gewöhnlich die Kesselanlage entlastet; die Beanspruchung sinkt. Hiermit ist im allgemeinen auch eine Verbesserung von ηI verknüpft. War die Kesselanlage vorher überlastet, so wird wieder ein annähernd normaler Zustand herbeigeführt; war sie dagegen schon vorher nur mässig beansprucht, so wird es zulässig sein, einen oder mehrere Kessel auszuschalten. Dieser Umstand ist besonders wichtig, wenn eine Kesselanlage infolge Betriebserweiterung allmählich unzureichend geworden ist. Andererseits ist zu bedenken, dass zur Erzeugung hochüberhitzten Dampfes auch eine hohe Temperatur der Heizgase erforderlich ist. Wird der Dampf bis 350° überhitzt, so muss die Temperatur der Heizgase noch höher sein. Würde man daher den Ueberhitzer in den Fuchs legen, wie dies aus voller Unkenntnis der wirklichen Verhältnisse geschehen ist, so würde der Ueberhitzer entweder völlig unwirksam sein, oder man müsste die Temperatur der abziehenden Gase ungewöhnlich hoch halten. Dann würde aber der Schornsteinverlust so bedeutend sein, dass der Wirkungsgrad ηI sich wesentlich verschlechtern müsste. Man legt infolgedessen den Ueberhitzer, wenn er nicht eigene Feuerung besitzt, zwischen den ersten und zweiten Feuerzug des Kessels. Die Wärme der abziehenden Gase pflegt man dann noch durch Ekonomiser auszunutzen. Ein Einfluss der Ueberhitzung auf den mechanischen Wirkungsgrad ηIV ist im allgemeinen wohl nicht vorhanden, abgesehen von den Fällen, wo bei Verbundmaschinen die Mitwirkung eines Cylinders entbehrt werden kann, oder wo bei Kondensationsmaschinen eine Verminderung der Luftpumpenarbeit insofern erzielt wird, dass infolge des geringeren Dampfverbrauches weniger Dampf zu kondensieren ist. Gegenüber den hier angeführten Vorzügen des überhitzten Dampfes ist zu bedenken, dass dessen Anwendung auch gewisse Erschwerungen des Betriebes herbeiführt. Besonders muss die Wartung der Maschine und der Kesselanlage eine ganz vorzügliche und zuverlässige sein; ferner können für die Schmierung nur die besten hitzebeständigen Schmieröle (Valvoline, Star-Cylinderöl, Hypertermoline) verwendet werden, deren Preis natürlich ein höherer ist. Auch wird die Schmierung gewöhnlich etwas ausgiebiger sein müssen, als bei gesättigtem Dampfe. (Fortsetzung folgt.)