Titel: Die Entwickelung der Papierhülsenmaschinen.
Autor: Lindner
Fundstelle: Band 312, Jahrgang 1899, S. 59
Download: XML
Die Entwickelung der Papierhülsenmaschinen. Von Prof. Lindner in Karlsruhe. Die Entwickelung der Papierhülsenmaschinen. Die Spinnereien bedürfen einer Unmenge kleiner Hülsen, welche auf die Spindeln der Feinspinnmaschinen gesteckt, mit dem Faden bewickelt und mit dem Fadenkörper abgezogen werden, als dessen Skelett sie weiterhin dienen; von den Zwirn- und Spulmaschinen oder von den Webereien kehren sie grösstenteils zu wiederholter Benutzung zu den Spinnmaschinen zurück. Die Hülsen für Selbstspinner oder Selfaktoren haben nur 30 bis 50 mm Länge und 5 bis 8 mm Weite; die Hülsen für Ringspinner sind 130 bis 180 mm lang und 20 bis 25 mm weit. In jedem Falle sind sie, der Spindel angemessen, verjüngt. Gerade die konische Form bietet Schwierigkeiten für die Herstellung der Hülsen aus Papierstreifen von gleichmässiger Breite. Die selbstthätigen Hülsenmaschinen arbeiten durchweg in der Weise, dass sie ein Papierband von einem Haspel oder einer Rolle über Walzen und Leitstäbe einführen, nach Belieben mit einem Stempeldruck versehen, auf einer Seite streifenweise mit Kleister bestreichen, weiterhin das Band absatzweise vorwärts bewegen, in den Ruhepausen einzelne Stücke von gewisser Form und Grösse abschneiden, die Abschnitte mittels Zangen an Spindeln von der gewünschten Stärke und Verjüngung anlegen, eine gerade Kante des Abschnittes in einen Längsschlitz der Spindel Einschieben oder in längslaufende Rillen der Spindel drücken, durch Drehung der Spindel das Papier aufrollen und wählend der Wickelung an die Spindel drücken, schliesslich die gerollte Hülse abschieben. Weiterhin sind die Hülsen noch zu trocknen und zu glätten. Der eine Rand des Papierbandes ist gewöhnlich zugeschärft, damit er sich auf der Hülse sicher und ohne vorspringende Kante aufkleben lässt. Man bewirkt die Zuschärfung in den Hülsenfabriken, nachdem das Rollenpapier in Streifen geschnitten ist, durch Abschleifen mit einer Schmirgelscheibe, an welcher der Papierrand in etwas schräger Richtung vorbeigeführt und durch eine Stahlschiene angedrückt wird. Die in Fig. 1 dargestellte Hülsenmaschine aus der Sammlung der Technischen Hochschule zu Karlsruhe hat schon viele Jahre gearbeitet und zeichnet sich durch mehrere bemerkenswerte Einzelheiten aus, die nicht an allen Hülsenmaschinen wiederkehren. Die Papierrolle steckt unterhalb des Tisches auf einem Haspel. Da, wo das Band über die Tischplatte aufsteigt, wird es durch einen Stempel C mit kurzem Schlage getroffen in Abständen, die der Hülsenlänge gleich sind. Sobald der Stempel in seine Ruhelage zurückgekehrt ist, senkt sich ein cylindrisches Schmierkissen nieder, das ihm wieder Farbe zuführt. Die Bewegungen werden durch zwei Scheiben gesteuert, welche auf der längs des Tisches laufenden Welle sitzen und je an einer Stelle ihres Randes eingeschnitten sind. Textabbildung Bd. 312, S. 59 Fig. 2. Aus dem lotrechten Lauf, bei dem zwei Stäbe das Band dicht vor dem Widerlager des Stempels vorbeiführen, geht das Papier nun nach hinten und berührt mit der Hälfte seiner Breite eine kupferne Rolle J, die in Stärkekleister taucht und davon auf das Papier überträgt. Eine Bürste L gleicht den Auftrag aus und hält den Ueberschuss zurück. So weit wird das Band durch das Einzugwalzenpaar N am hinteren Tischende mit gleichmässiger Geschwindigkeit herbeigezogen. Von hier aus geht es absatzweise, bald schneller, bald stillstehend, und macht dabei einen Umweg über den höchstgelegenen Leitstab, so dass der Kleister Zeit hat, einzuziehen. Das Papier folgt dem Vorschubwalzenpaar M, welches durch Schraubenräder mit Ruhepause G von der Längswelle aus angetrieben wird. Das eigentümliche, in französischen Patenten auf Hülsenmaschinen einigemal beschriebene Getriebe ist in Fig. 2 besonders dargestellt. Das treibende Rad I enthält ausser den schrägen, unter 45° gerichteten Zähnen einen in der Richtung des Umfanges verlaufenden Riegel, der durch eine achsial gerichtete Zahnlücke des getriebenen Rades II streicht und dieses so lange festhält, bis wieder der erste Schrägzahn die nächste Lücke des zweiten Rades erreicht. Infolge der plötzlichen Beschleunigung schlagen sich die antreibenden Zahnflanken mit der Zeit aus. Der Umfang des ersten Rades ist um die Länge des Riegels grösser als der des zweiten Rades. Das Getriebe ist nicht umkehrbar, kann aber rückwärts und vorwärts laufen. Textabbildung Bd. 312, S. 59 Fig. 3. Textabbildung Bd. 312, S. 59 Fig. 4. Textabbildung Bd. 312, S. 59 Fig. 5. Textabbildung Bd. 312, S. 59 Fig. 6. Während der Ruhepause schneidet eine Krummschere K mit festliegendem Unterblatt quer durch das Papierband, wobei der Abschnitt von einer Zange erfasst und gehalten wird. Das obere Scherblatt erhält seine Bewegung durch einen langen Doppelhebel von einem Kurbelzapfen, der in der Nähe der Antriebriemenscheiben E um die Welle läuft. Die Zangenbacken werden je durch eine Daumenscheibe von der Längswelle aus gesteuert, s. Fig. 1, so dass die obere Backe während der Festhaltung mit Federkraft auf der unteren Backe aufliegt. Nach dem Schnitt senkt sich die Zange bis auf einen Anschlag, wobei der Papierabschnitt gerade in die Höhenlage der Wickelspindel H kommt. Diese schiebt sich nun in ihrer Längenrichtung vor und nimmt dabei die Papierkante in ihrem Schlitz auf. Alsbald hebt sich die obere Zangenbacke ein wenig auf, während die Spindel anfängt sich zu drehen, um das Papier zu wickeln. Der Vorschub der Spindel wird durch die grosse unrunde Scheibe B hervorgebracht, die mitten auf der Antriebwelle sitzt. Zwischen dem Scheibenumfang und dem Spindelende liegt ein Zapfen, der als Spurpfanne für die Spindel gilt, und zugleich, weil er an einer senkrecht hängenden Schwinge sitzt, die in der Richtung des Scheibenumfanges wirkende Reibungs- und Druckkraft aufnimmt und auf das Gestell absetzt. Die Spindelwelle trägt eine über die Länge der Verschiebung reichende Verzahnung, so dass sie mit dem Triebrad stets in Eingriff bleibt. Letzteres wird absatzweise und zwar durch Kegelräder mit Ruhepause D von der Antrieb welle aus bethätigt. Zur Sicherurig der richtigen Lage des Spindelschlitzes während der Ruhe, liegen, soweit der Umfang des treibenden Kegelrades nicht verzahnt ist, beide Räder mit Gleitflächen aneinander. Textabbildung Bd. 312, S. 59 Fig. 7. Textabbildung Bd. 312, S. 59 Fig. 8. Textabbildung Bd. 312, S. 59 Fig. 9. Textabbildung Bd. 312, S. 59 Fig. 10. Textabbildung Bd. 312, S. 59 Fig. 11. Während der Aufwickelung legt sich eine Druckplatte federnd an die Spindel, bis sie durch ihr Exzenter wieder abgehoben wird; sie sorgt für feste Rollung und dichtes Verkleben der Hülse. Geht die Spindel wieder zurück, so stösst die Hülse auf einen feststehenden Ring, streift sich dadurch von der Spindel ab und fällt unter den Tisch in einen Korb. Den Spindelrückgang bewirkt eine Feder, wie auch die anderen Exzentergetriebe durch Spannfedern kraftschlüssig gehalten sind. Die von der Maschine gelieferten Hülsen (Fig. 3) sind 70 mm lang und 8 auf 6 mm weit. Wegen der Verjüngung der Spindel wickelt sich das Papier an der Spitze der Hülse ½mal weiter um als an der Basis, nämlich auf 3¼ gegen 2¾ Umgänge. Auch endet die Hülse an der Spitze nicht scharf abgesetzt, weil die Krümmung der Schere nicht zugleich für Basis und Spitze passen kann. Die Ungenauigkeit tritt im allgemeinen um so störender hervor, je länger und je stärker verjüngt die Hülsen sind. Die Schwierigkeit der technischen Aufgabe, kegelförmige Hülsen von gleichmässiger Papierstärke und mit ganzen Rändern an Basis und Spitze herzustellen, betrifft den Zuschnitt, die Gestaltung der Papierabschnitte, und beruht in dem Widerstreit der Rücksichten einerseits auf theoretisch richtige Formgebung und andererseits auf Einfachheit der Sehneidwerkzeuge und Vermeidung von Papierabfall. Mit der allmählichen Entwickelung der Hülsenmaschinen kommt der Zuschnitt der geometrisch genauen Form des Kreisringausschnittes immer näher. Da sich diese in einem Bande von gleicher Breite nicht ohne Zwischenräume anordnen lassen, haben die Annäherungsformen eine gewisse Berechtigung und Bedeutung erlangt. Die abfallenden Zwickel sind möglichst zu vermeiden, weil sie unbezahlt bleiben und den guten Gang der Maschine oder die Güte der Ware beeinträchtigen können, wenn sie zufällig haften bleiben. Mit besonderer Berücksichtigung der Zuschnittsform wende ich mich nun zur Geschichte der Hülsenmaschinen. Sie sind hauptsächlich in dem gewerbsamen Oberelsass ausgebildet, gebaut und betrieben worden, später auch in Sachsen und anderen Pflanzstätten der Textilindustrie. Als älteste selbstthätig arbeitende Maschine für konische Hülsen wird die von Motsch und Perrin aufgeführt, nach dem französischen Patent vom 1. März 1849. Sie schneidet von dem Papierbande Rechtecke ab und wickelt sie auf eine quer davor liegende Spindel zu kurzen, wenig verjüngten Hülsen, sogen. Kötzertüten (für Selfaktoren). Zur Verdeutlichung diene Fig. 4, welche, wie die folgenden Abbildungen, schematisch gehalten und auf das Wesentlichste beschränkt ist. Eine weitere Ausbildung zeigte die Maschine von Motsch nach dem Patent vom 24. Januar 1854 auf der Pariser Weltausstellung von 1855. Auf einer schaltweise gedrehten Scheibe sitzen parallel sechs Spindeln, welche die Hülsen nach der Aufwickelung noch an einem Lederriemen reibend glätten und nach der Entfernung der Hülsen unter einer Putz Vorrichtung durchgehen. Diese Maschine wurde von Troppmann in Cernay verbessertAusführlich berichtet darüber Zeman in D. p. J. 1870 195 499 ff. mit Taf. X Fig. 1 bis 12.. Er machte den ersten schüchternen Versuch, die Ecken an der Basiskante durch Einschnitte am Rande des Bandes zu brechen, wie Fig. 5 andeutet. Textabbildung Bd. 312, S. 60 Mit dem Patent vom 10. August 1864 brachte Troppmann seine Maschine zu einer gewissen Vollendung (Fig. 6). Er legte die Querteilungsschnitte schräg durch das Band, abwechselnd nach rechts und links geneigt, mit einem die Richtung wechselnden Messer. Damit entsprach er dem Erfordernis grösserer Papierbreite für die Basis unter fortlaufendem Ausgleich der Breitenmasse längs des Bandes. Ausserdem erteilte er auch der Basiskante die geometrisch richtige Krümmung, und zwar durch senkrecht geführte Stanzmesser, die wechselweise beide Ränder des Bandes vorbilden. An der Spitzenkante, deren Ausrundung weniger von Bedeutung ist, werden in zweckmässiger Weise die Ecken gebrochen. Die Papierabschnitte werden von zwei Zangen abwechselnd nach rechts und nach links zu den Wickelspindeln geführt, die hierbei umschichtig arbeiten. Eine geringfügige Aenderung an der ältesten Maschine, nämlich die Verlegung der Spindel in die Richtung der einen Bandkante (Fig. 7), was von Hotz in seinem Patent vom 25. März 1863 angegeben worden ist, schuf im Grunde ein neues System,das fortan im ganzen beibehalten worden ist. Textabbildung Bd. 312, S. 61 Fig. 1. Hülsenmaschine aus der Sammlung der Technischen Hochschule zu Karlsruhe. A Schwungrad; B Exzenter; C Stempel; D; Kegelrad mit Ruhepause; E Antrieb; F Zange; G Schraubenräder mit Ruhepause; H Spindel; I Kleisterolle; K Schere; L Bürste; M Vorschubwalzen; N Einzugwalzen. Es gelang dadurch, die Kleisterung in einem ununterbrochenen Streifen, unter Aussparung der Angriffsstellen für die Zangen und Spindeln, aufzutragen, ferner den einen Rand des Bandes durch vorausgehende Zuschärfung zum glatten Aufkleben geeignet zu machen, und die Abschnitte in der Vorschubrichtung des Papieres in die Spindel einzuschieben. Die Ausbildung der richtigen Form der Abschnitte bot hierbei um so grössere Schwierigkeit. Die Lösung gab Pihlstrand im Patent vom 23. Juni 1864 durch den vortrefflichen Gedanken, zwei Trapeze nebeneinander mit wechselnder Lage vom Bande abzutrennen, deren veränderliche Breiten sich zu der gleichmässigen Bandbreite ergänzen (Fig. 8). Dazu gehörte nur ein schräger Schnitt inmitten des Bandes ausser dem Querschnitt. Es fehlte nur noch, dass er die Querteilung schräg zur Bandrichtung stellte, um symmetrische Trapeze zu bilden. Da in seiner Maschine zwei Spindeln zugleich arbeiten, ist es ihm gelungen, die Leistungsfähigkeit der Maschinen ausserordentlich zu steigern. Diesen Vorteil sicherte er sich durch sein Patent auch für den älteren rechteckigen Zuschnitt (Fig. 9). Bis heute ist man auf dem hiermit vorgezeichneten Wege noch nicht weiter gekommen. Das Schicksal hat Pihlstrand so wenig als Troppmann einen nachhaltigen Erfolg ihrer Verdienste vergönnt. Es folgte binnen kurzer Frist eine Reihe durchgreifender Neuerungen, welche die Industrie dem verstorbenen Matthias Schaffhauser verdankt. Er hat in seiner Fabrik in Sennheim mit rastlosem Eifer und viel Geschick die Hülsenmaschinen fast bis zu ihrem jetzigen Standpunkte vervollkommnet. Seine erste Maschine (Fig. 10) nach dem Patent vom 19. September 1864 entspricht im allgemeinen der vorhin ausführlich beschriebenen, in Fig. 1 vorgeführten Konstruktion. Namentlich die Anwendung einer Krummschere an Hülsenmaschinen und die absatzweise Zuführung des Papieres mittels der Schraubenräder mit Ruhepausen, auch die Längsverschiebung der Spindel sind als bemerkenswerte Eigenschaften hervorzuheben. In dem Zusatzpatent vom 10. November 1865 (Fig. 11) benutzt Schaffhauser eine Krummschere, an der auch das Unterblatt ausschlägt, so dass eine Zange durch das geöffnete Maul hindurchgreifen kann; sie erfasst das Papierband, zieht es um die Hülsenlänge vor, hält den Abschnitt während des Schneidens fest und führt ihn nachher weiter zu der unverschiebbar gelagerten Spindel. Der die Zange tragende Schlitten wird durch eine Kurbelstange bewegt unter Vermittelung von Schraubenrädern mit zwei Ruhepausen von verschiedener Dauer für die Stillstände beim Schneiden und beim Wickeln. Einen eigenartigen, sinnreichen Versuch, die theoretischen Anforderungen an die Zuschnittsform zu verwirklichen, stellt die dritte Maschine Schaffhauser's vom 27. Februar 1866 dar (Fig. 12). Die Abschnitte folgen sich wie bisher einzeln im Bande, erhalten aber die Grundform eines Kreisringausschnittes mit besonders geschnittenen Krümmungen an Basis und Spitzenkante und einem schräg durch die eine Bandkante geführten Längsschnitt. Der letztere liegt gerade in der Richtung der Spindelachse, wodurch eine schräge Einführung des Bandes in die Maschine bedingt ist. Um den neben jedem Abschnitt wegfallenden Zwickel zu verkleinern, ist das Band schmaler gehalten, als der Ringausschnitt erfordert, so dass an diesem eine äussere Ecke fehlt. Der übrige Abfall lässt sich aber zum Ersatz der fehlenden Ecke verwenden, indem der Ziwckel nicht ganz ausgeschnitten, sondern an dem folgenden Papierabschnitt belassen und auf diesen umgeklappt wird. Wenn er dann mit ihm eingerollt ist, verstärkt er die Basis um ungefähr so viel Papier, als an der Ecke fehlt. Für die Zuschneidung (Fig. 12) sind hierbei fünf schwingende Hebel erforderlich, deren Zapfen vier verschiedene Richtungen haben. Zuerst wird der nach vorn überstehende, spitze Zwickel auf das Papier umgeklappt. Ein von unten aufsteigender Arm richtet den Zwickel aufwärts, während eine beilförmige Klinge mit stumpfer Schneide in die Falte drückt. Von vorn her schiebt sich nun die Zange über das Papier, wobei ein Ansatzblatt der Oberbacke den aufgerichteten Zwickel von aussen trifft und auf das Papier niederlegt, indem sich gleichzeitig die Klinge in schräger Richtung zurückzieht. Sobald die Zange das Papier gefasst hat, schneidet die Krummschere an der Basiskante den richtigen Kreisbogen aus, so dass die Falte eine Sehne dieses Bogens bildet; zugleich drückt ein Ansatz des oberen Scherblattes mit seiner Gummieinlage die Falte scharf. Wäre der Zwickel nicht umgeklappt worden, so schnitte ihn die Schere jetzt ab. Ausserdem trennen zwei Scheren den Abschnitt vom Bande: eine kurze, nach der Spitzenkante gekrümmte und eine gerade, von der jenseitigen Bandkante schräg einschneidende Schere; die Enden beider Schnitte treffen mitten im Bande zusammen. Nachdem sich die Scherblätter wieder gehoben und der Aufrichthebel gesenkt haben, geht die Zange mit dem Abschnitt zur Wickelspindel, deren Schlitz die schräg eingeschnittene Kante aufnimmt. Während der Rollung drückt eine konische, gelenkig gelagerte Walze das Papier ohne Reibung fest an die Spindel. Textabbildung Bd. 312, S. 62 Fig. 12. So kunstreich die Maschine auch durchgebildet ist, hat sie sich nicht gut eingeführt. Textabbildung Bd. 312, S. 62 Fig. 13. Nach demselben Grundgedanken, doch in wesentlich vereinfachter Ausführung hat Schaffhauser eine Maschine für Hülsen zu Ringspinnmaschinen entworfen und darauf das D. R. P. Nr. 24228 genommen (Fig. 13). Hierbei handelt es sich um genaue Ausbildung der Enden, während bei der grossen Weite und stärkeren Papierdicke der Hülsen ein Abfall am Rande weniger in Betracht kommt. Darum wird der vorhin umgefaltete Zwickel hier abgeschnitten. An Stelle der Schrägzuführung des Papiers tritt jetzt eine Schwenkung jedes einzelnen vom Bande getrennten Abschnittes. Zuerst schneiden zwei Krummscheren die Endkanten der Hülse in Kreisbögen, die senkrecht auf der einen Bandkante stehen, und zwar die Spitzenkante dicht am vorderen Ende des Bandes mit schmalem Abfallstreifchen und, um die Hülsenlänge zurückliegend, die Basiskante quer durch das Band. Der Abschnitt, von einer Zange gehalten, schwenkt um die Mitte der anderen Seitenkante, genau um den Zentriwinkel des Ringausschnittes, und wird hier über Eck abgestutzt durch eine gerade, in der Achsenrichtung der Spindel wirkende Schere. An dem sonst vollkommenen Kreisringausschnitt fehlt nur eine Ecke an der Basis. Die zuletzt geschnittene Kante schlüpft bei der Verschiebung der Zange in den Schlitz der Wickelspindel, während die jenseitige zugeschärfte Bandkante in gerader Linie auf die Aussenseite der Hülse kommt. Bei der Wickelung so weiter Hülsen wird zweckmässig die Kleisterung erst an der Spindel durch eine umlaufende Bürstenwalze aufgetragen oder vervollständigt. Die praktisch wichtigste der inhaltreichen Schöpfungen Schaffhauser's ist die Doppelmaschine (Fig. 14). Er nahm darauf am 26. Februar 1867 in Frankreich ein Zusatzpatent zu der Erfindung vom 27. Februar 1866 (Fig. 12). Dank der einfachen Gestaltung, des leichten Ganges, der hohen Leistungsfähigkeit und der ohne Abfall erzielten guten Zuschnittsform, genügte sie allen Anforderungen, die man an die Fabrikation schlanker Hülsen stellt, und wurde so zum Typus der neueren Maschinen. Textabbildung Bd. 312, S. 62 Fig. 14. Der Ausgleich der verschiedenen Breite der Abschnitte erfolgt hier durch deren paarweise Anordnung in der Bandbreite mit wechselnder Lage, also nach dem Grundgedanken, die Pihlstrand schon angedeutet und versucht hatte. Der Querschnitt aber wird hier durch eine doppelt gekrümmte Schere so geführt, dass die Spitzenkante passend gerundet ist, und die Basiskante in einer Kurve von flacherer, angenähert richtiger Krümmung verläuft. Auch bei der früheren Maschine (Fig. 12) war ja der Basisbogen zum Teil durch seine Sehne ersetzt. Den geraden Schrägschnitt im Kopfende des Bandes vollzieht ein Fallmesser mit stumpfer Schneide in einem Schlitz des Tisches ohne Gegenmesser, so dass die Kanten nicht scharf geschnitten, sondern gerissen, ausgefasert werden, damit sie sich leicht und glatt aufkleben lassen. Eine gabelförmige Zange hält das Bandende mit geraden langen Backen nahe an den Rändern, die so weit frei von Kleister bleiben, zieht es nach dem Schrägeinschneiden um die Hülsenlänge vor, hält noch einmal still, während die doppelt gekrümmte Querschere sich schliesst und die Abschnitte vom Bande trennt, geht dann weiter und bringt die äusseren Papierränder an die Wickelspindeln. Diese sind als massiv und kanneliert angegeben, wobei umlaufende Bürsten das Papier so andrücken, dass es der Drehung der Spindel folgt. Statt dessen werden aber auch hierbei die gewöhnlichen hohlen längsgeschlitzten Spindeln benutzt; an der einen Spindel muss der Schlitz nach hinten durch Welle, Lager und Zahnrädchen durchgehen. Mit dieser Maschine war die Entwickelung für längere Zeit zum Abschluss gebracht, so dass für Schaffhauser und seine Erben die schwierige Aufgabe entstand, ihr geistiges Eigentum gegen fremde Ausnutzung zu schützen und zu verteidigen. Ein Gehilfe Schaffhauser's, Erasmus Helstein, jetzt Fabrikant in Thann, nahm in Sachsen, wo er Maschinen aufzustellen hatte, ein Landespatent auf eine Hülsenmaschine, das später unter Nr. 602 auf das Deutsche Reich übertragen worden ist (Fig. 15). Er strebte die Herstellung stark verjüngter Hülsen an, wie sie in der Wollspinnerei gebraucht werden. Seine Maschine schneidet zunächst zwei Trapeze in wechselnder Lage, wie bei Pihlstrand, jedoch, mit schräggeführtem Querschnitt, von dem Papierbande ab und versieht nachträglich die Basiskanten mit der richtigen Krümmung. Damit die Rundschnitte voll durchgeführt werden können, ohne in den benachbarten Abschnitt einzugreifen, werden die beiden Abschnitte durch Seitenschwenkungen auseinander gerückt, nachher wieder zurückgedreht, um in gerader Richtung die Spindeln zu erreichen. Das Spiel ist so umständlich, dass die Leistungsfähigkeit darunter leidet, und die Maschine für die gewöhnlichen schlanken Hülsen nicht geeignet ist. Die Patente Nr. 493 und 494 von Kyber in Crimmitschau in Sachsen fördern die Sache nur unbedeutend. Das erstere bezieht sich auf Einzelheiten, während die Zeichnung im ganzen mit der Schaffhauser'schen Maschine von 1867 übereinstimmt; das zweite betrifft die Zuschärfung der Papierränder mit Walzen, die mit Stahldrahtkratzenbeschlag das Papier angreifen. Ebensolche Walzen verwendet Helstein (nach D. R. P. Nr. 41706), um diejenigen Stellen im Papierbande zu verdünnen, an denen später der Mittelschnitt gelegt werden soll, wobei das Abschaben an der Maschine selbst vorgenommen werden muss. Textabbildung Bd. 312, S. 63 Fig. 15. Um bei paarweiser Anordnung der Abschnitte die vorher zugeschärften Ränder des Papierbandes auf die Aussenseite der Hülsen zu bringen, kann man die Abschnitte so schwenken, dass sie sich mit den Mittelschnittkanten an die Spindeln legen. Rob. Hotz in Bubikon bei Zürich benutzt dieses Verfahren in Verbindung mit der Ausschneidung geometrisch richtiger Formen. Nach seinem Hauptpatent Nr. 63628 schneiden zwei doppelt gekrümmte Scheren im Abstande der Hülsenlänge quer durch das Band, so dass die passenden Krümmungen entstehen, und das abgetrennte Doppelstück nur noch zu teilen ist. Es wird zunächst so geschwenkt, dass der Mittelschnitt normal zur Richtung des Bandes geführt werden kann. Nach der Teilung gehen die Abschnitte in der Richtung des Mittelschnittes nach verschiedenen Seiten zu den Spindeln. Wie sich Hotz im Zuschnitt hier an Schaffhauser anlehnt, so kommt er in seinem Zusatzpatent Nr. 66095 dem Helstein'schen Zuschnitt näher. Zwei Trapeze werden hier durch einen geraden, schräggeführten Querschnitt und einen schrägen Mittelschnitt gewonnen, nach beiden Seiten hinausgeschwenkt, bis die Mittelschnittkanten normal zur Bandzuführung gerichtet sind, an Basis- und Spitzenkante durch Krummscheren ausgerundet und geradlinig weiter zu den Spindeln geführt. Denselben Zweck erreicht – noch etwas einfacher – A. Schneider in Werdau, Sachsen, nach D. R. P. Nr. 71060 (Fig. 16). Er bildet die Abschnitte paarweise mit wechselnder Lage durch vier einfach gekrümmte Rundscheren und einen geraden schrägen Mittelschnitt in richtiger Form, lässt sie eine Schwenkung machen, bis die Mittelschnittkanten in gleiche Lage mit den Bandkanten, ein wenig nach aussen versetzt, gekommen sind, und führt sie gleichgerichtet den Spindeln zu. An den beiden Punkten im Papierbande, wo je drei Schnitte zusammentreffen müssen, werden zuvor runde Löcher gestanzt, in welche die Scheren einschneiden, ohne sich gegenseitig zu treffen. Eine neue Art des Zuschnittes, geeignet für Hülsen mit verstärkter Basis, gibt das Patent Nr. 76402 von A. Smith Mills in Heywood an (Fig. 17). Die Abschnitte liegen nicht wechselweise, sondern gleichgerichtet abwechselnd rechts und links im Bande. Daher stehen auch beide Spindeln, mit den Spitzen dem Bande zugekehrt, in der Längsrichtung etwas versetzt. Das eine der beiden Messer ist in gebrochener Linie nach zwei sich schneidenden Kreisbogen geformt, was in Rücksicht auf das Einstellen beider Scherblätter und auf das Nachschleifen bedenklich erscheint. Das andere Messer schneidet genau bis an den ersten Schnitt heran und muss deshalb schief von oben einfallen. Es wäre jedenfalls leichter, mit zwei einfach gekrümmten Messern abwechselnd durch das Band zu schneiden, wenn das Papier gerade von der entgegengesetzten Seite her zwischen die Spindeln eingeführt würde, wie in Fig. 18 angedeutet ist. Textabbildung Bd. 312, S. 63 Fig. 16. Noch einige Hülsen besonderer Art sind zu erwähnen. Für die Zwecke der Kopsfärberei werden perforierte Hülsen (Fig. 19) nach dem D. R. P. Nr. 63099 von Eli Jager so hergestellt, dass in der Hülsenmaschine das Papier mit vielen kleinen Löchern versehen wird, die sich in der gerollten Hülse annähernd decken, um der Farbflotte u.s.w. den Durchtritt zu gestatten, in der Nähe der Basis aber fehlen, damit diese nicht unnötig verschwächt wird. Für den Zuschnitt genügt hierbei der einfache krumme Querschnitt. Textabbildung Bd. 312, S. 63 Fig. 17. Textabbildung Bd. 312, S. 63 Fig. 18. Textabbildung Bd. 312, S. 63 Fig. 19. Textabbildung Bd. 312, S. 63 Fig. 20. In den Fällen, wo Webereien Schussgarn vom losen Strähn auf Spulen wickeln, die in die Weberschiffchen kommen, empfiehlt es sich zur Vereinfachung der Spulmaschinen, die Hülsen mit einem an der Basis vorgebildeten Kegel zu versehen (Fig. 20). Hierauf bezieht sich das D. R. P. Nr. 73141 von A. Schneider in Werdau. Der Kegel wird durch Aufrollen eines schmalen keilig zugeschnittenen Papierstreifens gebildet, und zwar legt man drei bis fünf Streifen auf einmal auf, unter Benutzung einer besonderen Handanlegemaschine mit Fusstritt. Damit hierbei die Kegelform keine Schwierigkeiten bereite, wird die lange schlanke Hülse im unteren Teile, so weit sie umwickelt werden soll, aussen ziemlich cylindrisch hergestellt. Dazu genügt es, die äussere Ecke an der Basis fehlen zu lassen, was durch Einschnitte im Papierbande vor dem eigentlichen Zuschnitt zu erreichen ist. Auch Scheibenspulen, die in der Vorbereitung zur Weberei zum Aufbringen einer grösseren Länge von Kettengarn dienen, werden aus Papier hergestellt, und zwar zusammengeleimt aus zwei runden Pappscheiben und einer cylindrischen Papierhülse, in deren Enden Holzpfropfen mit engen Bohrungen für die Aufsteckspindeln eingesetzt sind. Ein Aufsatz in der Papierzeitung, 1893 S. 406 bis 408, bespricht die Hülsen und Spulen eingehender und gibt viele Zahlenwerte über Fabrikationsverhältnisse und Preise, auch über die Zusammensetzung der Papiere und des Kleisters. Die vordem recht einträgliche Hülsenfabrikation ist mit ihrer zunehmenden Ausbreitung in ein ruhigeres Fahrwasser des Geschäftsganges gekommen. Für die Erfindung und Einführung weiterer technischer Fortschritte kann das nur günstig wirken. Die Entwickelung der Hülsenmaschinen ist noch keineswegs abgeschlossen. Aus den allgemeinen Grundsätzen des Maschinenbaues lässt sich vielmehr ihre wahrscheinliche Weiterbildung vorhersagen. Man wird danach streben, die absatzweisen Bewegungen in ununterbrochene, möglichst in drehende Bewegungen überzuführen. Beispielsweise kann vielleicht das Papierband gleichmässig, statt mittels absetzend wirksamen Getrieben, eingeführt werden, wenn nur eine Presse dicht vor einem Schnitt die Vorderkante des Papieres für kurze Zeit festhält. Der Stillstand der Spindeln zur Aufnahme der Papierkanten lässt sich wohl durch Getriebe mit Totpunktlage genügend sichern. Jedenfalls müssen die plötzlichen Beschleunigungen vermieden und damit die Stösse und der Lärm des Arbeitsganges beseitigt werden. Danach kann es weiter gelingen, eine ganze Reihe von Papierbändern nebeneinander mit ein und demselben Triebwerk zu verarbeiten.