Titel: Allgemeine Fragen der Technik.
Autor: P. K. von Engelmeyer
Fundstelle: Band 312, Jahrgang 1899, S. 97
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Allgemeine Fragen der Technik. Von Ingenieur P. K. von Engelmeyer, Moskau. (Fortsetzung von S. 65 d. Bd.) Allgemeine Fragen der Technik. Unsere kritische Uebersicht war nicht darauf gerichtet, eine erschöpfende Darstellung der früheren Leistungen zu geben. Es war uns vielmehr daran gelegen, die Thatsache festzustellen, dass die allgemeinen Fragen der Technik bereits eine ganze Litteratur ins Leben gerufen haben. Indem wir uns vorbehalten, zu der Kritik zurückzukehren, wollen wir jetzt einige allgemeinere Gesichtspunkte entwickeln und beginnen mit der Frage: Was ist die Technik? Fassen wir den allgemeinsten Sprachgebrauch des Wortes „Technik“ ins Auge, so müssen wir sagen: Die Technik ist die Kunst, Naturerscheinungen planmässig und auf Grund der erkannten natürlichen Wechselwirkungen der Dinge ins Leben zu rufen. Hierüber mögen sich einige Erläuterungen anschliessen. Die Technik ist eine Kunst. Unter Kunst verstehen wir jede objektivierende Thätigkeit, d. i. eine solche, bei welcher eine Idee der That als Ziel vorausgeht und die That darauf gerichtet ist, eine Naturerscheinung hervorzubringen, welche die abstrakte Idee konkret ausdrückt. Das Ziel bedingt die That teleologisch. Die That muss aber auch logisch, d. i. ursächlich, bedingt werden. Der allgemeine Sprachgebrauch misst der Technik einen doppelten Sinn bei: erstens wird unter Technik jener Teil einer Kunst gemeint, der nach aussen gerichtet ist, und zweitens wird unter Technik eine ganze Thätigkeit verstanden, diejenige nämlich, bei welcher der Mensch speziell nützliche Erscheinungen hervorzubringen anstrebt. Im ersten Sinne spricht man von der Technik eines Malers, eines Musikers, eines Arztes, eines Richters. Im zweiten Sinne spricht man von der Technik ohne Prädikat und versteht darunter die Kunst eines Ingenieurs, eines Maschinenbauers, eines Chemikers u. dgl. Der Begriff der Technik im ersten Sinne hat sich von den klassischen Griechen und Hörnern auf uns vererbt. Der zweite Sinn hat sich erst im 18. Jahrhundert allmählich herausgebildet. Die Wörter „τέχνη“ und „techna“ wurden gebraucht in der Industrie, im Handel, im Gewerbe, in den schönen Künsten, in der Redekunst, in der Medizin, in der Wissenschaft und in der Litteratur. Sie bedeuteten die Mittel und Wege, irgend einen Plan durchzusetzen. Technicus nannte man in Rom einen Lehrer, bei dem man die Technik einer Kunst erlernen konnte. Warum die industrielle Technik im klassischen Altertum nicht in den Sprachgebrauch gelangte, ist leicht erklärlich: in den Artes illiberales der Sklaven sah man nur ein verächtliches Seitenstück zu den Artes liberales des freien Bürgers. Als die klassische Welt von kriegerischen Völkern weggeschwemmt wurde, fing die Kriegstechnik an Aufsehen zu erregen: der Techniker des Mittelalters, der Schmied, zugleich mit dem Arzte und dem Geistlichen blieben allein die Vertreter des Wissens und des Könnens. Mit dem Wiederaufwachen der Vernunft im 15. Jahrhundert stieg die Technik in die höheren Schichten der Gesellschaft empor. Leonardo da Vinci, Michel Angelo, Benvenuto Cellini u.a. waren in dem gleichen Masse Künstler wie Techniker. Stevinus, Galilei, Otto Gericke u.a. waren ebensoviel Gelehrte als Techniker. Maler und Forscher mussten sich selbst die sachlichen Hilfsmittel ihrer Thätigkeit bereiten, die ihnen heutzutage industrielle Techniker fertigstellen. Es gab indes keinen Beruf, den man Techniker nannte. Ein solcher entstand erst im Anfang des 19. Jahrhunderts. Damit er aber in der Gesellschaft als ein den anderen ebenbürtiger Stand auftreten durfte, mussten folgende Vorbedingungen erst erfüllt werden: die Begründung der technischen Wissenschaft, der Technologie (durch Beckmann 1777) und die Begründung der technischen Schule (zu Paris 1794). Auf den neuen Beruf wurde das alte Wort „Techniker“ bezogen, welches ursprünglich, wie gesagt, etwas anderes bezeichnete. Daneben bürgerte sich aber auch das Wort „Ingenieur“ ein, mit dem man bereits 200 Jahre hindurch in Frankreich und England einige hervorragende Techniker benannte, ohne aus dem Worte einen Gattungsnamen bilden zu wollen. Das Wort „Ingenieur“ stammt vom lateinischen „ingenium“, dessen Sinn im italienischen „ingegno“ noch lebt und überhaupt eine glückliche und praktische Idee, aber auch die Befähigung zu einer solchen bedeutet. In ähnlichem Sinne werden auch im Französischen und im Englischen „ingenieux“, „engineous“ gebraucht, wobei das letzte Beiwort wieder mit dem Hauptwort „Maschine“, „engine“ eng verwandt erscheint. So entstand die moderne Technik und der heutige Techniker. So manche Steine liegen demselben noch im Wege: einerseits erweckt sein Emporsteigen eine gewisse Eifersucht bei den anderen Klassen, andererseits sind aber auch die Techniker selber (wie früher betont) nicht genügend vorbereitet, um den neuen Ansprüchen gebührend Rechnung zu tragen. Die technische Hochschule berücksichtigt nur in geringem Masse die allgemeine Kultur des Geistes. Der Wirkungskreis des Ingenieurs erweitert sich aber unaufhaltsam und ist schon längst aus der Fabrik in die die Gesellschaft bildenden Machtkreise hinausgetreten. Der Techniker aber, der Staatsmann wird, braucht darum nicht seine Weltanschauung zu verändern. Werfen wir nun die Frage auf: Was ist die technische Weltanschauung? Das klassische Altertum suchte in allem Harmonie und Schönheit: im Weltall, in der Gesellschaft, in der Wissenschaft, in der Kunst, in der Religion, in der Erziehung. Die äusserliche Erscheinung, die Symmetrie des Ganzen und der Teile, das war der Massstab, nach welchem die Alten alles abschätzten, sogar ihre Götter. Darum darf man sagen: die Wellanschauung des klassischen Altertums war eine künstlerische. Im rauhen, kriegerischen Mittelalter ging die oberflächlich begründete Harmonie zu Grunde. Alle Ruhe und Zuversicht schwanden unter der stetigen Kriegsgefahr. Der denkende Mensch fühlte sich unendlich schwach. Eine religiös-mystische Weltanschauung gewann die Oberhand. Die Triebkräfte der Naturerscheinungen, ja sogar der menschliche Wille, wurden ausserhalb der Welt versetzt, in unerreichbare und unbegreifliche Regionen. Indessen forderte das irdische Dasein, so vorübergehend es auch dogmatisiert wurde, das Mögliche zu thun, um es zu sichern. Aber in welcher Weise die leitenden Kräfte erforschen? In welcher Weise auf sie einwirken, um gewollte Ereignisse hervorzubringen? Natürlich schienen alle Wege hierzu ebenso unbegreiflich wie jene Kräfte. Auf diesem Boden konnte keine andere Moral als die asketische, keine Wissenschaft als die Magie, keine Technik als die Zauberei entspriessen. Endlich dämmert der Tag wieder auf. Nach und nach enthüllt die Natur dem forschenden Geiste ihre Rätsel. Es bricht die Ueberzeugung sich Bahn, dass die Triebfedern der Natur nicht ausserhalb, sondern in der Natur selber zu suchen und dass sie dem Verstande zugänglich sind. Und während 4 Jahrhunderten feiert die menschliche Vernunft einen Sieg nach dem anderen. Die Weltanschauung der neueren Zeit darf darum eine wissenschaftliche genannt werden. Das fortschreitende Leben liess es indes nicht zu, bei einer platonischen Erkenntnis stehen zu bleiben: die Versuchung lag zu nahe, die gewonnenen Kenntnisse praktisch zu verwerten. So wurde die schwarze Magie zur weissen und die Zauberei zur Technik. Die Naturwissenschaft erhielt im 17. und besonders im 18. Jahrhundert einen mächtigen Aufschwung, und im 19. Jahrhundert entsteht eine neue Weltanschauung, die technische, der das 20. Jahrhundert sicherlich in vollem Masse Zoll zahlen wird. Worin besteht nun die technische Weltanschauung? Worin ihr Unterschied von der wissenschaftlichen? Das Augenmerk des Gelehrten ist gerichtet auf die Frage: Was geschieht? dasjenige des Technikers auf jene: Was soll geschehen? Das Bestehende erkannt, bleibt der Gelehrte stehen. Der Techniker dagegen fängt hier an und greift in die Natur hinein, seinen Willen in die Naturkräfte hineintragend. Die technische Anschauung lehrt, dass der Mensch im stande ist, vermittelst natürlicher, ihm zu Gebote stehender Mittel die Natur, d. i. Raum und Zeit, Kraft und Stoff, zu bezwingen und seinen Plänen dienstbar zu machen. Kurzum, die technische Weltanschauung löst sich in der Formel auf: Der Mensch ist seines Glückes Schmied. Nun tauchen aber wichtige ethische Fragen auf, die nicht unberührt bleiben dürfen. Die erste Frage ist: Vielleicht will die technische Anschauung die wissenschaftliche verdrängen? den Kultus der reinen Wissenschaft vernichten? Keineswegs! Gerade die Technik beweist unwiderleglich, dass die abstraktesten und scheinbar unfruchtbarsten Lehren der Wissenschaft zu den reellsten Gütern führen. Genannt sei nur die Elektrotechnik. Eine zweite Frage drängt sich auf: Vielleicht predigt die technische Weltanschauung einen groben Materialismus? vielleicht will sie jeden Glauben ausrotten? Keineswegs! Die Technik ist am meisten frei von Vorurteilen. Die spekulative Wissenschaft, dies muss zugestanden werden, führte manchmal zu einem wenig erfreulichen Materialismus. Indes konnte auch der wissenschaftliche Materialismus keine besondere Verbreitung finden, weil er mit der Verneinung manches Faktischen notwendig verknüpft ist. Dem gegenüber hat die Technik nichts anderes in Sicht als das Faktische. Noch eine Frage möge hier aufgeworfen sein: Vielleicht will die Technik die Kunst ersetzen? an die Stelle des Kunstwerkes die Maschine als das Sinnbild der Schönheit auf den Thron setzen? Keineswegs! Erstens bleibt die Technik ihrer Ziele sich stets bewusst, und diese sind auf den Nutzen gerichtet. Zweitens vermag wieder kein Künstler seine eigenen, auf die Schönheit gerichteten Ziele zu erreichen, ohne zu der Technik Zuflucht zu nehmen. Drittens sind die ästhetischen Wirkungen der technischen Leistungen, die Popper so trefflich hervorgehoben, durchaus verschieden von jenen der Kunstschöpfungen. Sie sind nicht berufen, diese zu ersetzen, sondern diesen zur Seite zu treten. Noch eine Frage: Vielleicht will die technische Weltanschauung an die Stelle des gesellschaftlichen Prinzips die Fahne des Egoismus erheben? Keineswegs! Die Technik dient den gesellschaftlichen Interessen in gleichem Grade wie den privaten. Eine der Uraufgaben der Technik war zu jeder Zeit, den Austausch der körperlichen und der geistigen Arbeit zu fördern, fremde Länder zugänglich zu machen und das Bewusstsein zu kräftigen, dass nur gemeinschaftliche Arbeit das individuelle Wohlsein begründet. Bringt der Gelehrte seine Gedanken einsam zum Ausdruck, verkörpert der Künstler seine Ideen vermöge seiner persönlichen Kraft, so sind die Ideen des Technikers immer von solcher Art, dass zu deren Verwirklichung ganze Industriezweige und Armeen von Arbeitern notwendig sind. Wir wollen nun etwas noch Wichtigeres hervorheben. Indem die moderne Kriegstechnik ins Ungeheuerliche emporwächst, führt sie zum Frieden. In der That: zu welchem Ende bieten die grossen Mächte alles auf, ihre Kriegsmittel unaufhörlich zu steigern? Sämtliche Politiker beantworten diese Frage dahin, dass damit der Friede gesichert bleibe. Die Kriegstechnik bietet uns das einzige Beispiel dar, wo betriebsfähige Neuerungen immer hergestellt werden, damit sie womöglich nie in Betrieb geraten. Si vis pacem, para bellum. Aber die blosse Möglichkeit eines Krieges ruft allein schon den heftigsten Wunsch wach, die Kriege abzuschaffen. Es darf wohl ausgesprochen werden, dass die Technik diejenige Macht ist, die nicht nur die persönliche Existenz bekräftigt, sondern auch einen Zwang ausübt darauf, dass wir unseren Mitmenschen nachgeben, und somit die Harmonie in der Gesellschaft, im Staate und in der Menschheit allgemein auf dem unerschütterlichen Boden der Notwendigkeit begründet. So ist die Technik vielleicht die grösste jener Kräfte, die der Menschheit gemeinschaftliches Streben nach ihren höchsten Zielen erleichtern und fördern. Prinzipien der Technik. Die Technik als Kunst ist eine schaffende Thätigkeit. Nun hört man sagen: „Das Erfinden spottet aller Gesetzmässigkeit“ (E. Hartig). Doch hoffe ich bald darzulegen, dass gerade das Gegenteil richtig ist, dass namentlich im Erfinden ein unwandelbares Gesetz sich kundgibt. Auf diese Frage kommen wir nächstens zurück, wenn wir die Entstehung der technischen Neubildungen erforschen. Jetzt fassen wir aber den gegebenen Bestand der technischen Arbeitsmittel ins Auge. So bunt das technische Feld auch erscheint, so unendlich mannigfaltig ihre Kunstgriffe auch sind, nichtsdestoweniger lässt sich all ihr Thun und Treiben nach zwölf Prinzipien ordnen. Die früheren Versuche, derartige Prinzipien aufzustellen, kennen wir schon. Unter Hinweis auf dieselben wollen wir nun die Prinzipien der Technik besprechen. Diese sind: 1. Aufnahme und Beseitigung, 2. Aufspeicherung, 3. Uebertragung, 4. Umänderung, 5. Abfallverwertung, 6. Wirkungserhöhung, 7. Auslösung, 8. Automatismus, 9. Präzision, 10. stetige Wirkung, 11. Vervielfältigung, 12. Spezialisation und Universalismus. Nach diesen Prinzipien ordnen sich die Ziele und die Mittel der Technik zugleich. Wir dürfen wohl annehmen, dass sie den Technikern, wenigstens empirisch, nicht fremd erscheinen; darum dürften nur wenige Erläuterungen genügen. Das Doppelprinzip der Aufnahme und der Beseitigung. Damit ein jeder technische Prozess beginne, müssen gewisse Stoffe und Kräfte an Ort und Stelle vorrätig sein, andere wieder beseitigt. Alles, was aufsuchen, greifen, fassen, fangen oder auch verhindern, vermeiden, fernhalten, schützen u. dgl. heisst, gehört hierher. Ganze Industriezweige sind auf diesem Prinzipe aufgebaut: die Landwirtschaft mit Forstwesen und Viehzucht, der Bergbau mit der Metallurgie, kurzum die Erzeugung der Rohstoffe. Auf die Kraft angewandt, rechnen wir hierher die Wind- und Wasserräder. Es steht auch nichts im Wege, als Verwirklichung dieses Prinzips auch denjenigen Teil einer jeden Maschine anzuschauen, der die treibende Kraft aufnimmt; auch solche Vorrichtungen, wie Schraubstöcke, Zwingen, Fassungen, Gestelle, Wände u. dgl. Das Prinzip der Aufspeicherung. Zu diesem rechnen wir alles, was aufbewahren, sammeln, akkumulieren heisst. Wir können das Prinzip als Beherrschung der Quantität deuten. Was wir in der Natur zerstreut finden, was sie uns unregelmässig und zu wenig jedesmal darbietet, können wir aufstapeln und verwerten, wann und wie es uns beliebt. Als Sinnbild dieses Prinzips sehen wir jeden Kraftsammler an, ob künstlich, ob natürlich (z.B. Brennstoff), aber auch jeden Speicher, Behälter u. dgl. Das Prinzip der Uebertragung. Nur das wenigste von dem, was uns die Natur darbietet, können wir an Ort und Stelle verwerten; in der Regel aber muss eine Ortsveränderung stattfinden. Auf diesem Prinzip beruht die Beherrschung des Raumes. Der Transport auf Land und Wasser, die Post, der Telegraph, das Telephon u.a.m. sind die Gestaltungen dieses Prinzips. Im kleinen äussert es sich im Heben und Senken, Verschieben und Wenden u.s.w. Jede Gas- oder Wasserleitung gehört hierher. In der praktischen Darlegung dieses Prinzips wird es öfters mit der Verteilung verbunden. Das Prinzip der Umänderung. Nur das wenigste liefert uns die Natur auch wieder in jenem Zustande, welcher unseren Bedürfnissen entspricht. In der Hegel muss entweder die Form und die Grösse oder der physikalische Zustand, die Struktur, die chemische Zusammensetzung u.s.w. verändert werden. Dieses Prinzip gewährt uns die Beherrschung der Qualität. Auf die Kraft wurde es erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts erweitert. Auf ihm beruht die bearbeitende Industrie in ihren zahllossen Zweigen. Das Prinzip der Abfallverwertung. Von jedem Stoff, von jeder Kraft geht im technischen Prozess etwas verloren. Ein Teil wird durch Widerstände aufgerieben, ein anderer gerät in einen Zustand, der der Verwertbarkeit entbehrt. Das dem Prinzip zu Grunde liegende Bestreben hat schon umfangreiche Industriezweige ins Leben gerufen (z.B. die Anilinfabrikation). Die Abfälle sind teils reine Verluste, teils bringen sie noch Schaden hervor. Das Prinzip wird von manchen als Verwandlung von Nachteil in Vorteil gedeutet. Das Prinzip der Wirkungserhöhung. Jeder technische Prozess besitzt einen bestimmten Wirkungsgrad, der immer ein echter Bruch ist. Quantitativ betrachtet ist jeder technische Prozess mit einem Verluste verknüpft. Da aber der Kernpunkt in der Qualität (auch Verwertbarkeit) liegt, so erzielt man dennoch einen Vorteil. Nur bleibt in jedem Einzelfalle das Grundbestreben, den Verlust thunlichst zu verringern. Das Grundprinzip der Wirtschaft überhaupt ist die Formel: „Do ut des“. Und dieses wirtschaftliche Prinzip durchdringt die ganze Technik. Das Prinzip der Auslösung. Ein unbegrenzt grosser Vorrat an Energie in latentem Zustande kann vermittelst einer geringen Kraftwirkung ausgelöst werden. Der Schneller eines Gewehrschlosses, das elektrische und das mechanische Relais, das Dampfventil u. dgl. sind die allgemein bekannten Sinnbilder dieses Prinzips, welches die Macht des schwachen Menschen über die kräftige Natur begründet. Das Prinzip des Automatismus. Unsere sämtlichen Kraftmaschinen sind so eingerichtet, dass sie sich selbst regulieren. Sehr viele maschinelle Einrichtungen bedienen sich selbstthätig. Es sind bereits Uhren gemacht worden, deren Triebfeder durch die Schwankungen des Luftdrucks nachgezogen wird. Ueberhaupt macht sich in der Technik überall das Bestreben geltend, den Anteil des Menschen an der Arbeit möglichst zu vermindern. Das Prinzip der Präzision. Hierher zählen wir alles, was exakt, akkurat, genau und sicher heisst, somit auch Herrmann's Sicherung des Erfolges und Reuleaux' Kettenschliessung. Im praktischen Maschinenbau wurde das Prinzip hauptsächlich durch die Bemühungen des englischen Ingenieurs Josef Withworth (gest. 1887) allgemein eingeführt. Nur die volle Beherrschung dieses Prinzips ermöglicht die Massenproduktion von Nähmaschinen, Feuerwaffen, Fahrrädern u. dgl., wo die verschiedenen Teile, jeder für sich hergestellt, aufs genaueste aneinander passen müssen. Das Prinzip der stetigen Wirkung, Unterbrechungen sind immer störend. Besonders da, wo Heizung vorkommt, werden oft kontinuierliche Prozesse an die Stelle periodischer eingeführt. Die einfache Drehbewegung und das Rad versinnlichen dieses Prinzip. Es tritt somit auch da auf, wo z.B. die Fräse anstatt des Hobels zur Anwendung kommt. Das Rad ist aber jenes Attribut der Maschine, welches sie von dem Organismus unterscheidet. Periodizität ist das Prinzip des Organischen, Stetigkeit dasjenige des Maschinellen. Das Prinzip der Vervielfältigung. Die schöne Kunst bringt das Unikum hervor. Das Nachbilden ist Sache der Technik. Die Verbindung beider macht das Kunstgewerbe. Massenproduktion ist überhaupt nur als Vervielfältigung denkbar. Es genügt, hier nur die Schnellpresse, die Kopierbank und die Stanze zu nennen. Das Prinzip führt ebenfalls zur Verminderung des Anteils des Menschen am Prozess. Es besitzt mehrere Grade: der erste Grad ist die Matrize, der zweite die Patrize u.s.w. Das Doppelprinzip der Spezialisation und des Universalismus. Seit Adam Smith ist das Prinzip der Spezialisation allgemein anerkannt. Indessen darf man nicht ohne weiteres sagen: die Spezialisation bezeichnet einen technischen Fortschritt, der Universalismus dagegen einen Rückfall. In sehr vielen Fällen sind z.B. Universalmaschinen besser am Platz als Spezialmaschinen. Es ist auch nicht einzusehen, weshalb man nicht einen technischen Fortschritt in solchen Einrichtungen sehen sollte, die mit geringen Arbeitsmitteln verschiedene Arbeit verrichten. (Fortsetzung folgt.)