Titel: Die grossen anlässlich der Pariser Ausstellung in Ausführung begriffenen Eisenbahnbauten.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 24
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Die grossen anlässlich der Pariser Ausstellung in Ausführung begriffenen Eisenbahnbauten. (Schluss des Berichtes S. 8 d. Bd.) Die grossen anlässlich der Pariser Ausstellung in Ausführung begriffenen Eisenbahnbauten. C. Die Verlängerung der Orleansbahn bis zum Quai d'Orsay in Paris. Die zweitgrösste Bahn Frankreichs ist soeben daran, ihre in Paris einmündende Strecke vom bisherigen Endbahnhofe am Quai d'Austerlitz längs des Seineufers doppelgeleisig und normalspurig bis zum Quai d'Orsay zu verlängern, wodurch eine Streckenlänge von 3,70 km zuwächst und ein den Pariser Passagieren äusserst bequem gelegener, neuer Endbahnhof gewonnen wird. Die neue Streckenanlage selber besitzt vom Abzweigungspunkte gerechnet eine Gesamtlänge von 4055,00 m und erstreckt sich vom Bahnhofe „Quai d'Austerlitz“ ausgehend zuerst 285,50 m oberirdisch, dann längs des Administrationsgebäudes der ebengenannten Station in einem 62,75 m langen gedeckten Einschnitte, um weiter bei der Austerlitzbrücke, diese vor dem Landpfeiler kreuzend, einen 150,00 m langen Tunnel zu durchfahren. Von hier geht die Bahn an der Quailehne 711,55 m weit in einem offenen Einschnitt bis zur Sullybrücke, und verläuft dann den ganzen restlichen Teil von 2845,20 m entlang nur unterirdisch. Von dem zuletzt bezeichneten Streckenteile liegen 1883,35 m in mittels Eisenkonstruktionen flach abgedeckten Einschnitten und 786,85 m in überwölbten Durchstichen. Besonders interessant ist es wohl, dass die Trace in ihrem Verlaufe 11 Stadtbrücken knapp vor dem Landpfeiler unterirdisch kreuzt und auf diesem Wege zwischen dem Pont Neuf und dem Pont Carrousel auf etwa 750 m mit ihrem Schienenniveau bis unter den normalen Wasserstand der Seine in die Tiefe eindringt. Die Strecke ist sonach in ihrem ganzen Verlaufe eine ununterbrochene Reihe hervorragender Kunstbauten, unter denen der Endbahnhof „Quai d'Orsay“ sowohl was die Ausdehnung als die Ausführung anbelangt, als das bedeutendste Bauwerk bezeichnet werden darf, und daher verdient, an erster Stelle näher in Betracht gezogen zu werden. Diese als Kopfbahnhof angelegte Endstation befindet sich am Quai d'Orsay unmittelbar gegenüber dem Palais des alten Cour des comptes und der Kavalleriekaserne, und ist von der Rue de Bec, Rue de Lille, Rue de Bellechasse und dem Seinequai begrenzt. Der Bahnhof wird aus einem oberirdischen und einem unterirdischen Teile bestehen; hiervon liegt der letztere, nämlich das in Fig. 8 im Querschnitt dargestellte Untergeschoss, welches den Raum für die Geleise und Züge darbietet, 5 m tiefer als das Strassenniveau. Auf der Decke dieses Untergeschosses werden die zum Bahnhof gehörigen, in der Zeichnung nicht ersichtlich gemachten Baulichkeiten Platz finden. Der unterirdische Betriebsplatz des Bahnhofes umfasst 15 Geleise, die sich vor der vom alten Café d'Orsay gebildeten Ecke der Rue de Bec fächerartig aus den beiden Hauptgeleisen der Streckeabzweigen und an der bezeichneten Stelle bereits eine stetig zunehmende Erbreiterung des lichten Raumes des Durchstiches, in welchem die Bahn eintrifft, erforderlich machten. Um diesem Bedürfnisse entsprechen zu können, blieb nichts übrig, als einen Teil des Kellergeschosses des vorgenannten Eckhauses sowie des daneben stehenden Gebäudes der Depositenkasse für die Eisenbahn heranzuziehen. Da aber die Gebäude selbst erhalten werden mussten und oberhalb des Kellergeschosses in keiner Weise abgeändert werden durften, ergaben sich hier ganz besondere Ausführungsschwierigkeiten. Das Profil des Bahndurchstiches, in welchem die Schienen etwa 5 m unter dem Strassenniveau liegen, ist von einer neuerbauten Quaimauer und einer zweiten starken Mauer gebildet, von welchen die letztere die Keller der besagten zwei Gebäude in einem ziemlich scharfen Winkel durchschneidet. Quer über diesen beiden gegen den eigentlichen Bahnhof hin divergierenden Umfassungsmauern liegen starke Träger aus gewalztem Doppel-⊤-Eisen, die untereinander durch ähnliche Längsträger verbunden sind und an allen Stellen, wo die gegenseitigen Geleisabweichungen den erforderlichen Raum hierzu gewähren, durch Eisensäulen unterstützt werden. Die Maschen dieses Deckrostes sind mit Ziegeln eingewölbt und zu oberst mit einem Betonüberzug abgeglichen. Auf diesen Decken, welche gegen die Königsbrücke zu 20,20 m und gegen den Bahnhof zu 73,65 m Breite und im ganzen 101,5 m Länge besitzen, ruhen nunmehr auch die gesamten Haupt- und Mittelmauern der zwei obengenannten Gebäude, insoweit die Grundmauern derselben in das Profil des Bahndurchstiches hineinreichten und also beseitigt werden mussten. Dank der peinlichsten Vorsicht, die man bei diesen Unterfangungsarbeiten aufgeboten hatte, sind dieselben ohne jeden Unfall und ohne die geringste Beschädigung der bestandenen alten Hausmauern bereits im vergangenen Sommer zu Ende geführt worden. Was die erwähnte neue Quaimauer betrifft, so liegt dieselbe ungefähr 8 m dem Strom näher als die bestandene alte Quaimauer, die entfernt worden ist; das Fundament der neuen geht bis zu 1,5 m tief unter den mittleren Wasserstand der Seine hinab und weist eine Stärke von 2 bis 2,5 m auf. In gleichmässigen Abständen sind Fensteröffnungen ausgespart von 1,80 m Breite und 0,90 m Höhe, um der Luft und dem Lichte Eingang zu gewähren. Von den 15 Kopfgeleisen des Bahnhofes werden die drei ersten, von der Wasserseite her gerechnet, als Rangiergeleise, die nächstfolgenden vier als Ausfahrtsgeleise für den Fernverkehr, zwei Geleise – eines für die ankommenden, das andere für die abgehenden Züge – für den Vorortverkehr, die nächsten zwei für die eintreffenden Züge des Fernverkehrs, weitere zwei – eines für die Abfahrt, das andere für die Ankunft – wieder für den Vorortverkehr, und die zwei letzten als Rangiergeleise dienen; letzteres gilt auch hinsichtlich des 15. Geleises, das in Fig. 8 nicht eingezeichnet ist. Fünf neben den Ein- und Ausfahrtsgeleisen hergestellte Bahnsteige S1 bis S5 sind für die Reisenden bestimmt und haben eine Länge von 185 bis 240 m und ihre Sohle liegt 0,85 m über Schienenoberkante. Zwei von diesen Bahnsteigen, nämlich S5 und S3  haben 7, die übrigen 6 in Breite. Textabbildung Bd. 315, S. 24 Fig. 8.Querschnitt des Bahnhofuntergeschosses am Quai d'Orsay. Zwei weitere, schmälere Bahnsteige m1 und m2 sind den Bahnbediensteten zur Durchführung der Gepäcksverladung und jener Dienstverrichtungen vorbehalten, welche hinsichtlich der Beleuchtung, Beheizung oder Schmierung u.s.w. der Züge erforderlich werden. Auf der der Seine abgekehrten Seite befinden sich unter dem Bürgersteig der Rue de Lille die 4 m breiten, mittels Tonnengewölben überspannten Keller eines Gasthofes, des sogen. „Hotel Terminus“, welches seitens der Bahngesellschaft errichtet und hier auf der Mauer 31 und der Ueberdeckung MA erbaut wird. Die ganze Deckung des Bahnhofuntergeschosses besteht aus quadratisch oder trapezförmig gemaschten Eisenrösten, die auf der Seite der Rue de Lille durch die Grundmauer M, d. i. das Fundament der Fassadenmauer des Hotels Terminus, getragen werden, im Geleisplatze aber auf fünf massig untermauerten Säulenreihen A, B, C, D und E, und im letzten Felde auch auf der Quaimauer Q ruhen. Die Spannweiten betragen zwischen M und A 9,00 m, zwischen A und B, in welchem Felde übrigens die Ueberdeckung auf 30,04 m unterbrochen und durch einen Hallenüberbau ersetzt ist, 40,18 m, im Felde BC 16,34 m, CD 8,53 m und DE 15 m, endlich zwischen E und Q 13,00 m. Die Gesamtfläche des eigentlichen Bahnhofes bildet ein Rechteck von 268 m Länge, parallel zur Rue de Lille und von 102 m Breite, parallel zur Rue de Bellechasse. Der auf der Mauer M und auf der Säulenreihe A ruhende Deckenrost reicht über A um 4,12 m hinaus. Der zweite, gegen die Wasserseite liegende Teil der Trägerdecke besteht aus zweierlei Konstruktionen, von der die eine, stärkere, auf den Säulenreihen B, C und D ruht und bei B mit einer Ausladung von 6,02 m vorsteht, wogegen die andere, schwächere, von der Säulenreihe D und E sowie von der Quaimauer Q getragen wird. Während das äusserste linke Feld MA, wie bereits erwähnt, das Gebäude des Hotels „Terminus“ trägt, ist das offene Feld AB durch eine Glashalle überspannt, die aus sieben Bögen von Eisenkonstruktion mit 40 m Spannweite getragen wird. Rechts davon befindet sich auf den Feldern BC und CD das Gebäude mit dem Vestibüle zur Abfahrtshalle, mit den Wartesälen und verschiedenen Amtsräumlichkeiten. Das Feld DE liegt unterdem Zufahrtsplatze zur Abfahrtseite und EQ unter der Quaistrasse. Vor und hinter der über das Feld A B gespannten Glashalle ist das genannte Feld nicht offen gelassen, sondern gleichfalls im Strassenniveau mit Fachwerkträgern, ähnlich den Feldern MA, BC und CD abgedeckt und mit zwei Säulenreihen, die auf den Bahnsteigen S1 und S2 aufgesetzt sind, unterstützt, so dass also der Bahnhof sowohl an der Anfangs- als an der Endseite seiner ganzen Breite nach durch einen im Strassenniveau liegenden Deckenrost abgeschlossen ist. Davon dient der in der Rue de Bellechasse liegende Teil als Basis für das Gebäude mit den Ankunftshallen und den zugehörigen Amtsräumen, während der am Bahnhofsanfang gegenüber dem Palais der Depositenkasse gelegene Teil vorläufig nicht überbaut ist und für verschiedene Hilfsbetriebe verwendet werden wird. Das letzte rechtsseitige Feld der Bahnhofeindeckung EQ (Fig. 8) war vorläufig eigentlich nicht notwendig, wurde aber trotzdem ausgeführt, weil hier die Unterbringung jener doppelgeleisigen Strecke vorgesehen ist, welche seiner Zeit den Bahnhof „Aux Invalides“ der Westbahn mit dem Bahnhofe „Quai d'Orsay“ der Orleansbahn in Verbindung bringen soll. Die über AB gespannte grosse Glashalle wird durch einen breiten Steg überquert, der die Verbindung mit dem linken. Gebäudeflügel und zu allen Abfahrtsperrontreppen vermittelt. Von den Ankunftsperrons führen besondere Stiegen in das an der Front der Rue de Bellechasse gelegene Ankunftsgebäude, welch letzteres übrigens gleichfalls mit dem Hotelflügel in Verbindung gebracht ist. Ein Bruch des Sammelkanals de Bièvre, welcher während des Baues der unterirdischen Teile des Bahnhofes eingetreten war, hatte eine Ueberschwemmung der Baustelle herbeigeführt und eine empfindliche Störung der Arbeiten verursacht; ebenso sind durch Sickerwasser der Seine erhebliche Schwierigkeiten bei Anlage der Fundierungen entstanden; nichtsdestoweniger hat man die Fertigstellung des Untergeschosses in verhältnismässig sehr kurzer Zeit zu stände gebracht. An jenem Ende des Bahnhofes, wo sich die Hauptweichen befinden, also zunächst jenes eisernen Deckenrostes, der die Quaistrasse sowie einen Teil des Palais der Depositenkasse und des alten Café d'Orsay trägt, vereinigen sich die Geleise in einem Tunnel, der die Pont Royal vor dem Widerlager des Landpfeilers kreuzt. Dieser Tunnel hat ein aus Beton hergestelltes Deckengewölbe, welches das Brückenwiderlager stark anschneidet, eine Länge von 20,20 m und eine Höhe von 6,70 m vom Scheitel bis zur Schienenoberkante besitzt. Es ist unter freiem Himmel gebaut worden, indem man sich des Erdbodens als Bogengerüste bediente. An dieser Stelle verlief bis dahin der, Sammelkanal „de la Bièvre“, welcher beseitigt und durch einen längs des Boulevards St. Germain neu zu erbauenden Hauptkanal ersetzt werden musste. Von der Pont Royal läuft die Linie wieder als ausgemauerter, mit eisernen Trägerrösten überdeckter Einschnitt bis zur Rue de Beaune. Von hier aus zur Pont Neuf schliesst sich dann ein Zwillingstunnel an, dessen beide nebeneinander liegende Strecken je 8 m Spannweite besitzen. Von den beiden doppelgeleisigen Profilen des Zwillingstunnels ist das eine für die in Rede stehende Hauptlinie „Quai d'Orsay-d'Austerlitz“ bestimmt, das andere aber für eine seiner Zeit auszubauende Flügelbahn vorgesehen, die nach Sceaux führen und an der geschilderten Stelle unter dem Quai Voltaire und Malacquais von der Hauptlinie abzweigen wird. Da auch hier die Arbeiten von der vorausgegangenen Herstellung des Ersatzkanals am Boulevard St. Germain abhingen, konnte man sie erst später in Angriff nehmen. Der besagte Zwillingstunnel wurde gleichfalls wieder unter freiem Himmel ausgeführt, und zwar sind die mittleren Grundmauern und die beiden Deckengewölbe – das flussseitige auf Leergerüsten, das stadtseitige auf blosser Erde – gleichzeitig erbaut worden. Zunächst des „Institutes“ hört der Zwillingstunnel auf, und nur der eine Strang setzt sich in der gleichbleibenden lichten Weite von 8 m bis zum Quai des Grands Augustins fort. Diese Strecke konnte aber nicht mehr unter freiem Himmel, d.h. in der Art eines ummauerten Einschnittes ausgeführt werden, sondern erwies es sich als geboten, daselbst die Chagneaud'sche Schildmethode zur Anwendung zu bringen. Textabbildung Bd. 315, S. 25 Fig. 9.Querschnitt des Tunnels an der Kreuzung mit der St. Michel-Brücke. Textabbildung Bd. 315, S. 25 Fig. 10.Querschnitt des gedeckten Einschnittes am Quai des Grands Augustins. Anstossend an das eben genannte Tunnelstück folgt am Quai des Grands Augustins und St. Michel wieder ein durch gemauerte Seitenwände eingeschlossener und mittels eiserner Trägerröste eingedeckter Einschnitt, in welchen lediglich unter der zur St. Michel-Brücke führenden Zufahrtstrasse ein überwölbtes Stück eingeschaltet ist. Der Bau dieses durch Fig. 9 im Querschnitte veranschaulichten Stückes bot in Anbetracht des starken Verkehres auf der Brücke St. Michel sowie wegen der zahlreichen Rohre für Gas-, Wasser- und Elektrizitätsleitungen, die alle an dieser Stelle eingebettet waren, und erst verlegt oder durch provisorische Unterzüge gesichert werden mussten, mancherlei Schwierigkeiten. Um den Brückenverkehr möglichst wenig zu beschränken, machte man vorerst nur die eine Strassenhälfte vollständig fertig, und dann erst begann man mit dem Baue der zweiten. Der eine Spannweite von 12,90 m besitzende Bogen ist ohne Leergerüste über dem Erdboden erbaut und mit dem rechtsseitigen Anlauf an das Widerlager des ersten Brückenpfeilers angeschlossen, über dessen genügende Festigkeit man sich erst vorher durch Ausbrechen zweier Probekammern, die später wieder vermauert wurden, Ueberzeugung verschafft hatte. Die Abdeckung des Gewölbes besteht aus magerem Beton, auf dem ein Mantel aus Cementmörtel ausgegossen ist, der schliesslich noch einen Ueberzug aus Asphalt erhalten hat. Die Höhe zwischen dem Scheitel des Deckengewölbes und jenem des Fussgewölbes beträgt 7,00 m und die Höhe des freien Raumes über Schienenoberkante etwa 5,60 m. Das hier ausgegrabene Schuttmaterial ist mittels Boote auf der Seine beseitigt worden. Wie die Streckenanlage diesseits des soeben geschilderten Bauobjektes am Quai des Grands Augustins sich gestalten wird, wo die Arbeiten erst später begonnen wurden, lässt Fig. 10 des näheren ersehen. Hier muss wieder eine neue Quaimauer, 5 m weiter der Seine zu, erbaut und dagegen die alte beseitigt werden. Die auf der Landseite zu errichtende Stützmauer erhält eine Dickevon 1,75 m; die lichte Weite des Durchlasses beträgt 8 m und die Geleise liegen hier in einer Steigung von 5 ‰. Textabbildung Bd. 315, S. 25 Fig. 11.Querschnitt der Anhaltestation am St. Michel-Platz. Jenseits der St. Michel-Brücke liegt die Haltestelle gleichen Namens, welche nur für Reisende ohne Gepäck bestimmt ist. Dieselbe erstreckt sich bis über die Petit-Pont hinaus und wird ungefähr eine Länge von 215 m haben, wovon 173 m zwischen den beiden Brücken liegen. Auf dieser Anhaltestation befinden sich die Schienen 5,80 m unter den Deckenträgern und die Geleise, welche eine Steigung von 4 ‰ haben, sind von zwei je 3,50 m breiten Bahnsteigen eingesäumt, zu denen man auf drei Treppen gelangen kann, die gleichzeitig den oberen Quai mit dem unteren verbinden, indem sie in halber Höhe einen Absatz bilden, von dem man einerseits in das Innere der unterirdischen Haltestelle, andererseits auf den Niederquai (Leinpfad) gelangt. In gleicher Anordnung, wie sie Fig. 11 zeigt, die einen Querschnitt der Haltestelle „St Michel“ darstellt, erstreckt sich die letztere ihrer ganzen Länge nach unter der Quaistrasse, die von der Eisendecke des Einschnittes getragen wird. Behufs Durchführung der Anlage hat man damit beginnen müssen, 2 m näher der Seine eine neue Quaimauer aufzubauen, neben der für den Leinpfad gerade noch genügend Raum übrig bleibt. Auf der Landseite errichtete man in der Flucht der zu erbauenden Stützmauer in Entfernungen von 5 zu 5 m senkrechte Schächte, die 1,5 m Breite und 2,5 m Länge erhielten und bis in die Tiefe von 10 m unter das Strassenniveau niedergeteuft wurden; dieselben wurden dann mit Portlandbeton ausgegossen bis zu der Höhe, wo die Tragsteine für die Querträger des eisernen Deckenrostes versetzt werden sollten, und schliesslich untereinander durch Bogenwölbungen verbunden, unter denen späterhin die Stützmauer vollends ausgemauert werden konnte. Zwischen dieser Stützmauer und den Vordermauern der nächsten Häuserreihe blieb nur noch so viel Raum, dass er hinreichte, einen kleinen Sammelkanal dahin zu verlegen, der die Abfallwässer dieser Häuserreihe aufzunehmen hat. Ueber diesen Kanal ist der Raum zwischen der Stützmauer und den Häusern mit guter Erde nachgefüllt. Während der Ausführung der Erdarbeiten und Mauerungen musste man an der in Rede stehenden Bahnstrecke bezw. Haltestelle die vorhandene und zur Beseitigung bestimmten Stadtkanäle infolge der bereits erwähnten Verzögerung, die im Baue des neuen, nach dem Boulevard St. Germain verlegten Ersatzkanals eingetreten war, vorläufig stehen lassen. Dieselben konnten erst nach Vollendung des benannten Kanals abgetragen werden, ein Umstand, durch den natürlich die Fertigstellung der ganzen Haltestelle eine nennenswerte Verzögerung erlitten hat. Ein alter, ausser Dienst gestellter Kanal, der unter dem Leinpfade neben der Quaimauer parallel läuft, wurde nicht beseitigt, sondern mit magerem Beton ausgefüllt, um auf diese Weise zur Sicherung der neuen Quaimauer beizutragen. Letztere ist aus Hausteinen hergestellt und hat von der St. Michel-Brücke angefangen 26 Fensteröffnungen von je 3,40 m Breite und 2,80 m Höhe, die durch 1,60 m breite Zwischenpfeiler voneinander getrennt sind. Fünf weitere Fenster haben die gleiche Höhe und die gleichen Abstände voneinander, jedoch nur eine Breite von 1,15 m. In der eisernen Decke liegen senkrecht zur Bahnachse in Entfernungen von 5 zu 5 m im ganzen 34 Stück 1,50 m hohe Blechträger, welche durch 0,5 m hohe ⊤-förmige Längsträger verbunden werden, die in Abständen von 2,08 m voneinander angebracht sind. Diese Roste sind in den einzelnen Feldern mit Ziegeln flach eingewölbt, dann mit Beton abgeglichen und zu oberst mit einer Asphaltschichte überzogen. Hinter der Haltestelle „St. Michel“, und zwar vom Kilometer 2,10 bis 1,10, d. i. von der Petit-Pont bis zur Pont Sully verläuft die Bahn wieder in einem 8 m breiten und vom Scheitel des Bodengewölbes bis zum Scheitel des Deckengewölbes 6,85 m hohen Tunnel, der mittels der Schildmethode ausgeführt und von der Pont Sully aus zu bauen begonnen wurde. An dieser Anfangsstelle war zu dem Ende ein 50 m langes Schutt- und Ladegerüste über den Unterquai zur Seine errichtet, wo zwei Boote anlegen konnten, eines zum Wegbringen der Schuttmassen, das andere zur Zuführung der Baumaterialien. Zur Abfuhr des Materials im Innern des Tunnels dienten in den vorgetriebenen Teilstrecken eine Hundebahn mit Kippwagen von 1 qbm Fassungsraum, in den erweiterten Teilstrecken eine Kleinbahn mit Bordwagen von 3 qbm Fassungsraum, welch letztere durch eine kleine, 8 t schwere Pressluftlokomotive Mékarski'scher Bauart befördert wurden. Für den Betrieb sämtlicher vor Ort erforderlicher Maschinen, wie Betonstampfer, Mörtelmischer, Pumpen, Hilfsmaschinen der Bauwerkstätte u.s.w., benutzte man lediglich Elektrizität, ebenso für das Vortreiben des Schildes und den sonstigen Betrieb des letzteren. Dafür bezog man vom öffentlichen Elektrizitätswerk des linken Seineufers Wechselstrom, der in einer vor dem Tunnel errichteten Transformatorenstation in Gleichstrom umgewandelt wurde. Die Umwandler lieferten bei einer Spannung von 220 Volt 120 Kilo-Watt. Eine eigene Nebenmaschine von 30 Kilo-Watt war für den Betrieb der Luftpressen vorhanden. Nach Vollendung von 400 m Tunnel wurde ein Querschlag zum Unterquai angelegt und hier neuerlich ein zum Strome führendes Schütt- und Ladegeleis behufs Ab- und Zufuhr des Materials errichtet, und eine dritte solche Umschlagstelle ist endlich noch oberhalb der Petit-Pont erbaut worden. Textabbildung Bd. 315, S. 26 Fig. 12.Querschnitt des offenen Einschnittes am St. Bernardquai. Von der Sully-Brücke an verläuft nunmehr die Bahn, die etwa 70 m hinter der Tunnelmündung in einem Bogen von 200 m Radius nach links abbiegt, bis zum Kilometer 0,485 in einem offenen Einschnitte. Letzterer hat im allgemeinen 9 m Breite und wird seiner ganzen Länge nach in ähnlicher Art, wie es der Querschnitt (Fig. 12) ersehen lässt, von zwei Stützmauern eingefasst. An drei Stellen, nämlich bei Kilometer 0,755, 1,00 und 1,093, sind eiserne Trägerbrücken über den Einschnitt gespannt, um die Verbindung der Quaistrasse mit dem Niederquai bezw. dem Leinpfad und dem Flussufer zu vermitteln. Eben eine solche Ueberbrückungsstelle, und zwar jene, welche sich zunächst des Quais St. Bernard befindet, ist in Fig. 12 ersichtlich gemacht. Unweit vor der Austerlitzbrücke trittnunmehr die mit 11 ‰ ansteigende Bahnlinie aus dem vorgeschilderten offenen Einschnitte wieder in einen kurzen Tunnel und einen sich demselben anschliessenden Einschnitt ein, um auf diesem in Fig. 13 dargestelltem Wege den Walhubertplatz und das Administrationsgebäude der Orleansbahn-Gesellschaft zu unterfahren, wonach die Trace schliesslich in der Mitte des alten Bahnhofes „d'Austerlitz“ in das Niveau der Geleise der Hauptlinie gelangt und sich mit derselben vereinigt. Textabbildung Bd. 315, S. 26 Fig. 13.Lageplan der neuen Linie am Walhubertplatze. Obiger Tunnel hat eine Länge von 121,60 m und seine niedrigen senkrechten Seitenwände tragen einen gedrückten Bogen von 9 m lichter Weite, der am Gewölbsschluss 5 m über Schienenoberkante liegt und 0,60 m Mauerstärke besitzt. Dieses Deckengewölbe ist unter freiem Himmel über der Erdform ausgemauert worden, welche man vorher mit einer Gipsschichte bedeckt hatte, um eine möglichst reine, glatte, innere Gewölbsfläche zu gewinnen. Als Gewölbsträger dienten zwei Reihen Betonpfeiler, die vor der Inangriffnahme der Herstellung des Deckengewölbes in der Flucht der senkrechten Tunnelwände in regelmässigen Abständen ausgeführt und durch Betonbögen verbunden wurden. Zur Herstellung der Pfeiler hatte man, ähnlich wie in früheren Fällen, Schächte entsprechenden Querschnittes bis zu 8 m unter dem Strassenniveau ausgegraben und sodann mit Beton ausgefüllt. Das Deckengewölbe ist gleichfalls auf 80 m Länge in Beton hergestellt worden, im übrigen Teile jedoch aus Sandsteinquadern mit Milchcementmörtel. Nachdem von Feld zu Feld die Seitenwände durch die Untermauerung der die Stützpfeiler verbindenden Bogen fertig gestellt wurden, schritt man zur Entfernung des Erdkerns. Die hierbei gewonnenen Schuttmassen wurden zum Hafendamm des Quais St. Bernard geführt und dort von dem Schuttgerüste in die Boote gestürzt, welche sie nach Ablon weiterschafften. Der sich dem Tunnel anschliessende, überdeckte Einschnitt bezw. Durchstich hat auf eine Länge von 35 m so ziemlich ganz dieselbe Anordnung, wie die überdeckten Einschnitte der anderen Streckenteile, namentlich was die Ausführung der Decke anbelangt, doch besitzt er eine lichte Weite von 9 m. Eben dieselbe Spannweite hat die 20 m lange Fortsetzung des Durchstiches, die Deckenkonstruktion ist hier aber, weil der Trägerrost samt Abgleichung und Asphaltierung nur 0,80 m hoch gemacht werden konnte, durch eine Reihe Mauerpfeiler unterstützt, die durch Bogen fortlaufend untereinander verbunden sind. Mittels eines ähnlich angeordneten Durchstiches, der die Fortsetzung des eben besprochenen bildet, ist auch das Administrationsgebäude der Gesellschaft unterfahren. Es sind zur diesfälligen Durchführung im Kellergeschosse dieses Gebäudes in der Flucht der beiden Seitenmauern und der mittleren Stützmauern entsprechend tief fundierte Pfeiler erbaut und untereinander durch Bogen verbunden worden; dann erfolgte das Einziehen und die Fertigstellung des Deckenrostes, mit dem die vom Profil der Bahn getroffenen Mauern des Hauses unterfangen wurden. Hierauf baute man die beiden Seitenmauern unter den Bogen vollständig aus und nun schritt man zur Beseitigung des in das Profil hineinreichenden alten Mauerwerks und des Schuttes sowie schliesslich zur Herstellung des flachen Bodengewölbes. Die Länge dieser Unterfahrung beträgt annäherungsweise 66 m. Die starke Steigung von 11 ‰, mit der im alten Bahnhofe „Quai d'Austerlitz“ die neue Linie eintrifft, besteht im letzten Abschnitte derselben durch volle 440 m. Es ist schliesslich nur noch hinsichtlich der allgemeinen Ausführung der Strecke zu bemerken, dass dieselbe ihrem ganzen Verlaufe nach überall mit Sohlen- oder Fussbogen gegen das Eindringen von Grund- oder Seihwasser versichert sind, wie dies ja auch die Fig. 8 bis 12 ersehen lassen, und dass alle diese Bodengewölbe und ebenso alle dem Eindringen von Wasser ausgesetzten Stützmauern aus zwei Teilen bestehen, die durch eine starke Beton- oder Cementmörtelschichte voneinander getrennt sind und auf diese Weise gegen das Eindringen. des Wassers sicheren Schutz bieten. Trotz der zahlreichen und ganz beträchtlichen Schwierigkeiten, welche neben der laufenden Herstellung durch die Aufrechterhaltung des Strassenverkehrs, durch Bekämpfung der Sickerwässer, durch die Umlegungen von Gas- und Wasserleitungen, grossen und kleinen Abzugskanälen, Telephon- und Lichtkabeln zu überwinden waren, steht die Vollendung der Strecke Quai d'Austerlitz-Quai d'Orsay zweifellos noch vor der Eröffnung der Weltausstellung bevor. Oberingenieur Brière und Bauingenieur de la Brosse waren seitens der Bahngesellschaft mit der Leitung dieses eigenartigen, schwierigen Baues betraut, dessen Kosten durchschnittlich pro laufenden Kilometer mit 10 Millionen, also zusammen auf 40 Millionen veranschlagt sind. Mit Rücksicht auf den ausgesprochenen Charakter einer Untergrundbahn, welchen die neue Pariser-Strecke der Orleansbahn besitzt, hatte man sich von vornherein entschlossen, daselbst für die Zugförderung elektrischen Betrieb einzuführen. Es sind hierzu vorläufig 8 Lokomotiven der bekannten Hoboken-Type bestellt worden, von denen stets 5 oder 6 in Dienst stehen werden, da es sich täglich um die Beförderung von durchschnittlich 150 leeren und besetzten Züge handeln wird. In der alten Station „Quai d'Austerlitz“ erfolgt bei allen Personenzügen eine Auswechslung der Zugsmaschine, indem die elektrische Lokomotive den Zug von der Dampflokomotive übernimmt bezw. an dieselbe übergibt. Jede der elektrischen Lokomotiven leistet 500 Kilo-Watt und hat ein Eigengewicht von 40 t,das man durch Ballast um 5 bis 6 t vermehrt, damit sie genügendes Adhäsionsgewicht erhält, einen Zug von 250 t – die Lokomotive mitgerechnet – mit einer durchschnittlichen Fahrgeschwindigkeit von 32km/Std. zu befördern. Danach werden die elektrischen Züge die Strecke in 8 Minuten zurücklegen. Die erforderliche Energie wird von dem Elektrizitätswerke geliefert, das sich die Eisenbahngesellschaft für diesen Zweck in Ivry, 5,3 km vom Quai d'Orsay entfernt, errichtet hat, und das vorläufig 2000 Kilo-Watt Dreiphasenstrom von 5500 Volt erzeugt. Dieser Strom wird auf den Bahnhöfen „Quai d'Austerlitz“ und „Quai d'Orsay“ durch je einen rotierenden Umformer für die Zugsförderungszwecke auf Gleichstrom von 550 Volt gebracht und nebstbei in den beiden genannten Stationen sowie in Ivry mittels je zweier Leblanc'scher Synchronmotoren (vgl. D. p. J. 1898 B. 308 * 132) für Beleuchtungszwecke auf 500 Volt umgewandelt. Ueberdem werden in den Stationen „Quai d'Austerlitz“ und „Quai d'Orsay“ auch noch Akkumulatorenbatterien von je 1100 Ampère-Stunden Kapazität aufgestellt, die in erster Reihe für die Zugsförderungsanlage als Puffer, an zweiter Stelle aber auch für die Beleuchtungsanlage als Reserve zu dienen haben. Die Zuführung des Betriebsstromes längs der Eisenbahngeleise wird im allgemeinen als dritte Schiene, an den Weichen jedoch als Oberleitung angeordnet, und die elektrischen Lokomotiven tragen dementsprechend sowohl nach unten federnde gleitschuhartige Stromabnehmer, als auch am Dache aufwärtsfedernde drahtschleifenförmige Kontaktstangen. Nebst dem Energiebedarf für die Zugförderung wird das Elektrizitätswerk der Orleansbahn in Ivry auch den Bedarf für die Beleuchtung der unterirdischen Strecken und der beiden mehrfach genannten Bahnhöfe decken, sowie auch jenen einer Reihe von Schöpfwerken, Speisepumpen, Aufzügen, Drehscheiben, Schiebebühnen und sonstiger Hilfseinrichtungen, insoweit solche zwischen den äusseren Festungswerken und dem Quai d'Orsay an der Bahn vorhanden sind. Für künftige Mehrleistungen ist bereits eine Erweiterung des Werkes vorbereitet.