Titel: Bericht über verschiedene Bauausführungen der Pariser Weltausstellung.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 101
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Bericht über verschiedene Bauausführungen der Pariser Weltausstellung. Bericht über verschiedene Bauausführungen der Pariser Weltausstellung. I. Das Palais für Maschinen und das Palais für chemische IndustrienD. p. J. 1899 313 * 30. 314 * 14.. Textabbildung Bd. 315, S. 101 Fig. 1.Grundriss des Oberbaues der Maschinenhalle. Zu den bedeutendsten Hochbauten, welche für die Zwecke der diesjährigen Pariser Weltausstellung erstanden sind, zählen u.a. das grosse Maschinenpalais und das hierzu symmetrisch ausgeführte Palais für die chemischen Industrien. Diese beiden grossartigen Baulichkeiten liegen rechts und links vom Wasserschlosse, das mit den beiden dahinter stehenden Hallen der elektrotechnischen Industrieden architektonischen Abschluss und Glanzpunkt der rückwärtigen Anlagen des Marsfeldes bildet. Ueber die Art und den Verlauf der baulichen Durchführung der vorgenannten Ausstellungsanlagen, die in vielem ganz eigentümliche und ohne Frage höchst bemerkenswerte Objekte sind, hat Ingenieur René Weil, Inspektor des Eisenkonstruktionsbureau der Ausstellung, eine Reihe interessanter Berichte veröffentlicht (vgl. Génie civil, Bd. 34 S. 309 und 335; Bd. 35 S. 17 und 133; Bd. 36 S. 129 und 145), aus denen wir nachstehendes entnehmen. Wie die obenstehende Grundrissskizze (Fig. 1) des ersten Geschosses des Maschinenpalais ersehen lässt, beläuft sich die Breite der ganzen Maschinenhallenanlage, normal zur Längsachse des Marsfeldes, auf 138,10 m und die Länge, parallel mit der Längsachse des Marsfeldes, auf 139 m, so dass die überbaute Fläche annäherungsweise 19200 qm umfasst. Genau dieselben Abmessungen weist auch der symmetrische Grundriss der Hallenanlage für die chemischen Industrien auf. Bei beiden Gebäuden wird die dem inneren, als Gartenanlage hergerichteten Raume des Marsfeldes, d. i. also die dem in der Mittelachse des Marsfeldes liegenden Wasserschlosse zugewendete Fassade von einem aus zehn Rundbogenöffnungen bestehenden Säulengange gebildet, die sich in einer stumpfen Ecke an die Rotunden anschliessen, welche das Wasserschloss zu beiden Seiten flankieren. Im unteren Geschosse sind es statt Rundbögen Machbögen, welche die einzelnen Felder überspannen, und deren Anblick zum Teile von den Terrassen gedeckt wird, mit welchen die Rampen des Wasserschlosses abschliessen. Textabbildung Bd. 315, S. 102 Fig. 2.Innenfassade an der Maschinenhalle und der Halle für chemische Industrie. Ausgeführt sind die Wände und alles Zierwerk dieser durch Fig. 2 und 3 gekennzeichneten Fassaden lediglich aus Gips, und zwar bestehen die Flächen und Gesimse aus einer verhältnismässig sehr dünnen Verkleidung, die auf einer gleichfalls sehr leichten und schwachen, an der Eisenkonstruktion befestigten Holzverblendung aufgezogen ist. Die hinter den Bogenöffnungen des Obergeschosses liegenden Loggien bilden eine langgestreckte Wandelbahn, deren aus Kreuzgewölben bestehende Decke mit dekorativen Gemälden geschmückt wird. Von diesen Wandelbahnen aus (rechts an der Maschinenhalle, links an der Halle für chemische Industrie) werden die Ausstellungsbesucher am Abende promenieren und auf den balkonartig vorspringenden Brüstungen der Bogenöffnungen, welche den Eindruck der Fassade so sehr heben und beleben,das Spiel der Lichtfontänen am Wasserschlosse bequem beobachten können. Im Hintergrunde der Loggien befinden sich fast der ganzen Wandelbahn entlang sowohl im Parterre als auch im Obergeschoss nebeneinander mehrere Kaffee- und Speisewirtschaften. Die eiserne Fachwand, welche diese vorwiegend der Erholung und dem Vergnügen des Publikums gewidmeten Räume von der anstossenden Galerie der eigentlichen Ausstellungsräume scheidet, ist mit Ziegel solid ausgemauert. Bei dem Entwürfe der mehrbesagten Fassade hatte der Architekt von vorhinein darauf verzichtet, sich seine Zierwerksmotive aus jenen künstlerisch wenig anregenden Industriegebieten zu holen, welche die beiden Gebäude zu beherbergen bestimmt sind, sondern es vorgezogen, seine Einzelausführungen im wesentlichen lediglich dem Charakter des zwischenliegenden Wasserschlosses anzupassen. In diesem Sinne ist der grosse Fries (Fig. 2) der beiden Hallenfronten höchst ansprechend mit breiten Zierleisten, sowie im Mittel über den Säulenachsen mit schildertragenden Kindergestalten ausgeschmückt; über demselben erstreckt sich eine Bailustrade, die in der Achse des Scheitels jeder Bogenöffnung durch eine Attika unterbrochen wird, die aus Robbenköpfen, Algen oder anderen dem Wasserleben entnommenen Motiven zusammengestellt ist. Ueber jedes Giebelfeld erhebt sich ferner ein mit Skulpturen verzierter, 9 m hoher Mast, der einen Wimpel tragen wird. Als Randverzierung der Bogenöffnungen und in den Kapitalen der Strebepfeiler, ebenso unter den vorspringenden Brüstungen der Loggias hat man gleichfalls die mannigfachsten Kompositionen aus Motiven der Meeresflora und Meeresfauna anzubringen verstanden. Im ganzen gibt sich das Bild der in Rede stehenden zwei Fassaden im Stile einer Art realistischer Renaissance, in der sich die schönen Linien der klassischen Architektur in voller Reinheit wiederfinden. Für die Ausgestaltung der die beiden Hallenbauten nach vorn abschliessenden Rotunden (Fig. 3) hat der Architekt eine ganz besonders ansprechende, künstlerisch vollendete Lösung gefunden. Von der eigentlichen Längsfassade durch einen kleinen Schlussbogen getrennt, der den Uebergang bildet, stellt jede der beiden kuppeltragenden Rotunden eine vorspringende, geräumige Bogenhalle dar, deren Obergeschoss in seinem äusseren Bilde dem Charakter der anstossenden Loggias harmonisch angepasst ist. Das im Untergeschosse von einem flachen Bogen überspannte Hauptfeld und die zwei im Winkel anstossenden, durch Rundbogen überwölbten Nebenfelder bilden vom Inneren des Marsfeldes her den Haupteingang des Bauwerkes. Der schlank aufstrebende, oben von zwei symmetrischen Schlussbogen eingefasste und mit einer Attika gekrönte Portikus trägt als obersten Abschluss eine allegorische, die Arbeit darstellende Figur. Die reich verzierte Kuppel ist halbkugelförmig und von geschweiften, sowie ungleich grossen ovalen Fenstern durchbrochen. In der die beiden Geschosse der Rotunde scheidenden Decke ist in der Mitte ein 7 m weiter, kreisförmiger, mit Ballustraden versicherter Teil ausgeschnitten (vgl. Fig. 6), damit das Kuppelinnere, für welches eine besonders schöne, künstlerische Deckenausstattung vorgesehen wurde, schon vom Untergeschoss aus gesehen werden kann. Das Gerippe der Kalotte besteht aus Holzzimmerung und ruht auf einem starken Gürtel, der gleich den Wandstützen aus stählernen Blechträgern hergestellt ist. Zum Tragen der vorerwähnten ringförmigen Zwischendecke dienen sieben stählerne Konsolen von 5 m Ausladung, die an ihren äusseren Enden durch einen gleichfalls aus Stahlblechen ausgeführten Kranz verbunden sind. Sehr nüchtern und einfach sind hingegen die anderen Längsfronten ausgeführt, wovon sich die des Maschinenpalais der Avenue de Labourdonnais und jene des Palais für chemische Industrien der Avenue de Suffren zukehrt; sie bestehen nur aus dem Eisenfachwerk mit Fenstern, zwischen denen die Wandflächen glatt mit Gipsverkleidungen ausgefüllt sind. Das Ganze wird von einem Kordongesims aus Stuck gekrönt, aus welchem in Abständen von 9 zu 9 m verzierte Wimpelmaste emporragen. Die Pläne für die baukünstlerische Ausgestaltung der beiden in Rede stehenden Ausstellungshallen, sowie des Wasserschlosses waren dem Gouvernementsarchitekten Prof. Paulin übertragen, dem bekanntlich seinerzeit der grosse Preis für Rom zuerkannt wurde, und der seither an der École des Beaux-Arts als Lehrer wirkt. Textabbildung Bd. 315, S. 103 Fig. 3.Rotunde an der Maschinenhalle. Auch was die innere Grundrisseinteilung anbelangt, sind das Maschinenpalais und das Palais für die chemischen Industrien ganz übereinstimmend, symmetrisch angeordnet. Im Untergeschosse bilden die äusseren an den Längsseiten vorhandenen Galerien (vgl. Fig. 1, 4 und 6) lediglich die Fortsetzung ähnlicher in derselben Achse liegender Gänge der anstossenden Ausstellungshallen. Vom äusseren Rande des Marsfeldes her gerechnet ist der bedeckte Raum für Maschinen bezw. für die chemische Industrie in drei je 27 m breite, 90,10 m lange, 15 m, im Maximum 22,9 m hohe Längsschiffe geteilt, die von allen Seiten durch 9 m breite, zweigeschossige Galerien eingefasst und ausserdem in der Richtung gegen die Seine durch drei 27 m lange, ebenso breite, 15 m, im Maximum 26,35 m hohe Querhallen abgeschlossen sind, welche sich durch Vermittelung der vierten Längsgalerie organisch an die Rotunde angliedern. An der Front gegenüber dem Wasserschlosse befinden sich endlich noch der bereits mehrfach erwähnte 7,90 m breite, 90,10 m lange Raum für die Restaurants, sowie schliesslich die daran anstossende 9,20 m breite, im ganzen 139 m lange, von den Eckgebäuden und den Loggias gebildete Wandelbahn. Die drei grossen Längshallen sind so wie die drei Querhallen offen, d.h. sie weisen keine Zwischendecken auf, sondern haben wie Eisenbahnhallen bis zum Dache hinauf einen völlig freien Querschnitt; sämtlicheGalerien hingegen, ebenso die Loggiagänge und die Restaurantsräume sind im gleichen Niveau durch eine Zwischendecke in zwei Geschosse getrennt, doch haben die Galerien, insoweit sie an die Hallen stossen, nirgends geschlossene Scheidewände, sondern lediglich auf dem Fussboden befestigte Schutzgeländer, so dass man vom Obergeschoss der Galerien in die nachbarlichen Hallen hinabsehen kann. Das der Seine abgekehrte Ende des Loggiaganges ist mit einem fünfeckigen Kiosk (vgl. Fig. 1 und 7) abgeschlossen, der einerseits die Verbindung zu den Terrassen des Wasserschlosses, andererseits jene zur anstossenden Elektrizitätshalle vermittelt. Zur Gewährleistung der leichten Kommunikation zwischen den beiden Stockwerken der Galerien und der Restaurants werden verschiedene Hilfsmittel in angemessener reichlicher Zahl vorhanden sein, nämlich Stiegen, Güteraufzüge, Fahrstühle und Rampen. Da die ihren Weg durch die Avenue de Labourdonnais nehmende elektrische Stufenbahn in der Höhe des ersten Stockwerkes der Maschinenhallenanlagen parallel an denselben vorübergeht, so ist gegenüber der 27,4 m breiten Querhallen eine Station dieser Bahn angebracht, wie es in Fig. 1 angedeutet erscheint. Was nun die Metallkonstruktion der beiden Palais betrifft, für die in ihrer Gesamtheit nahezu 4800 t Stahl verbraucht wurden, so ist die eine durch die Firma J. Roussel, die andere durch die Firma Boudet, Donon und Co. ausgeführt worden und dank des ebenso rastlosen als sachverständigen und umsichtigen Vorgehens dieser Unternehmer war es möglich geworden, die Aufstellung und Montierung dieses riesigen Säulen-, Bogen-, Trägerund Sparrengerippes innerhalb der ausserordentlich kurzen Frist von beiläufig 6 Wochen fertig zu bringen. Schon seit November verflossenen Jahres sind die sämtlichen Hallen und Galerien montiert und überdacht, sowie im allgemeinen schon so weit vollendet gewesen, dass sie der Benutzung übergeben werden konnten. Für die Bestimmung der Konstruktionsquerschnitte war eine Maximalbelastung der Bodenflächen mit 500 kg pro Quadratmeter und von 90 kg pro Quadratmeter der dem Winde oder Schnee ausgesetzten Dachflächen massgebend und sonach die Beanspruchung des Stahles mit 12,5 km Druck pro Quadratmillimeter Querschnitt bemessen. Die von 9 zu 9 m aufgestellten Strebepfeiler der Hallen sind in der Längsrichtung der Schiffe durch Gitterträger aus Stahlblech versteift, welch letztere in den Galerien wieder durch ebensolche, jedoch leichtere Querträger verbunden sind, die in Entfernungen von 1 m voneinander liegen und ihrerseits die Holzbalken tragen, auf welchen der Fussboden des Obergeschosses angebracht ist. Eine interessante Abweichung der Deckenkonstruktion weist der fünfeckige Abschlusskiosk nach, der, wie bereits früher bemerkt wurde, die Verbindung der Hallenanlage vom Loggiagange aus zu den Terrassen des Wasserschlosses und nach rückwärts zu der benachbarten Elektrizitätshalle herzustellen hat. Das regelmässige Fünfeck des Erkergrundrisses ist in einen Kreis von 9,75 m Radius eingeschrieben; seine Pfeiler A, B, C, D und E (Fig. 7) befinden sich an den Winkelpunkten und haben gegenseitig einen gleichen Abstand von 11,48 m, der von je einem stählernen Blechträger überspannt ist. Als Hauptdeckenträger dienen jedoch die -förmigen stählernen Balkenträger a, b, c, d und e, die ganz eigentümlich und sinnreich verteilt sind. Jeder von denselben wird nämlich einerseits von seinem besonderen Pfeiler, andererseits von seinem Nachbarträger getragen, der selbst wieder in ganz gleicher Weise festgehalten ist. Wie man sieht, wurde auf diese Weise ein vollständiges Gleichgewichtssystem durchgeführt, in Anlehnung an eine bekannte mechanische Scherzlösung, welche darin besteht, eine gewisse Anzahl von Tischmessern dadurch tragen zu lassen, dass man sie mit gegenseitiger Unterstützung auf eine gleiche Anzahl von Stützpunkten verlagert. Die zwischen den soeben geschilderten Hauptdeckenträgern und den Querträgern, welche die Pfeilerköpfe verbinden, vorhandenen Räume werden, wie Fig. 7 ersehen lässt, durch schwächere Zwischenträger in weitere schmale Felder zerlegt und schliesslich kommen auf diesen stählernen Trägerrost die Polsterhölzer und die Dielen des Fussbodens. Im Untergeschosse ist das pentagonale Deckengerippe sichtbar und durch Gesimsfelder, welche dazwischen eingelegt sind, als charakteristischer und origineller Deckenschmuck ausgenutzt. In den Ueberdachungen sind alle Hauptgespärre in denselben Entfernungen wie die Hallensäulen, also je 9 m voneinander angebracht, und zwar bestehen dieselben in den Galerien, wie Fig. 4 erkennen lässt, aus den zwei Dachsparren, die mittels Stahlblechstützen und Streben mit einem gedrückten Unterzugsbogen zu einem einzigen Gitterträger ausgebildet sind. Die Gespärre der breiten Hallen bestehen hingegen aus zwei als Fachwerksträger angeordneten, sich einander zuwendenden Ausladern, die, von den Strebepfeilern abgehend, bis auf 9 m wagerechte Entfernung in das Profil der Halle hineinreichen. Diese das Hauptdach der Halle tragenden Auslader sind an jeder Seite des Hallenschiffes durch je fünf parallele, gleich weit voneinander abstehende Pfetten untereinander verbunden; auf den obersten, die Endköpfe der Auslader verbindenden Pfetten sitzen dann die leichten Gespärre des Abschlussdaches. Dieses ist als Laternendach ausgeführt und liegt gegen die beiden Schrägen des Hauptdaches um etwa 0,9 m höher; die zugehörigen Gespärre sind je 4,5 m (vgl. Fig. 5) voneinander angebracht und bestehen je aus einem schwachen Fachwerksträger, der aus einem Spannbogen und den zwei mit ihm durch fünf Streben verbundenen Sparren zusammengesetzt ist. Der Bogenanlauf der das Hauptdach in den Maschinenhallen tragenden Auslader liegt 13,75 m und ihr oberster Anschluss an die Tragsäule 14,95 m über dem Fussboden. Auch in der Längsrichtung aller Hallen bezw. Galerien sind die Tragsäulen in der Dachrandhöhe von einer zur anderen durch Fachwerksträger (vgl. Fig. 4, 5 und 6) verankert und gestützt, die aus einem wagerechten Träger und einem mit ihm durch Sprengwerk verbundenen Unterzugsbogen bestehen. In den Ichseln und Wiegen, wo die Dächer zweierlei Räume aneinander treffen, besteht die Eindeckung aus gewelltem Zinkblech, während die übrigen Teile eine Glaseindeckung haben, die behufs Förderung der Lüftung treppenförmig angeordnet ist. Zur Aufnahme der Hartglastafeln dienen Rahmengestelle aus einfachen -Eisen, die an der offenen Seite durch Böcke getragen werden, welche sich auf den durchlaufenden Pfetten stützen. Die Bestimmung der Kräfte, welche auf die verschiedenen Konstruktionsteile des Metallgerippes der beiden in Rede stehenden Bauwerke einwirken, sowie die Berechnung der erforderlichen Querschnitte ist sehr einfach nach der graphischen Methode bezw. unter Anwendung der Cremona'schen Regel und der Rankine'schen Formel durchgeführt worden. In diesem Sinne erfolgte beispielsweise die Berechnung der Tragsäulen auf nachstehende Weise: Laut der Rankine'schen Formel ist die Belastung, welcheden Bruch eines belasteten Stückes herbeiführen würde, mit N=\frac{\Omega\,C}{1+K\,\frac{L^2}{r^2}} Textabbildung Bd. 315, S. 104 Fig. 4.Querschnitt AB. Textabbildung Bd. 315, S. 104 Fig. 5.Längschnitt DC. Textabbildung Bd. 315, S. 104 Fig. 6.Querschnitt EF. angegeben, wobei Ω den Querschnitt des Pfeilers in Quadratmetern, C ein gleichbleibender Faktor, der sich für die in Betracht kommende Stahlsorte mit 30 × 106 beziffert, und K ebenfalls eine für diese Materialgattung bekannte Konstante von \frac{1}{36000} bedeuten, während L die freie Länge der Tragsäule und r den Radius des kleinsten Querschnittkreises darstellen, welch letzterer durch \frac{1}{\frac{\Omega}{P}} ausgedrückt werden kann. Die zulässige Belastung P, welche der Pfeiler ohne Gefahr der Deformation auszuhalten vermag, steht zu der oben ausgewiesenen Bruchbelastung N im geraden geometrischen Verhältnisse, wie der Widerstands-(Arbeits-)Koeffizient zum Bruchkoeffizienten. Hieraus ergibt sich P=N\,\frac{12,5\mbox{ kg}}{42\mbox{ kg}}=\frac{12,5}{42}\,\times\,\frac{\Omega\,C}{1+K\,\frac{L^2}{r^2}}. Auf Grund der mit Hilfe dieses Ausdrucks gewonnenenDaten haben die aus 7 mm starkem Stahlblech hergestellten Tragsäulen in ihrem oberen Teile, d.h. auf die Höhe des Obergeschosses den in Fig. 8 skizzierten doppel--förmigen Querschnitt, im weiteren Verlauf nach abwärts jedoch den verstärkten, kreuzförmigen Querschnitt nach Fig. 9 erhalten. Hinsichtlich des ersteren dieser Querschnitte stellt sich seine Tragfähigkeit unter Anrechnung einer freien Pfeilerhöhe von 5,25 m P1 = 55832 kg, während die maximale Inanspruchnahme nur 38000 kg beträgt; für den unteren Querschnitt berechnet sich die Tragfähigkeit P2 = 103000 kg, wogegen sich die mögliche äusserste Belastung nur auf 76000 kg belaufen kann. Selbstverständlich war in Anbetracht der bedeutenden Ausdehnung des Maschinenpalais und des Palais für chemische Industrien die Frage der Montage des Metallgerippes von hervorragender Wichtigkeit und die diesfällige erfolgreiche Durchführung rechtfertigt es wohl, diesem Gegenstande schliesslich noch ein etwas näheres Eingehen zu widmen. Obwohl nun die beiden Bauwerke aus ganz gleichen Konstruktionsteilen bestanden, so haben doch die bezüglichen Bauunternehmungen für die Montage nicht dieselben Methoden verfolgt. So verwendete man für die Aufstellung des Stahlgerippes des Maschinenpalais zwei ganz gleich angeordnete, mit je zwei Flaschenzügen und einem eigens konstruierten Kran ausgestattete Hebegerüste, für deren Einrichtung einerseits die Absicht, die Aufstellungsarbeiten thunlichst zu vereinfachen, und namentlich das Bestreben massgebend war, sie sowohl in den Galerien als in den Hallen unveränderlich verwenden zu können. Andererseits wollte man auch das Vernieten von Konstruktionsteilen in den Höhen, eine Durchführung, die bekanntlich für die Arbeiter sehr gefährlich und ausserdem von der Bauleitung schwer zu überwachen ist, gänzlich vermeiden. Allerdings mussten sonach, da die Konstruktionsteile zu grösseren Stücken auf dem Erdboden verbunden werden sollten, um so schwerere Lasten gehoben werden, welche Schwierigkeit man jedoch der früher besagten gerne vorzog. Um ausserdem alle unvorhergesehenen Zufälle zu vermeiden, verlegte man die Motoren der Hebevorrichtungen nebst den zu ihrer Bedienung erforderlichen Arbeiter auf die Sohle des Montagegerüstes, während auf der obersten Plattform nur so viele wohlgeschulte, schwindelfreie Monteure in Verwendung standen, als unbedingt erforderlich waren, um die gehobenen Stücke in die richtige Lage zu bringen und ihre Verbolzung zu bewerkstelligen. Dieser Anordnung ist es denn auch thatsächlich zu verdanken, dass die gesamten Aufstellungsarbeiten in der Maschinenhalle ohne jeglichen Unfall verlaufen sind. Das einzelne, von der Bauunternehmungsfirma J. Roussel für das Maschinenpalais in Verwendung gebrachte verschiebbare hölzerne Montagegerüst hatte die Form eines 27,15 m hohen, quadratischen Turmes mit 7,50 m Seitenlänge. Die Sohle desselben bildete ein Rahmen, der seiner Breite nach aus einfachen, seiner Länge nach aus doppelten 22 × 15 cm starken eichenen Balken bestand, welch letztere auf den Achsen von sechs Eisenbahnrädern ruhten. Textabbildung Bd. 315, S. 106 Fig. 7.Grundriss des fünfeckigen Erkers. Diese standen ihrerseits auf einem 7,50 m weiten Geleise aus schweren Eisenbahnschienen, die auf Längsbäumen festgenagelt waren, deren Niveau durch hölzerne, am Erdboden verlegte Querschwellen versichert wurde. Auch die vier Stuhlsäulen in den Turmecken bestanden aus Eichenhölzern von 22 × 22 cm Querschnitt und zwischen je zweien derselben war noch eine 16 × 16 cm starke Stuhlsäule eingeschaltet. Der ganze durch diese acht Ständer gebildeteAufbau hatte seiner ganzen Höhe nach von 4 zu 4 m wagerechte Querverbindungen durch Doppelzangen aus 16 × 6 cm starken Balken und war schliesslich durch andreaskreuzförmige, gleichfalls aus 16 × 6 cm starken Balken hergestellte Doppelzangen versteift und gesichert. Die Fortbewegung dieses Gerüstturmes wurde durch die eine oder andere der auf der unteren Plattform aufgestellten drei Winden bezw. dem Zuge der betreffenden Kette bewirkt, deren freies Ende an einem im Erdboden angebrachten Fixpunkte angriff, wie ein solcher durch Eintreiben eines Pfahles aus Stahlblech oder Eichenholz leicht hergestellt werden konnte. Textabbildung Bd. 315, S. 106 Querprofil der Säulenständer.Fig. 8 im Ober-Fig. 9 im Untergeschoss. Textabbildung Bd. 315, S. 106 Fig. 10.Aufstellung eines Galeriegespärres nebst zweier Ausleger für Hallen. Zum Antriebe der auf der oberen Plattform des Turmgerüstes angebrachten zwei Flaschenzüge und des beweglichen Krans diente je eine der erwähnten auf der Sohlenplattform vorhandenen, mit den ersteren durch Ketten verbundenen Winden. Hinsichtlich der beiden Flaschenzüge ist nichts weiter zu bemerken, da sie gegenüber den gewöhnlichen Vorrichtungen dieser Art keinen Unterschied aufwiesen; um so eigentümlicher hingegen war die Einrichtung des Krans. Derselbe wurde mittels einer Winde von 25000 kg Tragkraft betrieben und bestand aus einem 15 m langen, aus zwei -Eisen und einem Sprengwerk gebildeten zweiarmigen Hebel, der sich in seiner drehscheibenartig angeordneten, auf sechs Walzen laufenden Achse drehen konnte. Diese Drehbewegung in horizontaler Lage war aber insofern von zweierlei Natur, als auch das Achsengestell sich längs der ganzen Breite des Turmgestelles verschieben liess. Diese Anordnung und ihre Wirkungsweise lässt Fig. 10 ersehen, wo die gleichzeitige Verwendung beider Turmgerüste in Betracht gezogen ist, wie sie in der Praxis zur Aufstellung der am Boden fertig gestellten Konstruktion eines Galeriegespärres und der damit vernieteten beiden Hauptdachträger für die anstossenden Hallen stattgefunden hat. Infolge des Vorhandenseins zweier parallel aufgestellter Hebegerüste und der zweckdienlichen Anordnung ihrer Krane CD und FE erstreckte sich das jeweilige Montagefeld auf eine Breite von 36 m. Das kombinierte, in gestrichelten Linien angezeichnete Gespärre AMB wurde zuförderst auf dem Erdboden zunächst der Basis der Gerüsttürme T1T1 und T2T2 vollständig fertig gemacht, sodann mittels dreier am Bord der obersten Plattform angebrachter Maschenzüge a, b und c bis zur richtigen Höhe emporgehoben und sodann in dieser Lage schwebend erhalten. Textabbildung Bd. 315, S. 107 Montagegerüste für die 9 und 12,5 m Galerie des Palais für chemische Industrie. Hierauf erfolgte erst die Aufstellung der zwei zu den Gespärren gehörigen Stützpfeiler mit Hilfe des einen oder des anderen oder beider Krane, welche, nachdem die Verbolzungen zwischen Pfeiler und Gespärre stattgefunden hatte, nunmehr auch noch die Längsverbindungen, Deckenträger und alle übrigen zum Montagefeld gehörigen Konstruktionen an ihren Ort brachten. Gewöhnliche drehbare Krane hätten diese Arbeit nicht verrichten können, weil sie mindestens 9 m Ausladung besitzen sollten und doch nicht ins nächste Gespärre hineinreichen durften. Neben der Drehachse N war daher noch eine zweite Achse L an dem Kranhebel vorhanden und diese beiden Drehvorrichtungen befanden sich auf Wagengestellen, die mit je vier gusseisernen Rillenrädern in dem Schienengeleise nn bezw. l liefen. Der Wagen der Drehachse N liess sich mittels eines Gelenkkettenantriebes beliebig zwischen den beiden Endpunkten des Geleises nn dieser Fahrbahn entlang bewegen; hierbei drehte sich nicht bloss der ganze Kranhebel, sondern je nach der Bewegungsrichtung des Wagens der Drehachse N machte der Wagen der Drehachse L gleichzeitig einen angemessenen Weg im Geleise l nach vorwärts oder rückwärts. Demnach beschreibt der äusserste Punkt C bezw. E des Kranenauslegers, an dem die Lasten hängen, keinen Kreisbogen, sondern einen flachen Ellipsenbogen, der in der Zeichnung bei ef und gh ersichtlich gemacht ist. Auf diese Weise wurde es erreicht, dass der äusserste Punkt des Arbeitsfeldes nicht 9 m, sondern bloss 7 m weit vom vordersten Rande des Montagegerüstes absteht, während nach rechts und links die grösseren Ausladungen des Kranes das Arbeitsfeld vorteilhaft verbreitern. Obwohl nun die geschilderten, ganz identisch ausgeführten zwei Krane sowohl hinsichtlich der konstruktiven Anordnung, als in der Benutzungsweise einigermassen kompliziert erscheinen, so hatten sie sich doch, nachdem erst die Arbeiter mit ihrer Handhabung genügend vertraut waren, als eine durchaus fügsame und leistungsfähige, also zweckdienlicheHebemaschine bewährt, so dass sich die Montage des gesamten Stahlgerippes des Maschinenpalais prompt und rasch abwickelte. Dieselbe wurde in der der Avenue de la Bourdonnais gegenüberliegenden, 12,50 m breiten Galerie (vgl. Fig. 1) begonnen, wobei zugleich die linke Hälfte der ersten 27 m breiten Halle mitmontiert wurde; hernach kam die nächste 9 m breite Galerie nebst den anstossenden beiden Hallenhälften an die Reihe, ferner die zweite 9 m breite Galerie, wieder gemeinschaftlich mit den beiden nachbarlichen Hallenhälften, und dann die letzte 9metrige Galerie zugleich mit dem Pentagon, dem Restaurationsraume und dem Loggiagang einerseits, sowie der anstossenden rechten Hälfte der letzten Längshalle andererseits. Endlich kam die vorderste Quergalerie samt den Querhallen an die Reihe und den Abschluss bildete die Montage der Eckrotunde. Wesentlich anders ist der Weg, welchen die Bauunternehmungsfirma Baudet, Donon und Co. hinsichtlich des Palais der chemischen Industrien einschlug, indem sie zweierlei Montagegerüste in Verwendung brachte, von denen das eine lediglich für die 9 m und 12,5 m breiten Galerien, das andere ebenso ausschliesslich für die 27 m breiten Hallen bestimmt war. Die Hebemaschinen bestanden einfach nur aus gezimmerten Böcken, die auf der obersten Plattform des Gerüstes mobil angebracht waren, und Aufzugsrollen in genügender Zahl trugen, um die verschiedenen Konstruktionsteile an Ort und Stelle bringen zu können. Die letzteren wurden am Fussboden nur provisorisch mittels Montagebolzen so weit als nötig verbunden und erst oben, am Orte der Verwendung, definitiv vernietet. Textabbildung Bd. 315, S. 107 Montagegerüst für die 27 m breiten Hallen des Palais für chemische Industrie. Der Gerüstturm für die Galerien (Fig. 11 und 12) hatte eine Basis von 9 m Länge und 7,75 m Breite, sowie eine Höhe von 13,5 m; derselbe ruhte auf vier Rädern, die sich auf einem Eisenbahngeleise von 7,75 m Spurweite fortbewegen können. Das Verschieben des Gerüstes auf diesen Schienen, was natürlich immer nur nach der einen, in Fig. 12 durch einen Pfeil gekennzeichneten Richtung geschah, wurde lediglich unter Zuhilfenahme langer hölzerner Hebel bewirkt, die man gegen die Lagerbäume der Räder stemmte. In einer Höhe von 13,50 m über dem Fussboden hatte der in Rede stehende Gerüstturm einen Betriebsboden, auf welchem sich zwei Hebeböcke AB und PQ in zwei aufeinander senkrechten Richtungen bewegen konnten, und zwar lief der niedrige, AB, in der Längsrichtung, der höhere, PQ, in der Breiterichtung des Gerüstes mittels Rädern auf Geleisen. An dem Bocke AB befanden sich zwei Rollen p und p1 (Fig. 11), über welche je eine Kette lief, die nach Passierung einer Führungsrolle r1 bezw. r2 zur Welle einer Bernier'schen Winde t1 bezw. t2 geführt war, welch letztere mit zweierlei Geschwindigkeit und einer Tragkraft von 5000 kg arbeitete. Diese beiden Hebezeuge waren vornehmlich zum Aufrichten der Pfeiler und zum Hissen der Gespärre und der Verbindungsbogen bestimmt. Dagegen diente der höhere Bock PQ zum Heben der übrigen Konstruktionsteile, namentlich der Bestandteile der Dachstühle, der Decken u.s.w.; derselbe besass über den Hand der Gerüstplattform hinaus eine Ausladung von 4,5 m und trug daselbst die beiden Kettenrollen q und r (Fig. 10), von denen die Ketten über Leitrollen q1 zur Winde t3 angeschlossen waren, die ebenfalls 5000 kg Tragfähigkeit hatte. Das zweite Montagegerüst, das für die Hallen von 27 m Spannweite bestimmt war, bestand, wie Fig. 13 und 14 zeigen, aus einem gezimmerten Holzfachwerk, das mittels sechs Hadern auf drei je 8,50 m voneinander liegenden Schienensträngen fortbewegt werden konnte. Dieses Weiterrücken geschah einfach mit Hilfe von gewöhnlichen, von Arbeitern gehandhabten eisernen Geissfüssen, die bei jedem der sechs Hader zwischen dem Spurkranze und der Schiene eingesetzt und gleichzeitig so niedergedrückt wurden, dass die Räder eine kleine Drehung machen mussten. Die Gesamtbreite der Gerüstbasis betrug 17 und die Länge desselben 7,25 m. Auf der 24,5 m breiten, 14 m über dem Fussboden liegenden Plattform, die für die Monteure als Arbeitsplatz diente, bewegte sich querüber der Hebebock PQ mit vier Rädern auf zwei Fahrschienen. Letztgenannter Hebebock trug zu oberst einen wagerechten Tragbalken HH1, der nach vorwärts wie nach rückwärts um 4,70 m über den Rand des Gerüstes hinausragte. Auf jeden dieser Auslader waren je zwei Heberollen p und q bezw. p1 und q1 angebracht, die von den Winden t bezw. t1betrieben wurden. Selbstverständlich war jederzeit nur jener Auslader des Tragbalkens HH1 in Verwendung, der mit Rücksicht auf den Weg, den das Gerüst verfolgen sollte, nach rückwärts lag. Um die Gespärre für die Laterne des Daches zu heben, die höher gehisst werden mussten, als die Lage der Rollen pq es ermöglichten, diente ein eigener Kipphebel AB (Fig. 12), der am einen Ende mit dem Tragbalken HH1 durch ein starkes Gelenk verbunden und am anderen Ende mit einer Heberolle versehen war; dieser Kranhebel liess sich für jede beliebige Neigung fest einstellen. Bevor das breite Hallengerüst in Verwendung genommen werden konnte, mussten die schmalen Galerien zur rechten und linken Seite der zu montierenden Halle bereits vollständig aufgestellt sein. Für die Montage der Querhallen und der dazwischenliegenden Galeriestöcke, welche Arbeit erst nach Vollendung der drei Längshallen an die Reihe kam, erfuhr das geschilderte Gerüst insofern eine Abänderung, als an Stelle des Hebebockes PQ mit dem Tragbalken HH1 zwei stärkere fixe Rollenböcke gesetzt worden waren, von denen jeder mit einer eigenen Winde von 5000 kg Tragkraft betrieben wurde. Mit diesen Hebezeugen konnten, indem man sie gleichzeitig benutzte, z.B. die kompletten Konstruktionen für die Galeriedächer, die etwa 5600 kg wogen, auf einmal hochgehoben werden. Auch die zweite Art der Montage, wie sie beim Palais für die chemischen Industrien zur Anwendung kam, ist gegen die erste, beim Maschinenpalais benutzte an Präzision und Raschheit nicht zurückgeblieben, was beweist, dass sich unter Umständen mit verhältnismässig ungleichen Mitteln doch dieselben Erfolge erreichen lassen; inwieweit aber die eine oder andere der beiden Methoden auf die Festigkeitsverhältnisse der Konstruktionen des betreffenden Bauwerkes eine überwiegend vor- oder nachteilige Rückwirkung geübt haben könne, darüber sind vorläufig auch nicht die geringsten Anhaltspunkte bekannt geworden. (Fortsetzung folgt.)