Titel: Der Einfluss des Blauwerdens und der Fällzeit auf die Festigkeit von Kiefernsplintholz.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 109
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Der Einfluss des Blauwerdens und der Fällzeit auf die Festigkeit von Kiefernsplintholz. Der Einfluss des Blauwerdens und der Fällzeit auf die Festigkeit von Kiefernsplintholz. Das Blauwerden von Nadelholz wird nach den Untersuchungen von Hartig hervorgerufen durch das braune Mycel des Saprophyten Ceratostoma piliferum, eines Kernpilzes, der nur an gefällten oder absterbenden Bäumen sich ansiedelt, mit seinen dunkelbraun gefärbten Pilzfäden besonders die Markstrahlen des Kiefernholzes durchwuchert und von dort auch in die Tracheïden des Holzes hineinwächst. Die Zellwände selbst werden nicht verfärbt, wohl aber ist die Anschauung allgemein verbreitet, dass Nadelholz mit blauem Splint als Nutz- und Bauholz minderwertiger ist, als solches mit unverfärbtem Splint, und nach Hartig ist die Schädigung des Holzes um so grösser, je länger der Pilz seine Wirkung auszuüben vermag. An einschlägigen Versuchen, welche die Minderwertigkeit blauen Holzes darthun, fehlte es bisher; Zweifel am thatsächlichen Bestehen der Minderwertigkeit waren daher wohl berechtigt. Sie wurden erhoben, als es sich um die beabsichtigte Verwendung von Stämmen mit blauem Splint aus dem Windbruch im Februar 1894 zu Bohlenwerken handelte, und führten zu umfangreichen Untersuchungen über den Einfluss des Blauwerdens auf die Druck- und Scherfestigkeit, sowie auf das Raumgewicht, das Wasseraufnahme- und Quellvermögen des Holzes. Mit der Durchführung der Untersuchung wurde die Abteilung für Metallprüfung der mechanisch-technischen Versuchsanstalt zu Charlottenburg beauftragt. Die erzielten Ergebnisse sind vom Abteilungsvorsteher Prof. Rudeloff in zwei BerichtenMitteilungen aus den Königl. technischen Versuchsanstalten zu Berlin, 1897 Heft 1 S. 1 bis 46, und 1899 Heft 5 S. 209 bis 239. besprochen, denen nachstehendes entnommen ist. I. Das Versuchsmaterial. Das Probematerial wurde in Form von 250 mm dicken Scheiben aus verschiedenen Stammhöhen entnommen und zwar: 1. Aus vier Stämmen, von denen einer, gez. 3, dem Windbruch vom Februar 1894 entstammte, und drei, gez. 1, 2 und 6, welche im März 1895 gefällt waren. Die Stämme hatten bis zur Probeentnahme (September 1895) im Walde gelagert. 2. Aus zwölf Stämmen, gez. A–M, welche für die geplanten Versuche frisch gefällt wurden. Um an den letzteren gleichzeitig den Einfluss der Fällzeit untersuchen zu können, wurden von den zwölf Stämmen je drei am 12. September 1895, 18. Dezember 1895, 30. März 1896 und 29. Juni 1896 gefällt. Sofort nach der Fällung wurden jedem Stamm vier Scheiben in 1, 4, 8 und 12 m Stammhöhe entnommen und im ungeheizten Raum zum Trocknen aufgestellt. Die Stammreste blieben einstweilen im Walde am Standort liegen. Anfang September 1896 erfolgte die zweite Probeentnahme, umfassend je eine Scheibe in 4 in Stammhöhe, und Ende April 1897 wurden schliesslich nochmals je vier Scheiben unmittelbar über den zuerst entnommenen abgetrennt. Bei der Besichtigung anfangs September 1896 konnte nennenswertes Blausein weder auf den mehr oder weniger mit Harz überzogenen alten Schnittflächen, noch unter der Rinde wahrgenommen werden. Die frischen Schnitte zeigten bei den Stämmen der September- und Dezemberfällung Anfänge des Blauwerdens, bei den Stämmen der März- und Junifällung waren sie völlig weiss. Innerhalb weniger Tage nach dem Abtrennen wurden sie jedoch sämtlich blau und zwar besonders stark bei den Stämmen der September- und Märzfällung. Hiernach scheint das Blauwerden durch den freien Zutritt der Luft schnell gefördert zu werden. Die Zerlegung der Scheiben in einzelne Versuchsstücke erfolgte derart, dass stets möglichst viele Proben weissen und blauen Holzes erhalten wurden. Die Druckproben, von denen ein Teil zugleich zur Bestimmung des Wasseraufnahmevermögens und des Quellens diente, erhielten Würfelform, und zwar wurden sie aus dem Splint so herausgeschnitten, dass zwei Flächen tangential zu den Jahresringen standen. Die Hirnflächen bildeten die Druckflächen. Um den Einfluss der Wassertränkung auf die Festigkeit und die Quellung zu ermitteln, wurde ein Teil der Druckproben im wassersatten Zustande geprüft. Bei der Durchtränkung wurden die Proben mit der einen Hirnfläche nach oben anfänglich nur so weit unter Wasser gebracht, dass sie noch 1 cm über den Wasserspiegel hervorragten und die Luft somit leicht aus dem Holz entweichen konnte. Nach 1, 3 und 21 Tagen Wasserlagerung wurde die Quellung durch wiederholtes Ausmessen mittels Schublehre und nach 1, 3, 6, 10, 14 und 21 Tagen die Wasser aufnähme durch wiederholte Gewichtsbestimmungen ermittelt. Die allgemeine Form der Spaltproben nach Nördlinger zeigt Fig. 1. Die Belastung erfolgte nach Art des Zugversuches in der Weise, dass in die Einschnitte R Stahldrähte eingelegt wurden, die als Angriffspunkte der Zugkräfte dienten. Die Spaltrichtung war durch die Form der Probe gegeben; sie lag bei einem Teil der Proben tangential zu den Jahresringen, bei dem anderen senkrecht zu letzteren. Um die erhaltenen Bruchlasten unmittelbar miteinander vergleichen zu können, wurde bei der Bearbeitung besonders darauf gesehen, dass alle Proben möglichst gleiche Abmessungen erhielten. Textabbildung Bd. 315, S. 109 Fig. 1.Allgemeine Form der Spaltproben nach Nördlinger. Die Bestimmung des „spezifischen Trokkengewichtes“ erfolgte durch die Hauptstation des forstlichen Versuchswesens zu Eberswalde unter Leitung des Forstmeisters Prof. Dr. Schwappach an den keilförmigen Scheibenresten, die zwischen den Druckproben gelegen waren, nach folgendem Verfahren: „Die Holzstücke wurden zunächst im Trockenschrank bei 95 bis 100° C. etwa 4 Tage getrocknet, bis eine weitere Gewichtsabnahme nicht mehr eintrat, sondern bereits infolgeder beginnenden Oxydation schon wieder eine geringfügige Gewichtszunahme zu beobachten war. Hierauf wurden die vollkommen trockenen Stücke, nachdem sie über Schwefelsäure erkaltet waren, gewogen und mit Leinöl bestrichen. Schliesslich erfolgte die Raummessung unter Benutzung des Friedrich'schen Präzisionsxylometers neuester Konstruktion.“ In der Versuchsanstalt wurde das Raumgewicht ausserdem aus den Abmessungen und Lufttrockengewichten der Druckproben ermittelt. II. Die Versuchsergebnisse. a) Wasseraufnahme und Quellung. Der Verlauf der Wasseraufnahme, ausgedrückt als Gewichtszunahme in Prozenten des Lufttrockengewichtes, und der Quellungen in der Richtung der Wölbfläche (tangential zu den Jahresringen), des Spiegels (radial) und der Stammachse, sowie der räumlichen Quellung, ausgedrückt in Prozenten der Abmessungen im lufttrockenen Zustande, ist nach den Gesamtmitteln Tab. 1 und 2 in Fig. 2 durch Schaulinien dargestellt. In allen fünf Gruppen gelten die vollausgezogenen Linien für das weisse und die punktierten für das blaue Holz. Aus dem Verlauf der Schaulinien folgt, dass 1. Wasser aufnähme und Quellung in der Hauptsache zu Anfang der Tränkung stattfinden, aber nach 21 Tagen noch nicht beendet waren, und dass 2. das blaue Holz für gleiche Tränkungsdauer geringere Wasseraufnahmefähigkeit zeigte als das weisse. Die Lage der Schauliniengruppen B bis D zu einander bestätigt, dass 3. die Quellung tangential zu den Jahresringen erheblich grösser ist als radial, und dass sie in der Richtung der Stammachse am geringsten ist. Tabelle 1. Verlauf der Wasseraufnahme. Textabbildung Bd. 315, S. 109 Proben aus; Raumgewicht lufttrocken; Mittlere Wasseraufnahme in Prozent des Trockengewichtes nach Tagen; Stamm Nr.; weiss; blau; Weisses Holz; Blaues Holz; Gesamtmittel Die Mittelwerte für die verschiedenen Scheiben desselben Stammes (vgl. Tab. 1 und 2) zeigen ferner, dass im allgemeinen 4. die Wasseraufnahme um so grösser, die Quellung aber um so geringer war, je höher das Holz im Stamm gelegen hatte. Das Raumgewicht nimmt ebenfalls nach dem oberen Stammende hin ab. Hiernach stehen also 5. die Wasseraufnahme und Quellung in Beziehung zum Raumgewicht. Aus dem Vergleich der Einzelwerte ergibt sich, dass die Wasser aufnähme nicht nur in einer und derselben Scheibe (Höhenlage) mit steigendem Raumgewicht abnimmt, Tabelle 2. Verlauf der Quellung. Textabbildung Bd. 315, S. 110 Proben aus; Stamm Nr.; Höhe im Stamm; Raumgewicht lufttrocken; Quellung in Prozent der Abmessungen der lufttrockenen Proben nach Tagen; weiss; blau; in der Wölbfläche; im Spiegel; in der Achse; räumlich; Weisses Holz; Blaues Holz sondern selbst bei Proben aus verschiedenen Stämmen zu deren Raumgewicht umgekehrt proportional war. Textabbildung Bd. 315, S. 110 Fig. 2.Verlauf der Wasseraufnahme und Quellung. Wasseraufnahme; B Quellung in der Wölbfläche; C Quellung im Spiegel; D Quellung in der Achse; E räumliche Quellung; weisses; blaues Holz. Die Beziehungen zwischen Quellung und Raumgewicht erklärt Rudeloff damit, dass die unter dem Zutritt von Wasser quellenden Zellwände bei dem leichteren, also lockerer gelagerten Holz im Inneren der Probe mehr Raum finden sich auszudehnen und ihre eigene Ausdehnung daher weniger auf eine Vergrösserung des gesamten Rauminhaltes der Probe hinwirkt, als bei schwererem dichterem Holz. b) Die Druckversuche. Die Endergebnisse der Druckversuche mit den lufttrockenen Proben aus den zwölf für die Untersuchung besondersgefällten Stämmen sind in Tab. 3 zusammengestellt und in Fig. 3 bis 5 zu Schaulinien aufgetragen. Die Neigung der Linien von links nach rechts bestätigt die bekannte Erscheinung, dass Druckfestigkeit und Raumgewicht des lufttrockenen Holzes mit zunehmender Höhenlage im Stamm abnehmen. Textabbildung Bd. 315, S. 110 Fig. 3.Einfluss der Fällzeit auf Druckfestigkeit und Raumgewicht bei gleicher Höhenlage im Stamm. Die Lage der für die verschiedenen Fällzeiten geltenden Linien (Fig. 3) zu einander zeigt: dass die Dezemberfällung das festeste und schwerste, die Septemberfällung dagegen das am wenigsten feste und leichteste Holz lieferte. Zwischen beiden liegen die Festigkeiten und Gewichte der im März und Juni gefällten Stämme. Je nach der Höhenlage im Stamm – der Unterschied nimmt nach dem oberen Stammende hin ab – beträgt die höhere Festigkeit der im Dezember gefällten Stämme 25 bis 12 % gegenüber der Septemberfällung und 15 bis 10 % gegenüber den März- und Junifällungen. Textabbildung Bd. 315, S. 111 Fig. 4.Druckfestigkeit des weissen und blauen Holzes. In Fig. 4 und 5 fallen die ausgezogenen und punktierten Linien nahezu zusammen. Tabelle 3. Mittelwerte aus den Druckversuchen mit den Stämmen A-M. Textabbildung Bd. 315, S. 111 Stammzeichen; Tag der Fällung; Zustand des Holzes; Tag der Probenentnahme; Dauer des Lagerns im Walde; Höhenlage der Probe im Stamm; Mittel aus den Beobachtungswerten für die Druckfestigkeit; Mittel aus den Beobachtungswerten für das Raumgewicht; sofort nach der Fällung; Weiss; Blau Hiernach haben die Druckfestigkeit und das Raumgewicht des lufttrockenen Holzes durch das Blauwerden nicht gelitten, sie scheinen eher um etwas gesteigert zu sein. Textabbildung Bd. 315, S. 111 Fig. 5.Raumgewicht des weissen und blauen Holzes. Dies gilt nach den Werten Tab. 4 und den hiernach verzeichneten Schaulinien Fig. 6 auch für die zuerst untersuchten vier Stämme, welche dem Windbruch und der Märzfällung 1895 entstammten, und zwar nicht nur für das lufttrockene, sondern auch für das wassersatte Holz. Tabelle 4. Mittlere Druckfestigkeit bei verschiedener Höhenlage im Stamm. Textabbildung Bd. 315, S. 112 Stamm Nr.; Material; Feuchtigkeitszustand; Aussehen; Druckfestigkeit in kg/qcm, bei den folgenden Höhenlagen in m; lufttrocken; wassersatt; weiss; blau Textabbildung Bd. 315, S. 112 Fig. 6.Druckfestigkeit bei verschiedener Höhenlage im Stamm. Die Erklärung für diese Beobachtung sucht Rudeloff in Folgendem. Nach seiner Ansicht hängt die Druckfestigkeit einer von Hirn aus beanspruchten Holzprobe wesentlich von dem Widerstände ab, den die einzelnen aus Herbstholz bestehenden Platten dem Zerknicken entgegensetzen. Die in Fig. 7 bis 9 wiedergegebenen mikrophotographischen Aufnahmen lassen erkennen, dass die fadenartigen Pilze in dem weitzelligen Frühjahrsholz sehr zahlreich auftreten. Sie wachsen hauptsächlich längs der Zellen in deren Lumen fort, wobei sie sich eng an die Zellwand anlehnen (Fig. 9). Quer zum Stamm folgen sie vornehmlich den Markstrahlen (Fig. 7); sie durchwachsen aber auch die Zellwände der Tracheïden (Fig. 8) und zwar nicht nur an den Hoftipfelstellen. Die Bohrlöcher sind indessen ausserordentlich fein, so dass sie als Schwächung der Zellwand kaum angesehen werden können. Da sie nun ohnehin in dem die Druckbelastung aufnehmenden Herbstholz selten sind und keine Zersetzung des Holzes im Gefolge haben, so ist erklärlich, dass die Druckfestigkeit durch das Blauwerden nicht herabgemindert wird. Das Aussehen der sofort nach dem Fällen entnommenen und unter Dach gebrachten Scheiben nach dem Trocknen deutet darauf, dass bei trockener Aufbewahrung besonders das im September gefällte Holz mim Blauwerden neigte, während das im März gefällte Holz sich als besonders widerstandsfähig gegen Blauwerden erwies. Textabbildung Bd. 315, S. 112 Fig. 7 Der Einfluss des Lagerns im Walde auf die Druckfestigkeit des Holzes ergibt sich aus Fig. 10. Die Neigung der Linien von links nach rechts zeigt, dass die Druckfestigkeit des Holzes aller Fällungen durch das Lagern im Walde abgenommen hat, und zwar gleichviel, ob das Holz weiss blieb oder blau wurde. Nach der Lage der vier für die verschiedenen Fällzeiten geltenden Linien zu einander machte sich der Einfluss der Fällzeit bei dem weissen Holz auch nach 500tägiger Waldlagerung noch geltend. Die Dezemberfällung zeigt nach wie vor die grösste und die Septemberfällung die geringste Druckfestigkeit. Die Unterschiede wurden aber bei längerem Lagern im Walde immer geringer. Durch die Wassertränkung (vgl. Tab. 4 und Fig. 6) hat die Druckfestigkeit des Splintholzes um mehr als 50 % gegenüber der Festigkeit des lufttrockenen Holzes abgenommen, und zwar scheint der Einfluss der Feuchtigkeit bei dem weissen Holz etwas grösser zu sein als bei dem blauen. Textabbildung Bd. 315, S. 113 Fig. 8 In Fig. 6 tritt der Einfluss der Höhenlage im Stamm auf die Druckfestigkeit des lufttrockenen Holzes in der Neigung der oberen Linien von links nach rechts deutlich zu Tage. Die unteren Linien sind dagegen wenig oder gar nicht geneigt. Hiernach schwindet der Einfluss der Höhenlage im Stamm durch die Wassertränkung und zugleich zeigt sich an der Konvergenz der beiden Liniengruppen, dass die Verminderung der Druckfestigkeit durch Wassertränkung mit zunehmender Höhenlage des Holzes im Stamm abnimmt. c) Die Spaltversuche. Die Ergebnisse der Spaltversuche weichen in den Einzelwerten ausserordentlich voneinander ab. Sie gestatten daher kein gleich vollkommenes Urteil über die Einflüsse der Fällzeit, des Lagerns im Walde und des Blauwerdens, wie die Ergebnisse der Druckversuche. Immerhin scheint aber aus ihnen hervorzugehen, dass 1. die Spaltfestigkeit des Holzes wie die Druckfestigkeit mit wachsender Höhenlage im Stamm abnimmt und Textabbildung Bd. 315, S. 113 Fig. 9 2. das Lagern der Stämme im Walde die Spaltfestigkeit vermindert und zwar bei dem weissen Holz mehr als bei dem blauen. Textabbildung Bd. 315, S. 113 Fig. 10.Einfluss des Lagerns im Walde auf die Druckfestigkeit.