Titel: Berechnung elektrischer Maschinen mit Hilfe graphischer Methoden.
Autor: O. Schaefer
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 175
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Berechnung elektrischer Maschinen mit Hilfe graphischer Methoden. Von O. Schaefer. Berechnung elektrischer Maschinen mit Hilfe graphischer Methoden. Bei der Berechnung elektrischer Maschinen muss man zunächst eine Reihe von Annahmen machen, auf Grund dieser die Dimensionen der Maschine bestimmen und dann, um die günstigsten Verhältnisse ausfindig zu machen, die eine oder die andere Grösse probeweise variieren, wobei jedesmal die ganze Rechnung wieder durchgeführt werden muss. Hier haben nun die graphischen Methoden den grossen Vorzug, dass sie sofort erkennen lassen, welchen Einfluss die Veränderung einer Grösse auf die andere hat, und dass man Fehlern weit weniger ausgesetzt ist als beim Rechnen, eben weil man die Sachlage durchschaut und jede sprunghafte Aenderung als wahrscheinlich falsch erkennt. Textabbildung Bd. 315, S. 175 Fig. 1 Die Ermittelung der Ankerdimensionen geschieht graphisch in folgender Weise. Die verlangte Leistung ist bekannt, ebenso ist die Spannung e nach dem Zweck der Maschine bestimmt; daraus und aus dem wahrscheinlichen Wirkungsgrad wird die Stromstärke i berechnet. Die Tourenzahl v und der Kapp'sche Faktor k werden angenommen. Dann ist D^2\,L\,.\,v=\frac{e\,.\,i}{k}\,.\,10^3, wobei D den Durchmesser, L die Länge des Ankers bezeichnet. Man konstruiert jetzt ein Dreieck mit i als Basis, e als Höhe und einem Winkel γ als Basiswinkel, dessen Sinus gleich v ist, verkleinert oder vergrössert das Dreieck im Verhältnis 1 : k, und hat nun ein Dreieck vom Inhalt \frac{e\,.\,i}{2\,k}=\frac{D^2\,.\,L\,.\,v}{2}. Die eine dem Winkel γ anliegende Seite ist D2, die andere L; denn der Inhalt eines Dreiecks ist gleich dem halben Produkt zweier Seiten, multipliziert mit dem Sinus des eingeschlossenen Winkels, also \frac{D^2\,L}{2}\,sin\,\gamma oder \frac{D^2\,L}{2}\,e. Der Faktor 103 aus der ersten Gleichung wird durch entsprechende Wahl der Massstäbe für die einzelnen Grössen berücksichtigt. Zieht man nun, natürlich graphisch, aus D2 die Wurzel, so wird man wahrscheinlich finden, dass D und L noch nicht in gutem Verhältnis zu einander stehen. Man verändert D2 oder L und erhält, indem man das Dreieck in ein flächengleiches verwandelt, L oder D2. Multipliziert man D mit π und trägt auf dem einen Schenkel von γ ab, so ist das vom Endpunkt auf den anderen Schenkel gefällte Lot gleich der Umfangsgeschwindigkeit u. Aus u kann man wieder Schlüsse ziehen auf die richtige Grösse von D. Textabbildung Bd. 315, S. 176 Fig. 2 In Fig. 1 ist folgendermassen verfahren und sind folgende Massstäbe angewandt worden, welche so gewählt sind, dass sie eine handliche Form der Dreiecke liefern. Die Stromstärke i= ao ist die Basis, wobei 10 Ampère = 1 cm sind. Dann ist ein Kreis mit einem Radius von 10 cm um a geschlagen; eine Parallele zu i im Abstande v (120 Touren = 1 cm) schneidet ihn in b. \frac{v}{10}=sin\,\gamma oder v = sin γ wegen der Wahl der Massstäbe. Die Spannung c als Höhe liefert den Punkt c, wobei 10 Volt = 1 cm. Eine Parallele zu go durch c, wo g der Endpunkt des von a aus auf ab abgetragenen Wertes k ist (0,1 =1 cm), schneidet ao im Punkte f und es ist Δ agf = Δ aco. au ist 1 cm, u mit f verbunden gibt das Dreieck auf \Delta\,a\,u\,f=\frac{\Delta\,a\,g\,f\,.\,1}{k}. Dann ist Dreieck auf in das Dreieck ars verwandelt, um passende Werte von D2 und L zu bekommen. ar = L (5 cm = 1 cm) as = D2 (100 qcm = 1 cm). Textabbildung Bd. 315, S. 176 Fig. 3 ah wird 1 cm gross gemacht und ein Halbkreis über hs geschlagen, welcher auf einem Lot in a zu ab die Strecke ai = D (10 cm = 1 cm) abschneidet. Trägt man auf a i 1 cm, auf ab 3,14 cm = π ab und zieht eine Parallele zu kt durch i, welche ab in m schneidet, so ist am = Dπ, weil 1 : π = ai : am. Das Lot von m auf ae ist die Umfangsgeschwindigkeit u, weil \frac{u}{D\,\pi}=sin\,\gamma=\frac{v}{60}. Der Faktor \frac{1}{60} ist durch die Wahl des Massstabes berücksichtigt. Für u gilt 2\,\frac{m}{s}=1\mbox{ cm.} Sämtliche Konstruktionen lassen sich ohne weiteres umkehren, wenn man z.B. aus D und L den Faktor k ermitteln will; ich erwähne nur, dass man, um D zu quadrieren, in i eine Senkrechte zu hi errichtet, welche auf ab die Strecke D2 abschneidet. Textabbildung Bd. 315, S. 176 Fig. 4 Dieselbe Figur lässt sich jetzt auch zur Ermittelung der Kraftlinien zahl Z und der Ankerdrahtzahl a verwenden. an ist 10 cm \Delta\,a\,c\,n=\frac{e\,.\,10}{2}. Das Dreieck acn lässt sich also auffassen als ein Mass für e, wobei 2 Volt = 1 qcm sind. Da e=\frac{Z\,.\,a\,.\,r}{60}\,.\,10^{-8}, so lassen sich, wie oben D2 und L, jetzt Z und a als Seiten des Dreiecks acn ansehen. Trägt man a auf an ab (10 = 1 cm) bis e, zieht ec und eine Parallele zu ec durch n, so schneidet diese auf ab die Kraftlinienzahl Z = ap ab (5 . 105 = 1 cm). Δ ape = Δ acn, da beide das Dreieck apn gemeinsam haben und da das addierte Dreieck pne gleich dem subtrahierten pnc ist. Letztere haben nämlich gleiche Grundlinie und gleiche Höhe. Unter Anwendung dieser Konstruktion variiert man Z und a so lange, bis man passend scheinende Werte gefunden hat. Ist die Tourenzahl v grösser als 1200 pro Minute, so nimmt man den Massstab für v halb so gross, den Faktor 2 berücksichtigt man dann am besten in den Endergebnissen. Wenn die angegebenen Konstruktionen für eine Reihe von Maschinen in denselben Massstäben durchgeführt würden, so erhielte man Diagramme, welche viele wesentliche Abmessungen der Maschinen auf einen Blick erkennen liessen und einen sehr bequemen Vergleich ermöglichten. Auch die Anzahl der für die Hervorbringung von Z Kraftlinien erforderlichen Ampèrewindungen ni lässt sich graphisch bestimmen. Zunächst werden die Ampèrewindungen ermittelt, welche die Kraftlinien durch den Luftraum zwischen Pol und Anker zu treiben haben (Fig. 2). \frac{4\,\pi}{10}\,n\,i=Z\,\frac{q}{l} oder \frac{4}{10}\,.\,\frac{4\,\pi}{10}\,n\,i=\frac{4}{10}\,Z\,.\,\frac{q}{l} ist die in Betracht kommende Formel. \frac{4}{10}\,.\,\frac{4\,\pi}{10}=0,5 wird als Sinus eines Basiswinkels α = 30° aufgetragen. Indem man 10 cm als Basis nimmt und Z als Höhe aufträgt (106 = 1 cm), bekommt man ein Dreieck agh mit dem Inhalt \frac{Z}{2}. Dies wird in das flächengleiche Dreieck abd mit der Höhe q verwandelt (100 qcm = 1 cm) nach dem schon angegebenen Verfahren, ad ist dann die Sättigung B (103 = 1 cm), q ist übrigens der Luftquerschnitt für die Kraftlinien in Quadratcentimeter, l die Länge des Luftweges in Millimeter. Gibt man dem Dreieck abd statt der Höhe q die Höhe l (0,1 cm = 1 cm), so erhält man Dreieck acd und es ist a\,c\,d=\frac{q}{l}\,.\,a\,b\,d a\,c\,d=\frac{Z}{2}\,.\,\frac{q}{l}=\frac{1}{2}\ \frac{4\,\pi}{10}\,n\,.\,i. Da sin\,\alpha=0,5=\frac{4}{10}\ \frac{4\,\pi}{10}, so sind ae und ad gleich der Windungszahl n und der Stromstärke i in den entsprechendenMassstäben. Tür n gilt 250 = 1 cm, für i 0,2 Ampère = 1 cm bei Nebenschlussmaschinen. Nimmt man für i einen passenden Wert an gleich ae, so ergibt sich durch Konstruktion af = n. Fig. 3 zeigt die Ermittelung der Ampèrewindungen für das Magnetgestell. Hat man, wie eben gezeigt, B ermittelt, so greift man aus der unteren Kurve in Fig. 4 H ab und macht H statt B zur Basis des Dreiecks (10 =1 cm) a\,b\,f=\frac{H}{B}\,.\,a\,b\,d. H ist \frac{4\,\pi}{10}\,.\,\frac{n\,.\,i}{l}, also das auf die Längeneinheit bezogene \frac{4\,\pi}{10}\,n\,i. Weiter verfährt man dann genau wie bei der Ermittelung der Ampèrewindungen für Luft. Doch gilt hier für l 5 cm = 1 cm, für n und i bleibt der Massstab, wie er war. Für den Anker wiederholt sich das Verfahren; in Fig. 4 gilt die obere Kurve für Schmiedeeisen, während sich die untere auf Gusseisen bezieht. Die einmalige Durchführung dieser Konstruktionen ist nicht einfacher als die der Rechnung; dagegen zeigt sich bei jeder Wiederholung, die ja stets nötig ist, immer deutlicher, dass man beim Rechnen im Dunkeln tappt und überraschende Resultate bekommt, während man beim Zeichnen stets vor Augen hat, was man ändern muss und was man durch diese Aenderung erzielt.