Titel: Bericht über verschiedene Bauausführungen der Pariser Weltausstellung.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 213
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Bericht über verschiedene Bauausführungen der Pariser Weltausstellung. (Fortsetzung von S. 181 d. Bd.) Bericht über verschiedene Bauausführungen der Pariser Weltausstellung. IV. Das grosse und kleine Palais der schönen Künste. Wie nach allen bedeutenden Weltausstellungen, so sollen auch nach der diesjährigen einige der vorzüglichsten Ausstellungsbauwerke dauernd erhalten bleiben, um späterhin dieser oder jener öffentlichen Verwendung gewidmet zu werden. Hierher zählen seitens der im laufenden Jahre sich abwickelnden Weltausstellung in Paris u.a. die beiden Palais, welche in den Champs Elysées an der neuangelegten Avenue Nicolas II. erbaut worden sind. Letztere liegt genau in der Verlängerung der Esplanade des Invalides, mit welcher sie durch die neuerbaute, ebenfalls erst in Vollendung begriffene Seinebrücke Alexander III. in Verbindung steht. Gegen die Seine hin zieht die Avenue Nicolas II, links von der Avenue Champs Elysées abzweigend, fast genau von Norden nach Süden; hier steht von den beiden eingangs genannten Ausstellungsgebäuden das ausgedehntere, sogen. „grosse Palais“ an der rechten Seite, mit seiner Rückfront der Avenue d'Antin zugekehrt, während das zweite, seiner geringeren Abmessungen wegen kurzweg als das „kleine“ bezeichnete Palais dem grossen direkt gegenüber, links an der neuen Avenue liegt, und seine Hinterseite den Parkanlagen zuwendet, die sich gegen die Place de la Concorde hin ausbreiten. Diese beiden Gebäude sind also von den übrigen Teilen der Ausstellung gewissermassen abgetrennt und werden während des Verlaufes der Ausstellung alles zu beherbergen haben, was nur immer aus dem Gebiete der schönen Künste zur Anschauung gebracht wird. Dabei ist das grosse Palais bestimmt, die Kunstleistungen aus dem eben verfliessenden Jahrhundert und in erster Linie die modernen Bildwerke und Skulpturen in seinen weiten Räumen unterzubringen, während das kleine Palais alle älteren hervorragenden kunstgewerblichen Erzeugnisse aufnehmen soll, so dass sein Inhalt die allgemeine Kunstgeschichte von der prähistorischen Zeit bis zu Ende des 18. Jahrhunderts illustrieren wird. Wie sich aus dem Grundrisse des grossen Palais (Fig. 53 und 54) ersehen lässt, besteht dasselbe aus zwei nicht parallelen Haupttrakten, die durch einen Mitteltrakt untereinander in Verbindung gebracht sind. Der vordere, d. i. der der Avenue Nicolas II. zugekehrte Haupttrakt besitzt eine Gesamtlänge von 236,56 m und, ungerechnet den Vorsprung des Vestibüls, eine Breite von 88 m; derselbe umschliesst eine aus Glas und Stahl hergestellte, 208,90 m lange, 56,75 m breite, 36,95 m hohe Halle, deren riesige Ausdehnung noch durch einen im rechten Winkel anschliessenden, in den Verbindungstrakt eingebauten Flügel von 56,75 m Breite und 37,50 m Tiefe vermehrt wird. Nach allen drei Enden hin schliessen die Hallenschiffe mit monumentalen Stiegen ab, während ihre riesigen Bogendecken in der Mitte der Halle, wo sie zusammentreffen, zu einem flachen Kuppelbau ausgebildet sind; das Gesamtbild des Halleninneren wird sich sonach ganz ausserordentlich wirkungsvoll gestalten. Den Haupteingang zur Halle bildet ein von zwei je 14,50 m breiten, 17,00 m hohen Pylonen flankierter, von vier 12,00 m hohen dorischen Doppelsäulen getragener Portikus, der 7 m über die Fluchtder Hauptfront heraustritt und ein 34,5 m breites, 12,00 m tiefes Vestibül bildet, an das im Halleninneren rechts und links breite, zwölfstufige Treppen anschliessen, die den Aufstieg vom Hallenniveau in die 2 m höher liegenden Galerien des Erdgeschosses ermöglichen. Die Sohle der Halle und des Vestibüls liegt 2,50 m höher als das Strassenniveau und wird am Portikus einerseits durch eine 36 m breite, zwölfstufige Perronstiege oder andererseits durch eine zweiflügelige Auffahrtrampe erreicht. In den beiden Pylonen, deren Fassade durch je vier 12 m hohe jonische Säulen und reiche Skulpturen geschmückt und die zu oberst durch monumentale plastische Gruppen abgekrönt sind, befinden sich gleichfalls Prachtstiegen, die zu den oberen Galerien führen. Zu diesen Treppen kann man sowohl vom Vestibül, als auch von der Auffahrtrampe aus durch je eine Thür gelangen; an den letzteren dienen sechs Vorlegstufen zur Gewinnung des Hallenniveau und je zwölf weitere Stufen vermitteln für sämtliche vier Eingänge die Erreichung des eigentlichen Erdgeschosses. Die anschliessende Stiege zu den Galerien des ersten Stockwerkes, das um 7 m höher liegt, ist im ersten Teile einarmig mit 20 Stufen, verzweigt sich jedoch dann von einem breiten Treppenabsatze aus in zwei Arme mit je 24 Stufen. Rechts und links vom Portikus ist die Fassade aus je einer 12 m hohen Kolonnade gebildet, die an den Gebäudeenden durch Ecktürme abgeschlossen wird. Diese beiden von je 14 einzelnen, 8,50 m hohen dorischen Säulen getragenen Kolonnaden stehen 5 m vor der eigentlichen Hauptmauer, wodurch zwei offene Wandelbahnen von je 62 m Länge gewonnen sind, die mit der anstossenden Galerie des Erdgeschosses unmittelbar und durch die verschiedenen Stiegen mit der Halle und allen übrigen Teilen des Palastes in Verbindung stehen. Um in die langen Säulenreihen mehr Leben und Abwechselung zu bringen, sind in einer Anzahl Zwischenfeldern auf dem Parapet des Säulensockels monumentale, plastische Kunstwerke, nämlich Gruppenstatuen aufgestellt, und diese Felder auch noch durch zwei gigantische Urnen gekennzeichnet, die über dem Fries der Kolonnade in der Achse der beiden Säulen stehen, welche das statuengeschmückte Feld begrenzen. In dieser Weise ist von den 15 Feldern jeder Kolonnade, wie dies auch in Fig. 53 und 54 angedeutet erscheint, das 2., 6., 10. und 14. Feld mit einem grossen Bildhauerwerke geziert. Die vier Ecktürme des vorderen Gebäudetraktes haben äusserlich wieder die Form eines Portikus mit einem Rundbogenthor, das rechts und links durch abgeschrägte Pylonen und je zwei dorischen Säulen flankiert wird. Dieses Thor ist an dreien der Ecktürme durch eine Balustrade als Loggia ausgebildet und nur an der der Seine zugekehrten Seite der vorderen Hauptfassade als richtige Eingangspforte ausgeführt, zu welcher eine vorgelegte, prächtige Perrontreppe emporführt. Das Innere der vier Ecktürme bildet ein regelmässiges Sechseck, in welchem die Decke des ersten Stockwerkes, um den Blick aus dem Obergeschoss ins Erdgeschoss zu gestatten, kreisförmig offen gelassen ist. Die beiden Seitenfassaden des Vordertraktes sind bogenförmig ausgebaut, haben innerhalb der Ecktürme je 10 Fenster und in der Mitte ein monumentales mit Säulenschmuck ausgestattetes Thor, vondessen Flur aus zweiarmige Freitreppen in die Erdgeschossgalerie führen. Textabbildung Bd. 315, S. 214 Grundriss des grossen Palais. (Erdgeschoss); (I. Stockwerk). Textabbildung Bd. 315, S. 214 Fig. 55.Querschnitt ab der Cementgussdecke im Hintertrakte des grossen Palais. Textabbildung Bd. 315, S. 214 Fig. 56.Querschnitt cd der Cementgussdecke im Hintertrakte des grossen Palais. Die äussere Durchführung ist natürlich in voller Uebereinstimmung mit der Vorderfront in dem römischgriechischen Mischstil des letzteren gehalten, jedoch ohne Kolonnade. Das Gleiche gilt auch hinsichtlich der beiden siebenfenstrigen Rückseiten des Vordertraktes. Was die Galerien anbelangt, die die grosse Halle umgrenzen, so ist es wohl kaum nötig hervorzuheben, dass dieselben im ersten Stockwerke ganz ebenso verlaufen, wie im Erdgeschoss, und dass sich dieser Grundsatz übrigens auch auf die Galerien der zwei anderen Gebäudetrakte erstreckt, die zudem alle in gleichem Niveau liegen, und untereinander von Trakt zu Trakt durch weite Wandöffnungen in Verbindung stehen. Letztere können ebensowohl abgemauert oder sonstwie verschlossen werden, wenn sich während der Ausstellung oder späterhin das Bedürfnis herausstellen würde, einen oder den anderen oder etwa auch sämtliche drei Gebäudeflügel des grossen Palais getrennt für sich in Verwendung zu nehmen, für welchen möglichen Fall auch schon durch die vorhandenen Eingänge und Stiegen reichlich vorgesehen ist. Von den Galerien des Vordertraktes sind die des ersten Stockwerkes durch Oberlicht beleuchtet, das durch das Glasdach der Nebenschiffe der grossen Halle gewonnen wird, während jene des Erdgeschosses nur seitliche Fensterbeleuchtung haben. In dieser Beziehung sind natürlich die zwei Erdgeschossgalerien, welche an die Kolonnade grenzen, wesentlich benachteiligt, so dass voraussichtlich ihre Beleuchtung viel zu wünschen übrig lassen wird. Unterhalb der Galerien und Kolonnaden des ganzen Vordertraktes erstrecken sich Halbkellergeschosse; von den auf diese Weise entstandenen vier halbunterirdischen Räumen sind die zwei gegenüberliegenden durch einen Tunnel in Verbindung gebracht, der von der betreffenden Pylone des Portikus der Vorderfront ausgehend im rechten Winkel die Halle unterquert. Da infolge der Konvergenz der Avenue Nicolas II. und der Avenue d'Antin der der letzteren zugekehrte, kleine rückwärtige Trakt mit dem grossen Vordertrakte nicht parallel angeordnet werden konnte, so sind auch die beiden Fronten des verbindenden Mitteltraktes, der eine Breite von 98 m und eine mittlere Tiefe von 60,40 m besitzt, nicht gleich lang. Dieser Mangel an Symmetrie ist jedoch äusserlich vollständig unauffällig und vermag den Eindruck der beiden Seitenansichten des Palais um so weniger zu stören, als dieselben durch den Baumstand der ziemlich nahe heranreichenden Parkanlagen immer mehr oder weniger gedeckt sind. Aber auch im Inneren ist der Abgang der Symmetrie nirgends zu bemerken, weil man die Zwickelräume sehr geschickt für Garderoben, Klosets, Diensttreppen und ähnliche Nebenzwecke auszunutzen verstand. In der Mitte der 65,80 m langen Fassade des Verbindungstraktes, die den Champs Elysées zugekehrt ist, befindet sich ein Haupteingang, zu dem von der neben dem Gebäude hinlaufenden Parkstrasse eine breite Doppelstiege hinaufführt. Unter den beiden parallelen Galerien des Mitteltraktes, wovon die südliche 56 m lang und 19,25 m breit, und die nördliche ebenso breit und 64,80 m lang ist, sowie unter dem ausgemauerten, 58 m breiten, 19,80 m tiefen Gebäudeteil, der zwischen dem eingebauten Hallenflügel und dem der Avenue d'Antin zugekehrten Trakte liegt, befindet sich wieder ein Halbkellergeschoss, in welchem, gleichwie in den schon früher erwähnten Untergeschossen des Vordertraktes, verschiedene Wohnungen für die Hausbediensteten, Geschäftszimmer, Werkstätten, Magazine, Packräume, Heiz- und Beleuchtungszentralen, sowie namentlich ausgedehnte Stallungen untergebracht sein werden. Um diese für ein den schönen Künsten gewidmetes Gebäude etwas entfremdende Einrichtung von Stallungen zu verstehen, muss man sich darauf erinnern, dass das „grosse Palais“ späterhin zu den verschiedensten Ausstellungen Verwendung finden soll, also auch für Pferde- oder sonstige Tierausstellungen, gleichwie es bisher in dem von der Ausstellung 1856 stehen gebliebenen Palais de l'Industrie der Fall war, das der diesjährigen Ausstellung zum Opfer fiel und auf dessen Stelle jetzt ein Teil des neuerbauten „grossen Palais“ sich erhebt. Die im Hallenflügel errichtete monumentale Stiege führt unmittelbar ins erste Stockwerk und zwar in einen 58 m langen, 19 m breiten Saal, der für die Weltausstellung durch Zwischenwände vorläufig in eine Reihe kleiner Räume geteilt ist, späterhin aber in seiner vollen Ausdehnungfür Konzerte und ähnliche Veranstaltungen benutzt werden soll. Der dritte Trakt steht hinsichtlich seines Aeusseren wieder in vollem Einklänge mit dem Vordertrakte, nicht nur was die Seitenfassaden, sondern auch was die der Avenue d'Antin zugekehrten Fassade anbelangt, welch letztere sich von der Hauptfassade des Vordertraktes im wesentlichen nur dadurch unterscheidet, dass die jonische Kolonnade aus Doppelsäulen gebildet ist. Im ganzen hat der in Rede stehende, ein rechtwinkliges Viereck bildende Trakt eine Länge von 143,96 m und eine Breite von 42 m ohne Kolonnade, die gegen die Hauptmauer um 3 m vorspringt. Auch die innere Anordnung entspricht insofern derjenigen des grossen Traktes, als der Hofraum durch eine aus Stahl und Glas hergestellte Halle überspannt ist, die ringsum von ummauerten Aussenräumen eingefasst wird. Die Mitte der Halle ist zu einer elliptischen Rotunde ausgebildet, an deren äusseren Peripherie sich zwei symmetrisch angeordnete, monumentale Stiegenanlagen befinden, zu denen man unmittelbar nach Passierung der Vortreppe und des Eingangsthores gelangt. Siebzehn Stufen führen hier zuförderst in das Erdgeschoss (vgl. Fig. 53), wo sich der breite Treppenabsatz in zwei Arme verzweigt, die dann mittels weiterer 17 Stufen, rechts wie links das erste Stockwerk erreichen. Ganz dieselbe Stiege und Anordnung findet sich auch an der anderen Seite der Flur. Das aus acht Pylonen gebildete Innere der 44 m langen und 42 m breiten Rotunde trägt eine Kuppel von 29,60 m Länge und 28,25 m Breite; an die Rotunde schliessen sich die Lichthöfe oder Hallenschiffe an, die zwischen vier 9,80 m breiten, 36,85 m langen, vorwiegend zum Ausstellen von Gemälden bestimmten Galerien liegen, und an den beiden Gebäudeenden durch je zwei kleinere und einem grösseren Saale abgegrenzt werden. Diese Räume sind im ersten Stockwerke durch Oberlicht erhellt, im Erdgeschoss hingegen überall, wo dies möglich war, durch Fenster, sonst aber durch das Licht der Höfe, welches auf jeder Gebäudeseite durch einen 14,50 m breiten und 23 m langen Ausschnitt der Decke des Erdgeschosses nach abwärts gelangt. An jeder dieser Deckenöffnungen befindet sich eine Freitreppe, welche von der Sohle der Hallenschiffe, d. i. der Lichthöfe, direkt in das erste Stockwerk führt. Die Hauptzierde der der Avenue d'Antin zugewendeten Fassade besteht aus dem von je zwei jonischen Doppelsäulen flankierten, 5 m vorspringenden, 28 m breiten Portikus, zu dem eine prächtige, in zwei Absätzen geteilte Vortreppe mit 3 und 14 Stufen emporführt. Die sich rechts und links anschliessenden, aus je sechs Doppelsäulen gebildeten Kolonnaden sind an den beiden Gebäudeenden durch reichverzierte Pylonen oder vielmehr Ecktürme abgegrenzt, die sich auch auf den anderen zwei Ecken des Gebäudes wiederfinden. In den beiden einfach gehaltenen Seitenfronten ist es ein kräftiges Risalit, das die Flucht lebendiger gestaltet. Bei der Bauausführung des in Rede stehenden Traktes spielt die Verwendung gegossenen, armierten Mauerwerkes eine ganz hervorragende Rolle, indem sämtliche Decken der Galerien, der Säle und der Rotunde, sowie die Stiegen daraus hergestellt wurden. Das eiserne Verstärkungsgerippe für diese Cementdecken besteht aus einer den Spannweiten angepassten Anzahl parallel laufender, teilweise wie Sprengwerke, teilweise wie Hängewerke angeordneter oder auch einfach wagerecht eingelegter Schliessen aus Rundeisen, die in den Umfassungsmauern verankert eingemauert sind. Auf diesen Rundeisen, welche stellenweise wieder durch ähnliche Querschliessen verbunden werden, hängen innerhalb bestimmter Absätze längere oder kürzere Bügel aus Stangen-, Band- oder Reif eisen, deren ausgebogene Enden zur Sicherung der Verbindung zwischen Eisengerippe und Cementguss wesentlich beitragen. Fig. 55 zeigt beispielsweise den Querschnitt der Decke, welche die Galerie des Erdgeschosses und das erste Stockwerk trennt, und in Fig. 54 mit ab bezeichnet ist. Aus Fig. 55 lässt sich zugleich die Rippe der Galerie nebst der in den Lichthof reichenden Balkonkonsole ersehen, welche in lichten Abständen von je 2,85 m die Tragkraft der Decke verstärken und überall eine Breite von 0,39 m besitzen. Oberhalb bezw. innerhalb der Galerie des Erdgeschosses haben diese Rippen durchweg die Höhe von 0,50 m, unter dem 3,10 m breiten, frei tragenden Balkon erhalten sie jedoch die Form einer Konsole, indem die Höhe von 0,50 m innerhalb einer Entfernung von 1,60 m um 0,10 m abnimmt und für die weiteren 1,50 m bis zum Balkonrande nur mehr 0,40 m beträgt. Textabbildung Bd. 315, S. 216 Fig. 57.Querschnitt des Hauptschiffes der Halle. In welcher Weise das verstärkende Eisengerippe in der Cementmasse verteilt ist, lässt Fig. 55 und 56 der Hauptsache nach ohne weitere Erläuterung ersehen. Für die lediglich in die 0,14 m starke Decke eingezogenen wagerechten Längsschliessen, die je 0,40 m weit voneinander liegen, ist 13 mm starkes Rundeisen verwendet; auf den Schliessen sind etwa 0,12 m lange Bügel aus 20 × 15 mm starken Stangeneisen angebracht. Von den letzteren befinden sich in der eigentlichen Galeriedecke je vier Stück und in der Balkondecke je fünf Stück im laufenden Meter. Eine weitere Verbindung von der Galeriedecke zur Balkondecke wird durch abgebogene Schliessen ii gewonnen, die gleichfalls aus 13 mm starken, an den Enden schwalben-schwanzförmig gespaltenen Rundeisen bestehen und 0,25 m weit voneinander, normal auf die Längsachse der Galerie verlegt sind. Die Armierung der Rippe besteht zuförderst aus vier in der Hauptmauer verankerten, je 0,10 m voneinander entfernt liegenden, parallelen Fussschliessen m, die sich in der Konsole der Kontur entsprechend fortsetzen und unter dem Balkonrande schwalbenschwanzartig endigen. Genau darüber sind vier weitere Querschliessen n angeordnet, welche innerhalb der Galerierippe hängewerkartig, in der Konsole aber einfach wagerecht verlaufen. Von diesen acht aus 28 mm starken Rundeisen hergestellten Schliessen stehen die übereinander liegenden Paare durch Bügel aus 30 × 2 mm starken Reif eisen in Verbindung, die in der Galerierippe in Abständen zwischen 0,16 und 0,24 m und in der Balkonkonsolein solchen zwischen 0,14 bis 0,60 m voneinander verteilt sind. In Fig. 56 ist der Längsschnitt cd (Fig. 54) der Galerie dargestellt und zugleich jener Teil der Decke ersichtlich, welcher die auf der im Erdgeschosse zwischen Galerie und Balkon vorhandenen Scheidemauer ruhende Haupttragrippe bildet. Sämtliche stärkeren oder schwächeren Längs- und Querschliessen, sowie die kurzen und langen Bügel bestehen wieder aus den schon früher angeführten Eisensorten. Auch haben dieselben Hauptschliessen, deren Anbringung und Verteilung sich aus der Abbildung ohne weiteres ersehen lässt, in Fig. 56 die nämliche Buchstabenbezeichnung wie in Fig. 55. Textabbildung Bd. 315, S. 216 Fig. 58.Querschnitt der Konstruktion des Hallengesperres. Alle aus armiertem Cementmauerwerk hergestellten Stiegen und Decken sind natürlich den sorgfältigsten Festigkeitsproben unterzogen worden und hat man hierbei je nach der möglichen äussersten Ausnutzung Belastungen von 500, 750 und 1000 kg pro Quadratmeter in Anwendung gebracht, für welchen Zweck mit Sand gefüllte, 1 m lange Säcke von je 50 kg Gewicht zur Verfügung standen. Bei den. engeren Proben wurden die besagten Belastungen sowohl gleichmässig verteilt angewendet oder lediglich auf den Gurtenmitten oder im Feldmittel zwischen zwei Gurten (Rippen) u.s.w. angebracht, und waren in dieser Richtung den Bauunternehmungen genaue, strenge Bedingungen auferlegt. Bei den mit 500 kg pro Quadratmeter vollzogenen Belastungsproben der Decke (Fig. 55 und 56) wurde beispielsweise nach 24stündiger Einwirkung der in der Mitte des Feldes hinterlegten Last eine vorübergehende Einsenkung von 2,4 mm und eine bleibende Einsenkung von 0,5 mm festgestellt. Bei derselben Belastung des Balkonrandes ergab sich eine Senkung von 1,9 mm am Rande und eine Erhöhung von 0,7 mm in der Mitte des Balkons, so dass die thatsächliche Senkung sich auf 1,2 mm belief. Textabbildung Bd. 315, S. 217 Fig. 59. Montagegerüste für das Hauptschiff der Halle (Vorderansicht).Fig. 60. (Seitenansicht). Bei einer Probe des Rundganges zwischen zwei Pfeilern der Rotunde, wo eine Belastung von 1000 kg pro Quadratmeter angewendet wurde, betrug die vorübergehende Senkung 3,7 mm und die bleibende 0,4 mm.Gleichwie in den soeben angeführten Beispielen sind auch sonst in keinem einzigen Falle hinsichtlich der Deckeneinbiegungen und bleibenden Senkungen irgendwie Ueberschreitungen der Baubedingungen zu Tage getreten, sondern dieselben blieben vielmehr in der Regel weit innerhalb der aufgegebenen bezw. erforderlichen Sicherheitsgrenzen, so dass der mit dem armierten Cementgussmauerwerk beim „grossen Palais“ erzielte Erfolg vorläufig geradezu als ein glänzender angesehen werden darf. Als eine ganz ausserordentliche Leistung aus dem Gebiete der modernen Hochbaukonstruktionen ist die Ausstellungshalle im Vordertrakte des „grossen Palais“ anzusehen, deren Detailausarbeitung und Trägerquerschnittberechnung nach vorausgegangener Feststellung des Lageplanes und der hauptsächlichsten Höhenabmessungen dem Konstruktionsbureau der hervorragenden Pariser Firma Moisant, Laurent, Savey und Co. aufgegeben worden war. Für die Bauausführung selbst hatten später drei Unternehmungen günstige Angebote gestellt, nämlich neben der eben genannten noch die Firma Daydé, Pillé und Co. und die Société de Ponts et Traveaux en fer. Um keine dieser Firmen zurückzulassen, und wohl auch um eine beschleunigte Arbeitsdurchführung zu ermöglichen, wurde die Gesamthalle in drei Teile geteilt und die letzteren sodann verlost. Auf diesem Wege ist der linke Flügel des Hauptschiffes der grossen Halle der zuerst angeführten Firma, das Querschiff der zweitgenannten und der linke Hauptschiffflügel der zuletzt bezeichneten Firma zur Ausführung zugefallen. Die schon aus Fig. 53 und 54 ersichtlich gewesenen Ausmasse der Hallenweiten sind im Querschnitte des Hauptschiffes (Fig. 57) des näheren gekennzeichnet, ebenso wie die Höhenverhältnisse. Die innere Spannweite der Hallengespärre, welche aus 9 bis 12 mm starken Stahlblechen hergestellt und in Abständen von je 12 m voneinander aufgestellt sind, beträgt 45 m, die äussere Spannweite 56,75 m, und die Höhe von der Hallensohle bis zum Bogenscheitel 36,95 m. Die behufs Verteilung des Druckes auf Betonblöcke gestellten Doppelpfeiler haben von der Hallensohle bis zum Bogenanlauf eine Höhe von 14,95 m und stützen einen Fachwerksbogenträger, der im ersten Sechstel der Ueberspannung den Radius von 23,7625 m besitzt, dann aber durch einen Scheitelbogen von 22,00 m Halbmesser abgeschlossen wird, dessen Mittelpunkt in der Hallenachse um 0,9125 m höher liegt, als der des Anlaufbogens. Die Trägerwölbung erhält auf diese Weise eine Verflachung von 85 cm, welche natürlich in Anbetracht der riesigen Spannweite und Höhe der Halle nicht wahrnehmbar ist, und die Decke lediglich vollkommen halbkreisförmig erscheinen lässt. In Fig. 57 sind auch die für bestimmte Querschnitte berechneten, äussersten Belastungen durch die mit kg bezeichneten Ziffern in Kilogramm ausgewiesen, und in Fig. 58, wo das halbe Gespärre in vergrössertem Massstabe dargestellt wird, sind die Querschnitte der verschiedenen Konstruktionsteile sowohl ihrer Form und Anordnung als ihren Abmessungen nach näher ersichtlich gemacht. Die sämtlichen Pfeiler erhalten reich verzierte, im Stile der Fassaden durchgeführte Betonverkleidungen, so dass die Hallenenfiladen einen in der That prächtigen Anblick gewähren werden; nichtsdestoweniger lässt sich ein gewisses Bedauern nicht verwinden, wenn man überlegt, welche Menge interessanter Lösungen und bewunderungswerter Durchführungen der Konstrukteure hierdurch der weiteren Beobachtung und Würdigung entzogen wird. Anlässlich der Herstellung des linksseitigen Schiffes der Haupthalle scheinen für die Montage keine anderen Hilfsmittel angewendet worden zu sein, als die gewöhnlichen fahrbaren Holzgerüste und durch Dampf lokomobilen betriebene Winden und Krane bekannter Anordnung. Auf der anderen Seite der genannten Halle sind aber seitens der Firma Moisant, Laurent, Savey und Co. sehr vereinfachte Montagegerüste angewendet worden, die sich vermöge ihrer sinnreichen Anordnung vorzüglich bewährt haben, indem sie nicht nur ein stetiges, rasches Fortschreiten der Arbeiten ermöglichen, sondern dieselben auch wirtschaftlich günstig gestalten. Die betreffenden Gerüstanlagen (Fig. 59 und 60) bestehen aus drei Teilen, nämlich aus zwei 32,28 m hohen, äusserst schmalen, hölzernen Fachwerkstürmen T1 und T2 (Fig. 59), die 23 m weit auseinander stehen und gegenseitig durch eine als Arbeitsboden dienende Brücke B verbunden, sowie durch vier Drahtseile a im Boden der Halle verankert sind. Das dritte, breitere Krangerüste, dessen Seitenansicht Fig. 60 zeigt, steht auf einem Balkenroste RR, der auf fünf Fahrschienen s in der Richtung der Längsachse des Hallenschiffes sich beliebig vorwärts oder rückwärts bewegen lässt; es steht aber auch auf einem Wagen WW, der sich auf dem Untergestellsroste über quer, d.h. senkrecht auf die Längsachse des Hallenschiffes in einem Schienengeleise verschoben werden kann. Es ist sonach möglich, den in Rede stehenden Montageturm an jede beliebige Stelle der Halle zu bringen. Die Wahl der Arbeitsstelle wird ferner noch dadurch erleichtert, dass der Kran selber sich auf einem Wagen ww befindet, der im stände ist, auf der Schienenbrücke SS eine seitliche Bewegung von etwa 8 m vorzunehmen, und dass endlich durch eine auf dem Untergestellsroste RR errichtete Art von Drehscheibe ein vollständiges oder teilweises Drehen des Krangerüstes vorgenommen werden kann. Um übrigens ohne Aenderung des Aufstellungsortes das Arbeitsfeld des Hebezeuges günstig erweitern und wechseln zu können, ist ausser der ebenerwähntenSeitenbewegung des Kranwagens ww auf SS noch eine Drehbewegung des Auslegers K um etwa 60° möglich und ebenso eine Verschiebung des Angriffspunktes der Last auf dem Tragbalken des Kranes innerhalb eines 6 m betragenden Spielraumes, indem der Flaschenzug Z auf einem beliebig verstellbaren Schlitten hängt. Man hatte natürlich die Aufstellungsarbeiten damit begonnen, dass man die Pfeiler zunächst der einen Mauerflucht an ihre Plätze brachte und von Feld zu Feld mit den zugehörigen Verbindungsbögen oder Pfetten versah; am Rückwege des Montagegerüstes wurden dann die Bogenstücke m1m2 (Fig. 59) angefügt und hinterher gleich wieder die bezüglichen Pfetten eingezogen. Nach Vollendung dieses Bogenanschlusses kam in gleicher Weise das Stück m2m3 an die Reihe. Derselbe Vorgang wurde nunmehr auf der anderen Wandseite der Halle eingehalten. Alle diese Arbeiten und das Heben der Konstruktionsteile geschah dabei lediglich mit Hilfe des Krangerüstes, und erst nachdem die Gespärrbogen so weit ausgeführt waren, wie es Fig. 59 darstellt, kamen auch die zwei schmalen Gerüsttürme T1 und T2 zur Mitwirkung. Dieselben sind nämlich mit Schraubenböcken ausgerüstet, auf welche das Scheitelstück des Deckenbogens, das den Abschluss zwischen den beiden Verbindungsstellen m3 zu bilden hat, durch den Kran gebracht wird, damit man sie dann mittels dieser Schrauben in aller Genauigkeit auf jene Höhe heben kann, die erforderlich ist, um beiderseits die Verbindung genau durchzuführen. Textabbildung Bd. 315, S. 218 Fig. 61. Gerüste für die Kuppelmontierung.Fig. 62. Querschnitt des Ringgerüstes Q.Fig. 63. Seitenansicht des Treppengerüstes Z.Fig. 64. Querschnitt des Kranes bei CD. Ganz riesige Abmessungen musste das Gerüste für die Kuppelmontierung (Fig. 61) erhalten, da hier die Gespärre eine Höhe von 44,152 m und eine Spannweite von 70,6 m besitzen. Ein im Mittelpunkte der Kuppel errichteter, 5,5 m im Geviert messender, 47,9 in hoher Turm P aus Holzfachwerk trägt den Kran, dessen zweiarmiger, um eine Drehachse beweglicher Tragbalken auf der Tragseite 28 m, auf der anderen Seite 9 m Ausladung besitzt. Weiter ist ein 4,20 m breites, 38,9 m hohes, von der Kuppelachse 15,60 bezw. 19,80 m abstehendes, ringförmig ausgeführtes Montagegerüst Q vorhanden, das in der Höhe von 35,10 m einen 36,36 m breiten Betriebsboden trägt. Am äussersten Rand dieses ringförmigen Gerüstes befindet sich ein im Kreise angeordneter Schienenstrang, welcher die Fahrbahn für einen zweiräderigen, mit dem tragenden Ausleger des Kranes fest verbundenen Bockes (Fig. 61 und 64) bildet, derart, dass mit Hilfe dieses Laufgestelles und der früher erwähnten, in der Kuppelachse liegenden, fixen Drehachse des Krans, der letztere in einem vollen Kreise herumbewegt werden kann. Der zweite, d. i. der nichttragende Arm des Krans hat dabei nur die Aufgabe, dem tragenden als ausgleichendes Gegengewicht zu dienen und ist zu diesem Behufe durch Eisenbahnschienen entsprechend belastet. Auf dem eben in Betracht gezogenen fahrbaren Untergestelle des Krans befindet sich eine Handwinde, die sowohl zum Antreiben eines kleineren Flaschenzuges benutzt werden kann, der zum Richten der Versetzstücke dient, als zum Weiterbewegen des Tragbalkens, d.h. zum Drehen des Krans. Das Aufhissen der Werkstücke erfolgt mittels zweier amFusse des Mittelgerüstes aufgestellter, durch eine Dampflokomobile angetriebener Winden. Ein drittes, 4 m im Geviert messendes, 33 m hohes turmartiges Montagegerüste Z, das bei der Aufstellung der Widerlagspfeiler für die Kuppelgespärre benutzt war, befindet sich vom mittleren Gerüste 28,95 m, und vom ringförmigen Gerüste 12 m entfernt, steht aber mit beiden durch Querböden und Stiegen in Verbindung und dient für die eigentliche Kuppelmontierung im wesentlichen nur mehr als bequemes Treppenhaus für die auf und nieder steigenden Arbeiter und als Transportweg für das Kleinmaterial. Es erübrigt hier noch beizufügen, dass die Kuppel, für die uns leider keine zeichnerischen Unterlagen zur Verfügung stehen, noch durch einen 18 m hohen Turm (Campanila) überbaut sein wird, and dass für dieses immense Bauwerk nicht weniger als 6000 t Stahl erforderlich sind (vgl. Engineering vom 2. März 1900, S. 284), welcher Umstand es auch erklärt, warum die Herstellung dieses Hallenteiles einigermassen zurückgeblieben ist. (Schluss folgt.)