Titel: Die neuesten amerikanischen Monitors.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 384
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Die neuesten amerikanischen Monitors. Die neuesten amerikanischen Monitors. Gelegentlich des Kuba'schen Krieges hatte die Regierung der Vereinigten Staaten von Nordamerika beschlossen, vier gepanzerte, nach einer neuen Bautype auszuführende Schlachtschiffe Namens „Arkansas“, „Connecticut“, „Florida“ und Wyoming herstellen zu lassen, wovon die drei zuerst angeführten für den Dienst im Atlantischen Ozean, das vierte aber für den Stillen Ozean bestimmt wurden. Ihr Preis – ohne Armierung – schwankt zwischen 825000 und 875000 Dollars, und sie sollen vertragsmässig innerhalb einer Bauzeit von 27 Monaten fertig gestellt sein. Hinsichtlich ihrer Bauart wurde weniger auf bequeme Raumeinteilung, auf Leichtbeweglichkeit, Schnelligkeit oder sonstige nautische Vorzüge Gewicht gelegt, als auf Offensiv- und Defensivstärke; sie nähern sich in dieser Beziehung den schwimmenden Batterien, die bekanntlich dazu berufen sind, für gewöhnlich in der Nähe eines Operationszentrums zu verharren, und die also das Meer eben nur zu durchschiffen brauchen, um von einem Hafen in den anderen zu gelangen. Bei stark bewegter See und bei ungünstigen Winden kann der grösste und leistungsfähigste Teil ihrer Artillerie nicht zur Verwendung kommen, und das Schiff bleibt seiner unzureichenden Manövrierfähigkeit halber ohne Nutzen. Hingegen besitzen diese Kriegsfahrzeuge bei einem mittleren Seegang und bei ruhiger See unleugbar einen ganz bedeutenden militärischen Wert, namentlich zum Angriffe von Küstenbefestigungen oder zur Hafenverteidigung, und in der That können sie bei zweckmässiger Verwendung selbst Schiffen von viel höherem Tonnengehalt mit Erfolg die Spitze bieten. Ihrer Ausführungstype nach gehören die vier in Rede stehenden Panzerschiffe in die Gattung der Turmschiffe, eine Bauart, die ja in den Vereinigten Staaten von Nordamerika im Jahre 1861 anlässlich des Krieges mit den Südstaaten vom Ingenieur Ericson geschaffen wurde, und die neuestens eben in ihrer Heimat wieder besonders in Aufnahme begriffen ist. Anfänglich hatten diese amerikanischen „Monitors“ lediglich einen Turm mit zwei 38 mm-Geschützen; es war dies die sogen. Ajaxtype. Spätere Monitors mit zwei Türmen und vier 25 mm-Geschützen nach der Type Amphitrite sind beiläufig 15 bis 20 Jahre alt und kürzlich einem vollständigen Umbau unterzogen worden. Ihre Kessel sind verbessert, die Leistungsfähigkeit der Maschine ist gesteigert worden, und die Türme wurden höher gemacht. Aehnlich hat man auch den in die Kategorie der zweitürmigen Monitors gehörigen „Puritan“, welcher aus dem Jahre 1882 stammt und dessen Deplacement 6150 t, d. s. 2200 t mehr als bei den älteren Typen beträgt, vor vier Jahren umgebaut und derselbe bildet nunmehr mit seinen zwei durch 35 cm starke Stahlpanzerungengesicherten Türmen, mit seiner ebenso starken Deck- und Bordpanzerung und mit seiner Artillerie, welch letztere aus vier 305 mm-Geschützen mit 280gradigem Schussfelde, ferner aus sechs durch Schildpanzer geschützte 100 mm-Schnellfeuerkanonen und aus vier 47 mm-Geschützen besteht, ein mächtiges Kriegsfahrzeug. Diesem eben geschilderten Monitortypus kommt ferner der Küstenkreuzer „Monterey“ sehr nahe, welcher vor ungefähr 10 Jahren erbaut wurde; derselbe besitzt 4000 t Deplacement und eine Geschwindigkeit von 14 Knoten. Sein Deck- und Rumpfpanzer besteht aus 32 cm starken Platten und die Panzerung der Türme besitzt eine Stärke von 33 cm. Der Stand an Geschützen umfasst zwei Stücke zu 300 mm in dem vorderen Turm, zwei Stücke von 250 mm im hinteren Turm und im übrigen sechs Stück 57 mm- und vier Stück 37 mm-Schnellfeuerkanonen, sowie schliesslich noch zwei Mitrailleusen. Textabbildung Bd. 315, S. 384 a Geschütze zu 305 mm, b Geschütze zu 102 mm, c Geschütze zu 57 mm, d Geschütze zu 37 mm. Die neuen, eingangs genannten Monitors vom Typus Arkansas (Fig. 1 und 2) können, wie Ingenieur Hachbert im Le Génie civil berichtet, als eine verkleinerte Wiedergabe des „Monterey“ angesehen werden. Ihr Deplacement beläuft sich nur auf 2700 t; ihre Länge beträgt 68,57 m an der Wassertracht mit Inbegriff eines Schiffsschnabelpanzers, der unterhalb des Wassers vorsteht. Ihre Breite beträgt 15 m; ihr Tiefgang ist im Verhältnisse zur Normalverdrängung von 2700 t sehr gering, nämlich 3,80 m, damit den Schiffen auch der Verkehr in seichterem Fahrwasser, wie beispielsweise im Golfe von Mexiko und in der Nähe von Küsten möglich sei. Der ganze Rumpf ist aus Stahl; ein doppelter Boden erstreckt sich über die ganze Länge des Schiffes, dasselbe in der Höhe des unteren Panzergürtelrandes vom Kielraume abschliessend. Unter den Kesseln ist dieser doppelte Boden dazu verwendet, das Speisewasser, etwa 50 t, aufzunehmen, wodurch die Hitze in dem Kesselraume wesentlich herabgemindert wird. Aehnlich wie bei den gewöhnlichen Monitors vereinigt sich die Panzerung des durch einen aus Eichenholz hergestellten Rahmen abgegrenzten Verdeckes an den Kanten glatt mit der Panzerung der Schiffswände. Die Deckpanzerung ist aus zwei je 19 mm starken Plattenlagen gebildet, von denen die untere aus Bessemer- und die obere aus Nickelstahl besteht. Die Höhe des Deckbordes über dem Wasserspiegel beträgt nur 77 cm, im Vorderteile N ist jedoch der Bord schanzenartig bis auf 1,80 m erhöht. Auf dem Vorderdeck erhebt sich der mit zwei 305 mm-Geschützen versehene Vorderturm t. Etwas weiter zurück ist der mittlere Oberbau, das Blockhaus oder der Hauptturm p, auf der Kielmauer aufgeführt, einen für sich völlig unabhängigen Bau von fünfeckigem Grundrisse bildend; hier sind die Wohnräume der Offiziere, die Wachtlokale der Schiffsmannschaft, die Küche, die Waschräume u.s.w. untergebracht. Die Zwischenbrücke trägt die vier 102 mm-Schnellfeuergeschütze b. Auf dem vom Blockhaus gebildeten obersten Deck erheben sich ganz vorne die Kommandobrücke (das Kartenhaus) k, dahinter der Schlachtenmast m und noch etwas weiter zurück der Schornstein s; ferner befinden sich daselbst die Ruderboote und drei 57 mm-Geschütze c. Alle vier Schiffe sind, um bei ihnen die Heftigkeit der Schwankungen während der Bewegungen auf dem Meere abzuschwächen, mit Schlingkielen versehen. Der stählerne Panzergürtel des Rumpfes ist rings 1,50 m hoch und seine Stärke beträgt in der Mitte von Steuer- und Backbord im oberen Teile 280 mm und an der Basis 125 mm, an dem vorderen und rückwärtigen Schiffsende hingegen im oberen Teile bloss 125 mm und an der Basis 78 mm. Das Blockhaus ist auf 78 cm gepanzert; die zu Deck führenden Seile und sonstigen Tauverbindungen liegen in Schutzrohren von 75 mm Wandstärke. Was endlich den Turm t anbelangt, so beträgt die Dicke der Panzerung an seinen beweglichen Teilen 250 mm und an seinen festen Teilen 280 mm. Zur Artillerie des Schiffes gehören zwei 305 mm-Geschütze a im vorderen Turm t mit 300° Schussfeldwinkel, vier mit Schildpanzer versehene 102 mm-Geschütze b, von denen je eines an den vier Ecken des Zwischendecks im Blockhause aufgestellt ist, ferner aus drei 57 mm-Schnellfeuerkanonen c, die ihren Platz auf dem Oberdeck haben und endlich aus vier automatischen, in der Schanze desSchlachtenmastes m untergebrachten 37 mm-Schnellfeuerkanonen d. Die Schiffsdampfmaschinen, zwei an der Zähl, sind senkrecht angeordnet, mit dreifacher Expansion versehen, und in einem absolut wasserdichten Raume untergebracht. Die Cylinder haben 432 mm, 668 mm und 1020 mm Durchmesser mit einem gemeinsamen Kolbenhub von 610 mm. Die Gesamtleistung beläuft sich bei 200 Umdrehungen auf ungefähr 2400 PS. Die vorgesehene Fahrgeschwindigkeit ist 11,5 Knoten. Zur erforderlichen Dampfgewinnung sind vier auf einen Druck von 17,5 kg geprüfte Röhrenkessel vorhanden, deren gesamte Rostfläche 18,6 qm beträgt und die eine gemeinsame Heizfläche von 817 qm besitzen. Der normale Kohlenbedarf stellt sich auf 200 t, bei aussergewöhnlicher äusserster Beanspruchung der Maschinen erhöht sich der Verbrauch an Kohle jedoch bis aufs Doppelte. Alle Einrichtungen wurden so praktisch als möglich getroffen und auf diese Weise hatte selbst jeder Komfort Berücksichtigung gefunden, insoweit sich ein solcher mit dieser Gattung Schiffe nur überhaupt verträgt. Die vorderen Luken sind ziemlich hoch angebracht, um sie auf der Fahrt selbst bei mittelstarken Winden noch offen halten zu können. Bei ungünstigen Winden und heftigem Seegang müssen sie allerdings geschlossen werden. Die Lüftung wird in solchen Fällen durch Ventilatoren besorgt, indem der Schaft des Schlachtenmastes m zur Einführung frischer Luft dient, während die Innenluft durch den hohlen Essenmantel s ihren Abzug findet. Die Haupt Ventilatoren, welche die Luft für die Maschinenräume und die Heizräume liefern, sind durch eigene 1,20 m über das Hauptdeck sich erhebende Panzernischen geschützt. Elektrizität ist zur Beleuchtung, zum Drehen des Turmes t und der Geschütze, für die Aufzüge und Munitionsfördermaschinen, für den Betrieb der Ventilatoren u.s.w. zur Verwendung gekommen. Die Rohrleitungen für den Dampf konnten also auf ein Minimum herabgesetzt werden, so dass sich dieser Umstand auch hinsichtlich einer erträglichen Temperatur im Schiffe günstig zur Geltung bringen kann. Ein elektrischer Scheinwerfer w1 ist an der Hinterseite des Verdeckes am Blockhause p, ein anderer w2 am Schlachtenmaste m angebracht. Den für sämtliche elektrische Einrichtungen erforderlichen Strom liefern vier Dynamomaschinen von 400 Ampère und 80 Volt. Zur nautischen und militärischen Schiffsbedienung sind für jeden Monitor 131 Mann in Aussicht genommen.