Titel: Feuersichere Baukonstruktionen.
Autor: Gustav Rauter
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 220
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Feuersichere Baukonstruktionen. Von Dr. Gustav Rauter. (Schluss von S. 206 d. Bd.) Feuersichere Baukonstruktionen. II. Die Pfeiler-, Wand-, Treppen- und Dachkonstruktionen aus Ziegel, Eisen und Cement. Nachdem wir nunmehr die Deckenkonstruktionen aus Stein, Eisen und Cement haben kennen lernen, so bleibt uns über die anderen feuersicheren Baukonstruktionen aus dem nämlichen Material nicht mehr viel zu sagen übrig. Auch hier gilt der Grundsatz, dass Eisen an sich nicht feuersicher ist, sondern dass es mit einem passenden Feuerschutz umgeben sein muss. Zwar ist auch der Vorschlag gemacht worden, einen Schutz von eisernen Pfeilern u.s.w. dadurch zu erzielen, dass man diese als Röhrenleitungen anlegt und beim Ausbruch eines Brandes Wasser hindurchleitet (vgl. Stahl und Eisen, 1898 S. 906 Anmerkung). Jedoch hat man von der Ausführung dieses, etwas abenteuerlichen Vorschlages nichts gehört. Von den im ersten Kapitel aufgeführten Konstruktionen lässt sich natürlich eine ganze Menge auch zu den hier in Frage kommenden Bauzwecken verwenden; es lohnt indessen nicht, hier wieder eine solche Einzelaufstellung zu machen, wie sie dort gegeben ist, da eine solche natürlich im wesentlichen eine Wiederholung des bereits Gesagten sein würde. Der beste Baustoff wäre auch hier gutes Ziegelmaterial und dies nimmt natürlich, im Gegensatz zu den Deckenkonstruktionen, bei der Herstellung feuersicherer Wände den ersten Platz ein. Dagegen sind Pfeiler aus Ziegeln, dort wenigstens, wo es sich um Deckenunterstützung handelt, nicht so sehr beliebt, weil sie bei der bedeutend geringeren Tragfähigkeit der Ziegel dem Eisen gegenüber einen zu grossen Raum wegnehmen. Für Treppenkonstruktionen sind Ziegel ebenfalls wenig gebräuchlich, mit Ausnahme von einigen Ziegelkonstruktionen, die auch für die Verwendung flacher Decken dienen, und bei denen ein eigentliches Gewölbe nicht gebildet wird. Bei den Dachkonstruktionen sind schliesslich Mauerziegel noch weniger gebräuchlich. Im allgemeinen glaubt man hier der Feuersicherheit durch Anordnung eines eisernen Drahtstuhles und durch die Aufbringung harter Deckung Genüge geleistet zu haben. Textabbildung Bd. 317, S. 220 Fig. 100. Stahlpfeiler mit sogen. Terrakottasteinen ummantelt.Fig. 101. Umkleidung eines Unterzuges.Fig. 102. Larimersäule, von Formsteinen umgeben. Um nun zunächst mit der Aufzählung der Konstruktionen aus Eisen und Backstein zu beginnen, so geben wir in Fig. 100 den Querschnitt durch einen Stahlpfeiler, der mit sogen. Terrakottaformsteinen ummantelt ist. Derartige Pfeiler sind in Chicago baupolizeilich vorgeschrieben. Diese Vorschrift besagt, dass bei der Errichtung von Warenhäusern mit leicht brennbarem Inhalt die Stützen entweder eine allseitige Umhüllung von feuerfesten Steinen in der Stärke von 21 cm, oder eine doppelte Umhüllung von feuerfesten Hohlsteinen haben müssen. Von letzteren müssen die hart gebrannten wenigstens 6½ 1 cm, die porösen mindestens 5 cm stark sein. Aehnlich sind auch die Unterzüge zu umhüllen. Fig. 101 stellt eine derartige vorschriftsmässige Umkleidung eines Unterzuges dar. Vielfach gebräuchlich sind in Amerika auch die sogen. Larimersäulen, die aus steggeknickten -Eisen bestehen, die unter Vermittelung eines schwächeren -Eisens mit nur einer einzigen Nietreihe zusammengehalten werden. Diese Larimersäulen sind übrigens keine ausschliesslich amerikanische Erfindung, sondern bereits im Jahre 1866 durch den deutschen Baumeister Riedele in Paris angewandt worden. Sie haben sich dort bei dem grossen Brande im Jahre 1871 aufs beste bewährt. Fig. 102 zeigt eine solche Larimersäule, von Formsteinen umgeben. Letztere werden hier noch durch Stahlklammern zusammengehalten, so dass sie auch gegen das Auseinanderfallen nach dem Auftreten von Sprüngen besser geschützt sind. Die drei hier angeführten Konstruktionen erfordern die Anfertigung besonderer Formsteine und haben sich daher in Europa, wo man in dieser Beziehung noch nicht so weit ist, wie in Amerika, kaum eingebürgert, während sie in Amerika die allerausgedehnteste Anwendung finden. Man hat sich hierzulande im allgemeinen begnügt, wenn man Stützen aus Eisen und Stein herstellen wollte, die Steine zu nehmen, wie sie eben das Normalformat bietet, und sie den Umständen entsprechend zu verhauen. Natürlich ist dies erstens eine ziemliche Verschwendung an Baustoff, zweitens verlangt es einen starken Aufwand an sehr sorgfältiger Arbeit, und drittens leidet auch die Festigkeit der Steine ziemlich stark durch diese nachträgliche Bearbeitung mit dem Hammer. Aus diesen Gründen wendet man auch mit Backstein durchmauerte Stützen nur selten an und zieht es vor, die Stützen mit einem der zahlreichen Stoffe zu umkleiden, die dazu bestimmt sind, sie vor dem Angriffe des Feuers zu bewahren, ohne selbst ein eigentlicher Bestandteil der Baukonstruktion selbst zu sein. Feuersichere Wände können mittels einer ganzen Reihe der im vorigen Kapitel genannten Konstruktionen hergestellt werden. Man spannt die Steine u.s.w. dann eben in ein Eisenfachwerk ein, statt in ein Gitter aus Trägern. In D. p. J. 1901 316 585 (Fig. 15) war bereits die Konstruktion einer derartigen Wand aus Omegasteinen dargestellt, nur dass die dort abgebildeten Omegasteine nicht die neueste Form hatten, sondern noch ohne einen Steg im Inneren waren (vgl. Fig. 19). Natürlich wird es sich bei der Konstruktion von Wänden mit derartigen Steinen ebenfalls empfehlen, die Wandfläche mit dem äusseren Trägerflansche bündig zu legen, und zu diesem Zwecke den eisernen Balken entlang ausgeklinkte Steine zu verwenden. Die meisten zu diesem Zwecke hergestellten Formsteinsysteme haben ja auch besondere ausgeklinkte Anfängersteine. Textabbildung Bd. 317, S. 221 Fig. 103. Stolte's Stegcementdielen. Eine Wand aus Stolte's Stegcementdielen stellt Fig. 103 dar. Und zwar ist hier gezeigt, wie derartige Cementdielen in die das Gerippe der Wand bildenden -Eisen eingeschoben werden, und wie eine Eckverbindung damit hergestellt wird. Natürlich wird man da, wo auf Feuersicherheit Anspruch gemacht wird, die -Eisen noch besonders schützen müssen. Im übrigen vgl. wegen Stolte's Stegcementdielen Fig. 57. Besonders empfohlen für Wandkonstruktionen wird auch eine Abänderung der Stolte'schen Stegcementdielen, bei der die Bandeisen über die Diele hinausragen und so im Verein mit senkrecht verlaufenden Bolzen ein Gitterwerk bilden. Eine derartig vergitterte Wand (D. R. G. M. Nr. 26639) kann in Längen bis zu 20 m ohne Hilfskonstruktionen aufgestellt werden und soll sogar als tragende Wand benutzt werden können. Fig. 104 und 105 zeigen einen Querschnitt und eine Ansicht einer derartigen Wand. Textabbildung Bd. 317, S. 221 Vergitterte Wand. Auch zu Dachdeckungszwecken werden die Stolte'schen Platten benutzt und zwar werden hier namentlich Bimssteincementdielen empfohlen, die sowohl leicht sind, als auch sich beliebig nageln, bohren und sägen lassen. Fig. 106 gibt einen Teil der Konstruktion eines Sägedaches wieder, wie sie mit Hilfe dieser Dielen ausgeführt sind. Selbstverständlich ist die hier gezeichnete Konstruktion nur unverbrennlich, aber nicht feuerfest, da das ganze sie tragende Eisengitterwerk frei liegt. Ueberhaupt tritt es bei der Verwendung feuersicherer Deckenkonstruktionen als Dachkonstruktionen leicht ein, dass die ihnen ursprünglich eigene Feuersicherheit verloren geht, so dass sie dann nur bei solchen Räumen zu verwenden sind, die entweder leer stehen, oder doch keinen brennbaren Inhalt bergen. So zeigt auch Fig. 107 eine Dachkonstruktion aus Beton zwischen -Trägern. Eine Konstruktion, die aber offenbar für den Zweck, als blosse Bedachung zu dienen, viel zu schwer ist, und die bei gänzlichem Freiliegen der Eisenkonstruktion doch nicht feuersicher ist. Textabbildung Bd. 317, S. 221 Fig. 106. Sägedach mit Stolte'schen Platten.Fig. 107. Dachkonstruktion aus Beton zwischen -Trägern.Fig. 108. Dachkonstruktion nach dem Spiraleisen-Betonsystem. Besser ist es schon, die in Fig. 108 dargestellte Konstruktion, bei der es noch eher möglich ist, die hier freiliegenden, an Massen viel geringeren Eisenteile zu schützen. Diese Figur stellt eine Dachkonstruktion nach dem sogen. Spiraleisen-Betonsystem dar (vgl. Fig. 81 und 82), bei der die Zugstangen der Wirkung eines Brandes frei ausgesetzt sind, und bei der diese erst eine entsprechende Verkleidung erhalten müssten, wenn die Konstruktion als feuersicher gelten sollte. Dagegen ist die in Fig. 109 und 110 dargestellte Dachkonstruktion nach dem System Kleine (Fig. 29 bis 31) thatsächlich feuersicher, wenn auch ziemlich schwerfällig. Sie besteht aus der zwischen -Trägern in gewöhnlicher Weise gespannten Kleine'schen Decke und aus darauf aufgesetzten Betonrippen, die eine Flachschicht aus gewöhnlichen Hohlsteinen tragen. Textabbildung Bd. 317, S. 221 Dachkonstruktion nach dem System Kleine. Feuersichere Wände werden nach System Prüss dargestellt, indem man Bandeiseneinlagen von oben nach unten durchgehen lässt. Diese Bandeiseneinlagen sind durch andere, wagerecht gespannte Bandeisen zu einem Netze versteift. Eine solche Wand (D. R. P. Nr. 113048 und 113077, sowie D. R. G. M. Nr. 147759 und 147865) ist in Fig. 111 dargestellt. Die durch die Bandeisen gebildeten Fächer werden entweder mit besonderen Formsteinen ausgemauert, wie deren in dieser Figur zwei Arten dargestellt sind, oder sie werden auch mit gewöhnlichen Ziegelsteinen ausgesetzt. Als Mörtel dient Cementmörtel. Da die Bandeisen sich nur im Inneren der Wand befinden, so ist sie feuersicher, und da sie an den Trägern aufgehängt sind, so belastet sie die darunter befindlichen Decken u.s.w. nicht. Textabbildung Bd. 317, S. 221 Fig. 111. Feuersichere Wand nach System Prüss.Fig. 112. Freitragende Wand nach Donath. Die freitragende Wand nach Julius Donath (Fig. 112) besteht aus porösen, 10 cm starken Hohlsteinen und enthält zwischen den unteren Steinschichten je nach Länge und Höhe 5 bis 6 mm starke Rundeiseneinlagen. Sie enthält ferner bei einer Länge von 10 m und einer Höhe von 5 m ein einfaches seitliches Hängewerk, das ebenfalls aus dünnen Band- oder Rundeisen besteht. Sie sind ebenfalls feuersicher und belasten die darunter befindlichen Konstruktionen nicht. Etwas Aehnliches ist die hängende Wand nach Reiss (D. R. P. Nr. 99511), bei der Drähte, die ähnlich wie die Bandeisen in Fig. 111 verlaufen, eine daran aufgehängte Schiene und damit auch die Wand selbst tragen sollen. Was über Wand- und Dachkonstruktionen gesagt ist, das gilt natürlich auch von Treppen. Fig. 113 zeigt eine Treppe, die nach dem Kleine'schen System ausgeführt ist, als Beispiel für viele ähnliche Ausführungen in ähnlichen Systemen. Den Aufbau ganzer Bauwerke in Cement-Eisenkonstruktion bezweckt namentlich die bereits erwähnte Bauweise Hennebique (Fig. 87 und 88). Neuerdings findet auch ein ähnliches System Luipold namentlich in der Schweiz Anwendung. Textabbildung Bd. 317, S. 222 Fig. 113. Treppe nach dem Kleine'schen System. Die Anwendung von Beton- und Monier-Konstruktionen zu Brücken- und anderen Ingenieurbauten müssen wir hier übergehen, da dieser Aufsatz wesentlich dem Treppe nach dem Hochbau gewidmet ist. Namentlich die A.-G. Wayss und Freitag in Berlin hat auf diesem Gebiete Schönes geleistet. III. Feuerschutzkonstruktionen. Wir kommen nun zu den Konstruktionen, die, ohne selbst als tragende Bauteile zu dienen, vielmehr dazu bestimmt sind, entweder andere Konstruktionen vor dem Verbrennen zu schützen, oder leichte Zwischenwände o. dgl. zu bilden, die ein ausgebrochenes Teuer auf den betreffenden Raum beschränken sollen, und entweder ganz unverbrennlich, oder doch nur sehr langsam durch Feuer zerstörbar sein sollen. Wir werden aber auch einige andere Konstruktionen in diesem Zusammenhange mit besprechen müssen, die sich, den verwendeten Stoffen nach, den hier erwähnten Konstruktionen anschliessen, aber doch auch eine grössere Tragfähigkeit besitzen, und die wir in den beiden ersten Kapiteln unseres Aufsatzes nur deshalb nicht haben einreihen können, weil sie nicht aus den dort ausschliesslich berücksichtigten Baustoffen Stein, Eisen und Cement bestehen. Wir wollen uns hier zunächst mit den Konstruktionen beschäftigen, die aus einem Drahtnetz als Einlage und aus einem auf dieses aufgetragenen Verputz bestehen. Hierher gehören namentlich alle Bauweisen, die sich unter dem Namen Rabitz zusammenfassen lassen. Hierbei dient das eiserne Gewebe lediglich als Mörtelträger und nicht zur Aufnahme von Zugspannungen, wie dies bei den Konstruktionen nach Monier der Fall ist. Bei den Rabitz-Wänden werden deshalb nur straff gespannte Eisennetze von geringer Eisenstärke verwendet, die im allgemeinen in der Mitte der mit ihrer Hilfe gebildeten Wandflächen liegen, während bei den verschiedenen Konstruktionen nach Monier die Eiseneinlagen stärker sind, im allgemeinen nicht straff gespannt genommen werden, und nicht in der Mitte, sondern in der Zugzone der betreffenden Decke o. dgl. liegen. Als Verputz wird auf die Rabitz-Gewebe je nachdem Cementmörtel oder Gips aufgebracht. Derartige Gewebe sind natürlich nicht nur zur Bildung leichter Wändeh sondern auch für die Unteransicht von Decken oder zur Verkleidung von Säulen u.s.w. zu verwenden. Auch kann z.B. ein Eisenfachwerk oder eine Holzkonstruktion beiderseitig mit derartigen Ummantelungen oder Bekleidungen geschützt werden, wobei sich zwischenliegende Lufthohlräume leicht mit Vorteil werden aussparen lassen. Auch das Pliesterlattenersatzgewebe der Rheinischen Drahtindustrie in Amern zur Herstellung rissfreier Decken, Treppenuntersichten u.s.w. ist nichts anderes, als eine Art Rabitz-Gewebe, wie denn überhaupt Rabitz-Gewebe – d.h. zur Einlage in Rabitz-Konstruktion bestimmte leichte Drahtnetze – von vielen Seiten angeboten werden. Ebenfalls hat die rissfreie Netzdecke nach Rincklake (D. R. P. Nr. 90022 und 116584) in ihrem Wesen mit den Rabitz-Konstruktionen Aehnlichkeit, wenn auch bei ihr nicht ein Drahtnetz, sondern ein solches aus Faserstoff als Putzträger auftritt. Da dieser Putz träger überall von unverbrennlichem Putz umgeben ist, so kann auch diese Decke zu den Feuerschutzkonstruktionen gerechnet werden. Hierbei werden unter den Deckenbalken zunächst Holzlättchen und darunter loses Jutegewebe angebracht. Darunter wird dann ein aus einem Stück bestehendes richtiges Fischnetz in Grösse des zu überdeckenden Raumes ausgespannt. Schliesslich wird das ganze mit Gipsmörtel beworfen. Nach dessen Erhärtung bringt man dann noch gewöhnlichen Mörtel auf. Das Fischnetz soll sich durch den Einfluss der Feuchtigkeit des Mörtels noch straffer spannen, als es schon ohnedies gespannt ist, und damit eine vollkommen ebene Deckenuntersicht gewährleisten. Auch Wände und Doppelwände sind nach diesem Verfahren herzustellen. Thüren und andere Oeffnungen werden aus dem fertig aufgespannten Netz nachträglich ausgeschnitten. Auch Rohrschalungen aller Art reihen sich passend hier an. Natürlich ist die Feuersicherheit hier nicht mehr so sehr gross, wenn auch die Decke zwar einem Anbrennen einen gewissej – wenn auch nicht zu langen – Widerstand entgegensetzen wird. Ist sie jedoch erst einmal angebrannt, so kann sich das Feuer in ihr den Hohlräumen des Rohres entlang verhältnismässig leicht ausbreiten. Das Streckmetall nach Golding wurde bereits in Kapitel I (Fig. 94 bis 96) besprochen. Es kann natürlich auch in ähnlicher Weise wie Rabitz-Gewebe u. dgl. zur Herstellung leichter Wände benutzt werden. Ein ganz eigentümlicher Baustoff sind die Drahtziegel von P. Stauss und H. Ruff in Kottbus. Diese Drahtziegel bestehen aus einem Drahtnetz, das eine Verkleidung von Terrakotta erhalten hat (Fig. 114). Hierdurch wird eine sehr gute Haftfläche für jeden Mörtel geboten. Die Drahtziegel – eigentlich ziegelumkleidete Drahtnetze – werden in Rollen geliefert und sind leicht überall zu befestigen. Interessant sind sie besonders wegen der Verbindung von Terrakotta mit Eisen, während sonst vor dem Brennen eingebrachte Eiseneinlagen in Ziegel o. dgl. überhaupt nicht üblich sind. Textabbildung Bd. 317, S. 222 Fig. 114. Drahtziegel von Stauss und Ruff. Wenn wir nun zu der Verwendung des Gipses übergehen, so ist zu bemerken, dass Gips bei einer verhältnismässig nicht zu hohen Temperatur sich zersetzt. Er verliert dabei das in ihm in chemisch gebundenem Zustande enthaltene Wasser und infolgedessen auch seine Tragfähigkeit, bröckelt auch in gewissem Masse ab. Gewöhnliche Gipsgussdecken sind deshalb als feuersichere Konstruktionen im eigentlichen Sinne kaum anzusehen. Jedoch gibt es zahlreiche Abänderungen in der Anwendung des Gipses im Bauwesen, die einen wesentlich grösseren Wert in Hinsicht auf Feuerschutz haben, als reiner Gips. Der Gips erhält hierbei durch geeignete Einlagen grössere Bruchfestigkeit, verbunden mit geringerem spezifischen Gewichte der damit hergestellten Körper. Auch die Leitfähigkeit für Wärme und Schall wird bei passender Wahl der Beimengungan, aber auch durch die Anordnung von Hohlräumen oder Poren im Inneren der betreffenden Bausteine oder -tafeln vermindert. Textabbildung Bd. 317, S. 222 Fig. 115. Feuerfeste Decke nach System Düsing. Die feuerfeste Decke nach System Düsing (Fig. 115) (D. R. P. Nr. 87862) ist in Berlin als feuersichere, belastete Decke genehmigt. Zu ihrer Herstellung wird auf Holzschalung ein gemischter Mörtelbrei, bestehend aus Wasser, Leim, hydraulischem Kalkpulver, Gips, Kies, Schwefelsäure und schwefelsaurer Thonerde, in Stärke von 3 bis 4 cm aufgebracht. In ihn werden starke Eisendrähte (Rundeisen) eingelegt, die an den Enden zweimal rechtwinklig (hakenförmig) umgebogen sind, darüber werden dann Ziegelstücke mit breiteren Fugenzwischenräumen verlegt und ebenfalls tief eingedrückt. Zum Schluss wird wieder Mörtelbrei aufgebracht und abgezogen. Es wäre interessant zu wissen, ob die Eiseneinlagen in diesem Gipsmörtel auf die Dauer auch rostfrei bleiben. Fig. 116 zeigt eine Treppenanlage der nämlichen Konstruktion. Textabbildung Bd. 317, S. 222 Fig. 116. Treppenanlage nach System Düsing. Bausteine unter Verwendung von Gips werden in sehr verschiedener Weise hergestellt. Das D. R. P. Nr. 108246 von H. Kiefer und W. Herbst schützt einen von Joh. Müller, Marx und Co. in Berlin gefertigten Stein, der aus Schwarzkalk unter Zusatz von Schwefelsäure. Gips und Sägemehl oder anderen Füllstoffen hergestellt ist. Auch Cordes Leichtstein ist ein gipshaltiges Baumaterial, bei dessen Herstellung in erster Linie auf grosse Leichtigkeit gesehen worden ist. Er ist aber auch hart genug, um zu Aussenmauern benutzt zu werden, trotzdem er sich mittels der Säge schneiden lässt. Seine Bestandteile sind im wesentlichen Gips und Torf. Der letztere ist nun zwar an und für sich ein Brennstoff, wird aber durchdden Gips genügend vor Feuer geschützt. Auch tragen noch einige andere Bestandteile, die der Mischung in geringer Menge zugesetzt sind, zu grösserer Feuerfestigkeit und Haltbarkeit bei. Textabbildung Bd. 317, S. 223 Fig. 117. Gipsdielenplatte der Vereinigten Gipswerke in Ellrich.Fig. 118. Hartgipsdielen nach Probst.Fig. 119. Müller'sche Wand. Die Gipsdielen gewöhnlicher Konstruktion, Gipsplatten u.s.w. werden mit Schilfeinlagen, Rohreinlagen mit Zusätzen von Koks, Asche, Spreu, Sägemehl o. dgl., massiv, porös oder mit grösseren Hohlräumen hergestellt und finden vielfache Fig. 118. Anwendung, da sie von leichtem Gewichte und bequem zu bearbeiten sind. Fig. 117 zeigt z.B. eine Gipsdielenplatte mit durchgehenden Hohlräumen der Vereinigten Gipswerke in Ellrich am Harz, wie solche zu Zwischenwänden o. dgl. benutzt werden. Solche oder ähnliche Platten können auch zu Decken- und Dachkonstruktionen verwendet werden, jedoch natürlich nur so weit, als sie keine grosse Belastung auszuhalten haben und der Witterung nicht ausgesetzt sind. Die Hartgipsdielen nach A. und F. Probst in Hessenthal (D. R. P. Nr. 65276 und 70765) haben sich bei einer von der Mechanisch-technischen Versuchsanstalt in Charlottenburg angestellten Brandprobe gut bewährt. Fig. 118 gibt einen Querschnitt der von dem Genannten hergestellten Hartgipsdielen mit Nut und Feder und durchgehenden Hohlräumen. Die Müller'schen Wände von F. und W. Müller in Berlin (Fig. 119) bestehen aus Koksasche u.s.w. enthaltenden leichten Gipsplatten, die eine Einlage von dünnem Eisendraht haben. Diese soll sowohl die Festigkeit der Platten verstärken, wie auch zu ihrer besseren Verbindung untereinander beitragen. Textabbildung Bd. 317, S. 223 Mack's Feuerschutzmantel. Mack's Feuerschutzmantel (D. R. G. M. Nr. 156299), von Mack's Gripsdielenfabriken in Ludwigsburg hergestellt (Fig. 120 und 121), besteht aus einem feuersicher gemachten Jutegewebe mit jalousieartig aufgelegten Stäben von trapezförmigem Querschnitt. Diese Stäbe sind durch eine widerstandsfähige Einlage versteift. Die Biegsamkeit der Unterlage und der Querschnitt der Stäbe ermöglichen ein Zusammenrollen der Mäntel auf kleinstem Durchmesser in der Weise, dass die Stäbe nach innen liegen und dadurch vor Beschädigung von aussen geschützt sind. Bei der Anbringung dagegen kommt die biegsame Unterlage für gewöhnlich nach innen und die Stäbe nach aussen, worauf das Ganze verputzt wird. Fig. 119 zeigt einen hölzernen Unterzug nebst den angrenzenden Teilen der Decke, Fig. 120 eine eiserne Säule derartig ummantelt. In letzterem Beispiel ist die Säule in gewissen Abständen von Ringen aus Gipsmörtel umgeben, auf denen der Mantel sein Auflager findet. Zugleich entsteht hierdurch ein System von zur wirksamen Isolation der Säule dienenden Lufthohlräumen. Die feuersichere Patentdecke System Esch (Fig. 122 und 123) (D. R. P. Nr. 110794) besteht aus eigentümlich geformten Platten. Diese werden nach einem Verfahren der Firma Philipp Esch und Co. in Frankfurt a. M. aus Gips oder Cement unter Beimischung von Bimssand, Kohlenschlacken o. dgl. hergestellt und an den zu schützenden Holzbalken u.s.w. angenagelt. Um grössere Tragfähigkeit zu erzielen, sind um die Nagellöcher Eisendrähte mit eingegossen. Die Tragfähigkeit der Decke beträgt mehr als 5000 kg auf das Quadratmeter. Ein Stoff, der in Bezug auf Feuerfestigkeit in erster Linie steht, und der für alle möglichen Verwendungszwecke wertvoll ist, ist Asbest. Zwar ist dieser Stoff zu teuer, um in reinem Zustande als Baustoff verwendet werden zu können; indessen werden zahlreiche Mischungen zu Baustoffen aller Art mit Hilfe von Asbest und namentlich mittels Asbest abfallen dargestellt. Textabbildung Bd. 317, S. 223 Feuerischere Decke System Esch. Reines Asbestgewebe dient zu Theaterdekorationen und zu dergleichen Verwendungsarten, wo bei grösster Feuersgefahr vollkommene Unverbrennlichkeit erfordert wird. Die Asbestcementwerke G. m. b. H. in Hamburg stellen eine Asbestmasse. unter dem Namen Asbestcement Kühlewein her. Dieser Asbestcement ist ein Pulver, ähnlich wie Cement; er wird mit Wasser zu einem möglichst dicken Teig verrührt und wie Mörtel verarbeitet. Er findet Anwendung als Ummantelung von Trägern und Säulen, zur Herstellung feuersicherer Thüren, Scheidewände, Decken u.s.w. Er dient aber auch bei der grossen Isolationsfähigkeit des Asbestes als Schutz gegen Hitze und Kälte, wie auch als schalldämpfende Füllung. Näheres über den Asbestcement Kühlewein findet sich in D. p. J. 1901 316 585. Daselbst befindet sich auch eine Abbildung (Fig. 18 S. 586) einer von derselben Firma hergestellten Deckenkonstruktion aus Kröger's Kunststeinmasse. Diese Kunststeinmasse (D. R. G. M. Nr. 73038 und 98352) dient, mit oder ohne Eiseneinlage, zur Herstellung freitragender gerader Decken und trockener Wände. Die von der genannten Firma ebenfalls hergestellte Isoliermasse Hammonia dient weniger Bauzwecken als vielmehr zur Umhüllung von Rohrleitungen für heisse oder kalte Flüssigkeiten und Dämpfe. Auch Simmons' feuerfeste Patentplatten (D. R. P. Nr. 111146) gehören hierher. Sie werden von Simmons und Bocks in Gräfelfing bei München hergestellt und bestehen im wesentlichen aus erdigen Silikaten (Kieselgur) und Asbest. Gleichfalls ein Asbestpräparat – es wird aus Asbestabfällen hergestellt – ist das von der Deutschen Asbest-Gesellschaft in Duisburg in den Handel gebrachte Material Asbestik, über dessen Anwendung jedoch kaum etwas verlautet hat. Asbestschiefer ist ein von den Asbest- und Gummi-Werken Alfred Calmon in Hamburg hergestelltes Erzeugnis, das in Platten bis 1 qm Grösse und in einer Stärke von 1,5 mm an aufwärts in den Handel kommt. Er ist hart, dabei aber elastisch und leicht zu bearbeiten. Er dient auch zur Herstellung ganzer sogen. Asbesthäuser, in denen die tragenden Gebäudekonstruktionen entweder in Holzfachwerk oder Eisenkonstruktionen ausgeführt werden. Solche Häuser sind natürlich nicht unbedingt feuerfest, besonders wenn die Asbestbekleidung ein Holzfachwerk umschliesst. Sie gewähren aber doch immerhin eine ziemliche Sicherheit gegen Feuersgefahr. Der Hauptzweck dieser Gebäude liegt auch nicht in der etwa zu erzielenden Feuerfestigkeit, sondern in der durch die doppelte Asbestschieferbekleidung mit zwischenliegender Luftschicht gebotenen Isolierung gegen Hitze oder Kälte der Aussenluft. Dass das berühmte Asbesthaus des Grafen Waldersee seiner Zeit abbrannte, ist deshalb, und da es rings von brennbaren Stoffen umgeben war, weiter kein Wunder. Der Name Asbesthaus ist für derartige Gebäude freiligh etwas zu weit gehend, und hat namentlich auch bei mit der Konstruktion nicht näher Bekannten vielfach Vorstellungen hervorgerufen, die mit dem thatsächlichen Schicksale dieses Gebäudes in fühlbarem Gegensatze standen. Die Konstruktion dieser Asbesthäuser hat übrigens grosse Aehnlichkeit mit der der bereits seit langen Jahren bestens bekannten Döcker'schen Baracken von Christoph und Unmack, A.-G. in Niesky, die weit mehr geleistet haben, als ihrem bescheidenen Namen entspricht. Sie sind natürlich nicht feuersicher im engeren Sinne des Wortes und erheben auch nicht den Anspruch das zu sein. Jedoch bieten auch sie einen gewissen Schutz gegen Entflemmung, da die die innere Luftisolierschicht umgebende Pappbekleidung aussen wetterfest und innen flammensicher getränkt ist. Sittig's Asbestmörtel ist ein in erster Linie zum Zwecke der feuersicheren Eisenummantelung bestimmtes Erzeugnis, das namentlich auch zum Verputzen von Rabitz-Geweben u. dgl. empfohlen wird. Zur Isolierung freistehender Eisenkonstruktionen dient ferner die Feuertrotzummantelung nach den D. R. P. Nr. 103180 und 103534, die von der Deutschen Feuertrotz-Gesellschaft in Berlin ausgeführt wird. Eine ursprünglich von Rheinhold und Co. in Hannover gemachte Erfindung, besteht sie aus Isolierhüllen für Eisen- und Holzkonstruktionen, gekennzeichnet durch die Einschaltung von Stoffschichten, Sägespänen u. dgl., die durch die Wärme beim Brande in Asche verwandelt und so befähigt werden sollen, den Wärmewiderstand der Schutzhüllen zu erhöhen. Zum Schütze gegen die zerstörende Wirkung der Löschmittel sollen für die äussere Schicht der Hülle im Feuer sinternde Körper, wie Thon u. dgl. verwendet werden, die bei höherer Temperatur eine Sinterkruste bilden. Es würde also z.B., wenn es gilt, eine eiserne Säule zu ummanteln, zunächst um diese eine geeignete Isolierschicht umgelegt werden. Dann käme eine in der Hitze veraschende und dadurch die Wärmeleitung stark aufhaltende Zwischenschicht und aussen noch einmal eine Feuertrotzsinterschicht. Dem gleichen Zwecke dient auch die feuersichere Ummantelung mit Kunsttuffsteinen nach Wilhelm Wesemann und Co. (D. R. P. Nr. 55919). Mit dieser letzteren Isoliermasse sind wir bereits in das Gebiet der Korksteine übergetreten. Hierher gehören unter anderem noch die Korksteine von Grünzweig und Hartmann in Ludwigshafen, oder von Posnansky und Strelitz in Berlin, oder die Kunsttuffsteine von Dr. L. Grote in Uelzen, oder die von A. Haacke und Co. in Celle. Alle diese Isoliermassen zeichnen sich durch gute Isolierfähigkeit gegen Hitze und Kälte aus, wie auch durch Widerstandsfähigkeit gegen Feuer. Sie scheinen indessen in erster Linie zur Isolierung von Dampfleitungen, Eiskellern o. dgl. gebräuchlich zu sein, obwohl sie auch für Bauzwecke vielfach empfohlen werden. Ueber Zusammensetzung und Verwendung der Feuerschutzmasse Saxonia, die in Einsiedel in Sachsen hergestellt wird, ist weiter nichts bekannt geworden. Linoment heisst ein von F. W. und M. Müller in Berlin empfohlenes, sowohl als Linoleumersatz wie zu Bauplatten zu verwendendes feuersicheres Material. Xylolith oder Steinholz von Otto Senig und Co. in Potschappel bei Dresden ist das Erzeugnis einer unter hohem Druck hergestellten Verbindung von Sägespänen und mineralischen Bestandteilen zu einem zähen und festen, in Plattenform in den Verkehr gebrachten Baustoffe. Er ist nicht brennbar, verkohlt jedoch bei höheren Hitzegraden und nimmt in Bezug auf Wärmeisolationsfähigkeit einen zwischen Kork und Asbest liegenden Platz ein. Aehnlich besteht der von Franz Lehmann und Co. in Leipzig unter dem Namen Torgament in den Handel gebrachte Belag für Fussböden u. dgl. aus Holz, Asbest und sonstigen mineralischen Bestandteilen. Auch das Lapidon genannte Material schliesst sich hier an, ein fugenloser, feuersicherer Fussböden, der in der Hauptsache aus Chlormagnesium, Magnesit, Silikaten und Sägespänen besteht. Er wird als breiige Masse fugenlos aufgebracht und erhärtet in 1 bis 3 Tagen. Hersteller sind die Berliner Lapidonwerke in Friedenau.