Titel: Berechnung eines in sich geschlossenen Rahmens.
Autor: Ottomar Schmiedel
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 585
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Berechnung eines in sich geschlossenen Rahmens. Von Ottomar Schmiedel, Oberingenieur in Pankow. Berechnung eines in sich geschlossenen Rahmens. Der durch Fig. 1 dargestellte rechteckige, in sich geschlossene Rahmen ist in den Punkten A und B statisch bestimmt gelagert, so dass der Rahmen ein äusserlich statisch bestimmtes, innerlich statisch unbestimmtes Stabwerk bildet. Die angreifende Belastung des Rahmens wirkt am oberen Querriegel r und ist eine über die Gesamtlänge l gleichmässig verteilte Last von der Grösse pl. Infolge dieser zur Rahmenachse a – a symmetrischen Belastung wird auch der Rahmen hinsichtlich seiner Querschnittsmomente höherer Ordnung symmetrisch zur Achse a – a konstruiert. Als statisch unbestimmte Grössen werden hier die Achsialkraft X im unteren Querriegel s und die einander grössengleichen Rahmenmomente M an den Punkten A und B angesehen. Von der Berücksichtigung des Einflusses der Achsialkräfte auf die Formveränderung soll hier Abstand genommen werden, da dieser Einfluss in der Regel geringfügig ist. Der Deformationszustand wird sich also wie in Fig. 2 dargestellt zeigen. Textabbildung Bd. 317, S. 585 Fig. 1. Betrachtet man nun unter Hinweis auf Fig. 3 den Querriegel r wie einen bei C unter dem Winkel ω eingespannten Freiträger von der Länge l, welcher am Ende D mit dem rechts herum drehenden Momente + (Xh – M) und der nach oben wirkenden Einzellast \frac{p\,l}{2} belastet ist, und ausserdem die über seine ganze Länge gleichmässig verteilte Last pl trägt, und bezeichnet J1 das Trägheitsmoment des Riegels r, E den Elastizitätsmodul des Materials, so ergibt sich der Winkel – ω bei D aus: -tg\,\omega=-\frac{p\,l}{2}\,\cdot\,\frac{l^2}{2\,E\,J_1}+\frac{p\,l^3}{6\,E\,J_1}+(X\,h-M)\,\frac{l}{E\,J_1}+tg\,\omega. Textabbildung Bd. 317, S. 585 Fig. 2. Betrachtet man andererseits den vertikalen Rahmenteil V1 mit dem Trägheitsmomente J0 wie einen bei D normal eingespannten Freiträger, welcher bei B mit der Einzellast X und dem Momente M belastet ist, so ergibt sich für f der Wert f=\frac{X\,h^3}{3\,E\,J_0}-\frac{M\,h^2}{2\,E\,J_0}. Folglich ist tg\,\omega=\frac{f}{h}=\frac{X\,h^2}{3\,E\,J_0}-\frac{M\,h}{2\,E\,J_0}. Setzt man diesen Wert in den oben für – tg ω gefundenen Ausdruck ein, so ergibt sich die erste Bedingungsgleichung, welche lautet: 0=X\,\left(\frac{h\,l}{J_1}+\frac{2\,h^2}{3\,J_0}\right)-M\,\left(\frac{l}{J_1}+\frac{h}{J_0}\right)-\frac{p\,l^3}{12\,J_1} 1) Textabbildung Bd. 317, S. 585 Fig. 3. Um die zweite Bedingungsgleichung zu erhalten, wird der Rahmenteil V1 betrachtet als ein bei D unter dem Winkel – ω eingespannter Freiträger, belastet am Ende B mit X und M. Der Tangentenwinkel bei B an die elastische Linie des Teiles V1 wird mit α bezeichnet. Es ist dann: tg\,\alpha=\frac{X\,h^2}{2\,E\,J_0}-\frac{M\,h}{E\,J_0}-tg\,\omega. Setzt man für tg ω den oben gefundenen Wert, so ist: tg\,\alpha=\frac{X\,h^2}{6\,E\,J_0}-\frac{M\,h}{2\,E\,J_0}. Textabbildung Bd. 317, S. 585 Fig. 4. Sieht man andererseits den unteren Querriegel an als einen bei B unter dem Winkel α eingespannten Freiträger, welcher bei A durch das Moment M belastet ist (Fig. 4), so folgt der Winkel α aus: -tg\,\alpha=-\frac{M\,l}{E\,J_2}+tg\,\alpha tg\,\alpha=\frac{M\,l}{2\,E\,J_2}. Folglich lautet die zweite Bedingungsgleichung: 0=X\,\frac{h^2}{G\,J_0}-\frac{M}{2}\,\left(\frac{h}{J_0}+\frac{l}{J_2}\right) . . . 2) Aus den beiden Bedingungsgleichungen 1) und 2) können die Unbekannten M und X ermittelt werden.