Titel: Nachtrag zum vierten Bericht über den V. Internationalen Kongress für angewandte Chemie.
Autor: Gustav Rauter
Fundstelle: Band 318, Jahrgang 1903, S. 608
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Nachtrag zum vierten Bericht über den V. Internationalen Kongress für angewandte Chemie.(Vergl. S. 46 d. Bd.) Nachtrag zum vierten Bericht über den V. Internationalen Kongress für angewandte Chemie. Bergbau und Hüttenkunde. Sektion IIIa. Wir kommen heute nochmals auf die Verhandlungen über Eisenportlandzement zurück, da inzwischen der darin erwähnte Vortrag von H. Passow in Hamburg in der Zeitschrift Stahl und Eisen23,878-891 vollständig erschienen ist und wir diesem noch verschiedene Angaben entnehmen möchten. Der Vortragende bemerkte, dass die Frage nach der Definition des Begriffes Portlandzement keineswegs einfach durch Anführung der Normen des Vereins Deutscher Portlandzementfabrikanten beantwortet werden könne, da diese Normen nicht aussagten, was Portlandzement sei, sondern nur, wie dies Erzeugnis hergestellt werde. Es sei nach den Grundsätzen der chemischen Technik ohne weiteres zuzugeben, dass ein bestimmtes Erzeugnis auch auf verschiedene Weise hergestellt werden könne, und dies sei auch mit Portlandzement der Fall. Gleichfalls sei es keineswegs erforderlich, dass sich der Kalkgehalt des Portlandzementes innerhalb genau bestimmter Grenzen bewege, da Portlandzement keineswegs ein einheitlicher Körper sei, sondern ein Gemisch aus verschiedenen Körpern darstelle, die verschiedene Zusammensetzung zeigten und einander mehr oder weniger ersetzen könnten. Der Vortragende stützt sich hierbei besonders auf die Versuche und Veröffentlichungen von Törnebohm, der in seiner Schrift über die Petrographie des Portlandzementes das mineralogische Studium der unter diesem Namen zusammengefassten Klasse von Stoffen in die richtige Bahn geleitet habe. Die von diesem entdeckten Mineralien, die in wechselnder Mischung den Portlandzement zusammensetzten, wurden von ihm mit den Namen Alit, Belit, Celit und Felit belegt, soweit sie Krystallgestalt besitzen, während der glasartige Bestandteil des Portlandzementes als Portlandzementglas bezeichnet werden könne. Durch diesen Nachweis eines Vorhandenseins von Mineralmischungen werde zugleich die Frage nach der Konstitution des Portlandzementes gegenstandslos, da ein Gemisch eben keine Konstitution im chemischen Sinne des Wortes besitzen könne. Das am meisten wirksame dieser Portlandzementmineralien sei der Alit, der eine isomorphe Mischung darstelle, in der sich Tonerde und Kieselsäure in wechselnden Verhältnissen vertreten könnten. Aus den daraus folgenden bedeutenden Unterschieden in der Zusammensetzung des Alits liessen sich die grossen Verschiedenheiten in der Abbindezeit und in den anderen Eigenschaften der Portlandzemente gut erklären. Ausserdem komme noch wesentlich das Portlandzementglas in Betracht, das sich in den gewöhnlichen Portlandzementen nur in untergeordneter Menge finde, währendes in denjenigen Portlandzementarten, die durch Granulieren der Hochofenschlacke entstanden seien, eine sehr wichtige Rolle spiele. Der Einfluss des Granulierens beruhe darauf, dass die Hochofenschlacke durch die plötzliche Abkühlung in Wasser vor der Entglasung behütet werde, die beim langsamen Abkühlen eintreten würde, und wodurch das wertvolle Portlandzementglas sich in Verbindungen verwandele, die weniger gute Eigenschaften besässen, insbesondere in Felit. Der Eisenportlandzement bestehe nun in der Regel aus 70 Teilen gewöhnlichen stark alithaltigen Portlandzements, und aus 30 Teilen Hochofenschlacke, das ist stark glashaltigen Portlandzements. Dass beim Erhärten des Zements der Anteil an Hochofenschlacke nicht etwa als Ballast wirke, sondern tatsächlich sich als Zement verhalte, werde nicht nur schon dadurch wahrscheinlich gemacht, dass Hochofenschlacke beim Lagern im Freien nach und nach zu einer festen Masse zusammenbacke, während etwas ähnliches bei Sand nie der Fall sei, sondern wurde auch durch eine Reihe von Dünnschliffen gezeigt, die in dem erwähnten Aufsatze in „Stahl und Eisen“ abgebildet sind, und die die verschiedenen Zementmischungen nach verschieden langer Abbindezeit vor Augen führen. Zum Schluss ladet der Vortragende zu weiteren Versuchen auf diesem Gebiete ein, durch die bewiesen werden könne, dass das Erzeugnis der Eisenportlandzementwerke tatsächlich nichts anderes sei, als ein normengemässer Portlandzement, und dass ferner der Zusatz von Hochofenschlacke so günstig auf die Qualität des Produktes einwirke, dass ein solcher nur allgemein empfohlen werden könne.Solche Versuche sind auf Veranlassung des Ministers der öffentlichen Arbeiten in Ausführung begriffen. Ihnen liegt ein Arbeitsplan zu gründe, der von der Kgl. mechanisch-technischen Versuchsanstalt zu Charlottenburg aufgestellt und von einem Ausschuss beraten ist, zu dem Vertreter sowohl des Vereines deutscher Portlandzementfabrikanten als auch der Eisenportlandzement erzeugenden Hüttenwerke gehören. Es steht zu erwarten, dass diese Versuche zeigen werden, ob und in wie weit „Eisenportlandzement“ dem unvermischten „Portlandzement“ ebenbürtig ist. Es sei namentlich hierdurch möglich, den Treiberscheinungen vollständig aus dem Wege zu gehen, die kalkreichen Zement leichter treffen, als kalkarmen. Die bisher fast allgemein eingenommene feindselige Stellung gegen die Zumischung von Hochofenschlacke beruhe auf wissenschaftlich nicht haltbaren Grundsätzen, deren Aufgeben für die Industrie nur vorteilhaft sein könne. Gustav Rauter.