Titel: Das Installationsmaterial für die Oberleitung elektrischer Bahnen.
Autor: C. Hesse
Fundstelle: Band 319, Jahrgang 1904, S. 29
Download: XML
Das Installationsmaterial für die Oberleitung elektrischer Bahnen. Das Installationsmaterial für die Oberleitung elektrischer Bahnen. Unter diesem Titel sind die Installationsmaterialien für die Oberleitung elektrischer Bahnen in D. p. J. 1901, 316, 157 und 222 beschrieben. In den verflossenen zwei Jahren sind ausser denjenigen Installationskörpern, welche besonderen Anforderungen angepasst wurden, wieder eine Reihe Neukonstruktionen entstanden, die im Anschluss an die vorgenannteBeschreibung an der Hand von Abbildungen erläutert werden sollen. Besondere Aufmerksamkeit wurde in der Zwischenzeit den sog. Trolleyfängern zugewandt, welche bekanntlich bestimmt sind, die aus der Oberleitung, insbesondere bei Kurven leicht herausspringende Stange mit der Stromabnehmerrolle festzuhalten und damit ein Einschlagen der Stange in die Queraufhängung zu verhindern. Von den verschiedenen, in den praktischen Gebrauch genommenen Konstruktionen entsprechen jedoch nicht alle den gehegten Erwartungen. Die Anforderungen erstrecken sich hauptsächlich darauf, dass der Trolleyfänger, für welchen der verdeutschte Name „Fahrstangenfänger“ wohl auch besser gewesen wäre, beim Herausspringen der Stange, sobald also ein plötzlicher grösserer Zug eintritt, vermittelst der Leine gehalten wird, während andererseits bei langsamen, den Niveauschwankungen entsprechenden Höhenunterschieden der Fahrleitung, die Stange unter Auf- bezw Abspulung der Leine im Fahrstangenfänger sich auf- und abwärts muss bewegen können. Hierbei soll die Leine stets unter einem geringen Zug straff angezogen sein und Herumschlenkern der Leine vermieden werden. Beim Herausspringen der Stange darf die weitere Aufwärtsbewegung bis zur erfolgten Arretierung nur wenige Zentimeter bezw. noch nicht so viel betragen, wie der Abstand vom Fahrdraht bis zur Queraufhängung beträgt. Demgemäss müssen die Eingriffzähne im Fahrstangenfänger bemessen werden und muss ein sofortiges festes Eingreifen des Verriegelungshebels vorgesehen sein. Textabbildung Bd. 319, S. 29 Fig. 1. Bei dem in Fig. 1 abgebildeten, ges. geschützten Fahrstangenfänger sind diese Bedingungen berücksichtigt und ist der Zahnkranz mit dem Verriegelungshebel deutlich sichtbar. Der Zahnkranz ist auf einer Trommel, um welche sich die Leine auf- und abwickeln kann, befestigt und bildet das Innere des Zahnkranzes das Federgehäuse. Die Trommel selbst ist auf einer Achse drehbar aufgesetzt. Unterhalb der Trommel befindet sich der Verriegelungshebel, welcher auf einem im Gehäuse rechts sitzenden Zapfen gelagert ist, und etwa in der Mitte eine Eingriffnase, am andern Ende eine Rolle besitzt, über welche das zur Stange führende Leinenende sich legt. Gegen den Verriegelungshebel drückt eine in der Abbildung durch den Deckel verdeckte, den Abstand des Hebels vom Zahnkranz regulierende Feder. Textabbildung Bd. 319, S. 29 Fig. 2. Das mit einer Schlaufe ausgestattete freie Leinenende wird an der Fahrstange befestigt und geht die ca. 5½ Meter lange Leine dann über die Rolle des Verriegelungshebels, in vielfachen Windungen um die Trommel, wo das andere Ende befestigt ist. Der Verriegelungshebel mit der Rolle, in Verbindung mit der vorgenannten Regulierfeder zieht nun derart an der Leine, dassdiese stets straff ist, ohne dass die Nase des Hebels in den Zahnkranz eingreift. Die Trommel wird sich nun im Sinne des Uhrzeigers drehen und die aufgerollte Leine nachlassen, sobald die Fahrleitung steigt, und ein Nachgehen der Fahrstange bezw. Fahrrolle verlangt. Bei sich verringerndem Abstand der Fahrleitung von der Erde, wie dies besonders bei Unterführungen eintritt, wird die schlaff werdende Leine sofort auf der Trommel, welche sich unter der Federwirkung im entgegengesetzten Sinne eines Uhrzeigers dreht, aufgespult. Springt nun die Rolle aus der Fahrdrahtleitung heraus, so tritt plötzlich ein starker Zug in der Leine auf, der durch die voll wirkende Federkraft des auf dem Dache des Wagens sitzenden Fahrstangenbockes (Fig. 2 und Fig. 62, 1901, 316, 224) so gross ist, dass die Gegenkraft des Hebels im Fahrstangenfänger spielend überwunden und dessen Eingriffnase in den Zahnkranz der Trommel eingezogen wird. Hierdurch wird aber diese auch arretiert und am Nachlassen der Leine verhindert. Mithin bleibt die Stange in der ausgesprungenen Höhe und kann bei dem durch die lebendige Kraft noch weiter laufenden Wagen nicht in die Queraufhängungen bezw. Abspanndrähte einschlagen und diese nicht beschädigen. Die vorbeschriebenen Teile sind in einem gegen Wasser geschützten Eisenkasten eingebaut. Der Kasten trägt auf der Rückseite einen Butzen, welcher in Art eines Bajonettverschlusses in einen Halter eingreift. An dem Vorder- und Hinterperron der Wagen ist aussen je ein solcher Halter befestigt, so dass bei dem Zurückfahren des Wagens der Fahrstangenfänger aus dem Halter des einen Perrons herausgenommen und unter Umdrehung der Fahrstange in den Halter des anderen Perrons eingesetzt wird. Für jeden Wagen wird mithin nur ein Fänger mit den dazu gehörenden zwei Haltern benötigt. Zu den älteren Fahrstangenböcken (1901, 316, Fig. 62) ist eine neue Konstruktion getreten, die beistehend in Fig. 2 abgebildet ist. Während die ältere Ausführung die wagerechte Lage der Stange nicht gestattet, wurde die neue Bauart durch die vielfach vorkommenden Unterführungen, die einen nur kleinen Zwischenraum vom Wagendach bis zur Ueberbrückung des Fahrdammes ergeben und ein vollständig wagerechtes Umlegen der Fahrstange erfordern, bedingt. Diese Aufgabe ist mit dem Bock (Fig. 2) gelöst, welcher bei umgelegter Stange sogar nur etwa 15 cm hoch ist und über dem Wagendach sich mithin wenig erhebt, wohingegen die älteren Böcke einen Abstand von über einen Meter vom Wagendach bis Unterführungsaufhängung beanspruchen. Textabbildung Bd. 319, S. 29 Fig. 3. Textabbildung Bd. 319, S. 29 Fig. 4. Textabbildung Bd. 319, S. 29 Fig. 5. Die die Stange aufnehmende Gabel ist möglichst nahe der Grundplatte gelagert und der Lagerbock ist mit der Stange und der ganzen übrigen Einrichtung auf einer starken Achse der Grundplatte drehbar. An Lappen der Hebel sitzen zwei Führungsstangen und zwischen diesen, auf einem Gasrohre von 2 Zoll, befindet sich die Druckfeder, welche auf den erforderlichen Druck, mit welchem die an der Stange sitzende Stromabnehmerrolle an den Fahrdraht andrücken soll, eingestellt werden kann. Dieser Druck, welcher etwa 5 kg betragen soll, kann auf Wunsch, durch Verstellen der Muttern auf dem Gasrohr und den Führungsstangen, zwischen etwa 1 bis 15 kg verändert werden. Die Stange wird in das oben ersichtliche Loch der Gabel eingesteckt und festgeklemmt und sitzt am anderen Ende der Stange bekanntlich die Rollengabel, welche in Fig. 3 der Vollständigkeit halber veranschaulicht ist. In dieser Gabel ist dann die Stromabnehmerrolle gelagert. Hiermit sind zugleich alle Konstruktionseinzelheiten der Stromabnahme, die dem Nichtfachmann nur im ganzen und äusseren bekannt sind, einschliesslich der Fahrstangenfänger, beschrieben und abgebildet. Unter den neuen Einzelteilen für die Oberleitung und deren Installation sei der in Fig. 4 abgebildete Halter für Unterführungen, Wagenhallen usw., welcher mittels Schrauben an den Decken, Trägern usw. angeschraubt wird, hervorgehoben. Das Gehänge besteht aus zwei Teilen, dessen einer Teil oben geschlossen ist, und welches nach Einsetzen des Isolationsstöpsels mittels einer diesen umschliessenden Kappe seitlich geschlossen wird. Hauptteil und Kappe werden durch vier Schrauben (event. Niete) miteinander verbunden. Textabbildung Bd. 319, S. 30 Fig. 6. Gegenüber älteren Konstruktionen, bei denen die Isolationsstöpsel von oben eingesteckt und durch einen aufgeschraubten Deckel verschlossen werden, wird neben gefälligerem Aussehen und geringerem Gewicht erzielt, dass zu Isolationsstöpseln solche mit Wülsten, die einen grösseren Oberflächenwiderstand bei gleicher Stöpsellänge besitzen, verwendet werden können. Dieser Ausführung entsprechen die in Fig. 5 bis 8 dargestellten Aufhängungen, welche sowohl für Rollen wie Bügelstromabnehmer geeignet, besonders aber für letztere bestimmt sind und in Kurven Verwendung finden. In die unten ersichtlichen Gewindezapfen der Isolationsstöpsel werden die Fahrdrahthalter eingeschraubt. Einer derselben ist in Fig. 9 veranschaulicht, wobei unter dem Gewindestutzen sich eine Aussperrung befindet, die ein freies Durchschneiden des Gewindes gestattet. Textabbildung Bd. 319, S. 30 Fig. 7. Die in Fig. 10 bis 12 dargestellten Gegenstände sind Zwischenisolatoren zur Isolation der Abspann- und Aufhängedrähte. Fig. 10 ist ein Stöpselisolator, dessen Gehänge aus zwei zusammengeschraubten, der Form des dazwischen liegenden Isolationsstöpsels angepassten Backen besteht und in seiner Beschaffenheit eine besonders hohe Zugfestigkeit gewährleistet. Fig. 11 ist ein sogenannter Kugelisolator, welcher im Gegensatzzu den bekannten, alten Modellen mit innen liegenden Armaturen (1901, 316, 160, Fig. 14-17) aus einer Isolationskugel mit kreuzweise vertieften Rillen besteht, in welchen Rillen die Metallbänder Aufnahme finden. Hierbei sind die Rillen so tief und so beschaffen, dass ein überstehender Isolationsrand einen Stromübergang von dem einen zum anderen Metallband verhindert. Fig. 12 ist ein Zwischenisolator (ebenfalls gesetzl. geschützt), welcher aus zwei gesonderten, mit Isolation umgebenen Eisenstöpseln besteht, deren Köpfe gegeneinander stehen und welche durch eine verschraubbare Doppelkappe aus Metall zusammengehalten werden. Dieser Zwischenisolator bildet also eine doppelte Isolation und dabei den Vorteil, dass, wenn ein Isolationsstöpsel durchschlagen werden sollte, er ohne Hilfsmittel durch Auseinanderschrauben der Kappen entfernt und durch einen anderen Stöpsel ersetzt werden kann. Textabbildung Bd. 319, S. 30 Fig. 8. Textabbildung Bd. 319, S. 30 Fig. 9. Textabbildung Bd. 319, S. 30 Fig. 10. Textabbildung Bd. 319, S. 30 Fig. 12. In Fig. 13 ist eine isolierte Schutzvorrichtung für die auf die Fahrdrahtleitungen etwa herabfallenden Telephonleitungen angegeben. In den unteren Langteil aus gezogenem Messing ist ein aus Messingblech gestanzter Halter, dessen Viereck mit Isolation umpresst ist, eingeschraubt. In das Viereckloch wird die entsprechende imprägnierte Holzleiste eingeschoben, nachdem mittels der üblichen Spezialzange der Schutzreiter auf den Fahrdraht aufgepresst ist. Die Schutzreiter werden für gewöhnlich in Abständen von je etwa ¾ Meter angeordnet, so dass auf eine der etwa 4–5 Meter langen Schutzleisten 6 solcher Schutzreiter zu rechnen sind. Textabbildung Bd. 319, S. 30 Fig. 11. Textabbildung Bd. 319, S. 30 Fig. 13. Gegenüber den in Bd. 216, 225, Fig. 73 dargestellten einfachen Profilreitern bieten diese den Vorteil erhöhter Isolation bei etwas einfacherer Installierung, allerdings auch höheren Anschaffungskosten, und sind Schutzvorrichtungen dieser Art (Fig. 13) vornehmlich nach dem Ausland geliefert und dort zur Verwendung gelangt. C. Hesse.