Titel: Beitrag zur Theorie und Berechnung der hydraulischen Regulatoren für Wasserkraftmaschinen.
Autor: Adolf Schmoll von Eisenwerth
Fundstelle: Band 319, Jahrgang 1904, S. 292
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Beitrag zur Theorie und Berechnung der hydraulischen Regulatoren für Wasserkraftmaschinen. Von Dipl.-Ing. Adolf Schmoll von Eisenwerth, Darmstadt. (Fortsetzung von S. 276 d. Bd.) Beitrag zur Theorie und Berechnung der hydraulischen Regulatoren für Wasserkraftmaschinen. Zahlenbeispiel. Die im Vorstehenden entwickelten Formeln sollen nun durch ein Zahlenbeispiel erläutert werden. Dieses soll auch dazu dienen, den Einfluss bezw. die Berechtigung der in den Entwicklungen gemachten Vereinfachungen zahlenmässig darzustellen. Der zu untersuchende Regulator habe einen doppeltwirkenden Treibkolben mit Durchmesser D = 180 mm, Nettoflächen F je 241,4 qcm, (die beiderseits durchgeführte Kolbenstange habe 40 mm Durchmesser), Kolbenhub L = 0,3 m. Für den Regulatorbetrieb stehe ein natürliches Gefällevon netto 20 m zur Verfügung, so dass der Kolben ideell eine Kraft von 241,4\,\cdot\,\frac{20}{10}=482,8\mbox{ kg} ausüben könnte. Die Rohrleitung des Regulators habe einen Durchmesser d = 1½'' = 38,1 mm; also Querschnitt f = 11,35 qcm. Die Länge der Rohrleitung von der Anschlusstelle bis zur Ausmündung ins Unterwasser betrage l = 5 m. Eine derartige Leitungslänge ist ungünstig wegen der dadurch bedingten Grösse der Massendrücke, kann jedoch in vielen Fällen nicht vermieden werden. Wenn nämlich im natürlichen Gefälle ein verhältnismässig kleiner Betriebsdruck vorhanden ist, wird man zur Vermeidung grosser Zylinderquerschnitte des hydraulischen Servomotors möglichst wenig Gefällverluste zulassen und daher die Rohrleitung zum Zylinder an einer Stelle der Hauptleitung anschliessen, wo die Geschwindigkeit des der Turbine zufliessenden Wassers klein ist; bei Spiralturbinen also vor dem Spiralgehäuse, in dem gewöhnlich schon beträchtliche Geschwindigkeiten auftreten. Gegen den Anschluss der Regulatorleitung an das Spiralgehäuse spricht auch die Rücksicht darauf, dass bei Veränderung der Turbinenfüllung und damit der Zuflussgeschwindigkeit im Gehäuse die Druckschwankungen im Treibzylinder grösser sind, als wenn die Leitung an eine Stelle mit grösserem Querschnitte angeschlossen wäre. Diese geeignete Anschlussstelle liegt unter Umständen vom Treibzylinder ziemlich weit weg. Ferner erfordert die Anordnung von Reinigungsfiltern für das Betriebswasser des Servomotors oft weitere Leitungslängen. Ausgeführte Anlagen weisen denn auch für die Leitung bis zum Zylinder allein schon beträchtliche Längen auf, z.B.: Turbinenanlage Montbovon von J. J. Rieter & Co., Winterthur, ungefähr 3,5 m, Turbinenanlage Jaice von Ganz & Co., Budapest, ungefähr 5,5 m, (entnommen dem Plane der Anlage in „Schweiz. Bauzeitung“ Bd. XXXVII, No. 16 bezw. 8, Aufsatz von Prásil: „Die Turbinen und deren Regulatoren an der Weltausstellung in Paris 1900“). Dabei sind noch nicht eingerechnet die Leitungslängen vom Zylinder zurück zur Steuerung und von da bis zum Unterwasser. Diese Längen kommen aber für die Beschleunigungsvorgänge auch mit in Betracht, sobald die Abflussleitung mit Wasser ausgefüllt ist. Bei kleineren Gefällen und wenn der Treibzylinder beträchtlich höher liegt als der Unterwasserspiegel wird man vielleicht auf die Saugwirkung der Abflussleitung auf den Kolben nicht verzichten, also dafür sorgen, dass diese ausgefüllt bleibt. Würde man die Auslasseite des Zylinders mit dem Turbinensaugrohr verbinden, so wären für die eigentliche Abflussleitung (mit engeren Querschnitten) nur kleine Längen nötig und daher der Beitrag des Abflusswassers zu den Beschleunigungsdrücken gering. Jedoch ist diese Anordnung nicht einwandfrei, da die Saugdrücke im Turbinensaugrohr mit den Füllungen schwanken. Im vorliegenden Falle sei angenommen, dass die Anschlusstelle der Regulatorleitung 1,5 m, und die Zylindermitte 0,5 m über dem Unterwasser liegen. Der statische Druck an der Anschlusstelle ist dann \frac{20-1,5}{10}=1,85\mbox{ kg/qcm.} 1. Der effektive (hydraulische) Druck po an der Anschlusstelle ist um den Betrag \frac{c^2}{2\,g\,\cdot\,10} kleiner, wenn c die Geschwindigkeit in der Turbinenleitung ist. Sei c im Maximum 1 m/Sek., so ist \frac{c^2}{2\,g\,\cdot\,10}=\,\sim\,\frac{1}{200}=0,005\mbox{ kg/qcm}, etn Betrag, der gegen 1,85 kg/qcm vernachlässigt werden darf, so dass po = 1,85 kg/qcm . . . . . 1) zu setzen ist. 2. Aus der Anordnung der Leitung (Fig. 8) folgt: Druckdifferenz zwischen Anschlusstelle und Unterwasser p_h=\frac{1,5}{10}=0,15\mbox{ kg/qcm} . . . . 2) Textabbildung Bd. 319, S. 292 Fig. 8. 3. Der Regulator soll eine Turbine mit Finkschen Drehschaufeln regulieren. Die Schaufeldrücke seien für die verschiedenen Schaufelstellungen ermittelt. Aus den resultierenden Drehmomenten an den Schaufeln und unter Berücksichtigung der Uebersetzungsverhältnisse im Reguliergetriebe ergäbe sich, dass für die normale Schaufelstellung (etwa Schaufel dreiviertel offen) der Treibkolben in der Schliessrichtung eine Verstellkraft Ki = 75 kg (abgesehen von Reibung im Getriebe) auszuüben habe. Zur Ueberwindung der Reibung sei ausserdem noch aufzuwenden die Kraft Kr = 45 kg, also insgesamt eine Verstellkraft K = Ki+ Kr = 75 + 45 = 120 kg. Für die Oeffnungsbewegung wirkt Ki im Sinne der Bewegung, die aufzuwendende Verstellkraft Ki ist daher negativ, Ki = – 75 kg. Dagegen bleibt Kr auch hier ein Widerstand in der Bewegungsrichtung, also Kr = + 45 kg, so dass für „Oeffnen“ gilt K = Ki + Kr = – 75 + 45 = – 30 kg. Wir wollen zunächst voraussetzen, dass der Antrieb der Drehschaufeln derartig erfolge, dass die erforderlichen Verstellkräfte am Kolben innerhalb eines grösseren Gebietes der Schaufelstellungen in der Nähe der normalen Stellung nur wenig veränderlich seien. Es darf dann für kleinere Füllungsänderungen in diesem Gebiete für jede der Bewegungsrichtungen K als konstant betrachtet werden; also für: „Schliessen“ K = konst. = 120 kg, „Oeffnen“ K = konst. = – 30 kg. Daraus folgt mit p_k=\frac{K}{F}: für \left{{"\mbox{Schliessen}"\ p_k=\mbox{ konst. }=\frac{120}{241,4}=0,497\mbox{ kg/qcm}}\atop{{"\mbox{Oeffnen}"\ p_k=\mbox{ konst. }=\frac{-30}{241,4}=0,124\mbox{ kg/qcm}}}\right\}\ 3) 4. Die Durchflusswiderstände. Für den Widerstand entsprechend der aufzuwendenden Geschwindigkeitshöhe w1 sei angenommen, dass die Abflussleitung in das Unterwasser eintauche. Es ist dann der Endquerschnitt der Leitung fe gleich dem Querschnitt des Untergrabens, also fe gegen f sehr gross, so dass w1 = ∾ 0 wird. Für die Widerstandshöhe infolge Reibung in der geradlinig gedachten Leitung w2 werden die Koeffizienten von Lang angewendet. Ist v1 =v2 = Geschwindigkeit in der Rohrleitung vom Durchmesser d, Länge l, so ist die Widerstandshöhe der Rohrleitung: w_{2_1}=\frac{{v^2}_1}{2\,g}\,\cdot\,\frac{l}{d}\,\cdot\,\alpha+\frac{{v^2}_1}{2\,g}\,\cdot\,\frac{l}{d}\,\cdot\,\frac{\beta}{\sqrt{v_1}}; dabei ist α = 0,02, \beta=\frac{0,0018}{\sqrt{d}} l = 5 m, d = 0,038 m; ferner v_1=\frac{v\,\cdot\,F}{f}=\frac{v\,241,4}{11,35}=v\,\cdot\,21,25; also w_{2_1}=\frac{v^2\,\cdot\,21,25^2\,\cdot\,5\,\cdot\,0,02}{19,62\,\cdot\,0,0381}+\frac{v^{\frac{3}{2}}\,(21,25)^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,5\,\cdot\,0,0092}{16,62\,\cdot\,0,0381}=v^2\,\cdot\,60,3+v^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,6,04. Die Widerstandshöhe w2 für den Zylinder ergibt sich entsprechend zu w_{2_z}=v^2\,\cdot\,0,0017+v^{\frac{2}{3}}\,\cdot\,0,00036, kann also gegen die der Rohrleitung vernachlässigt Werden, so dass insgesamt w_2=v^2\,\cdot\,60,3+v^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,6,04 gesetzt werden darf. Was die Richtungsänderungen in der Flüssigkeitsführung betrifft, so seien ausser unbeträchtlichen Biegungen der Röhren mit grösseren Krümmungsradien noch zwei Krümmer von 90° und 100 mm mittlerem Krümmungsradius vorhanden. Für diese beträgt die Widerstandshöhe (nach Weisbach) \begin{array}{rcl} w_3&=&\,\sim,\frac{2\,{v^2}_1}{2\,g}\,\cdot\,0,135\\ &=&\frac{2\,v^2}{2\,g}\,\left(\frac{F}{f}\right)^2\,\cdot\,0,135=\,\sim\,6,19\,v^2.\end{array} Die übrigen Biegungen seien dadurch berücksichtigt, dass wir den Betrag von 6,19 auf 6,5 v2 erhöhen. Die Widerstandshöhen infolge Richtungsänderungen im Steuerorgane werden mit dessen übrigen Widerstandshöhen unter Anwendung eines Gesamtwiderstandskoeffizienten zusammengefasst. Dieser sei für die vorliegende Ausführung der Steuerung bekannt; er betrage für volle Oeffnung der Steuerkanäle ∾ 2,5, so dass sich ergibt: Widerstandshöhe der Steuerung \begin{array}{rcl}w_s&=&2,5\,\frac{{v_1}^2}{2\,g}=2,5\,\left(\frac{F}{f}\right)^2\,\frac{v^2}{2\,g}=\frac{2,5\,\cdot\,21,25^2\,\cdot\,v^2}{2\,g}\\ &=&57,5\ v^2. \end{array}. Die Widerstandshöhen infolge Querschnittsänderungen der Leitung sind folgende: für Eintritt in die Leitung \frac{0,5\,v_1={v_1}^2}{2g}=\frac{v^2}{2g}\,\cdot\,0,5\,\left(\frac{F}{f}\right)^2 für Eintritt in den Zylinder \frac{(v_1-v)^2}{2\,g}=\frac{v^2}{2\,g}\,\left[\left(\frac{F}{f}\right)-1\right]^2 für Austritt aus dem Zylinder \frac{0,5\,{v_1}^2}{2\,g}=\frac{v^2}{2\,g}\,\cdot\,0,5\,\cdot\,\left(\frac{F}{f}\right)^2 für Eintritt in das Unterwasser \begin{array}{rcl}\frac{(v_1-0)^2}{2\,g}&=&\frac{v^2}{2\,g}\,\left(\frac{F}{f}\right)^2\\ w_4&=&\frac{v^2}{2\,g}\,\left[\left(\frac{F}{f}\right)^2\,(0,5+0,5+1)+\left(\frac{F}{f}-1\right)^2\right]\\ &=&\frac{v^2}{2\,g}\,[21,25^2\,\cdot\,2+(21,25-1)^2]\\ &=&v^2\,\cdot\,66,6. \end{array} Die Summe der Widerstandshöhen beträgt also: \begin{array}{rcl}w&=&w_1+w_2+w_3+(w_s)+w_1=0+v^2\,\cdot\,60,3+v^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,6,04+v^2\,(6,5+57,5+66,6)\\ &=&v^2\,\cdot\,(60,3+130,6)+v^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,6,04\\ &=&v^2\,\cdot\,190,9+v^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,6,04 \end{array}. Der entsprechende Druck in kg/qcm ist p_w=\frac{w}{10}, also p_w=v^2\,\cdot\,19,09=v^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,0,604 . . . 4) 5. Zur Ermittlung der Reibungswiderstände der Kolben- und Stopfbüchsendichtung sei gegeben: Breite der Kolbenliderung (Stulp) bKolben = 4 cm, Breite der Stopfbüchsenliderung (Stulp) bStopfbüchse = 2 cm Als Reibungskoeffizient der Dichtungen sei μ = 0,1 angenommen. Die Reibung der Dichtungen für den Fall, dass der Ueberdruck p zwischen den abzudichtenden Räumen gleich Null ist, sei zu vernachlässigen. Dann ist die Reibungskraft R = π . D . b . μ . p, wobei D = Durchmesser des Kolbens bezw. der Kolbenstange in cm. Der Ueberdruck p zwischen den Zylinderseiten ist die Differenz aus dem Druck pe der Einlasseite und pa der Auslasseite. pe ist nun gleich dem statischen Drucke in der Zylindermitte, p_0+\frac{h_c}{10}, vermindert um den Durchflusswiderstand pwe in kg/qcm der Leitung auf der Einlassseite bis zum Kolben, also p_e=p_0+\frac{h_a}{10}-p_{wa}. pa ist gleich dem statischen Drucke auf der Auslasseite des Kolbens, \frac{-h_e}{10}, vermehrt um den Durchflusswiderstand der Leitung von der Auslasseite des Kolbens bis zum Unterwasser, der mit pwa bezeichnet werde, also p_a=\frac{-h_a}{10}+p_{wa}. Folglich Ueberdruck p=p_o+\frac{h_e}{10}-p_{we}+\frac{h_a}{10}-p_{wa} =p_o+\frac{h_e+h_a}{10}-(p_{we}+p_{wa}) =p_o+\frac{h}{10}-p_w=p_0+p_h-p_w =1,85+0,15-(v^2\,\cdot\,19,09+v^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,0,604) =2-v^2\,\cdot\,19,09-v^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,13,6. also \begin{array}{rcl} R_{\mbox{Kolben}}&=&\pi\,\cdot\,18\,\cdot\,4\,\cdot\,0,1\,(2-v^2\,19,09-v^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,0,604)\\ &=&45,2-v^2\,\cdot\,431-v^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,13,6 .\end{array} In entsprechender Weise erhält man für die Reibung der Stopfbüchsen: P_{\mbox{Stopfbüchsen}}=4,77-v^2\,\cdot\,15,95-v^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,0,505. Also gesamte Reibung: R=49,97-v^2\,\cdot\,446,95-v^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,14,105. Daraus ergibt sich ein Druck P_p=\frac{R}{F=241,4}=0,207-v^2\,\cdot\,1,84 =v^{\frac{3}{2}}\,\cdot\,0,059 . . . . . . 5) 6. Die zu beschleunigende Flüssigkeitsmasse ist m_f=\frac{\gamma\,\cdot\,F}{g\,\cdot\,10000}\,\cdot\,\Sigma\,\frac{l_x}{f_x} =\frac{241,4}{9,81\,\cdot\,10}\,\cdot\,\Sigma\,\frac{l_x}{f_x}=2,46\,\cdot\,\Sigma\,\frac{l_x}{f_x} Für die Rohrleitung ist \frac{l_x}{f_x}=\frac{5}{11,35}=0,44, für den Zylinder: \frac{l_x}{f_x}=\frac{0,3}{241,4}=0,00124 also m_f=2,46\,\Sigma\,\frac{l_x}{f_x}=2,46\,(0,44+0,00124)=1,085 und p_{mf}=\frac{dv}{dt}\,\cdot\,1,085 . . . . . . . . . . 6) (Fortsetzung folgt.)