Titel: Allgemeine Betrachtungen über Krane und einige dazu gehörige Konstruktionen.
Autor: H. Rieche
Fundstelle: Band 319, Jahrgang 1904, S. 775
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Allgemeine Betrachtungen über Krane und einige dazu gehörige Konstruktionen. Von H. Rieche, Cassel. (Fortsetzung von S. 760 d. Bd.) Allgemeine Betrachtungen über Krane und einige dazu gehörige Konstruktionen. Kommt es nicht allzusehr auf vollständige Ausnützung der Höhe des Gebäudes an, so lässt sich durch Anwendung von Konstruktionen nach Fig. 11 an Anlagekosten sparen. Bedeutend sind diese Ersparnisse jedoch nicht. Sie betragen bei einem Laufkran von 30 t Last, unter Voraussetzung elektrischen Betriebs durch drei Motoren etwa 1/30 der Kaufsumme. Diese geringen Mehrkosten sollten nicht gescheut werden, denn es lässt sich niemals von vornherein bestimmen, ob die angenommene grösste Höhe der in der Werkstatt vorkommenden Arbeitsstücke auch in Zukunft ausreichen wird. Die Gebäudegeleise für den Laufkran müssen möglichst parallel angelegt werden. In vielen Fällen lassen sich die Schienen auf die Dauer nicht genau parallel halten. Die Ursachen dieser Erscheinung sind so mannigfaltig, dass an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen werden kann; immerhin sei auf ungleiche Fundamentsenkungen, einseitige Belastung des Daches durch Winddruck, Schnee usw. und einseitige Wärmeeinwirkung als Ursache dauernder oder zeitweiser Geleisverschiebungen hingewiesen. Die bisher üblichen maschinellen Krane haben durchgängig zwei- oder einbordige Kranlaufräder. Der Bord dieser Räder führt den Kran. Die Ungenauigkeiten inder Lage der Kranfahrschienen zu einander, sowie im Durchmesser der Laufräder und zuletzt das Vorlaufen der am wenigsten belasteten Kranseite, führen Klemmungen der Räderborde mit den Schienen herbei. Der Kraftverbrauch des Kranfahrwerkes kann auf diese Weise zeitweilig ganz bedeutend gesteigert werden. Ausserdem treten in solchen Fällen Spannungen in der Kranbrücke und der Gebäudekonstruktion, auf, die besser vermieden werden. Um diesen Uebelständen zu begegnen, werden Laufräder ohne Bord gewählt. Die Führung des Kranes erfolgt durch wagerechte Rollen, welche entweder an den Kranschienen oder aber, wie nach Fig. 12, an der Obergurtung der Geleisträger anlaufen. Die Räder werden so breit gehalten, dass die Unterschiede in der Lage der Krangeleise zu einander, ohne Einfluss sind. Die wagerechten Rollen können entsprechend nachgestellt werden. Besondere Vorkehrungen sind auch zu treffen für den Fall des Bruches einer wagerechten Rolle oder eines Laufrades. Zu diesem Zwecke sind an den Kopfstücken Führungsstücke angeordnet (Fig. 12), welche sich je nach Bruch eines Laufrades oder einer Führungsrolle auf die Schienen setzen, oder seitlich an den Schienen anlaufen. Dieselben Führungsstücke beseitigen sämtliche Hindernisse, welche durch Zufall, Fahrlässigkeit oder Absicht auf den Geleisen liegen. Entgleisungen sind folgedessen ausgeschlossen. Textabbildung Bd. 319, S. 776 Fig. 11. Laufkran mit obenlaufender Katze. In den letzten Jahren sind die Arbeitsgeschwindigkeiten ausserordentlich gesteigert worden. Zu diesen steht die zur Befestigung der Last an dem Kranhaken benötigte Zeit nicht immer im entsprechenden Verhältnis. Die Befestigung durch Schlingketten oder Seile ist in der Regel sehr zeitraubend, und bei grösseren Stücken ist eine ganze Anzahl Leute nötig. Eine Steigerung der Leistung der Krane kann, da die Geschwindigkeiten an vielen Stellen mit Rücksicht auf die gegebenen Verhältnissenicht weiter gesteigert werden können, nur durch Verkürzung der Anhängezeit erreicht werden. Auch dürfen die Gefahren nicht vernachlässigt werden, die mit unsachgemässer Anwendung der Schlingketten verbunden sind. In der Regel wird die Anschlingung der Lasten von Leuten ausgeführt die keine Ahnung haben, wie die einzelnen Stränge der Kette nach dem Anschlingen belastet sind. Insbesondere ist es nicht möglich, Stösse, die durch unsachgemässes Anschlingen auch nach vollständig angehobener Last auftreten können, gänzlich zu verhüten. Ist ein Seil- oder Kettenstrang durch unrichtige Lage zum Werkstück bis nahe an die Bruchgrenze beansprucht, so kann durch einen Stoss leicht eine Katastrophe herbeigeführt werden; wie denn auch durch den Bruch der Schlingketten häufiger Betriebsunfälle vorkommen. Hauptsächlich ereignen sich derartige Unfälle, wenn die sich unbeobachtet glaubenden Arbeiter gegen alle Vorschrift zu leichte Ketten nehmen. Diese Willkür bedeutet immer eine grosse Gefahr für die Arbeiter und darf in einem geordneten Betriebe nicht vorkommen. Schlingketten dürfen von den Arbeitern nur in Gegenwart eines sachkundigen Beamten benutzt werden und sollten aus den Betrieben nach Möglichkeit gänzlich verschwinden. Jedenfalls stehen die Bemühungen des Konstrukteurs, welcher den Kran möglichst betriebssicher herstellen will, und die Gründe, die in allererster Linie zur Anwendung der Drahtseile als Tragmittel der Last geführt haben, im unmittelbaren Gegensatz zur Verwendung von Schlingketten. Durch zweckmässige Anhängevorrichtungen kann die Leistungsfähigkeit der Anlage und die Sicherheit des Betriebes bedeutend erhöht werden, und lässt sich denkbar beste Ausnützung der Höhe des Gebäudes damit erreichen. Meistens ist es möglich, ein Arbeitsstück so einzurichten, dass es im Schwerpunkte ohne Ueberschreitung der zulässigen Materialspannungen angefasst werden kann, zum mindesten aber lässt es sich immer ermöglichen, das Werkstück an zwei nicht allzuweit voneinander entfernten Punkten anzufassen, die möglichst gleich weit vom Schwerpunkt entfernt liegen. Textabbildung Bd. 319, S. 776 Fig. 12. Führung und Sicherung an den Enden der Kranträger. Fig. 13 zeigt eine Anhängevorrichtung, wie sie in vielen Fällen zur Bedienung der Werkstücke genügen dürfte. Mit der dargestellten Anhängevorrichtung ist nur der Weg angedeutet, welcher allmählich zur gänzlichen Beseitigung der Schlingketten und damit zur grösseren Sicherheit des Betriebes führt. Textabbildung Bd. 319, S. 777 Fig. 13. Anhängevorrichtung. Kann die Last im Schwerpunkte gefasst werden, so kommen Scharniere a zur Verwendung, welche dem im Werkstück eingeschnittenen Gewinde entsprechen. Der Bolzen b, der die Scharniere a mit der Traverse c verbindet, wird, damit er nicht verloren gehen kann, mittels Kette an der Traverse c befestigt. Ist die Last in zwei Punkten anzufassen, so werden Scharniere d verwendet, die ihrerseits mit Bolzen e an den pendelnd aufgehängten Laschen f durch Ketten verbunden sind. Können z.B. in runde Achsen oder Walzen Gewinde nicht eingeschnitten werden, so lassen sich Schlingseile anwenden. Dieselben werden für die grösste Last bemessen. Die Kauschen passen genau auf die Traversenbolzen. Seile für geringere Lasten können nicht Verwendung finden, weil deren Kauschen entsprechend geringere Durchmesser haben. Bei Anwendung der beschriebenen oder ähnlichen Anhängevorrichtungen ist eine erhebliche Ueberlastung der einzelnen Glieder vollständig ausgeschlossen. Wie bereits an früherer Stelle bemerkt, ist es für den Kranführer stellenweise schwierig, die einzelnen Bewegungen rechtzeitig abzustellen. Infolgedessen brennen des öfteren Sicherungen durch. Die Stösse, welche die Triebwerke dabei erfahren, sind oft sehr erheblich und hängen ganz von der mehr oder weniger sachgemässen Montage der Sicherungen und deren Widerstandsfähigkeit ab. Glockensignale, welche die Grenze der wagerechten oder senkrechten Bewegung der Last andeuten, kommen infolge des Geräusches in der Werkstatt kaum zur Geltung und werden in den häufigsten Fällen nur dann beachtet,wenn die Aufmerksamkeit des Führers nicht völlig durch die Lastbewegung in Anspruch genommen ist. Bei den allgemein üblichen grossen Geschwindigkeiten ist es ausserdem erforderlich, die Glocken in grösserer Entfernung von den Bewegungsgrenzen anzubringen. Dadurch geht das Kennzeichen der eigentlichen Grenze verloren und der Führer ist gezwungen, insofern die Last seitlich und nach oben in die äusserste Lage gebracht werden soll, in vorsichtigster Weise zu arbeiten. Bei gesteigertem Betriebe lässt sich durch Glockensignale das Durchbrennen von Sicherungen und die damit verbundene Betriebsstörung nur unvollkommen verhüten. Besser erfüllen diesen Zweck zwangläufige Hebelgestänge, die die Anlasser der Motoren ausschalten, wenn die Bewegungsgrenze erreicht ist. Sie sind aber mit Rücksicht auf den komplizierten Mechanismus nicht angenehm. Ausserdem muss der Führer auch in diesem Falle sehr vorsichtig arbeiten, sobald der Haken in die Nähe der Endstellungen kommt. Die vorstehend erwähnten Unannehmlichkeiten fallen mit der Einschaltung einer gut wirkenden, nachgiebigen Kupplung fort. Dieselbe muss bei geringer Ueberlastung des Motors in Wirkung treten. In Fig. 14 ist eine derartige Kupplung dargestellt. Sie ist eingeschaltet in das grosse Rad eines Motorvorgeleges. 5–6 m Geschwindigkeit i. d. Sekunde am Umfang der ausweichbaren Zähne können mit Rücksicht auf die bei der Ausrückung auftretenden Stösse nicht überschritten werden, wenn die bei 1,5facher Probeanspruchung im Material auftretenden Spannungen Grenzwerte bleiben sollen. Textabbildung Bd. 319, S. 777 Fig. 14. Kupplung. Eine Kupplungshälfte erhält zahnartige Vertiefungen, in welche durch Federn angepresste Zähne der anderen Hälfte hineingreifen. Findet z.B. die Berührung der federnden Zähne mit den Vertiefungen unter einem Winkel von 45° statt, so erhalten die Federn bei gleicher Tragkraft und Anspannung eine Belastung gleich dem durch die Anzahl der beweglichen Zähne zu dividierenden Umfangsdrucke des Zahnkranzmittels. Hiervon ist in Abgang zu bringen die Reibung der beweglichen Zähne in ihren Berührungspunkten mit den zahnartigen Vertiefungen und die Reibung in den Führungen der Zähne selbst. Bei einem Reibungskoeffizienten = 0,1 beträgt dieser Abzug etwa 20 v. H. der theoretischen Federanpressung, wenn in allen Anlageflächen gleitende Reibung auftritt. Angenommen, der Reibungskoeffizient wäre veränderlich und höchstens = 0,2, so erfahren die Triebwerke eine Ueberlastung von etwa 20 v. H., ehe die Kupplung in Wirkung tritt. Diese äusserst ungünstige Annahme ergibt eine etwa um 20 v. H. schwankende Umfangskraft. Werden die Führungsstellen der beweglichen Zähne auf Kugeln oder Walzen gelagert, so kann der durch veränderliche Reibungswiderstände verursachte Ungenauigkeitsgrad auf 10–15 v. H. verringert werden. Stellvorrichtungen an den Federn ermöglichen genaue Einstellung der Kupplung auf den gewünschten Umfangsdruck und zwar unter Berücksichtigung der durch das Gleiten der beweglichen Zähne verursachten Reibungsverluste und der Nutzleistung der Triebwerke. Durch symmetrische Anordnung der beweglichen Zähne und gleichmässigen Anzug der Federn werden einseitige Drucke vollständig vermieden. Die Kupplung arbeitet infolge dessen ohne jeden Effektverlust. Die grossen Geschwindigkeiten, welche für moderne Krane je nach Art des Betriebes mit mehr oder weniger Berechtigung verlangt bezw. angeboten werden, bedingen ausserordentlich grosse Steuerfähigkeit für das An- und Abstellen der Bewegungen, wenn nicht der Vorteil der grossen Geschwindigkeiten und die grossen Anlage- und Betriebskosten zum Teil verloren sein sollen, Es ist also zunächst erforderlich, dass die Last durch Anlassen und kurz darauf erfolgtes Abstellen des Motors um wenige Zentimeter bewegt werden kann. Zu diesem Zwecke erhalten die Wendeschalter eine Anzahl Widerstandsstufen zur Regelung der Umdrehungszahl des Motors. Mit der Anzahl der Abstufungen steigt die Regelungsfähigkeit und damit die Möglichkeit, die Last kleinste Wege zurücklegen zu lassen. Je nach der Umdrehungszahl des Motors, der Geschwindigkeit der angehängten Last sowie der Gewichte und Geschwindigkeiten der sonstigen bewegten Teile ist die im Motoranker und in den Triebwerken vorhandene lebendige Kraft mehr oder weniger gross. Dieselbe ist jedoch immer so bedeutend, dass der Lasthaken nach Abstellung des Motorstroms verhältnismässig grosse Wege zurücklegt. Wenn nun auch aus voller Geschwindigkeit in möglichst kurzer Zeit und ohne schädlichen Stoss Stillstand der Triebwerke eintreten soll, so sind besondere Bremsvorrichtungen vorzusehen. Rein mechanische Bremsen bedingen in den häufigsten Fällen komplizierte Steuermechanismen und eine Anzahl Handgriffe, die ausser den Hebeln für die Anlasser der Motoren zu bedienen sind; sie kommen also kaum in Betracht. Am zweckdienlichsten wird der Nachlauf der Triebwerke durch Ankerbremsschaltung aufgehoben. Hierunter ist, wie allgemein bekannt, eine Schaltung verstanden, bei der der Anker des Motors, seine Magnetwicklung und ein Widerstand, in einen geschlossenen Kreis geschaltet ist. Der Motor wirkt sodann als Dynamo; der in dem Kreise fliessende Strom erzeugt ein der Ankerdrehrichtung entgegengesetztes Drehmoment, welches hemmend auf diese einwirkt. Bremskraft und Bremswiderstand sind von einander abhängig. Der Anlasswiderstand ist zugleich Bremswiderstand, und kann die Bremskraft je nach Anzahl der eingeschalteten Widerstände innerhalb weiterer Grenzen verändert werden. Für die Nachlaufbremsung der Horizontalbewegungen und der Hubbewegungen des Leerhakens genügt in der Regel eine Bremsstufe. Soll jedoch auch die Last vermittelst Ankerbremsschaltung gesenkt werden, so ist zweckmässig eine ganze Anzahl Bremsstufen vorzusehen. Mit Hilfe dieser Bremsstufen ist es möglich, die Lasten mit verschiedenen Geschwindigkeiten abzulassen. Für den Leerhaken und kleinere Lasten wird auf der Senkseite des Wendeschalters ein Kontakt vorgesehen, welcher den Motor im Sinne der Lastsenkung in Bewegung setzt, wenn das Triebwerk nicht von selbst abgeht. Textabbildung Bd. 319, S. 778 Fig. 15. Bremse. Hubwerke, deren Motoren mit Senkbremsschaltung versehen sind, erfordern zum Halten der Last eine besondere Bremse, die während der Bewegung vollständig gelüftet ist und sofort in Wirksamkeit tritt, wenn der Motor stromlos gemacht wird (Fig. 15). Die Bremse wird in der Regel durch einen Elektromagneten gelüftet, der mit dem Motorstromnetz nicht in unmittelbarer Verbindung steht. Letzterer erhält Strom und wird stromlos gleichzeitig mit dem Motor. Von der Motorleitung unabhängige Magnete vorausgesetzt, empfiehlt es sich, ausserdem Vorkehrungen derart zu treffen, dass nicht etwa der Motor während der Hubbewegung durch irgend einen Zufall stromlos wird (Drahtbruch, Lösung einer Verbindung und dergl.), während der Bremsmagnet Strom behält. Angenommen, der Bremsstromkreis wird während der Senkbewegung durch Drahtbruch oder Lösung einer Verbindung plötzlich unterbrochen, so wird der Elektromagnet nicht stromlos und kann das Abstürzen der Last nur auf mechanischem Wege, entweder durch rechtzeitiges Ausrücken des Wendeschalters oder aber durch selbsttätige rechtzeitige Stromunterbrechung des Bremsmagneten vermieden werden. Häufig werden zur grösseren Sicherheit Zentrifugalmechanismen empfohlen. Entweder sind Zentrifugalbremsen zur Verhütung plötzlichen Absturzes der Last, oder aber Zentrifugalregulatoren vorgeschlagen, welch letztere bei einer bestimmten Geschwindigkeit den Stromkreis des Bremsmagneten unterbrechen. Dieselben Apparate würden auch in Wirksamkeit treten, wenn der Motor während der Hubbewegung plötzlich stromlos wird. Wenn Zentrifugalapparate mit hinreichender Sicherheit wirken sollen, müssen sie auch bei gewöhnlichen Geschwindigkeiten in Tätigkeit treten und verringern dadurch in der Regel die Nutzleistung der Anlage, oder aber sie wirken erst nach Ueberschreitung der grössten Umdrehungszahl. Im letzten Falle hat sich der Apparat in der Regel entweder ganz festgesetzt oder er wirkt erst bei so hoher Geschwindigkeit, dass der Nutzen fragwürdig ist. Es sollte deshalb von derartigen Zentrifugalmechanismen Abstand genommen werden. Der beste Schutz gegen die Gefahren der Stromunterbrechungen, Drahtbrüche usw. liegt ohne Zweifel in der richtigen Bemessung der Drähte und Verbindungen, bester Arbeit und bestem Material an den gefährlichen Stellen. Die Sicherheit ist sodann ebenso gross als beiirgend einem anderen Elemente des Krans. Wollte man besondere Schutzvorrichtungen für notwendig erachten, so müssten solche auch gegen Bruch von Achsen, Zahnrädern, Bolzen usw. getroffen werden. (Schluss folgt.)