Titel: Beiträge zur Bestimmung der Ein- und Austrittsgrössen von Turbinenlaufrädern auf Grund experimenteller Untersuchung.
Autor: Camerer
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 51
Download: XML
Beiträge zur Bestimmung der Ein- und Austrittsgrössen von Turbinenlaufrädern auf Grund experimenteller Untersuchung. Von Professor Dr. phil. Dr. Ing. Camerer, München. (Fortsetzung von S. 817, Bd. 319.) Beiträge zur Bestimmung der Ein- und Austrittsgrössen von Turbinenlaufrädern usw. Die Anwendung der Hauptgleichung auf die Bremsergebnisse. Textabbildung Bd. 320, S. 50 Fig. 9. Bremskurve η = f (Q) für n = 196. Textabbildung Bd. 320, S. 50 Fig. 10. Zur Untersuchung wurden mir ausgiebige und genaue Versuchsergebnisse einer Versuchsturbine der Firma Briegleb, Hansen & Co. in freundlichster Weise zur Verfügung gestellt. Die Versuche, die ich selbst in Sundhausen abgenommen hatte, lassen den Zusammenhang zwischen Umdrehzahlen, Wassermengen und Wirkungsgraden genau erkennen. Hier unten sollen die Werte der Wirkungsgrade und Wassermengen bei einer konstanten Umdrehzahl, wie sie in beigefügter Kurve (Fig. 9) zum Ausdruck kommen, zugrunde gelegt werden. Die Versuchsturbine ist eine Francisturbine, deren Laufrad (Fig. 10) über die Eintrittsbreite konstante, über die Austrittsbreite aber recht verschiedene Schaufelwinkel und Umfangsgeschwindigkeiten aufweist. Textabbildung Bd. 320, S. 50 Fig. 11. Das Laufrad kann noch, im Gegensatz zu der erweiterten Schnelläuferform, durch den Leitraduntersatz nach oben hindurchgeführt werden, besitzt aber trotzdem eine sehr hohe spezifische Umdrehzahl (Us = 222)Ich bezeichne mit Us die in 1 m Gefälle erzielte Umdrehzahl einer gleich gebauten und so gross bemessenen Turbine, dass in 1 m Gefälle 1 PS geleistet wird. und, was für die späteren Untersuchungen von Bedeutung sein wird, im Austrittsbereich eine erhebliche Erweiterung der Austrittsbreite B2. Textabbildung Bd. 320, S. 51 Fig. 12. Abhängigkeit der Diagrammseite V d von der Wassermenge unter Annahme des Austrittspunktes 2 in der Schaufelöffnung. a) bei hydraulischem Wirkungsgrad Die Anwendung der Hauptgleichung soll der Einfachheit wegen und zur Vermeidung jeder rechnungsmässigen Vernachlässigung auf graphischem Wege nach meinen in D. p. J. 1902, 317, S. 677 und 693, beschriebenen DiagrammenAuch im Buchhandel zu beziehen: „Neue Diagramme zur Turbinentheorie“. Dietze. Berlin, 1902. erfolgen. Ich muss mich hier beschränken darauf hinzuweisen, dass die Hauptgleichung, welche ja aus einer Summe von Quadraten besteht, durch eine wiederholte Anwendung des Pythagoräischen Lehrsatzes in fünf rechtwinklige Dreiecke zerlegt wurde, welche in der in Fig. 11 gezeichneten Weise übereinander gelegt die Diagramme darstellen. Man erkennt gleichzeitig, wie das Ein- und Austrittsdreieck sich in einfacher Weise mit dem Diagramm vereinigen lässt. Infolge der verschiedenen Winkel-, Umfangs- und Wassergeschwindigkeiten im Austrittsprofil kann eine summarische Behandlung der gesamten Wasserfäden von vornherein nicht stattfinden. Textabbildung Bd. 320, S. 52 Fig. 13. Abhängigkeit der Diagrammseite V d von der Wassermenge unter Annahme des Austrittspunktes 2 in der Schaufelöffnung. b) bei hydraulischem Wirkungskrad. Man ist vielmehr gezwungen, das Austrittsprofil in einzelne Wasserstrassen zu teilen, deren Breite so gering ist, dass jeweils Umfangsgeschwindigkeit, Austrittswinkel und Breite annähernd konstant gesetzt werden können. So sind nach Fig. 11 sechs Wasserstrassen oder Teilturbinen so eingezeichnet worden, dass sie bei der Wassermenge, wo die relative Austrittsgeschwindigkeit v2 gleich der Umfangsgeschwindigkeit u2 wird, gleich viel Wasser führen. Diese Wasserstrassen sind für die ganze Betrachtung beibehalten, obwohl sie natürlich bei anderen Wassermengen nicht mehr je gleichviel Wasser führen und infolgedessen auch die Richtung der Begrenzungsstrahlen ändern sollten. Der Fehler wird aber sehr klein, weil nur das letztere eine Ungenauigkeit hervorruft, und weil dieselbe nur von einer kleinen Aenderung des Kosinus eines grossen Winkels herrührt. Da wir nun aber aus den Bremsergebnissen nur die Gesamtwassermengen mit ihren zugehörigen Wirkungsgraden kennen, ist es nötig, zur richtigen Verteilung der Wassermenge auf die Wasserstrassen über deren gegenseitige Beziehungen einige Annahmen zu machen. So werde vorausgesetzt: 1. dass bei den konstanten Schaufelwinkeln und Umfangsgeschwindigkeiten im Laufradeintritt auch die Geschwindigkeitsdreiecke der einzelnen Wasserstrassen, die mit der Schaufelrichtung im allgemeinen nicht genau übereinstimmen werden, unter sich gleich sind; Textabbildung Bd. 320, S. 53 Fig. 14. Abhängigkeit der Diagrammseite V d von der Wassermenge unter Annahme des Austrittspunktes 2 in der Schaufelöffnung. c) bei hydraulischem Wirkungsgrad. 2. dass bei einer bestimmten Beaufschlagung der Turbine jede Wasserstrasse mit gleichem hydraulischen Wirkungsgrad arbeitet. Diese beiden Voraussetzungen bedingen nun einen zweifach indirekten Weg zur Lösung der gestellten Aufgabe, da wir für eine bestimmte Gesamtwassermenge zunächst ihre Verteilung auf die einzelnen Wasserstrassen und deshalb auch für eine gewisse Wassermenge einer einzelnen Wasserstrasse den Wirkungsgrad nicht kennen, der nötig wäre, um ihr Diagramm zu zeichnen. Immerhin macht die Lösung auf graphischem Wege keine weitere Schwierigkeit, indem man einfach für beliebig gewählte Wirkungsgrade und Wassermengen die Diagramme zeichnet und die gewonnenen Abhängigkeiten in Kurven aufzeichnet, welche schliesslich eine einfache Interpolation der Versuchswerte zulassen. Der Gang war in Kürze der folgende: 1. Unter Annahme, dass der hydraulische Wirkungsgrad η 3 v. H. grösser sei als der effektive e der Bremsung, und in Erwägung, dass die zu untersuchenden Bremsergebnisse sich zwischen 77 v. H. und 83 v. H. abspielen, wurden Diagramme der einzelnen Wasserstrassen je für η = 80 v. H., 83 v. H. und 86 v. H. gezeichnet. Daraus ergab sich in den Fig. 12, 13 und 14 die erste Diagrammseite Wd von der Grösse \sqrt{2\,g\,H\cdot \eta}. (Vergleiche wegen der Bezeichnungen Fig. 11.) 2. Nun wurde der Austrittswinkel β2 in Mitte jeder Wasserstrasse bestimmt, m den Diagrammen von d an abgetragen und auf dieser Richtung wurden beliebig gewählte relative Austrittsgeschwindigkeiten v2 angetragen, die mit den zugehörigen Umfangsgeschwindigkeiten u2 die Austrittsdreiecke und absoluten Austrittsgeschwindigkeiten w2 lieferten. Textabbildung Bd. 320, S. 54 Fig. 15. Zusammengesetztes Diagramm für die Summe der Wasserstrassen bei den Wirkungsgraden des Bremsberichtes unter Annahme des Austrittspunktes 2 in der Schaufelöffnung. Textabbildung Bd. 320, S. 54 Fig. 19. Zusammengesetztes Diagramm für die Summe der Wasserstrassen bei den Wirkungsgraden des Bremsberichtes unter Annahmen des Austrittspunktes 2' 2 im Schaufelende. 3. Durch Antragen der w2 von d aus nach e ergaben sich die Strecken \overline{W\,e}, die vom Endpunkt der Umfangsgeschwindigkeit u1 in a abgetragen, die Punkte U finden lassen, indem \overline{U\,a}=\overline{W\,e}. 4. Macht man nun \overline{V\,g}=\overline{U\,f}, wobei \overline{dg}=v_2, so ergeben sich die Punkte V, welche den jeweilig zuerst gewählten Austrittsgeschwindigkeiten und somit, da die Querschnitte der Wasserstrassen bekannt sind, auch den Wassermengen unter Voraussetzung eines bestimmten hydraulischen Wirkungsgrades entsprechen. 5. Um diese Abhängigkeit leicht kenntlich und eine leichte Interpolation möglich zu machen, wurden von jedem Punkt V die entsprechenden Wassermengen wagerecht aufgetragen, was auf die eingezeichneten mit ΔQ bezeichneten Kurven führt; womit der erste Teil der Aufgabe erledigt ist. Textabbildung Bd. 320, S. 55 Fig. 16. Abhängigkeit der Diagrammseite V d von der Wassermenge unter Annahme des Austrittspunktes 2' im Schaufelende. a) bei hydraulischem Wirkungsgrad. 6. Der zweite Teil besteht nun darin, zunächst die zusammengehörigen Wassermengen herauszugreifen. Das geschieht auf Grund der zu Anfang gemachten Annahme, dass jeweils die Eintrittsgeschwindigkeitsdreiecke konstant sein sollen. Konstanten Eintrittsdreiecken entspricht aber je ein Punkt V. Man hat also nur die Wassermengen für gleiche Punkte V zu addieren, was in einfachster Weise durch beliebig gezogene Wagerechte geschieht, um in Fig. 15 die Abhängigkeit der Gesamtwassermengen von den Punkten V bezw. den Eintrittsdreiecken angeben zu können. 7. Diese Kurven gelten aber nur für je einen konstanten Wirkungsgrad (80 v. H., 83 v. H. und 86 v. H.) Entnimmt man nun, und das ist der dritte Schritt, aus der Wirkungsgradkurve des Bremsberichtes (Fig. 9), die den betreffenden Wirkungsgraden zugehörigen Wassermengen und verbindet die denselben entsprechenden Punkte der vorhin angetragenen Kurven zu einer neuen Kurve, so gibt diese schliesslich die gewünschte Abhängigkeit zwischen der Wassermenge Q und V bezw. dem Eintrittsdreieck bei den Wirkungsgraden des Bremsberichts. Diese ganze Untersuchung ist nun unter zwei verschiedenen Annahmen durchgeführt worden. Nach der ersten (Fig. 1215) war der Austrittspunkt in der Mitte des Austrittsquerschnitts bei Punkt 2 (s. Fig. 1, S. 818, Bd. 319) angenommen und der Querschnitt für a2 bestimmt. Im zweiten Fall dagegen (Fig. 16, 17, 18 und 19) im Schaufelende bei 2', womit geänderte Schaufelwinkel, Querschnitte und Umfangsgeschwindigkeiten verknüpft waren. Dabei war a2 + s2 der Querschnittsberechnung zugrunde gelegt. Textabbildung Bd. 320, S. 56 Fig. 17. Abhängigkeit der Diagrammseite V d von der Wassermenge unter Annahme des Austrittspunktes 2' im Schaufelende. b) bei hydraulischem Wirkungsgrad. Um ein Bild davon zu gewinnen, in welchem Mass die gefundenen Q-Kurven unter den gemachten Voraussetzungen der Hauptgleichung genügen, ist in den Fig. 15 und 19 die Q-Kurve eingezeichnet worden, die die Wassermengen bei dem wirklichen Schaufelwinkel von 82° zeigt. Sie ergibt sich ohne weiteres, indem man für beliebige Wassermengen die senkrechte Eintrittsgeschwindigkeit c1 anträgt, wodurch die Höhe des Eintrittsdreieckes und daher durch Länge u1 und Winkel β1 dieses selbst gegeben ist. Macht man nun \overline{b\,d}=v_1 und \overline{V\,b}=w_1 (vergl. Fig. 11), so sind die den betreffenden Wassermengen entsprechenden Punkte V bestimmt. Man erkennt, dass die so gefundene Q-Kurve von den aus den Bremsergebnissen konstruierten nicht erreicht wird. Letztere liegen tiefer, was kleineren Winkeln β1 entspricht. Konstruiert man daher noch zum Vergleich die Q-Kurven für β1 = 70° und β1 = 60°, so erkennt man, dass die Q-Kurve der Bremsergebnisse für die Schaufelöffnung berechnet sich bis zu 63° erhebt, während die auf Grund des Schaufelendes berechnete Q-Kurve etwa einen Winkel von 68° erreicht. Textabbildung Bd. 320, S. 57 Fig. 18. Abhängigkeit der Diagrammseite V d von der Wassermenge unter Annahme des Austrittspunktes 2' im Schaufelende. c) bei hydraulischem Wirkungsgrad. Man wird somit hier auf eine entschieden bessere Uebereinstimmung zwischen Theorie und Bremsung geführt, wenn das Schaufelende, als wenn die Mitte der Austrittsöffnung der Berechnung der Austrittsverhältnisse zugrunde gelegt wird. Dass die gefundene Q-Kurve in Form und Lage nicht genau mit der für konstante Winkel konstruierten übereinstimmt, findet eine einfache Erklärung darin, dass ja die der ganzen Untersuchung zugrunde gelegte konstante Umdrehzahl nur die mittlere günstigste Umdrehzahl darstellt. Wird die Wassermenge von der vollen Beaufschlagung an verringert, so steigt zunächst die günstigste Umdrehzahl, um dann bei stark verminderter Wassermenge beträchtlich herabzugehen, was, wie leicht einzusehen, den tatsächlichen Eigenschaften der gerechneten Q-Kurve entspricht. (Schluss folgt.)