Titel: Der elektrische Kohlelichtbogen im Vakuum.
Autor: A. Hoerburger
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 228
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Der elektrische Kohlelichtbogen im Vakuum. Ein Beitrag zur Kenntnis des Lichtbogens. Von Dr. A. Hoerburger, Ingenieur, Berlin. (Fortsetzung von S. 203 d. Bd.) Der elektrische Kohlelichtbogen im Vakuum. Nach Abschluss dieser Arbeit erhielt ich noch Kenntnis von einer Veröffentlichung über den elektrischen Lichtbogen von C. D. Child,The Physical Review. American Physical Society. CI. Aug. 1904. Volume XIX, No. 2, S. 117. der sich zum Teil mit den gleichen Fragen beschäftigt, wie sie in der vorliegenden Untersuchung angestellt sind. Der Verfasser hat in dem ersten kleineren Teile seiner Arbeit die Spannungsverhältnisse in einem Kohlelichtbogen bei vermindertem Druck mit Platin- und Kohlesonden untersucht. Seine für die Gesamtspannung am Lichtbogen gefundenen Werte bei abnehmendem Druck von einer Atmosphäre bis 2 mm Hg. stimmen mit Berücksichtigung der veränderten Verhältnisse (10 Ampere, 11 mm Durchmesser der Kohle) ganz gut mit den in dieser Arbeit erhaltenen Werten und die Kurve der Spannung bei abnehmendem Druck zeigt den gleichen Verlauf. Wie sich aus der gegebenen chronologischen Zusammenstellung der mir bekannt gewordenen Arbeiten ergibt, sind über den Lichtbogen im Vakuum viele und eingehende Untersuchungen angestellt worden, jedoch fehlen über den Kohlelichtbogen bei niedrig gespanntem Gleichstrom Werte der Spannung bei verschiedenem Druck zwischen einer Atmosphäre und einem dem Vakuum möglichst nahekommenden Drucke. Die Untersuchung dieser Frage, wie sich der Spannungsverlust beim Kohlelichtbogen mit abnehmendem Druck bei konstantem Strom und konstanter Elektrodenentfernung ändert, schien mir wichtig genug zu sein, um die Messungen von Duncan, Rowland und Todd in dem Bereiche zwischen 0 und einer Atmosphäre unter möglichst gleichen Bedingungen zu wiederholen und eventuell zu berichtigen. Um den Lichtbogen bei vermindertem Druck untersuchen zu können, schloss ich ihn nach dem Beispiele von Stenger in eine Glaskugel ein (vergl. Fig. 1); zu diesem Zwecke liess ich mir an einen möglichst grossen sogenannten Röntgenkolben von 180 mm Durchmesser mit einem zylindrischen Tubus von 42 mm innerem Durchmesser und 65 mm Länge, diesem gegenüber liegend einen zweiten zylindrischen Tubus von 25,5 mm innerem Durchmesser und 150 mm Länge ansetzen, ferner ein dünnes Rohr zur Verbindung mit der Luftpumpe. Als Elektroden dienten Homogenkohlen, Marke A, von Gebrüder Siemens, Charlottenburg, mit einer Länge von 155 mm und einem Durchmesser von 7 mm für die positive und 6 mm für die negative Elektrode. Die positive Kohle wurde in eine Metallhülse gesteckt, an welche ein starker Platindraht hart angelötet war; die negative Kohle wurde gleichfalls in eine Metallhülse gesteckt, diese aber war in einem kleinen abgedrehten Eisenzylinder von 30 mm Länge und 25 mm Durchmesser befestigt. An diesen Eisenkörper war eine sehr elastische Kupferdrahtspirale angelötet und an das Ende des Kupferdrahtes ein gleiches Stück Platin wie oben. Mittels dieser Platindrähte wurden dann beide Elektroden in den Boden von Glasröhren von etwa 25,5 mm innerem Durchmesser und 80 mm Länge luftdicht eingeschmolzen. Da die innere Glaswand der Kugel nach jedem Versuche mit einer beinahe undurchsichtigen Schicht von feinstem Kohlestaub bedeckt war, und daher jedesmal vor einem neuen Versuch teils mechanisch, teils mit Salpetersäure, oder wenn der Beschlag nach einzelnen sehr lange währenden Versuchen sich gar nicht lösen wollte, mit verdünnter Flussäure gereinigt werden musste, so konnten die Glasröhren mit den Elektroden nicht ein für allemal mit den Tubussen der Glaskugel verschmolzen werden, sondern es musste eine lösbare Verbindung vorgesehen sein. Von Quecksilberverschlüssen, wie sie Stenger verwendete, sollte abgesehen werden, um nicht bei der zu erwartenden Erwärmung Quecksilberdämpfe im Inneren der Glocke zu erhalten. Ich benutzte daher grosse konische Gummistopfen, die 50 mm Länge, unten 39 mm, oben 46 mm Durchmesser und eine Bohrung von 26 mm hatten. Die Glasröhre mit der negativen Elektrode wurde stumpf an den engeren Tubus der Glasglocke angesetzt und über die Verbindungsstelle ein solcher Gummiring geschoben, die andere Glasröhre mit der positiven Kohle wurde in den Gummistopfen eingeschoben und dieser dann in den weiteren Tubus eingesetzt. Wenn der Gummi mit einer Spur von wasserfreiem Glyzerin eingefettet war, so wurde ein luftdichter Abschluss erreicht. Allerdings hatte diese Verbindungsart den Nachteil, dass der Gummi beim Pumpen eine grosse Menge Luft abgab, so dass bei dem grossen Inhalte des zu evakuierenden Raumes von etwa 4000 ccm die Dauer des einzelnen Versuches bis über vier Stunden verlängert wurde. Der Eisenkörper mit der negativen Kohle war in dem genau zylindrischen Glasrohr an der Kugel gerade noch beweglich, so dass die Elektrode eine gute Führung hatte, und ihre Spitze nur ganz wenig von der Senkrechten abweichen konnte. Um nun den Lichtbogen durch Kontakt der beiden Kohlen einleiten und jede beliebige Entfernung der Elektroden einstellen zu können, war aussen auf dem Glasrohr eine auf einem Pappespulenkasten aufgewickelte Drahtspule aus Kupferdraht verschieblich angeordnet. Die Stromstärke darin war so bemessen, dass der kleine Eisenzylinder gerade freischwebend gehalten wurde und jeder Bewegung genau folgte, Durch Versuche wurde festgestellt, dass eine Einwirkung der magnetischen Kraftlinien auf den Lichtbogen selbst bei doppelt so grossem Strome nicht nachzuweisen war. Wenn nämlich die negative Kohle durch ein Glasstäbchen an einer Bewegung nach i unten gehindert war, so dass der Kohlenabstand sich nicht vergrössern konnte, so war eine Einwirkung auf den Lichtbogen beim Ein- und Ausschalten des Solenoides nicht zu erkennen. Es änderte sich weder das Aussehen des Lichtbogens, noch auch die Spannung an demselben auch nur um Bruchteile von Volt. Eine Einwirkung liess sich erst nachweisen, als zur Kontrolle statt der Kohle Eisenstäbe als Elektroden gewählt waren. Zur Verbindung des Glaskolbens mit der Pumpe diente ein kurzer Gummischlauch von 10 mm Wandstärke, da eine gewisse Beweglichkeit des Kolbens immer nötig und eine häufige Trennung erforderlich war. Als Luftpumpe diente eine selbsttätige Quecksilberstrahlpumpe, wie sie Professor ZehnderAnnalen der Physik und Chemie, IV, 10, 1903, S. 623. als sehr vereinfachte Kahlbaumsche Pumpe angibt, und zur Herstellung des Vorvakuums eine Wasserstrahlpumpe. Die Messung des in der Glaskugel herrschenden Druckes erfolgte bis zu 4 mm Hg. mit einem Quecksilbermanometer, wobei mit Rücksicht auf Schnelligkeit der Messung die durch Vorversuche festgestellten Marken bei bestimmten Drucken benutzt wurden. Unterhalb 4 mm Hg. geschah die Druckmessung mit einem MacLeodschen Volumometer; um aber sicher zu sein, dass der gemessene Druck wirklich dem in der Kugel herrschenden entsprach, war die Verbindung zum Manometer möglichst nahe der Glaskugel gewählt. Zur Bestimmung der Grösse des elektrischen Stromes diente, da nur konstante Ströme von 6 Ampere in Betracht kamen, ein grösseres Vorlesungsinstrument nach d'Arsonvalschem Prinzip, das für den in Betracht kommenden Messbereich öfter durch Vergleich mit einem Siemensschen Präzisionsmillivoltmeter mit Nebenschluss geprüft wurde. Die Messung der Spannung am Lichtbogen geschah mit einem Siemensschen Präzisionsvoltmeter, mit einem Messbereich von 0–150 Volt, einem inneren Widerstände von 11010 Ohm und mit nahezu aperiodischer Zeigereinstellung. Textabbildung Bd. 320, S. 229 Fig. 1. Schematische Leitungsskizze. Textabbildung Bd. 320, S. 229 Fig. 2. Versuchsanordnung. Die Messung des Elektrodenabstandes wurde durch folgende Anordnung ermöglicht: Eine photographische Kamera wurde auf doppelte Brennweite ausgezogen und hier festgestellt, so dass also die Abbildung auf der Mattscheibe in natürlicher Grösse geschah. Wurde nun durch Bewegung der ganzen Kamera der Lichtbogen scharf eingestellt, so konnte die Messung der Lichtbogenlänge auf der Mattscheibe geschehen. Als Lichtbogenlänge wurde nach der Definition von H. Ayrton der vertikale Abstand zwischen der Kante des Kraters an der positiven Kohle und der Spitze der negativen Kohle angesehen. Da jedoch mit fortschreitender Verdünnung der Lichtbogen das Bestreben zeigte, nicht an der Spitze der negativen Kohle, sondern etwas seitlich seinen Ausgangspunkt zu nehmen, so wurde in solchen Fällen die Länge von der Mitte des punktförmigen Ansatzes aus gemessen. Fig. 1 gibt eine schematische Leitungsskizze, aus der die Verbindung mit den Instrumenten und Widerständen ersichtlich ist, ferner die Anordnung der Kohlen und Dichtungen in der Glasglocke. Fig. 2 gibt ein Bild der gesamten Versuchsanordnung. Links in der Ecke ist die Wasserstrahlpumpe, sodann ist die Quecksilberpumpe mit den beiden Manometern, daneben auf dem Marmortisch der Glaskolben mit der Magnetspule zu sehen. Die hinter den beiden Instrumenten Amperemeter und Voltmeter stehende Glühlampe ist der Vorschaltewiderstand für die Magnetspule zur Hebung des Eisenkerns. Die Glühlampen rechts sind parallel zum Regulierwiderstand geschaltet und dienen zum genauen Einregulieren der Stromstärke des Lichtbogens. Da die Versuche möglichst einfach und leicht zu wiederholen und nachzuprüfen gestaltet werden sollten, wurde von einer Füllung des Kolbens mit einem bestimmten chemisch reinen Gase abgesehen und nur die vorhandene Luftfüllung benutzt. Wurde sogleich nach dem Entzünden der Kohlen begonnen auszupumpen, so traten in der Folge verschiedene unangenehme Erscheinungen auf: 1. verbreitete sich die Erwärmung nur allmählich, infolge dessen stieg der Druck langsam. 2. verbrannten während des Versuches die Kohlen ziemlich rasch und die Lichtbogenlänge musste immer von neuem wieder einreguliert werden. 3. zeigte sich bei vorgeschrittener Verdünnung infolge des noch vorhandenen Sauerstoffes um den Lichtbogen eine stark russende rötliche Flamme, die stark vergrösserte Aureole, die an der inneren Glaswand einen stark trübenden Niederschlag absetzte und so die Beobachtung erschwerte. Textabbildung Bd. 320, S. 230 Fig. 3. Textabbildung Bd. 320, S. 230 Fig. 4. Es hatte sich als vorteilhaft erwiesen, den Lichtbogen ungefähr eine halbe Stunde lang bei gewöhnlichem Druck in der von der äusseren Luft abgesperrten Glocke brennen zu lassen und dann erst mit den Beobachtungen zu beginnen. Der Sauerstoff schien dann völlig an den glühenden Kohlen verbraucht zu sein, wenigstens waren die oben angeführten Misstände verschwunden. Gleichzeitig hatte sich auch das Aussehen des Lichtbogens etwas geändert. Während sich bei Anwesenheit von Sauerstoff ebenso wie in freier Luft um den leuchtenden hellblauen Kern durch eine dunkle Zone getrennt eine grünlich leuchtende Aureole anschliesst, die Verbrennungs- und Oxydationszone des Kohlendampfes (s. Fig. 3)Diese sowie die folgenden Bilder sind photographische Aufnahmen meistens in natürlicher Grösse. Die Platten waren zur Vermeidung eines Lichthofes mit einem Rotlack hinterstrichen. Die Expositionszeit betrug ungefähr 1/30 Sekunde. Als Objektiv wurde ein Zeissscher Doppelanastigmat verwendet, der sich als völlig frei von störenden Lichtflecken gezeigt hatte, mit einer Brennweite von 140 mm und einem Oeffnungsverhältnis f/6,3. Je nach der mehr oder minder grossen Helligkeit wurde bis f/22 abgeblendet. Um die Helligkeitswerte der Erscheinung richtig wiederzugeben, wurde vor das Objektiv noch ein Aarlandsches Kontrastfilter β von Vogtländer gesetzt. Das auf einigen Bildern erscheinende zweite Bild von einem Lichtbogen ist das von der inneren Glaswand der Hohlkugel gebildete reelle Spiegelbild.Elektrodenabstand in mm = L Druck in mm Hg = p, Spannung in Volt = Ep, Stromstärke in Ampere = I., geht der Lichtbogen nach längerer Brenndauer in völlig abgeschlossenem Raume in die Form der Fig. 4 über, wo eine solche Verbrennungszone vollständig fehlt. Gleichzeitig ist aber auch die Spannung um einige Prozent gestiegen, so dass die für Atmosphärendruck (720 mm Hg.)Der Wert von 720 mm Hg ergibt sich aus der Höhenage von München 560 m ü. N. gefundenen Spannungswerte gegenüber den von Hertha Ayrton bei Homogenkohlen und 6 Ampere Stromstärke experimentell bestimmten und aus der Formel Ep=38,88+2,074\cdot L+\frac{11,66+10,54\cdot L}{J}=40,83+3,83\cdot L (für J = 6 Amp.) berechneten Spannungswerten zu hoch erscheinen. Die Form des Lichtbogens von Fig. 4 bleibt bei abnehmendem Druck bis gegen 10 mm Hg. beinahe unverändert erhalten. So zeigt Fig. 5 den Lichtbogen bei 15 mm Hg. Ein Unterschied lässt sich nur an den Kohlen nachweisen und zwar an der positiven, die nicht mehr so intensiv zu glühen scheint, und an der negativen, deren vorher ganz glatte Oberfläche sich immer mehr und mehr aufzurauhen beginnt. Während dieser Periode brennt der Lichtbogen völlig ruhig, Strom und Spannung sind exakt abzulesen. Textabbildung Bd. 320, S. 230 Fig. 5. Vermisst wird an der positiven Kohle die Bildung eines Kraters, der hier genau wie bei den Bogenlampen mit eingeschlossenem Lichtbogen völlig ausbleibt; die untere Fläche der Kohle ist horizontal; auf der weissglühenden Kohle markiert sich bei Beobachtung durch ein dunkles Glas der Ansatz des Lichtbogens durch einen noch viel heller als die Umgebung glühenden etwa 2 mm im Durchmesser grossen Fleck, der seine Stellung ganz langsam verändert. Während dieser Periode von Atmosphärendruck bis 10 mm Hg. nimmt die Spannung am Lichtbogen konstant ab, und zwar um etwa 16–18 Volt, so zwar, dass bei konstantem Arbeiten der Pumpe das Voltmeter konstant fällt. Da sich nun mit einem abnehmenden Druck der Wattverbrauch der Lampe in so günstiger Weise ändert, so wurde innerhalb dieses Messbereiches auch eine Photometrierung der Lampe unternommen. Dabei ergab sich die grösste Helligkeit bei Anwesenheit von Sauerstoff, eine übrigens schon längst bekannte Tatsache, da die Lampen mit eingeschlossenem Lichtbogen, abgesehen von allen anderen veränderten Verhältnissen, also insbesondere mit Berücksichtigung der Absorption durch die einschliessende Glasglocke niemals den günstigen Wattverbrauch f. d. Kerze der gewöhnlichen Bogenlampen erreichen; ferner aber zeigte sich auch mit abnehmendem Druck eine beträchtliche Abnahme der Helligkeit sogar in stärkerem Masse, als dem abnehmenden Wattverbrauche entspräche. Allerdings wurden diese Messungen nur in horizontaler Richtung ausgeführt und sollten nur dazu dienen, den Eindruck von der Abnahme der Helligkeit, der durch einfache Beobachtung gewonnen worden war, zu unterstützen. Von etwa 10 mm Hg. an ändert sich zunächst die Konstanz des Bogens. Die Flamme wird unruhig und besonders die Ansatzstelle des Bogens an der negativen Kohle wandert unruhig hin und her und hat das Bestreben, an die der Kohle zu kommen. Dabei schleudert der Bogen häufig glühende Kohleteilchen mit grosser Kraft weg, die auf ganz gradlinigem Wege bis an die Glaswand fliegen. Fig. 6 mag davon ein Bild geben. Trotz der kurzen Expositionszeit markieren sich diese glühenden Teilchen als Striche über die ganze Platte. Textabbildung Bd. 320, S. 230 Fig. 6. Zumeist bei etwa 6 mm Hg. ändert sich auch das Aussehen des Lichtbogens. Auf der horizontalen Fläche der positiven Kohle erscheint eine kleine halbkugelige, in Farbe und Aussehen vom Lichtbogen deutlich unterschiedene Kappe. Ihre Farbe ist ein intensives Blau. Fig. 7 zeigt diese kleine Flamme und lässt auch erkennen, dass zwischen ihr und dem übrigen Lichtbogen ein deutlicher Absatz ist. Die Stelle der positiven Kohle, die von dieser Kappe bedeckt ist, ist in hellerer Weissglut als die Umgebung. Textabbildung Bd. 320, S. 231 Fig. 7. Textabbildung Bd. 320, S. 231 Fig. 8. Textabbildung Bd. 320, S. 231 Fig. 9. Bei einem Druck von etwa 6 mm wird übrigens der Bogen noch unruhiger und hat insbesondere das Bestreben, an der negativen Kohle nach abwärts zu wandern bis zu 10 und 15 mm, soweit, dass der Lichtbogen erlischt. Mit dieser Verlängerung des Lichtbogens streckt sich auch die kleine blaue Kappe, sie wird zu einer spitzen Zunge, die seitlich aus der Kohlenaxe herausragt und eine deutlich sichtbare Schichtung zeigt, meist allerdings nur zwei, höchstens drei Schichten, aber hier ist die letzte bereits sehr undeutlich. Bei Fig. 8 ist der Bogen an der negativen Kohle um 7 mm nach abwärts gewandert. Selbstverständlich ist mit dieser Verlängerung des Bogens eine beträchtliche Spannungserhöhung verbunden. Die Bogenlänge beträgt ja 11,5 mm, obwohl die Entfernung der Kohlen voneinander nur 5 mm ist. Um nun während dieses unruhigen Stadiums Spannungsmessungen, die einer bestimmten Bogenlänge entsprechen, machen zu können, ist es nötig, die negative Kohle bis zur Berührung mit der positiven zu heben und dann die bestimmte Entfernung wieder einzustellen. Der Bogen setzt sodann für einige Zeit an der Spitze der negativen Kohle an, immerhin so lange, dass man eine Ablesung machen kann. Von der Forderung, die Hertha Ayrton aufstellt, man müsse den Bogen immer erst einige Zeit brennen lassen, um konstante Verhältnisse abzuwarten, muss hier notgedrungen Abstand genommen werden. Mit abnehmendem Druck vergrössert sich die kleine blaue Kappe und bedeckt allmählich wie eine flache Haube die untere Fläche der positiven Kohle. Bei etwa 4–5 mm Hg. zeigt sich auch zum ersten Male schwaches Glimmlicht, zuerst als ein dünner blauer Ring an der Stelle, wo die positive Kohle aufhört zu glühen, bald in breiteren Streifen oder in wiederholten Streifen. Fig. 9 zeigt sowohl die grössere Kappe, wie auch schwaches Glimmlicht. Mit dem Auftreten des Glimmlichts ist wiederum eine Spannungssteigerung verbunden; bringt man auch hier die Kohlen zur Berührung, so verschwindet dasselbe und die Spannung fällt auf einen niederen Wert. Dieser Wert ist bei derselben Entfernung, derselben Stromstärke und demselben Druck immer konstant und ist es darum allein, der sich bei wiederholten Messungen ergibt, die höheren Werte sind ganz beliebig und abhängig von der Grösse des Glimmlichtes; sie können sich bis auf 80 und mehr Volt erheben. Im allgemeinen erscheint Glimmlicht an der Anode um so früher, d.h. bei um so höherem Druck, je länger der Lichtbogen, und ist bei gleichem Druck um so kleiner, je kleiner der Lichtbogen. Bei Verdünnungen unter 3 mm Hg. bleibt die Erscheinung des Lichtbogens, wie er sich durch eine Berührung der Kohlen immer wieder herstellen lässt, ungeändert, aber die Glimmlichterscheinungen ändern sich. Die blaue Haube bekommt nämlich das Bestreben, sich stark zu vergrössern und über die Seiten der positiven Kohle zu greifen. Unter Umständen wird diese mehrere Zentimeter lang mit einer nach der Spitze zu sich immer mehr verbreiternden Glimmschicht bedeckt. Wandert bei dieser Erscheinung zudem noch der Lichtbogen an der negativen Kohle nach abwärts, so tritt eine deutliche Schichtung auf. Bei Fig. 10 ist der Lichtbogenansatz an der negativen Kohle auf der linken etwas mehr nach hinten, 9 mm unterhalb der Spitze, und die positive Kohle ist 2 cm weit mit dem Glimmlicht bedeckt. Fig. 11 ist eine ähnliche Aufnahme, nur ist hier der Lichtbogenansatz gerade vorn und es ist infolgedessen die regelmässige Schichtung zu sehen, während sich auf dem Bild Fig. 10 die Schichten zum Teil überdecken. Textabbildung Bd. 320, S. 231 Fig. 10. Textabbildung Bd. 320, S. 231 Fig. 11. Textabbildung Bd. 320, S. 231 Fig. 12. Textabbildung Bd. 320, S. 231 Fig. 13. Ist das Vakuum bis gegen 1,5 mm vorgeschritten, so wird die blaue Kappe, die bisher stets die horizontale Fläche der positiven Kohle bedeckte und sich nur beim Vergrössern über die Ränder hinaus erstreckt hat, unruhig und zeigt das Bestreben, auch auf der Ansatz zu nehmen, ohne sich merklich zu vergrössern. Dabei wechselt sie ihren Platz sprungweise sehr geschwind, so rasch, dass man bald den Bewegungen mit dem Auge nicht mehr folgen kann und den Eindruck eines Ringes von blauem Licht am Ende der positiven Kohle erhält. Ist der Druck nur mehr 1 mm Hg., so ist nicht mehr scheinbar, sondern tatsächlich ein solcher Glimmlichtring vorhanden, der allmählich an der positiven Kohle weiter oben zum Vorschein kommt. Fig. 12 zeigt allerdings bei einem abnorm grossen Elektrodenabstand und darum bei verhältnismässig grossem Druck einen solchen schön ausgebildeten Glimmlichtring. In Fig. 13 hat sich dieser Ring verdoppelt, und in Fig. 14 erscheint er stark verbreitert weit oberhalb an der Kohle. Eine sehr charakteristische Erscheinung für den Druck kleiner als 0,5 mm Hg. ist ein schiefer Ring, der sich mehr oder weniger langsam längs der Kohle verschiebt. Fig. 15 und 16 mögen davon ein Bild geben. Mit dem Eintreten dieser letzteren Ringerscheinung, d.h. der schiefen Ringe, lässt sich selbst bei wiederholter Berührung der Kohlen die Erscheinung der blauen Kappe nicht mehr herbeiführen. Bei soweit vorgeschrittener Verdünnung erreicht man nur mehr eine Erscheinung, die sich folgendermassen beschreiben lässt: Textabbildung Bd. 320, S. 232 Fig. 14. Textabbildung Bd. 320, S. 232 Fig. 15. Textabbildung Bd. 320, S. 232 Fig. 16. An der negativen Kohle, an der Stelle, an der sich die Elektroden berührt haben, erscheint ein intensiv glühender kleiner Fleck, und von ihm aus erstrahlt ein mildes, blaues Licht, das sich büschelförmig in ganz geradlinigen Strahlen weit, in die Kugel hinein erstreckt, unter Umständen sogar die ganze Kugel auszufüllen scheint. Die Kohlen, namentlich wenn sie sich von dem blauen Licht als Hintergrund abheben, machen den Eindruck, als ob sie ganz dunkel wären; trotzdem glühen sie nach dem Erlöschen in lebhafter Rotglut. Immer ist dabei die positive Kohle merklich längere Zeit nach dem Erlöschen glühend als die negative Kohle. Die Fig. 17 und 18 mögen diese Erscheinung veranschaulichen. Namentlich auf letzterem Bilde scheinen die Kohlen vollständig dunkel zu sein, da die Ansatzstelle des Lichtbogens an der Kathode verdeckt ist. Da die negative Kohle einen kleineren Durchmesser hatte, so konnte eventuell das raschere Verschwinden der Glut eine Folge der stärkeren Ausstrahlung sein. Es wurden daher auch Versuche mit zwei gleich starken Kohlen von 7 mm Durchmesser angestellt. Trotzdem blieb nach dem Erlöschen stets die positive Kohle merklich längere Zeit glühend als die negative. Textabbildung Bd. 320, S. 232 Fig. 17. Textabbildung Bd. 320, S. 232 Fig. 18. Ist das Vakuum endlich bis auf 0,2 mm Hg. oder noch weniger vorgeschritten, so erscheint nach dem Zünden des Lichtbogens an der negativen Kohle jenes vorher beschriebene blaue Büschel und hält sich bei einer Stromstärke von 6 Ampere einige Zeit. Sodann erscheint oben in der Verengung der Glaskugel an der positiven Kohle eine blaue leuchtende Wolke, die den ganzen Tubus auszufüllen scheint, manchmal sich nach abwärts zu senkt und sich wieder zurückzieht. Mit dieser Glimmerscheinung ist eine starke Zunahme der Spannung verbunden, so dass der Lichtbogen erlischt. Besser hält sich die Erscheinung, wenn man den Strom auf etwa 10–15 und selbst mehr Ampere steigert. Fig. 19, die in etwas kleinerem Masstabe aufgenommen ist (1 : 2,3), zeigt in dem Tubus die helleuchtende Wolke. Diese hier beschriebene Erscheinung ändert sich nun nicht mehr bis zu den kleinst gemessenen Drucken von etwa 0,006 mm Hg. Textabbildung Bd. 320, S. 232 Fig. 19. Von einem Druck unter 0,1 mm Hg. an beginnt die Kohle zu zerstäuben und die bis jetzt völlig klar gebliebene oder nur schwach beschlagene Kugel bekommt in kurzer Zeit einen braunschwarzen spiegelnden Beschlag, der bald so dicht wird, dass der Lichtbogen nur mehr als rote Erscheinung auftritt und dass endlich nur mehr der helle Lichtpunkt an der negativen Kohle schwach sichtbar wird. Das hängt zum Teil wenigstens mit folgendem Umstand zusammen. Bis 15 mm Hg. arbeitet die Wasserstrahlpumpe ziemlich rasch, in etwa 30 Minuten, wobei allerdings die Dauer der Messungen enthalten ist; lässt man dann die Quecksilberpumpe arbeiten, so kommt man in 40–50 Minuten bis auf etwa 5 mm Hg. Bei diesem Druck aber beginnt offenbar der Gummi Luft abzugeben, denn erst in weiteren zwei Stunden ist die Verdünnung auf etwa 3 mm Hg. angelangt; allmählich schreitet die Verdünnung rascher vorwärts. In etwa 20 Minuten auf 1,5 mm Hg. und von hier ab in sehr beschleunigtem Tempo bis auf 0,15, dann geradezu sprunghaft zu dem kleinst gemessenen Druck von etwa 0,006 mm Hg. Dabei ist vorausgesetzt, dass die Kohlen ständig brennen; sobald sie erlöschen, werden sie sofort wieder entzündet. (Schluss folgt.)