Titel: Nordamerikanische Eisenbauwerkstätten.
Autor: H. Reissner
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 727
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Nordamerikanische Eisenbauwerkstätten. Von Dr.-Ing. H. Reissner, Berlin. (Fortsetzung von S. 666 d. Bd.) Nordamerikanische Eisenbauwerkstätten. Die nächste Abteilung der Werkstätte hat die leichten Eisenkonstruktionen des Hochbaues und der Wegebrücken zu erledigen, die nächstschwierigere Art von Arbeit, bei der es sich um leichte Stücke und demzufolge auch leichte Maschinen und Krähne handelt und die Nacharbeitungsmaschinen, wie Nachreiber, Bohrer und Hobelmaschinen nicht in Anwendung kommen, sondern höchstens einige Fräsmaschinen zum Abarbeiten von Säulenfüssen zwecks guten Flächenlagers auf Grundplatte. Die sorgfältigste und schwerste Arbeit wird von der Abteilung für Eisenbahnbrücken erledigt. Hier handelt es sich um grössere Blechstärken und Profile, die Nietlöcher sind nachzubohren, Grate abzufasen, wichtige Blechkanten sind zu hobeln, die stärkeren durch mehr Dicken hindurchgehenden Niete erfordern stärkere Maschinen, Bolzenlöcher sind nachzubohren, Druckstäbe durch Fräsen aufeinander zu passen, und schwerere Krähne sind erforderlich, um die fertigen Konstruktionen aufzuladen. Textabbildung Bd. 320, S. 727 Fig. 19. Lochwerk mit selbsttätigem Teiltisch, Bauart Conley. Ansicht und Längsschnitt. Vielfachteilungsstanzen. Beiden Werkstattabteilungen gemeinsam sind die Vielfachteilungsstanzen für die Winkel und Stegbleche der Säulen der Eisengerüstbauten, der genieteten Blechträger und der Gurtstäbe von Fachwerkbrücken. Die Teilungsstanzen haben den Zweck, das Ankörnen der Nietlöcher dadurch entbehrlich zu machen, dass der Vorschub des Bleches oder der Winkel auf die Längsnietteilung, und die Reihe von vorhandenen Stempeln und Matrizen (4 bis 20) auf die Quernietteilung eingestellt werden können. Aufgabe des Zeichenbureaus ist es, die Nietteilung in der Längsrichtung möglichst einfach zu gestalten, in der Querrichtung der immerhin beschränkten Querverschieblichkeit der Stempel anzupassen. Verfasser hat drei Arten von Teilungsstanzen in Gebrauch gesehen. Die einfachste Art ist diejenige, bei der die zu bohrenden Profile, etwa zwei Winkel, an einem Wagen festgeklemmt sind, der auf einem ihrer Länge entsprechenden, vor der Stanze sich befindenden Tisch rollt. Auf dem Tisch ist ein Holzstreifen befestigt, auf dem die Längennietteilung in richtiger, die Quernietteilung im verkürzten Masstab durch Striche angezeichnet sind. An dem Wagen befindet sich ein Zeiger, der nacheinander auf diese Striche dadurch eingestellt wird, dass ersterer durch ein Speichenrad bis zum nächsten Strich weitergerollt wird. Die seitliche Nietteilung wird durch Ein- und Ausrücken und Querverschiebung der Stempel bewirkt. Hier wird also noch in gewisser Weise von der Holzschablone Gebrauch gemacht, auf der besonders, wenn sie durch Gebrauch schmutzig wird, natürlich die Striche schlechter als die sonst benutzten Körnerlöcher zu sehen sind. Vollkommen vermieden ist die Schablone bei der zweiten Art (s. Fig. 19) dadurch, dass eine Sperrklinke nacheinander durch Sperrklötze a gefasst wird. Die Sperrklinke ist mit einem Handgriff b zum Ausrücken versehen und die Sperrklötze sind auf einer schräg gerieften, in der Mitte geschlitzten Führungsleiste c verstellbar. Textabbildung Bd. 320, S. 727 Fig. 19a. Lochwerk mit selbsttätigem Teiltisch, Bauart Conley. Querschnitt. Die Grobeinstellung der Klötze, die entsprechend der Führungsleiste gerieft sind, nach der Werkzeichnung des zu stanzenden Konstruktionsteils geschieht durch Ansetzen in die Nähe der gewünschten Stelle, die Feineinstellung durch senkrechte Schrauben, die die Klötze nach oben oder unten und wegen der schrägen Riefen damit nach rechts oder links verschieben, bis sie sich genau an der der Nietteilung auf der Zeichnung entsprechenden Stelle der mit Masstab versehenen Führungsleiste befinden. Die Festklemmung der Sperrklötze in ihrer Lage erfolgt durch wagerechte Schrauben d (Fig. 19a), die durch den Schlitz der Führungsleiste hindurchgreifen. Um ein Durchhängen der Profile zu verhindern, sind an dem Tisch auch Rollen e angebracht, die den Führungswagen erst vorbeilassen und dann von einem an ihm befestigten Auslösungshaken hochgeklappt werden und sich unter das gestanzte Profil zur Unterstützung anlegen. Die Fig. 19 und 19a zeigen eine Einfachstanze mit einem solchen Tisch und die Fortbewegung des Führungswagens von Hand. Für breite Bleche und mehrere Winkel werden Vielfachstanzen mit bis zu 20 Stempeln in einer Reihe genommen, die seitlich verschiebbar und ein- und ausschaltbar sind. Die Fortbewegung des Wagens erfordert sodann wegen der nie ganz geraden Ausrichtung der Walzprofile motorischen Antrieb bis zu 3 PS., der dann selbsttätig durch den Rückgang der Stanzstempel jedesmal eingerückt und durch den nächsten Sperrklotz jedesmal ausgeschaltet wird. Textabbildung Bd. 320, S. 728 Fig. 20. Vielfachlochwerk mit selbsttätigem Teiltisch der Pencoyd Iron Works, Bauart W. Sellers & Co., Philadelphia. Der Bedarf an Arbeitern bei einer solchen selbsttätigen Teilungsvielfachstanze ist der folgende: Ein gelernter Arbeiter zum Setzen der Sperrklötze nach Zeichnung, zum Verstellen der Stanzstempel vor jeder neuen Lochquerreihe ebenfalls nach Werkzeichnung und zum Lochen selbst, ein Hilfsarbeiter an dem Einschubende und ein anderer Hilfsarbeiter am Führungswagen. Da das Einstellen der Klötze und das Verstellen der Stempel für einen Arbeitstag von zehn Stunden eine bis vier Arbeitsstunden je nach Schwierigkeit der Nietteilung und Länge der Stücke in Anspruch nehmen kann, lohnt die Arbeit mit dieser Maschine gegenüber Schablonenarbeit nur, wenn eine grosse Anzahl gleicher Stücke hintereinander zu lochen sind. Ein bestimmtes in „Engineering Record“ bei der Beschreibung der Ambridge-Werke gegebenes, nach eigenen Ermittelungen etwas ausführlicher wiedergegebenes Beispiel möge das erläutern: Ein Viertel der ganzen Arbeitszeit wird bei der bisherigen Vervollkommnung der beschriebenen Maschine etwa zur Einstellung für ein Paar gleichzeitig zu lochende Winkel gebraucht und daraus ergibt sich durch Kostenvergleich, dass erst bei 32 Paar Winkel ganz gleicher Nietteilung die selbsttätige Teilungsstanze gegenüber der Schablonenarbeit und der Einfachstanze Vorteile bietet. Allerdings arbeitet die Teilungsstanze auch genauer, da Wärmeausdehnungsunterschiede zwischen Schablone und Walzprofil, falsches Ankörnen durch schief gesetzten Körner und Verfehlen der Körnmarken mit dem Stanzstempel fortfallen. Es ist Verfasser mitgeteilt worden, dass bei Kopfplatten, Winkelpaaren und Stegblechen, deren Nietteilung geschickt eingerichtet ist, die Arbeitskosten für 100 Löcher unter 13 Pf. heruntergehen. Die dritte Art von Teilungstischen erfordert weder Schablonen, noch das Einsetzen von Sperrklötzen. Das Einstellen der Nietung in der Längsrichtung erfolgt bei ihnen ebenso wie die der Querteilung vor jedesmaligem Lochen von derselben Stelle aus und zwar durch zwei Hebel, von denen einer die Grobeinstellung auf Zoll, der andere die Feineinstellung auf 1/16 Zoll besorgt. Diese Hebel regeln die Vorschubweite zwischen zwei Stanzbewegungen und erzeugen die Aenderung des Uebersetzungsverhältnisses beider Bewegungen gewöhnlich durch Kulissen (s. Fig. 20). Um permanente Unterstützung der zu lochenden Profile zu ermöglichen, befindet sich der Teiltisch neben der Stanze. Am Teiltisch werden die Profile seitlich festgeklemmt, die im übrigen auf den üblichen Rollentisch sich auflegend der Stanze zugeführt werden. Diese Maschine ist die teuerste (12–15000 Dollar); sie hat den Vorteil, an Einstellungszeit für ein einzelnes Stück zu sparen, dagegen scheint die Bearbeitung von lauter gleichen Stücken keinen oder nur höchstens den Vorteil zu bieten, dass der Vorarbeiter sich an die vorliegende Werkzeichnung gewöhnt. Die Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit des Vorarbeiters ist hier jedenfalls in weit höherem Grade erforderlich als bei den vorherbesprochenen Ausführungsarten. Bemerkenswert ist, dass man in Pencoyd eine Maschine dieser dritten Art aufgestellt hat, während dieselbe Werkleitung in Ambridge zur zweiten Bauart übergegangen ist. Nachbohren. Während die grossen Blech- und Trägerscheren am zweckmässigsten mit hydraulischem Antrieb arbeiten, werden die neueren Lochstanzen, Profilscheren und Bohrmaschinen mit Elektromotoren betrieben, deren Kraftübertragung entweder durch Zahnräder oder der elastischeren Kupplung wegen durch Riementrieb geschieht. Einzelne Typen werden bei der Beschreibung der einzelnen Werke noch gezeigt werden. Erwähnenswert ist hier der selbsttätige Nachschub der Radialbohrmaschinen durch Druckluft, wie er von Reynders bei der Pennsylvania Steel Co. angewandt ist. Das Nachbohren der Löcher kann nach verschiedenen Methoden erfolgen. Für lange, schwere Stücke, wie fertige Blechträger, erweist es sich als vorteilhaft, bis zu acht Radialbohrer an einem Portalkran zu montieren, diesen über die nebeneinander flachgelegten Träger zu fahren und gleichzeitig soviel Löcher wie möglich nachzubohren. Die Bohrmaschinen erhalten gemeinsamen Antrieb durch einen Elektromotor. Eine genauere Beschreibung einer solchen Bohranlage wird bei der Besprechung des Ambridge Werkes gegeben werden. Fig. 21 zeigt die Bohranlage in Pencoyd. Textabbildung Bd. 320, S. 729 Fig. 21. Portallaufkran mit 8 Radialbohrern der Pencoyd Iron Works, Philadelphia. Für leichter zu transportierende Stücke, wie Flanschwinkel mit Kopfplatten und Gurtstäbe, empfiehlt es sich, die Radialbohrer an einem festen Fachwerkgerüst zu gruppieren und die nachzureibenden Teile an dieses Gerüst heranzubringen. In Pencoyd und Ambridge und bei der Marshall Mc. Clintic Co. hat man von beiden Systemen Gebrauch gemacht, während die Werke der Pennsylvania Steel Co., Lassig und die Cambria Steel Co. das Gerüst für alle Zwecke anwenden. Die dritte Methode besteht in der Anwendung pneumatischer transportabler Nachreiber. Diese sparen Raum und Transportkosten und sind besonders für unbequem liegende Löcher sehr von Nutzen, arbeiten dagegen etwas langsamer und weniger genau, da ihre Achse nicht festliegt. Im Interesse der Abnehmer liegt mehr die Anwendung der festen Maschinen. Keinenfalls werden Nachreiber mit gelenkigen Bohrern zugelassen, da mit ihnen der Zweck, ein zylindrisches, rechtwinklig zur Blechebene liegendes Loch zu erzeugen, nicht erreicht, sondern nur dem liederlichen Sitzen der Niete Vorschub geleistet wird. Die transportablen amerikanischen Druckluftwerkzeuge sind von P. MöllerP. Möller, Bericht über eine Studienreise in den Vereinigten Staaten von Amerika. Springer. 1904. kürzlich so ausführlich beschrieben worden und sind auch hier schon so verbreitet, dass es sich wohl erübrigt, denselben einen grossen Raum zu widmen. Abarbeitung. Vor dem Zusammenschrauben und Nieten müssen gewisse Abarbeitungen vorgenommen werden. Insbesondere wird auf das Einpassen der Versteifungswinkel in die Flanschwinkel von Blechträgern viel Wert gelegt, einesteils um den breiten Flanschwinkeln und Kopfplatten Halt zu geben, andernteils um den Druck von Schwellen, die unmittelbar auf den Gurten liegen, auf das Stegblech sicher zu übertragen. Es sind dazu mehrere Arten von Maschinen im Gebrauch, da die Feile für diesen Zweck ihrer Langsamkeit wegen ausser Betracht gekommen ist. Man erfüllt die von den Abnahmebeamten streng beobachtete Forderung auf einigen Werken durch Schleifräder, auf anderen durch Fräser, die der verlangten Form eines Winkelpaares angepasst sind. Auch durch Hobeln oder Stossen mit besonders geformten Messern lässt sich der Zweck gut erreichen. Textabbildung Bd. 320, S. 730 Fig. 22. Fräser mit eingesetzten Messerköpfen der Pencoyd Iron Works, Philadelphia. Auch die Blechkantenhobelmaschine kommt für gescherte Blechkanten mit dem Strengerwerden der Brücken-vorschriften immer mehr in Frage. Allerdings wendet man so viel wie möglich Universalwalzbleche an, die genügend genau auf Breite gewalzte Kanten haben, so dass das Hobeln von Blechkanten meistens nur bei den wichtigen Knotenblechen der grossen Träger nötig wird und dann auf Maschinen ausgeführt wird, die den hier üblichen durchaus gleichen. Ein Hobeln nach dem Nieten sieht man gar nicht, da weder Kopfplatten von Gurtstäben oder Blechträgern, noch das etwa über die Flanschwinkel herausstehende Stegblech von Blechträgern abgehobelt werden. Erstere sind Universaleisen (mit gewalzten Kanten) und letztere werden, wie schon bei der Materialbestellung erwähnt, 6 mm niedriger bestellt, so dass sie sicher über Winkelrücken nicht heraussehen. Sehr grosser Wert wird dagegen gelegt auf das genaue Aufeinanderpassen der Endflächen von Druckstäben und Säulen, auf die genaue Ablängung von genieteten Bolzengelenkstäben und Flacheisenaugenstäben zwischen Endflächen sowohl, als auch zwischen den Mittelpunkten der Bolzenlöcher, auf unbedingte Deckung der Nietlöcher zwischen Längs- und Querträger und zwischen Querträger und Vertikalen, auf sorgfältige Ausrichtung, Ebenheit, Parallelismus und Zentrierung von Drehtischflächen, Rollen und Zapfen für bewegliche Brücken. Die Endflächen von Druckgurtstäben, Säulen- und Querträgern werden überall mit Hilfe von grossen Fräsern mit eingesetzten Messerköpfen, die auch schief zur Längsrichtung des Lagertisches arbeiten können, hergerichtet. Kommt es auf beide Endflächen an, so werden diese gleichzeitig gefräst und zu diesem Zwecke können die Frässcheiben mit Hilfe des graduierten Lagertisches genau auf Abstand eingestellt werden (s. Fig. 22). Allerdings ist eine sorgfältige Behandlung und Einsetzung der Messerköpfe sowie ein genügend kleiner Vorschub nötig, um gute Arbeit, ohne Schrupprinnen zu erzielen. Bei Flacheisen- oder genieteten Augenstäben wird ein grösster Spielraum im Lochkreis von 0,5 mm und für Löcher kleiner als 120 mm Durchm. eine Genauigkeit der Ablängung von 0,4 mm auf jede 7,5 m, für grössere Löcher eine Genauigkeit von 0,8 mm auf jede 7,5 m verlangt. Geniete Augenstäbe werden am zweckmässigsten mit Horizontalbohrmaschinen gebohrt (zwei Messerköpfe, die auf einer Spindel sitzen). Auch diese Horizontalbohrmaschinen sind auf genauen Abstand der Spindel- und damit Lochmitten voneinander auf dem mit Masstab versehenen Tisch einstellbar. Da die Gelenkbleche der genieteten Augenstäbe gewöhnlich nicht genügende seitliche Steifigkeit im unmontierten Zustand besitzen, werden sie gegeneinander durch Klötze abgesteift und dann in einem Arbeitsgang ausgebohrt (s. Fig. 23). Textabbildung Bd. 320, S. 731 Fig. 23. Doppelle Horizontal-Gurtstabbohrmaschine. Das Decken der Nieten an den für die Lebensdauer der Brücke besonders wichtigen Anschlusstellen zwischen Längs-, Quer- und Hauptträger wird erzielt durch Benutzung von gusseisernen Schablonen beim Nachbohren der Nietlöcher. Auf der Photographie des Portalkrans mit elektrisch betriebenen Radialbohrern der Pencoyd fron Works (Fig. 21) sieht man an den Enden der in Arbeit befindlichen Blechträger solche gusseisernen Schablonen angeschraubt. Für das Einpassen der Drehtische von Drehscheiben und Drehbrücken findet man vielfach, z.B. bei Lassig, Chicago, kreisförmige Eisenroste. Der Drehzapfen wird dann in der Mitte montiert und auf ihm die Rollbahn für die Walzentrommel. An dem Tragrost sind Fräsmesser mit Vorschubübersetzung befestigt und durch Rotation des Drehbrückenteils wird eine genaue Rollfläche erzeugt. (Fortsetzung folgt.)