Titel: Die Hebezeuge auf der Weltausstellung in Lüttich 1905.
Autor: K. Drews
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 3
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Die Hebezeuge auf der Weltausstellung in Lüttich 1905. Von K. Drews, Oberlehrer an der Kgl. höh. Maschinenbauschule in Posen. Die Hebezeuge auf der Weltausstellung in Lüttich 1905. Wenn die Belgier von einer „Exposition Universelle et Internationale de Liege“ sprechen, so liegt darin, wie schon in D. p. J. 1905, 320, S. 598 betont, eine gewisse Uebertreibung. Viel eher konnte man von einer erweiterten belgischen Landesausstellung sprechen, denn die Lütticher Ausstellung gab dem Besucher wohl ein umfassendes Bild von dem gesamten Kulturleben Belgiens selbst. Und sie sind achtunggebietend, die Leistungen dieses kleinen Landes. Seine Industrie steht auf der Höhe der Zeit, in Kunst und Wissenschaft hat es Namen von Weltruf aufzuweisen; das Schulwesen, namentlich das gewerbliche, bemüht man sich immer mehr zu vervollkommnen; ebenso ist man bestrebt, den Spuren Deutschlands folgend, die Lage der arbeitenden und minderbegüterten Bevölkerung in wirtschaftlicher Beziehung stetig zu heben. Von rein fachlicher Seite betrachtet werden Weltausstellungen dem Ingenieur selten etwas absolut Neues bringen. Für ihn ist es von Bedeutung, dass er hier eine Anhäufung von Maschinen jeder Art und jeder Konstruktion findet, die ihm mehr oder weniger einen Ueberblick über den jeweiligen Stand der Maschinentechnik nicht nur seines Vaterlandes, sondern auch des Auslandes gibt. Zieht er den Kreis seiner Studien noch enger und beschränkt er sich auf ein Spezialfach, so wird er nur in einzelnen Fällen ein möglichst umfassendes und reichhaltiges Material finden. Naturgemäss sind es der Werkzeugmaschinen- und Kraftmaschinenbau, die auf diesen Ausstellungen am vielseitigsten vertreten sind. Für Hebezeuge liegen die Verhältnisse insofern ungünstig, als sie sich namentlich in ihren modernen Anwendungen zu unmittelbaren Ausstellungsobjekten wenig eignen. Denn die Aufstellung von grösseren neueren Krantypen würde zu grosse Kosten verursachen; ausserdem würde ihnen auch die Umgebung fehlen, die zur Beurteilung ihrer Arbeitsweise vielfach notwendig ist. Gut ausgeführte Modelle solcher Anlagen, wie sie in Düsseldorf ausgestellt waren, können uns diese selbst zwar nicht ersetzen, wohl aber dem Fachmann und auch weiteren Kreisen recht gute Dienste leisten. Der Hebezeugspezialist, insbesondere der Kranbauer, wird sich daher meist mit den Hebezeugen begnügen müssen, die die Ausstellungsverwaltung selbst für den Transport und die Montage der Ausstellungsgegenstände beschafft hat. So gab uns denn auch die Lütticher Ausstellung nicht im entferntesten ein Bild von dem modernen Hebezeugbau in seinen mannigfaltigen Verwendungen und mannigfaltigen Formen. Und in bezug auf Schaffung neuer Formen ist gerade der Kranbau in den letzten Jahren sehr fruchtbar gewesen. Von Kranen waren in Lüttich nur die, ich möchte fast sagen, klassischen Typen von Lauf- und Drehkranen vorhanden. Deutschland war auf diesem Gebiete durch die Firma Stuckenholz in Wetter a. d. Ruhr, und zwar in mustergültiger Weise, vertreten. Auffallen konnte der Mangel an kleineren elektrischen und pneumatischen Hebezeugen, wie Motorlaufwinden, Flaschenzügen usw., die sich doch ausgezeichnet als Ausstellungsobjekte eignen dürften. Sehr erschwert wurde dem Besucher die Uebersicht über das Vorhandene durch das Fehlen eines Kataloges, der erst Mitte August herausgegeben wurde und auch in der jetzigen Gestalt seinen Zweck nur zum Teil erfüllt. Um nichts zu vergessen, musste man alle anderen Abteilungen durchsuchen. So befanden sich z.B. einige Winden für elektrischen und Dampfbetrieb nicht im allgemeinen Maschinenbau, sondern im Berg- und Hüttenwesen. Sie mögen ja hierher gehören, aber der Fachmann wird sie ohne Katalog dann wohl übersehen. Ausgestellt waren folgende Hebezeuge: Laufkrane. Aussteller Land Betriebskraft Ludwig Stuckenholz Deutschland elektrisch J. Cockerill Belgien Le Titan Anversois Cie. Internationale J. J. Gilain Gustin Fils Ainé Frankreich Delattre-Westinghouse Drehkrane. J. Cockerill Belgien Dampf J. J. Gilain elektrisch Ste. Ame. Liègeoise hydraulisch Gustin Fils Frankreich Petroleummotor Gustin Fils von Hand Motorlaufwinden und elektrische Flaschenzüge. A. Bleichert Deutschland elektrisch La Française Elelectr. Frankreich Gustin Fils Cie. Internationale Belgien Winden und Spills. H. de Fries, Düsseldorf Deutschland von Hand und hydraulisch Cie. Internationale Belgien elektrisch Delhez, Frères et Cie. Dampf Désiré Thomas Fils von Hand L. Carton elektrisch J. et A. Moussiaux von Hand L. Galland Frankreich Dampf und elektrisch Decout-Lacour Dampf und von Hand Hillairet-Huguet elektrisch Yale and Towne Cie. Amerika von Hand. Ausserdem hatte die Société Anonyme d'Ougrée-Marihaye auf ihrem Stand das Gerüst eines Bockkranes ausgestellt. An Modellen waren vorhanden, im Gebäude des Genie civil ein Auslegerkran vom sogenannten Titantypus von der Firma Coiseau et Cousin in Brügge, eine Drahtseilbahn von A. Bleichert in der deutschen Abteilung der Maschinenhalle und eine solche von G. Heckel im Pavillon des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikates. Wenn nun auch die Lütticher Ausstellung hinsichtlich des Hebezeugbaues weit hinter der Düsseldorfer zurückblieb, so bot sie doch dem Spezialisten auf diesem Gebiete noch immer des Interessanten und Anregenden genug. Auch in Lüttich konnte man wieder die fast unbestrittene Herrschaft der Elektrizität als Betriebskraft im Hebezeugbau, und namentlich im Kranbau von neuem feststellen. Die grossen Fortschritte auf diesem Gebiete während der letzten zehn Jahre laufen ja parallel mit dem Siegeslauf der Elektrizität. Wo noch andere Betriebsarten in grösserem Umfange verwandt werden, beginnen diese, abgesehen von einigen besonderen Fällen, vor dem elektrischen Betriebe zurückzuweichen. Für Laufkrane, soweit sie nicht von Hand betrieben werden, kommt überhaupt nur noch die Elektrizität als Betriebskreft in Frage. Die elektrischen Steuerapparate haben eine so vollkommene, auf die Eigentümlichkeit des Kranbetriebes zugeschnittene Durchbildung erhalten, dass ihre Betriebssicherheit zu keinen Bedenken mehr Anlass gibt. Dasselbe gilt von den Kranmotoren, zu deren Betrieb augenblicklich der Gleichstrom noch vorherrschend ist. Am meisten Verwendung findet der Hauptstrommotor wegen seiner im Kranbetriebe erwünschten Selbstregulierung und seines grossen Anzugmomentes. Kompound- und Nebenschlussmotoren findet man nur in einzelnen Fällen; dann namentlich als Fahrmotoren. Drehstrommotoren finden gleichfalls weitgehende Verwendung und bieten eine ebenso grosse Betriebssicherheit wie Gleichstrommotoren. So war auf der Lütticher Ausstellung der Laufkran von J. J. Gilain mit Drehstrommotoren ausgerüstet; allerdings hier ein Verlegenheitsprodukt. Als dritte Stromart käme noch der einphasige Wechselstrom in Betracht. Dieser konnte im Hebezeugbau, namentlich im Kranbetrieb bisher nicht verwandt werden, weil der synchrone Wechselstrommotor nicht unter Belastung anläuft; man müsste ihn sonst dauernd laufen lassen. Nun bietet aber der einphasige Wechselstrom manche Vorteile gegenüber dem mehrphasigen, dem Drehstrom, so dass die Elektrotechniker sich bemüht haben, auch den Wechselstrommotor der Eigenart des intermittierenden Betriebes anzupassen. Seitdem verschiedene Firmen nach dieser Seite hin im Bahnbetriebe gute Erfolge erzielt und Erfahrungen gesammelt haben,D. p. J. 1905, Bd. 320, S. 335. kann es nur noch eine Frage der Zeit sein, dass diese Stromart auch in dem dem Bahnbetriebe verwandten Kranbetriebe weitere Verwendung findet. Zur Zeit werden im Köln-Deutzer Hafen Versuche mit Wechselstrom-Kollektormotoren gemacht.E. T. Z., 10. Aug. 1905. Dort sind zwei Portalkrane mit Wechselstrommotoren System Winter-EichbergD. p. J. 1905, Bd. 320, S. 762. geliefert von der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin, ausgerüstet. Diese Motoren verhalten sich in bezug auf Selbstregulierung und Anlaufmoment wie Hauptstrommotoren für Gleichstrom. Da sie sich im Bahnbetriebe gut bewährt haben, so ist wohl zu erwarten, dass der erste Versuch mit ihnen im Kranbetriebe vollen Erfolg haben wird. Und dies ist anscheinend auch der Fall, nach dem zu urteilen, was bis jetzt darüber verlautet. –––––––––– Wenn in „The Electtrical Review, London“ vom 14. Juli 1905 wieder einmal der Nebenschlussmotor als Hubmotor empfohlen wird und zwar deshalb, weil seine Geschwindigkeitsregulierung durch Veränderung der Feldstärke ohne Energieverluste bewirkt wird, so überschätzt der Verfasser diesen vermeintlichen Vorteil des Nebenschlussmotors und unterschätzt demgegenüber die viel grösseren Vorteile des Hauptstrommotors, nämlich das grosse Anzugmoment und die Selbstregulierung. Die Stromersparnis von einigen Prozenten kann doch unmöglich das ausschlaggebende Moment bei der Beurteilung einer Anlage sein. Der durchschnittliche Stromverbrauch eines Nebenschlussmotors kann auch garnicht erheblich niedriger sein, als derjenige eines Hauptstrommotors, sofern nur dessen Selbstregulierung gut ausgenutzt wird. Ein geübter Kranführer wird selbst beim Heben des leeren Hakens keine Vorschaltwiderstände im Stromkreis behalten. Denn die Geschwindigkeiten bei Vollast und leerem Haken verhalten sich unter normalen Verhältnissen etwa wie 1 : 2,6. Bei Verwendung eines Nebenschlussmotors müsste man ausser obigen Nachteilen noch einige andere in Kauf nehmen, so z.B. die Neigung zum Funken bei weitgehender Regulierung und seine stärkere Rückwirkung auf das Netz beim Anlauf. Uebrigens ist die Geschwindigkeitsregulierunc durch Aenderung der Feldstärke ebenfalls bei Hauptstrommotoren anwendbar, so dass ein Vorteil des Nebenschlussmotors in dieser Richtung garnicht vorhanden ist. Sobald aber die in ihm liegenden Schwierigkeiten hinsichtlich des Kranbetriebes ihre endgültige Lösung gefunden haben, dürfte der einphasige Wechselstrom nicht nur in vielen Fällen den Gleich- und Drehstrom verdrängen, sondern auch dem hydraulischen Betriebe im Hafenverkehr dürfte durch ihn bald ein Grab gegraben werden. Gerade für ausgedehnte Hafenanlagen käme hochgespannter Wechselstrom als Betriebskraft in erster Linie in Betracht. Damit hätte dann die Elektrisierung des Kranbetriebes einen weiteren Schritt vorwärts getan. Presswasser als Betriebskraft für Krane ist in Lüttich nur einmal vertreten, nämlich durch einen hydraulischen Halbportalkran der Société Anonyme Liègeoise, der für den Hafen von Antwerpen bestimmt ist. Hydraulische Krane findet man nur noch im Hafen- und Stahlwerksbetrieb, obwohl auch hier die Elektrizität als scharfe Konkurrentin auftritt. Denn sowohl im Antwerpener Hafen, wie im Kölner und Stettiner,D. p. J. 1904, Bd. 319, S. 8. die bisher rein hydraulischen Betrieb hatten, macht man Versuche mit elektrischen Kranen und Spills. Den Vorzügen der hydraulischen Hebezeuge, geräuschlosem Gang und einfachem Triebwerk, stehen recht viele Nachteile gegenüber, die dem elektrischen Betriebe nicht anhaften. Bezüglich der Wirtschaftlichkeit beider Systeme sind die Ansichten noch recht geteilt. Vergleichende Versuche in MiddlesbroughZ. d. V. d. I., 1904, S. 1510. z.B. fielen zugunsten des elektrischen Betriebes aus. Es wurde hier eine Ersparnis von 25 v. H. gegenüber dem hyraulischen festgestellt. Auch die alte weitgestreckte hydraulische Hafenanlage in Rotterdam verzinste sich nur schlecht.Z. d. V. d. I., 1895, S. 825. Wenn noch in neuerer Zeit grössere hydraulische Anlagen ausgeführt worden sind, so ist in Betracht zu ziehen, dass die Projektierung derselben meist in die Zeit zurückreicht, wo man dem elektrischen Betriebe noch misstrauisch gegenüberstand, wo man namentlich noch keine Erfahrung in bezug auf die Bemessung der Zentrale für eine solche Anlage hatte. So würde z.B. die Betriebsart für den neuen Stettiner Hafen im Jahre 1894 festgelegt. Die Dinge liegen aber heutigen Tages wesentlich anders und es ist daher auch ein langsames Zurückweichen des hydraulischen Betriebes vor dem elektrischen zu konstatieren, das ein noch schnelleres Tempo annehmen wird, sobald der einphasige Wechselstrom seine Probezeit im Kranbetriebe hinter sich hat. Die Ueberlegenheit der hydraulischen Hebezeuge darin, dass sie keine besondere Bremse brauchen, indem die Bremsung durch die Steuerung bewirkt wird, woraus natürlich eine grosse Betriebssicherheit resultiert, besteht zur Zeit gegenüber den elektrischen Hebezeugen nicht mehr, da deren Bremsen eine so gute konstruktive Ausgestaltung erfahren haben, dass Bedenken hinsichtlich ihrer Betriebssicherheit nicht mehr vorliegen. Wir haben eine ganze Anzahl von Hafenanlagen mit elektrischen Kranen, die einwandsfrei arbeiten und auch wirtschaftlich gute Ergebnisse aufzuweisen haben. Gerade dort, wo Lasten von wechselnder Grösse gehoben werden sollen, ist der elektrische Betrieb mit Hauptstrommotoren wegen ihrer Selbstregulierung am Platze, da den hydraulischen Kranen in der Regel nur drei Laststufen zur Verfügung stehen, deren Anwendung zudem noch von dem Ermessen des Kranführers abhängig ist. Eine feinere Abstufung ist wohl möglich, wegen ihrer Komplikation aber praktisch nicht empfehlenswert. Meines Erachtens hat der hydraulische Betrieb nur noch in Stahlwerken bei Block- und Giesskranen volle Berechtigung und zwar weil hier Krane von unübertrefflicher Einfachheit in der Konstruktion verwandt werden können, indem man wegen des verhältnismässig kleinen Hubes auf jede Uebersetzung verzichten kann und den Ausleger, der unmittelbar vom Presskolben angetrieben wird, mit der Last hebt und senkt. Da diese meist von gleicher Grösse ist, so kann man weiter auch auf Laststufen verzichten. Indes ist hier ebenfalls ein Vordringen der Elektrizität zu konstatieren. Der Dampfbetrieb bei Hebezeugen war in Lüttich durch einen Lokomotivdrehkran und einige Winden vertreten. Im Kranbau findet diese Betriebsart fast nur noch bei fahrbaren Drehkranen und bei Mastenkranen Verwendung und bietet hier manche Vorteile gegenüber anderen Betriebsarten. Ein Lokomotivkran mit Dampfmaschine und Kessel hat den grossen Vorzug, eine für sich selbständige Maschine zu sein. Ueberall, wo das Ziehen einer elektrischen Leitung untunlich ist, oder wo überhaupt keine Elektrizität zur Verfügung steht, wird der Dampfbetrieb am Platze sein. Den Vorteil der Unabhängigkeit des Kranes von einer Leitung und die Vorteile des elektrischen Antriebes hat man durch Akkumulatorenkrane zu vereinigen gesucht, aber mit keinem Erfolge aus demselben Grunde wie beim Bahnbetriebe. Die Elektrizität hat im Hebezeugbau nicht nur alle anderen Betriebsarten verdrängt oder doch deren Verwendungsgebiet sehr eingeengt, sondern sie hat auch die Aufmerksamkeit und Energie der Hebezeugfirmen derart absorbiert, dass der Entwicklungsgang der Gas- und Oelmaschinen in dem letzten Jahrzehnt von ihnen vollständig unbeachtet blieb und eine Anpassung dieser Maschinen an den Kranbetrieb garnicht versucht wurde. Gewiss sind einzelne Versuche auch hier gemacht worden; diese waren aber mehr oder weniger Verlegenheitserzeugnisse, einen Einfluss auf den Entwicklungsgang des Hebezeugbaues haben sie nicht gehabt. Es genügt eben nicht, dass man eine Maschine für Gewerbe- oder Lichtbetrieb auf einen Kran setzt und ihre Bewegung durch irgend welche Mittel auf diesen überträgt. Ein Misserfolg wird bei solchem Vorgehen stets zu verzeichnen sein; ist doch auch der viel anpassungsfähigere elektrische Betrieb anfänglich nicht davon verschont geblieben, bis man besondere Kranmotoren und Steuerapparate konstruiert hatte. Nun hat aber der Oelmotor durch den Aufschwung des Automobilwesens in den letzten Jahren eine ausgezeichnete konstruktive Durchbildung erhalten, so dass man eine Rückwirkung auf einzelne Zweige des Kranbaues wohl erwarten könnte. Da der Anteil Frankreichs an diesem Aufschwung besonders gross ist, so ist es erklärlich, dass gerade französische Hebezeugfirmen den Oelmotor für den Kranbetrieb zu verwenden suchen.Z. d. V. d. I., 1901, S. 1027 u. f. So hatte denn auch in Lüttich die Firma Gustin Fils Ainé einen fahrbaren Drehkran mit Petroleummotor ausgestellt. In vielen Fällen wird man gerade bei diesen Kranen statt einer Dampfmaschine mit Vorteil einendOelmotor anwenden können; denn dieser besitzt einige nicht zu unterschätzende Vorteile, z.B. geringes Eigengewicht, einfache Bedienung und stete Betriebsbereitschaft; auch dürfte der Anschaffungspreis niedriger als derjenige einer gleichwertigen Dampfmaschine sein. Dem stehen allerdings recht bedenkliche Nachteile gegenüber. Der Oelmotor läuft nicht von selbst an, sondern er muss angedreht werden. Das bedingt natürlich den Leerlauf des Motors in den Pausen zwischen den einzelnen Kranmanövern; denn das Abstellen und Widerandrehen würde zu viel Zeit kosten und ausserdem den Arbeiter ermüden. Wenn nun auch während der Leerlaufperioden Brennstoff nutzlos verbraucht wird, so dürften doch die durchschnittlichen Brennstoffkosten des Oelmotors infolge seines besseren thermischen Wirkungsgrades bedeutend geringer sein, als diejenigen einer Krandampfmaschine. Erwägt man ferner, dass zu deren Bedienung, namentlich bei forciertem Betriebe, ausser dem Kranführer noch ein Heizer nötig wird, so werden sich auch die gesamten Betriebskosten eines Oelmotors im Vergleich mit denjenigen einer Dampfmaschine um ein Beträchtliches niedriger stellen. Andererseits wird er jedoch zu seiner Instandhaltung geübtere Kräfte und mehr Sorgfalt verlangen als die robuste Dampfmaschine. Wenn eine Maschine Misshandlungen ertragen kann, so ist es doch diese, namentlich in der einfachen Bauart, wie sie bei Kranen und Wanden verwandt wird. Wer sich in einem Hafenorte eine Schiffswinde und ihre Handhabung angesehen hat, der wird es verstehen, warum selbst auf grösseren Schiffen der Handelsmarine, denen elektrische Energie zur Verfügung steht, fast nur Dampfwinden und keine elektrischen zu finden sind. Ein elektrischer Wendeschalter ist eben ein zarterer Apparat als der Kulissenhebel und das Dampfventil, und der Kollektor eines Elektromotors hat zartere Nerven als der Schieber einer Dampfmaschine. Wenn nun auch ein Oelmotor robuster ist als ein Elektromotor, so wird er immerhin doch mehr Anlass zu Betriebsstörungen geben als eine Dampfmaschine. Noch nach einer anderen Richtung ist er dieser und noch mehr dem Elektromotor gegenüber im Nachteil, nämlich in bezug auf Ueberlastungsfähigkeit. Der Eigenart des Kranbetriebes gemäss und um einen flotten Betrieb zu sichern, muss eine Kranmaschine in der Anlaufperiode das zwei- bis zweieinhalbfache ihres normalen Drehmomentes entwickeln können. Eine so weitgehende Ueberlastungsfähigkeit besitzt der Oelmotor in der Regel aber nicht. Trotzdem dürften wohl Fälle eintreten, wo man mit seiner Wahl als Kranmaschine nicht fehlgreifen würde. Ein abschliessendes Urteil über diese Betriebskraft könnte man sich allerdings erst nach längeren Erfahrungen bilden. Der Oelmotor kann jedoch erst dann in ernsten Wettbewerb mit der Dampfmaschine im Kranbetrieb treten, wenn die Motorenfirmen besondere, der Eigenart dieses Betriebes angepasste Maschinen auf den Markt bringen, und noch mehr, wenn das Problem der Umsteuerung und des Anlassens in betriebsfähiger Weise gelöst sein wird. Deutsche Firmen haben sich gegenüber dieser Betriebsart bisher sehr zurückhaltend gezeigt. Mir sind eigentlich nur Heinrich de Fries in Düsseldorf und Carl Flohr in Berlin bekannt, die den Oelmotor bei Drehkranen gegebenenfalls verwenden. (Fortsetzung folgt.)