Titel: Neuerungen im Bau von Transportanlagen in Deutschland.
Autor: Georg v. Hanffstengel
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 405
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Neuerungen im Bau von Transportanlagen in Deutschland. Von Georg v. Hanffstengel, Dipl.-Ing., Stuttgart. (Fortsetzung von S. 388 d. Bd.) Neuerungen im Bau von Transportanlagen in Deutschland. Von der Firma Orenstein & Koppel ist auch der Wagen Fig. 66 ausgeführt, der ebenfalls 1067 mm Spur, aber 35000 kg Lade- und ohne Bremse 13500 kg Leergewicht hat, so dass das Gewichtsverhältnis 0,386 beträgt. Der Rauminhalt ist 40 cbm. Textabbildung Bd. 321, S. 405 Fig. 66. Bodenentleerer für 35 t von Orenstein & Koppel. Textabbildung Bd. 321, S. 405 Fig. 67. Erztransportwagen für 50 t von Talbot & Co. Als Verschluss dienen wieder zwei quer zur Wagenachse liegende schräge Bodenklappen, die sich jedoch nicht nach der Mitte, sondern nach aussen hin öffnen. Jede Klappe wird von einem besonderen, durch Sperrklinke gesicherten Handhebel verschlossen gehalten, und zwar mit Hilfe dreier auf der Welle des Hebels angebrachter Riegelhaken. Durch Herumlegen des Hebels werden die Riegel entfernt, worauf die Klappe durch den Druck der Ladung geöffnet wird, um sich nach der Entleerung unter dem Einfluss eines Gegengewichtes wieder zu schliessen. Die Bewegung geschieht also nicht zwangläufig. Der Wagenkasten besteht aus Blechen von 5 mm Dicke, die durch ⌶-Eisen verstärkt sind. Die schrägen Bodenbleche werden von querlaufenden ⌶-Eisen versteift, die sich mit ⊏-Eisenpfosten seitlich auf die Langträger abstützen. Die Drehgestelle, die in der Figur fortgelassen sind, weisen amerikanische Bauart – Sprengwerksrahmen mit Spiralfedern – auf. Unter den Seitenentladern ist an erster Stelle der Wagen von Gustav Talbot & Co., Aachen, (s. D. p. J. 1904, 319, 199, 324) zu nennen. Das System ist so bekannt, dass eine eingehende Beschreibung sich erübrigt, doch ist in Fig. 67 eine neuere Ausführung, ein Erztransportwagen von 50 t Ladegewicht und 28,1 cbm Inhalt, wiedergegeben. Der Talbotsche Wagen hat allen anderen Systemen von Seitenentladern gegenüber den Vorteil, dass die Entleerung sowohl nach einer beliebigen Seite, wie auch nach beiden Seiten hin gleichzeitig, vollkommen selbsttätig geschieht. Im ersteren Falle bilden die geschlossenen Türen der einen Seite Rutschflächen für das Material. Obwohl mit dieser Anordnung eine hohe Schwerpunktslage sowie schlechte Ausnutzung des Profilquerschnittes verbunden ist, haben die Wagen auf dem europäischen Festlande weite Verbreitung gefunden. Textabbildung Bd. 321, S. 406 Fig. 68. Flachbodenschnellentlader. Textabbildung Bd. 321, S. 406 Fig. 69. Flachboden-Schnellendlader von Talbot & Co. Der skizzierte Wagen ruht auf zwei Drehgestellen, so dass der Raum in der Mitte frei bleibt und der Wagenkasten etwas tiefer liegen kann als bei Wagen kleinerer Tragkraft, wo die seitlichen Ablaufbleche über die Räder gekröpft werden müssen. Vier in Scharnieren aufgehängte, aus Buckelblechen hergestellte Türen dienen auf jeder Seite zur Entladung. Textabbildung Bd. 321, S. 406 Fig. 70. Seitenentlader von Koppel; geschlossen. Dieselbe Firma hat mit Erfolg versucht, einen Wagen zu schaffen, der einerseits als Stückgutwagen benutzt werden, andererseits bei Beförderung von Massengütern zum grössten Teil selbsttätig zu entladen sein sollte. Wie aus Fig. 68 und 69 hervorgeht, unterscheidet sich dieser als „Flachbodenschnellentlader“ bezeichnete Typ bei geschlossenen Klappen in keiner Weise von einem gewöhnlichen Kastenwagen, auch sind die normalen Türen in der Mitte der Seitenwände geblieben. Im übrigen sind die Seitenwände jedoch mit Klappen S versehen, ferner ist der Teil B des Bodenbleches, der über die Langträger hinausragt, abklappbar ausgeführt und endlich ein Gleitblech G hinzugefügt, das bei geschlossenem Wagen senkrecht herunterhängt, beim Entladen aber sich in die Verlängerung der Bodenklappen einstellt. Es hat die Aufgäbe, das Material genügend weit nach der Seite zu werfen, so dass kein Verschütten der Gleise eintritt. Alle drei Klappen stehen mit einander in zwangläufiger Verbindung und werden durch einen am Wagenende angebrachten Hebel betätigt. Textabbildung Bd. 321, S. 406 Fig. 71. Seitenentlader von Koppel; geoffnet. Bei doppelseitiger Entladung bleibt nur der in der Skizze punktiert angedeutete Rücken sowie ein Teil des zwischen den Mitteltüren befindlichen Materials im Wagen zurück, so dass nur wenig Schaufelarbeit nötig ist. Falls der Wagen längere Zeit ausschliesslich zum Massentransport Textabbildung Bd. 321, S. 407 Fig. 72. Seitenentlader von Koppel. Textabbildung Bd. 321, S. 407 Fig. 73. Kastenentlader von Koppel. Textabbildung Bd. 321, S. 407 Fig. 74. Boden- und Seitenentleerer für 18 t von Orestein & Koppel. verwendet werden soll, so lässt sich durch Einsetzen eines Eselsrückens die Wirkung noch wesentlich verbessern. Derselbe wird durch Platten gebildet, die durch Scharniere verbunden sind und dachartig in den Wagen gestellt werden. Die Erbauerin gibt an, dass schon bei einseitiger Entladung nur ein Drittel bis ein Viertel der Zeit gebraucht wird, die zur Entleerung eines gewöhnlichen Kastenwagens erforderlich ist. Fig. 7072 zeigen einen Seitenentleerer von Arthur Koppelt,D. R. P. 113961. der, was die Ausbildung des Wagenkastens anbelangt, dem Talbotschen Seitenentlader ähnlich, aber insofern von ihm verschieden ist, als die Entleerung zwar nach einer beliebigen Seite, aber nicht nach beiden Seiten gleichzeitig geschehen kann. Zum Verschluss der Oeffnung im Trichterboden dient eine wagerechte Klappe, die auf jeder Seite mit Zapfen in den Daumen D ruht und ausserdem in der Mitte von der durch eine Kurbel bewegten Stange S unterstützt wird. Um die Klappe zu öffnen, hat man mittels eines Handgriffes H die auf der Entladeseite befindlichen Daumen zurückzuziehen, so dass die Zapfen frei werden, und dann mit Handrad und Schnekkengetriebe die Stange S zu senken. Jetzt dreht sich die Verschlussklappe um den gegenüberliegenden Zapfen und bildet schliesslich mit der Wand des Wagens und dem Gleitblech eine geneigte Fläche, auf der die Ladung einseitig abrutscht. Durch Zurückdrehen des Schneckenrades wird dann die Klappe zwangläufig wieder gehoben und durch den Daumen verriegelt. Der beschriebene Entleerungsmechanismus bietet gegenüber dem von Talbot die Vorteile, dass das Entladen allmählich geschehen kann, und dass die Anwendung eines normalen Untergestelles nicht ausgeschlossen ist, während bei den Talbotschen Wagen mit Rücksicht auf die ausschwingenden Seitenklappen die Langträger fortfallen müssen. Auch lässt sich der Wagen wegen der wagerechten Bödenfläche allenfalls zum Stückguttransport verwenden. Nachteilig ist nur, wie schon bemerkt, dass die doppelseitige Entladung fortfällt. Fig. 72 gibt eine für Klein- und Strassenbahnen geeignete Ausführungsform wieder. Dieser Typ wird für 5 bis 8 t Tragkraft und 3–5 cbm Rauminhalt gebaut, bei einem Eigengewicht von 2500–3500 kg. Der Kasten besteht aus Holz, das Untergestell aus Eisen. Die Bewegung der Daumen geschieht hier durch Handkurbeln am Wagenende, die während der Fahrt durch Sperrhaken verriegelt sind. Zum Bewegen der Klappen dient eine gleichfalls am Wagenende angebrachte Kurbel mit Kettengetriebe. Der Bewegungsmechanismus ist durch die Daumen entlastet, immerhin wirkt aber die selbstsperrende Schnecke als Sicherung bei zufälligem Ausklinken der Sperrhaken. Textabbildung Bd. 321, S. 408 Fig. 75. Boden- und Seitanentleerer für 12,5 t, gebaut von der Aktien-Gesellschaft vorm. Orenstein & Koppel, Berlin. Fig. 73 gibt einen Wagen von Arthur Koppel mit zwei beweglichen Kästen wieder, deren Seitenklappen sich selbsttätig öffnen und die Ladung herausgleiten lassen, wenn sie durch einen Kran einseitig angehoben werden. Diese Wagen können wie gewöhnliche Kastenwagen benutzt werden, haben auch ein ganz normales Untergestell. Obwohl sie nicht eigentlich zu den Selbstentladern gehören, so wird doch bei ihrer Entladung, falls geeignete Einrichtungen vorhanden sind, an Zeit und Arbeitskräften bedeutend gespart. Das Ladegewicht der vorliegenden Ausführung beträgt 10000 kg, der Inhalt eines jeden Kastens 6 cbm, die Spur 1000 mm. Fig. 74 zeigt eine Vereinigung von Boden- und Seitenentleerer, wie sie von der A. G. vorm. Orenstein & Koppel mehrfach ausgeführt ist. Die Bodenklappen sind an den seitlichen Langträgern mit Scharnieren befestigt und werden am mittleren Langträger durch Riegel R, die unter die Bügel A fassen, festgehalten. Werden die Riegel durch eine mit Handrad D und Kegelrädern K bewegte Schraubenspindel zurückgezogen – in der Längsansicht nach links –, so schlagen die Türen auf, wobei der mit schrägen Wänden versehene Kasten sich vollständig entleert. Gegengewichte G dienen dazu, die Klappen wieder zu schliessen, worauf sie durch Vorschieben der mit schrägen Anzugflächen versehenen Riegel vollends zugedrückt werden. Ausserdem ist in der Mitte jeder Seitenwand eine Klappe angebracht, deren Scharniere ebenfalls am Langträger liegen. Die Klappe wird durch Daumen F geschlossen gehalten, die auf der Welle eines am Wagenende angebrachten, durch die Sicherungsklinke L verriegelten Handhebels H sitzen. Beim Lösen der Verriegelung schlägt die Klappe nach aussen auf, soweit es ihr die an einer Seitenrunge federnd aufgehängte Kette gestattet. Die Entleerung ist nicht vollständig, namentlich bei einseitiger Entladung bleibt noch ein beträchtlicher Teil des Inhalts nachzuschaufeln. Doch wird die Entladezeit gegenüber Kastenentladern um ungefähr ebensoviel gekürzt, wie bei dem Flachbodenschnellentlader von Talbot. Die Klappen müssen von Hand geschlossen werden. Der Wagen wird dort besonders am Platze sein, wo Bodenentleerung die Regel, Seitenentleerung die Ausnahme bildet. In der vorliegenden Ausführung ist der Wagen mit achtklötziger Spindelbremse ausgerüstet, die in der Figur jedoch fortgelassen ist. Die Zug- und Stossvorrichtungen, Radsätze usw. sind nach den preussischen Normalien ausgeführt. Das Ladegewicht beträgt 18000, die Tragfähigkeit 20000, das Eigengewicht mit Bremse angenähert 10000, ohne Bremse 9000 kg, der Rauminhalt 25 cbm. Textabbildung Bd. 321, S. 408 Fig. 76. 45 t-Wagen von Summers. Fig. 75 gibt die Abbildung eines kleineren Typs von 1000 mm Spur, 12500 kg Lade- und 6600 kg Eigengewicht, 8 cbm Inhalt. Der Wagen soll speziell zum Transport von Steinen dienen, die aus grösserer Höhe hineingeworfen werden. Die Seiten- und Stirnbleche haben daher 7 mm, die Klappenbleche 8 mm Stärke erhalten. Die Hauptdimensionen sind: Radstand 3000 mm Untergestellänge 4950 Gesamtlänge mit Puffer 6010 Kastenlänge, aussen 4450 Kastenbreite 2470 Kastenhöhe 1300 Gesamte Wagenhöhe 2200 In Fig. 76 ist endlich noch zum Vergleich ein amerikanischer Wagen mit Seiten- und Bodenentleerung nach der Konstruktion von E. W. Summers in Pittsburgh skizziert.Jron Age, 17. Nov. 1904, Z. d. V. d. I., 25. Febr. 1905. Hier kommen zwei schräge Bodenklappen zur Verwendung, die auf beiden Seiten mit Scharnieren A und B an Ketten aufgehängt sind. Werden durch die Trommel T1 die mittleren Aufhängepunkte A gesenkt, so drehen sich die Klappen um die Scharniere B, und der Wagen entleert sich vollständig zwischen die Schienen. Andererseits erfolgt beim Senken des einen Aufhängepunktes B mittels Trommel T2 Entleerung nach einer beliebigen Seite oder bei gleichzeitigem Senken beider Klappen symmetrisch nach beiden Seiten. Der Wagen ist also ausserordentlich vielseitig verwendbar. Die Getriebe sind durch Blechgehäuse geschützt, die quer durch den Wagen hindurchgehen. (Fortsetzung folgt.)