Titel: Der heutige Stand der Motorfahrräder.
Autor: Oscar Koch
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 424
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Der heutige Stand der Motorfahrräder. Von Oscar Koch, Gross-Lichterfelde, West. (Fortsetzung von S. 414 d. Bd.) Der heutige Stand der Motorfahrräder. IV. Vergaser. Textabbildung Bd. 321, S. 424 Fig. 114. Gemischreguliervorrichtung der Diamant-Fahrradwerke Gebr. Nevoigt. Bei den Vergasern üblicher Konstruktion sind, wie bekannt sein dürfte, verschliessbare Oeffnungen vorgesehen, um dem Gasgemisch je nach Bedarf mehr oder weniger Zusatzluft zuzuführen, was je nach dem Gelände vom Fahrer mittels des bei Besprechung der Fahrzeuge erwähnten Hebels geschehen muss. Die Neckarsulmer Fahrradwerke verbinden diese Vorrichtung, wie schon D. p. J. 1905, 320, 315 gezeigt wurde, mit dem Drosselhahn und setzen diese ganze Vorrichtung oben auf den Vergaser auf. Aehnlich machen es die Diamant-Fahrradwerke Gebr. Nevoigt. Diese setzen nach Fig. 114 in das Gaszuleitungsrohr einen Topf ein, in dem sich der Drosselhahn mit einem Luftschieber befindet. Die Betätigung erfolgt durch zwei in wagerechter Richtung verstellbare Hebel, von denen der nach hinten stehende die Gemischzufuhr, der nach vorn zu stehende die Luftzufuhr regelt. Textabbildung Bd. 321, S. 424 Fig. 115. Gemischreguliervorrichtung mit Drehgriff und Bowdendraht der Diamant-Fahrradwerke Gebr. Nevoigt. Um nun die Betätigungshebel möglichst an der Lenkstange zu haben, kann der Drosselhebel nach Fig. 115 mittels Bowdendraht reguliert werden. Auch bei dem eingangs erwähnten Progress-Vergaser wird die Gemischmenge und der Nebenluftzulass durch einen achsial verschiebbaren Kolbenschieber geregelt. Textabbildung Bd. 321, S. 425 Vauer-Vergaser. Der Vauer-Vergaser, der beim Fahrzeug des Ateliers Contal (Fig. 73 und 74 S. 365) in Anwendung kommt, gestattet ein Regeln der anzusaugenden sowie der Nebenluft. Hierzu besitzt der Zerstäubungsstutzen a (Fig. 116 bis 119) an seinen parallelen Flächen b und c Bohrungen de und d1e1. Die Bohrungen dd1 sitzen über der Einspritzdüse f und dienen zur Zuführung der Nebenluft, während die Bohrungen ee1 unter der Einspritzdüse f die vom Motor angesaugte Luft durchlassen. Diese Bohrungen können durch je eine Scheibe i und h (Fig. 117) freigegeben oder geschlossen werden, wozu Scheibe i (Fig. 120) Durchbrechungen d2e2 hat, die genau auf die Bohrungen de passen. Die Bohrungen d1e1 werden durch Scheibe h verdeckt. Um unbeabsichtigtes Verdrehen der Scheiben i und h zu verhüten, sind an den Flächen b und c (Fig. 109) Stifte mm1 vorgesehen, die in entsprechende Bohrungen n der Scheiben eingreifen. Zum Regeln der Luftzufuhr ober- und unterhalb der Einspritzdüse gleitet auf der Scheibe i die durch Hebel k drehbare Stellbüchse o, die durch Schraubenbolzen g mit der Scheibe h verbunden ist. Der Boden dieser Stellbüchse besitzt den Durchbrechungen d2e2 der Scheibe i genau entsprechende Einlasse, die beim Wagerechtstellen des Hebels k genau mit denjenigen d2e2 der Scheibe i zusammenfallen. Beim Senkrechtstellen des Hebels k sind dann die Lufteinlässe, wie bei Fig. 117 ersichtlich, geschlossen. In den Zwischenstellungen des Hebels können alle möglichen Oeffnungsweiten erzielt werden. Dadurch, dass die Oeffnungen dd2d1 und ee2e1 stets gleichzeitig im gleichen Verhältnis freigegeben werden, besitzt auch die Menge der durch ee2e1 eintretenden Hauptluft zu der durch dd2d1 einströmenden Nebenluft für jede Hebelstellung ein stets gleichbleibendes Verhältnis. Es wird somit bei gleichzeitiger Drosselung immer ein gleichmässig bleibendes Gasgemisch entstehen. Um Eindringen von Staub in den Vergaser zu verhüten, ist vorn in die Büchse o sowie im Benzinzuführungsstutzen je ein feines Drahtgazesieb l bezw. l1 eingesetzt. Das Benzin fliesst durch Kanal p in die Kammer q, in welche die Düse f eingeschraubt ist und von dort durch wiederum mit Drahtsieb geschützte Oeffnungen r in die Düse f, wobei etwaige Wassertropfen sich in der Oeffnung s absetzen können. So einfach und handlich auch diese Einrichtungen sind, so müssen sie doch immerhin von Hand bedient werden. Dieses suchten die Adler-Fahrradwerke zu vermeiden, und haben es auch in einfachster Weise erreicht, so dass hier nun mit Recht von einem selbsttätigen Vergaser gesprochen werden kann. Das Prinzip beruht, wie Fig. 121 zeigt, auf zwei Konstruktionsneuheiten, und zwar erstens auf der Verkleinerung der Oeffnung für die Luftzufuhr um die Saugdüse a, zweitens auf einem durchlöcherten Ventilkegel b für Regelung vergrösserter Luftgeschwindigkeit. Textabbildung Bd. 321, S. 424 Fig. 121. Adler-Vergaser. Das Ansaugungsmoment des zurückgehenden Kolbens ist bekanntlich stets das gleiche. Dadurch aber, dass die Lufteintrittsöffnung um die Saugdüse a kleiner geworden ist, ist die Bewegung der Luft eine lebhaftere geworden, die Luftgeschwindigkeit ist eine grössere; infolgedessen wird auch die Saugwirkung auf das in der Düse a sich befindliche Benzin eine stärkere, so dass gleich beim Andrehen des Motors ein explosionsfähiges Luftbenzingemisch erzeugt wird. Um nun der Düse stets gleiche Mengen Luft zuzuführen, d.h. um bei zunehmender Tourenzahl die Luftgeschwindigkeit nicht zu gross werden zu lassen, musste der Luft für diesen Fall ein Nebenweg geöffnet werden. Hierzu dient das Tellerventil b mit einem zentral angeordneten, durchschlitzten Kegelaufsatz c. Bei zunehmender Luftgeschwindigkeit öffnet sich dieses Tellerventil, das durch Stange f und Feder g durch den Kegelaufsatz c belastet ist, und lässt die Luft, die ihren normalen Durchgang durch Oeffnungen e im Kegelaufsatz c hat, auch durch seine Oeffnungen d treten. Würde sich die zunehmende Luftgeschwindigkeit nicht auf die Weise regeln lassen, so würde schliesslich zu viel Benzin aus der Düse a mitgerissen, und der Motor bekäme ein zu benzinhaltiges, also ein schlechtes Explosionsgemisch in den Zylinder. Der Zerstäubungskegel m dient gleichzeitig als Führung für die Ventilstange f. Wie erwähnt, drückt die durch Verschraubung hi einstellbare Feder g das Ventil c auf seinen Sitz. Durch diese Feder ist nun die Möglichkeit gegeben, die Luftzufuhr je nach den Temperaturverhältnissen und entsprechend der Geschwindigkeit des Motors sowie der Zerstäubung des Brennstoffes auf das richtige Mass einzustellen. Ehe das Gemisch in den Motor gelangt, passiert es, wie allgemein üblich, den Drosselhahn, dessen hohles Kücken n die Durchbrechungen opq besitzt. Die Oeffnungen o und p dienen zum Regeln des Durchlassquerschnittes für die Gasmenge, die Oeffnung q dagegen zum Einlass weiterer Luft als Zusatz zu der eventl. noch zu verdünnenden Gemischmenge. Ist dabei der Drosselhahn vollständig auf offen gestellt, so ist auch der Nebenluftzulass q vollständig geöffnet. Werden dagegen die Oeffnungen op in Drosselstellung gedreht, so drosselt auch der Einlass q entsprechend den Nebenluftzutritt ab. Auf diese Weise wird, wenn der Vergaser selbst bei Beginn der Fahrt durch Drehen der Spindel r mittels Handrädchen (s. Fig. 43 S. 314) einmal richtig eingestellt ist, eine weitere Einstellung dort nicht nötig, die Gemischregulierung erfolgt dann nur noch in gleichzeitiger Abhängigkeit von der Drosselvorrichtung. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit, ein stets gleichbleibendes Luftbenzingemisch zu erhalten, und durch die selbsttätige Luftregelung und Zufuhr ist einem Ueberhitzen des Motors vorgebeugt. Die Verschraubung kl hält das Ventil samt Führung am Vergaser fest, und bietet den Vorteil, dass beim Abnehmen des letzteren das zum Drosselhahn führende Rohr mit dem ganzen Ventilmechanismus herausgenommen werden kann. Während nun bei diesen, sowie bei den übrigen bekannten Vergasern der Mischraum vom Schwimmerraum getrennt ist, und der Brennstoff durch eine Düse gegen den Zerstäubungskegel gespritzt wird, nimmt der Vergaser (Fig. 122), der beim Dufaux-Motor (Fig. 99, S. 394) zur Anwendung gelangt, die Vergasung durch Berührung der Luft und des Kohlenwasserstoffes vor (Oberflächenvergasung). Zu diesem Zweck tritt durch die Röhre a die vom Motor angesaugte Luft ein, verbreitet sich um den Schwimmerraum bc, leckt im Vorübergehen vor einigen um diesen Raum herum angebrachten Oeffnungen die zur Gasmischung erforderliche Menge an Kohlenwasserstoff auf und tritt dann durch Röhre d in den Motor ein. Diese Einrichtung macht das Gaszuleitungsrohr entbehrlich; der Vergaser ist direkt am Motor angeschlossen. Textabbildung Bd. 321, S. 426 Fig. 122. Vergaser zum Dufaux-Motor Fig. 99. Die Zusatzluft kann nach Belieben geregelt werden, zu welchem Zwecke am Vergaser eine Vorrichtung angebracht ist, die gestattet, durch Hebel e bei f mehr oder weniger Luft eintreten zu lassen. Der Gasdrosselhahn wird zwischen Röhre d und dem Motor eingeschaltet. (Fortsetzung folgt.)