Titel: Turmdrehkrane.
Autor: W. Schrader
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 502
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Turmdrehkrane. Von W. Schrader, Oberingenieur. Turmdrehkrane. In neuerer Zeit ist das Bedürfnis immer mehr hervorgetreten, Drehkrane von grosser Tragfähigkeit, grosser Ausladung und grosser Hubhöhe zu bauen. Es ist eine ganze Reihe Konstruktionen solcher Krane ausgeführt, welche aber nicht allen Bedürfnissen Rechnung tragen und die Aufgabe unter Verwendung unnützen Materials lösen. Von der Firma Carl Flohr, Berlin, ist eine neue Art Turmdrehkrane gebaut und ihr durch Patent und Musterschutz geschützt, bei deren Konstruktion folgende Punkte besonders berücksichtigt sind: 1. Verminderung des Gesamtgewichtes fahrbarer und feststehender Uferkrane, somit Verminderung der Rad- und Fundamentdrücke zur Erzielung leichter und einfacher Bollwerke. 2. Verminderung des Stromverbrauches. 3. Schaffung eines möglichst grossen Durchgangsprofils, um die durch und neben dem Kran laufende Gleisanlage nicht unnötig zu verbreitern. 4. Bessere Wahrung des freien Profils unter dem Ausleger hauptsächlich für Uferkrane. 5. Gute Uebersicht dem Kranführer über das Arbeitsgebiet. 6. Ausnutzung des Gesamtgewichtes des Kranes zur Stabilität, Vermeidung der labilen Stützung des Auslegers. Obige Grundgedanken sind in den folgenden Ausführungen verwirklicht. Für die städtische Gasanstalt in Bremen wurden auf Bestellung der Deputation für Häfen und Eisenbahnen in Bremen im Jahre 1903 zwei Turmdrehkrane geliefert. (Fig. 1.) Sie dienen hauptsächlich zum Entladen von Kohlen auf dem Kohlenlöschplatz Woltmershausen und sind für zweiseiligen Greifer- und Kübelbetrieb eingerichtet. Tragkraft: 3300 kg. Ausladung: 11,875 m. Hubhöhe, gesamte: 15 m.      „ über Kaikante: 9,6 m. Garantierte Leistung: i. d. Stunde 40 t Kohle mit    Greifer zu entladen. Textabbildung Bd. 321, S. 503 Fig. 1. Fahrbarer, elektrischer Turmdrehkran zum Löschen für Greifer- und Kübelbetrieb von C. Flohr. Textabbildung Bd. 321, S. 503 Fig. 2. Führerhaus zum Turmdrehkran von C. Flohr. a Leiter. b Schalttafel. c Kontroller für das Fahrwerk. d Kontroller für Hub- und Drehwerk. e Greiferbremse. f Schiebetür, g Zur Drehwerksbremse, g1 Fusstritt zur Drehwerksbremse. h Hubwerksbremse. i Steuerscheibe. k Anlasswiderstände. Garantierter Stromverbrauch: 294 Wattstunden für 1500 kg geförderter Kohle. Der Turm besteht aus einem einfachen Gerüst, aus vier Eckeisen, welches auf einem Portal steht, und über welchen der Ausleger glockenförmig gestülpt ist. Das ganze Gewicht des Auslegers der Maschinerie für Hub- und Drehwerk, des Führerhauses wird auf die Spitze des Turmes übertracen, wo dasselbe durch ein Stütz- oder Kugellager aufgenommen wird. Der Ausleger besteht aus einem Ring oder Vieleck aus Eisenkonstruktion, welcher um den Turm herumfasst und wagerechte Rollen zur Abstützung gegen den Turm trägt, der eigentliche Ausleger ist hieran drehbar befestigt und wird durch Zugstangen von der Spitze aus gehalten. Der Ring ist ebenfalls an vier besonderen Zugstangen aufgehängt. Textabbildung Bd. 321, S. 504 Fig. 3. Vorrichtung zum Drehen des Auslegers. Textabbildung Bd. 321, S. 504 Fig. 4. Trieb zum Drehwerk. Auf der dem Ausleger gegenüberliegenden Seite ist der Ring zu einer nach hinten ragenden Plattform ausgebildet, die das Maschinenhaus mit Windwerk und Motor trägt, und auf welcher auch das Drehwerk angeordnet ist. Durch diese Anordnung wird das Windwerk als nutzbares Gegengewicht ausgenutzt und ersetzt bei richtiger Wahl der Entfernung vom Mittelpunkt das Gegengewicht. Das Lastseil geht vom Windwerk über die Spitze zum Ausleger und entlastet die Zugstangen fast vollständig von dem vermehrten Zug durch die Last, da die Resultante der Zugkräfte in den Seilen in die Richtung des Auslegers fällt. Am Ausleger, möglichst nahe an den Turm ist das Führerhaus angehängt und hat man von ihm einen unbehinderten Ueberblick über das Arbeitsgebiet. Das Führerhaus (Fig. 2), enthält nur die drei Kontroller von denen Hub- und Drehwerkkontroller durch Universalsteuerung mit einander verbunden sind, einen Hebel zur Bremse des Windwerks und einen anderen zum Regulieren der Trommel für das Greiferseil; eine Fusstrittbremse für das Drehwerk. Der Führer wird durch kein Geräusch der Maschine gestört. Die Drehung des Auslegers erfolgt durch einen wasserdicht gekapselten 4,5 PS-Motor mittelst Stirn- und Winkelräder durch ein Trieb, das in dem als Triebstock ausgebildeten Stützring des Kranes eingreift. (Fig. 3 u. 5.) Das Trieb (Fig. 4), welches gleichzeitig als Laufrolle dient und mit Innenverzahnung versehen ist, erhält sehr stabile Zähne dadurch, dass der Teilkreis mit dem Laufrollendurchmesser zusammenfallen muss, um Gleiten der Laufrolle zu vermeiden. Textabbildung Bd. 321, S. 504 Fig. 5. Grundriss zum Drehwerk. Durch die stabile Aufhängung, durch die Beanspruchung des Auslegers nur auf Druck, ist sein Gewicht sehr gering und die Masse, die gedreht werden soll, klein, daher geringe Beschleunigungsarbeit erforderlich, durch die Anwendung von Kugellager in der Spitze und durch grosse Rollen, die den seitlichen Druck aufnehmen, vermindert sich die Reibung. Der Ausleger sollte an der Spitze eine Geschwindigkeit von 116 m i. d. Minute haben, der hierfür gewählte Motor von 4,5 PS erwies sich bei der Probe reichlich stark, indem er den Ausleger mit 144 m i. d. Minute bewegte bei 4–5facher Probelast und 184 m bei leerem Haken. Das kleine Gewicht des Auslegers ist von grossem Einfluss für die Ausbildung und für das Gewicht des Turmes, deshalb sind die Teile des Auslegers besonders sauber hergestellt und das Material ist hoch beansprucht. (Schluss folgt.)