Titel: Generatorgas für Krafterzeugung.
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 509
Download: XML
Generatorgas für Krafterzeugung.Die nachstehenden Mitteilungen betreffen ein von M. S. Tait in der Zeitschrift „The Engineering Record besprochenes Verfahren, das seiner Eigenart wegen wohl den Anspruch auf Nachprüfung in weiterem Leserkreis machen dürfte. Generatorgas für Krafterzeugung. Den Bemühungen unserer Forscher ist es nach langjährigen Versuchen gelungen, in der Vergasung der Brennstoffe und der Verwertung der erhaltenen Gase in Generatorgasmaschinen einen Weg zu finden, der eine erheblich günstigere Ausnützung der Brennstoffenergie gestattet, als jener alte Weg über den Dampfkessel. Mit der Erreichung von Wärmeverbrauchziffern, die sogar den besten Zahlen von Dreifach-Expansionsdampfmaschinen überlegen sind, war der Verbreitung der Generatorgasmaschine auch für höchste Leistungen wirtschaftlich der Weg geebnet, auf dem die Konstrukteure bekanntlich sehr bald gefolgt sind. Nichtsdestoweniger hat die Grossgasmaschine für Generatorgas die Zuverlässigkeit der Grossdampfmaschine noch nicht erreichen können. Untersuchungen über den Grund der mangelnden Zuverlässigkeit von Generatorgasmaschinen haben die Aufmerksamkeit auf den wechselnden Wasserstoffgehalt des Generatorgases gelenkt; dieser schwankt mit der Temperatur der Brennstoffschicht im Generator, welche selbst von der Belastung der Gasmaschine abhängig ist. Um uns einen Ueberblick in die wechselnden Arbeitsbedingungen eines Gasgenerators zu verschaffen, müssen wir auf die Bestandteile des Generatorgases zurückgehen. Eine Analyse eines mittleren Generatorgases, das mit Wasserdampf und Kohle erzeugt worden ist, ergibt etwa:     5,8 v. H. Kohlensäure,     0,3 v. H. Sauerstoff,   20,8 v. H. Kohlenoxyd,   15,1 v. H. Wasserstoff,     1,3 v. H. Sumpfgas und   56,7 v. H. Stickstoff ––––– 100,0 Wie aus dieser Zusammenstellung ohne weiteres ersichtlich ist, sind die für die Krafterzeugung wichtigsten Bestandteile des Generatorgases das Kohlenoxyd und der Wasserstoff, sein Heizwert dürfte sich auf Grund kalorimetrischer Messungen mit etwa 1210 Wärmeeinheiten für 1 cbm ergeben. Nun ist es aber nicht möglich, die oben angegebene Zusammensetzung des Generatorgases dauernd einzuhalten, wie das erforderlich wäre, um unveränderlich gute Ergebnisse der Generatorgasmaschine zu erzielen, denn, in dem Masse als die Belastung der Maschine wechselt, ändert sich auch die Temperatur der Brennstoffschicht im Generator und damit zugleich auch die Dampfmenge, die in der Zeiteinheit zu Kohlenoxyd und Wasserstoff zersetzt wird. Diese Schwankungen sind in Wirklichkeit so gross, dass zum Beispiel bei Vollbelastung die Temperatur in der Zersetzungszone des Generators etwa 1100° C beträgt, wohingegen diese Temperatur bei geringer Belastung an der gleichen Stelle nur etwa 700° C betragen dürfte; während also im ersten Falle ein sehr kräftiges Generatorgas erzielt wird, weil bei der angegebenen Temperatur der ganze über die gleitende Brennstoffschicht streichende Wasserdampf in Wasserstoff und Kohlenoxyd zersetzt werden muss, wird im zweiten Falle nur etwa 10 v. H. des gesamten zugeleiteten Wasserdampfes zerlegt, der Rest geht als überhitzter Dampf in den Gasreiniger über und führt eine beträchtliche Wärmemenge mit sich, die für die Krafterzeugung verloren geht. Es kommt noch ein weiterer Punkt hinzu, der gegen die Verwendung von Generatorgasen spricht, deren wirksame Bestandteile hauptsächlich Kohlenoxyd und Wasserstoff bilden. Untersuchungen haben nämlich ergeben, dass die Schnelligkeit der Verbrennung dieser beiden Gase sehr verschieden ist, Kohlenoxyd verbrennt etwa halb so schnell wie Wasserstoff, und dass es somit erforderlich wäre, die Zündperiode für beide Gase verschieden zu bemessen, was allerdings mit Rücksicht auf die übrigen Arbeitsverhältnisse des Motors nicht angängig ist. Würde man z.B. den Zündzeitpunkt so weit früher legen, dass er den Verbrennungsverhältnissen des Wasserstoffes entspräche, so wäre die Folge davon eine ungenügende Verbrennung des Kohlenoxydes, dessen Wärme hauptsächlich an das Kühlwasser abgegeben werden würde ohne Nutzarbeit zu leisten. Endlich mag noch berücksichtigt werden, dass die Schwankungen in der Zusammensetzung des Generatorgases, und damit zugleich in ihrem Wärmewert Effektverluste bedingen, da bei zu kräftigem Generatorgas Kraft unmittelbar verloren gehen muss und bei zu schwachem Gas der Motor überhaupt stecken bleiben kann. In Wirklichkeit dürften wohl alle vorstehend erörterten Punkte dazu beitragen, die Zuverlässigkeit der Generatorgasmaschinen zu beeinträchtigen. Man hat gefunden, dass bei geringer Belastung, also wenn die Temperatur im Generator verhältnismässig niedrig ist, das erhaltene Gas zum grössten Teil aus Kohlenoxyd besteht, d.h. dass die Temperatur der Brennstoffschicht nicht ausgereicht hat, um Dampf in irgend grösserer Menge zu zersetzen. Unter diesen Verhältnissen muss der Generator so gut wie ausschliesslich mit Kohlenoxydgas arbeiten und da die Zündung so eingestellt worden ist, dass auch der Wasserstoffgehalt berücksichtigt wird, so erfolgt die Zündung so spät, dass keine genügende Kraftausnutzung mehr möglich ist. Andererseits wird nach mehrstündigem Betrieb des Generators die Temperatur der Brennstoffschicht so hoch, dass das ganze zugeführte Dampfquantum zersetzt wird. Obgleich dann vielleicht der Heizwert des Gases bis auf 1390 Wärmeeinheiten für 1 cbm gesteigert wird, kann sich dennoch zeigen, dass in Wirklichkeit die Leistung der Gasmaschine wieder abnimmt, und als Grund hierfür ergibt sich fast ausnahmslos Vorzündung, d.h. der Gehalt an Wasserstoff in dem Generatorgas ist bereits für die gegebene Einstellung des Zündzeitpunktes zu gross geworden, das Gas verbrennt bereits so schnell, dass ein Teil desselben vor dem Erreichen des Totpunktes wirkungslos gemacht wird. Es erscheint demnach gerechtfertigt, wenn man sich die Frage vorlegt, ob es denn nicht möglich wäre mit reinen Gasen, d.h. mit Wasserstoff oder mit Kohlenoxyd allein zu arbeiten, um allen diesen Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen.Die Möglichkeit, den erwähnten Uebelständen etwa durch Veränderung des Zündzeitpunktes abzuhelfen, scheint der Verfasser obiger Abhandlung nicht erwogen zu haben. Und doch will uns dieser Weg einfacher erscheinen, zumal da die Schwankungen in der Gaszusammensetzung mit den Leistungsschwankungen des Motors zusammenhängen, also eine selbsttätige Regelung der Zündvorrichtung gar nicht so schwer sein sollte. Mit reinem Wasserstoff in Gasmaschinen zu arbeiten darf man natürlich als unmöglich ansehen, denn einerseits sind wir heute noch nicht im Besitz eines Verfahrens, nach dem man reinen Wasserstoff für solche Zwecke billig genug herstellen könnte und andererseits würden die bei der schnellen Verbrennung entstehenden ungeheueren Kräfte kaum durch unsere heutigen Kraftmaschinenkonstruktionen ausgenützt werden können. Die Herstellung eines Generatorgases, dessen vornehmlich wirksamer Bestandteil Kohlenoxyd ist, erfolgt auf dem bereits bekannten Wege durch Einführung von Luft in die Brennstoffschicht an Stelle von Wasserdampf. Allerdings ist auch dieser Weg nicht ohne weiteres gangbar, denn die Temperatur im Innern eines mit einem Strom von reiner Luft arbeitenden Generators steigt nach kurzer Betriebsdauer so hoch, dass die ganze Brennstoffschicht zu Klinker zusammensintert und alle Kanäle verstopft, was mit einer Betriebsstörung gleichbedeutend ist. Es kommt also darauf an, gleichzeitig mit dem Luftstrom ein Gas einzuführen, das die Temperatur der Brennstoffschicht dauernd auf einer praktisch zulässigen Höhe erhält. Ein solches Gas bietet sich in der Kohlensäure von selbt dar. Nach dem der Combustion Utilities Co. geschützten Verfahren wird also Kohlensäure dazu verwendet, um die Temperatur von Generatoren und Feuerungen, die mit reinem Luftzug arbeiten, zu regeln. Der Verfasser hat Gelegenheit gehabt, Versuche an einer Generatorgaskraftadage, die nach dem bisherigen Verfahren mit einem Dampfluftstrom arbeitete, vorzunehmen, bei denen die erreichbare Höchstleistung, die Zuverlässigkeit und Gleichförmigkeit des Betriebes und der Brennstoffverbrauch nach den üblichen Regeln festgestellt worden sind. Nach Abschluss dieser Versuche wurde die Anlage auf das Verfahren der Combustion Utilities Co. umgebaut, im vorliegenden Falle einfach so, dass von der Auspuffleitung der Gasmaschine ein Anschlussrohr zum Luftzuführungsrohr des Generators gelegt wurde, um Luft und Kohlensäure gemischt einblasen zu können, während gleichzeitig alle Anschlüsse an die Dampferzeugung entfernt wurden. Gleichzeitig wurde aber auch die Kompression im Gasmotor umgestellt, so dass 14 at Endspannung erzielt wurden, im übrigen eine ganz natürliche Folge der schwereren Brennbarkeit des ausschliesslich Kohlenoxyd enthaltenden Generatorgases, die in erster Linie die Gefahr von Vorzündungen selbst bei wechselnden Belastungen aus der Welt schafft. Der Erfolg dieses Versuches war insofern ausserordentlich günstig, als ein weicher und gleichförmiger Motorgang erzielt worden ist, wie er bis jetzt nur bei Dampfanlagen beobachtet werden konnte. Dabei ist auch der Kohlenverbrauch wesentlich zurückgegangen und eine insbesondere bei allen Belastungen praktisch unveränderliche; Gaszusammensetzung erzielt worden. Die Ergebnisse sind in Tab. 1 zusammengestellt.Auf unsere gebräuchlichen Einheiten umgerechnet. Tabelle 1. Vergleichende Betriebsergebnisse der beiden Generatorgasanlagen and einer Dampfanlage. No. Gasanlagenach demVerfahrender Com-bustionUtilitiesCo. Gewöhn-liche Ge-nerator-Gasanlage Dampfan-lage mitAuspuff-betrieb 1 Abgebremste Leistung PSe 101,0 77,6 98,6 2 Kohlenverbrauch für 1 PSe    i. d. Stunde kg 0,515 0,828 1,65 3 Insgesamt der Anlage stünd-    lich zugeführte Wärme    WE 354550 436500 1,110000 4 desgl. für 1 PSe i. d. Stunde WE 3510 5563 11250 5 Insgesamt d. Maschine stünd-    lich zugeführte Wärme    WE 259000 352000 825000 6 desgl. für 1 PSe i. d. Stunde WE 2560 4545 8360 7 Theoretischer Wärmeauf-    wand für 1 PSe i. d. Stunde                                         WE 637 637 637 8 Thermischer Wirkungsgrad    der Anlage (7 : 4) v. H. 19,0 12,3 5,7 9 Thermischer Wirkungsgrad    des Generators (6 : 4) v. H. 73,1 80,0 75,0 10 Thermischer Wirkungsgrad    der Maschine (7 : 6)   v. H. 25,9 15,3 7,9 Aus ihnen lassen sich folgende bemerkenswerte Schlüsse auf die praktische Verwendbarkeit des neuen Verfahrens ziehen: 1. Die Zuführung von Kohlensäure unterhalb des Rostes bringt eine chemische Kühlwirkung in der Brennstoffschicht hervor, deren Höchsttemperatur erniedrigt wird, so dass die Verluste durch Zusammensintern des Brennstoffes gänzlich vermieden und die Ausstrahlungsverluste der niedrigen Temperatur des Feuers entsprechend vermindert werden. 2. Obgleich Schwankungen in der Temperatur der Brennstoffschicht unter dem Einfluss der wechselnden Belastung noch immer auftraten, gross genug, um einen Einfluss auf die Zersetzungsverhältnisse von Wasserstoff auszuüben, hat sich ergeben, dass diese Schwankungen ohne Einfluss auf die Menge von Kohlensäure geblieben sind, die zu Kohlenoxyd reduziert worden ist. Insbesondere hat sich gezeigt, dass das erzielte Kraftgas seiner chemischen Zusammensetzung nach praktisch unveränderlich war. 3. Eine weitere Wärmeersparnis hat sich aus der gänzlichen Abwesenheit von Wasserdampf bei dieser Anlage ergeben, kein überhitzter Dampf gelangte mehr in den Gasreiniger, dessen Wasserverbrauch ebenfalls merklich abgenommen hat. 4. Das bei dem neuen Verfahren gewonnene Gas enthielt im allgemeinen weniger als 1 v. H. Wasserstoff, ermöglichte also einen weichen, gleichmässigen Gang des Motors selbst bei der hohen Kompressionsspannung von 14 at und infolgedessen eine wirtschaftlichere Wärmeausnutzung. Im weiteren hatte diese Gaszusammensetzung auch eine Abnahme der Vorzündungen und der Rückzündungen im Gefolge. 5. Die fast ausschliessliche Zusammensetzung der wirksamen Bestandteile des erzeugten Kraftgases aus Kohlenoxyd gestattete, die Zündung genau auf einen für die vollständige Verbrennung geeigneten Zeitpunkt einzustellen und unabhängig von allen Belastungsänderungen festzuhalten. 6. Der Fortfall aller Betriebsstörungen, Vor- und Spätzündungen usw., eine Folge der unveränderlichen Zusammensetzung des erzeugten Gases hat endlich auch auf die Lebensdauer der Maschine einen günstigen Einfluss und macht einen Betrieb möglich, der an Zuverlässigkeit demjenigen einer Dampfanlage gleichkommen dürfte. Im Anschluss an die erwähnten vergleichenden Versuche des Verfassers sind auch von dem bekannten Wärmetheoretiker, George H. Barrus, Versuche an der gleichen Anlage unter den gleichen Bedingungen angestellt worden. Diese haben zur Aufstellung einer Wärmebilanz geführt, die in Tab. 2 wiedergegeben ist. Mit Bezug auf den unter 4 genannten Verlust sei bemerkt, dass dieser hauptsächlich auf Rechnung des nun einmal vorhandenen Dampferzeugers fällt, der nicht ausgebaut worden ist. Die hier verbrauchte Wärme kann bei dem neuen Verfahren nicht ausgenutzt werden; der Verlust, der im Wesentlichen auch die aus Zahlentafel I ersichtliche Verminderung des Generatorwirkungsgrades von SO v. H. auf 73,1 v. H. bewirkt hat, kommt natürlich in Fortfall bei Generatoren, die von vorne herein auf das Tabelle 2. Vergleichende Wärmebilanzen zweier Generatorgasanlagen. No. Gasanlagenach dem Ver-fahren derCombustionUtilities Co. GewöhnlicheGenerator-gasanlage 1 Heizwert des verwendeten Brenn-    stoffes                                WE 6800 6800 2 Stündlicher Brennstoffverbrauch    kg 52,0 64,1 3 Insgesamt stündlich zugeführte    Wärme                               WE 354550 436500 4 Stündliche Wärmeverluste im Ge-    nerator und Vorwärmer        WE 25550 5 Wärmeverluste im Gasreiniger                                              WE 36600 50800 6 Wärmeverluste durch Zylinder-    kühlung                              WE 86500 93500 7 Wärmeverlust durch überschüssi-    ges Kühlwasser                   WE 16100 24800 8 In Arbeit umgewandelte Wärme                                              WE 67300 53600 9 Wärmeverluste durch Abgase                                             WEHier ist angenommen, dass bei dem Verfahren der Combustion Utilities Co. 20 v. H. der Abgase im Generator wieder Verwendung finden. 89400 115800 10 Verschiedene unberücksichtigte    Verluste                              WE 33100 98000 neue Verfahren eingerichtet sind. Dann wird auch ein Generatorwirkungsgrad von 80 v. H. und damit zugleich eine erhebliche Verbesserung der anderen Ziffern erreichbar sein. Wenn trotz dieser ungünstigen Verhältnisse der Gesamtwirkungsgrad der Anlage eine Besserung von 12,3 v. H. auf 19,0 v. H. erfahren hat, so spricht das umsomehr für die Vorteile des neuen Verfahrens, die augenscheinlich der Hauptsache nach der Maschine zugute kommen. Man kann hierin einen weiteren Beweis dafür erblicken, dass die Grundlagen, auf denen sich das Verfahren aufbaut, richtig sind und dass es wirklich von erheblichen Vorteil für eine Verbrennungsmaschine sein kann, ihr ein Kraftgas zuzuführen, dessen Zusammensetzung unveränderlich ist und unabhängig von Leistungs- und Betriebsschwankungen auch dauernd unveränderlich erhalten werden kann.