Titel: Arbeitsdiagramme der Flachform-Maschinen.
Autor: August König
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 651
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Arbeitsdiagramme der Flachform-Maschinen. Von August König, Würzburg. (Schluss von S. 623 d. Bd.) Arbeitsdiagramme der Flachform-Maschinen. 3. Kapitel: Versuche. Aufnahme von Arbeitsdiagrammen an einer Zweitourenmaschine mit Doppelrechenbewegung. Um die inneren Arbeitsvorgänge ersichtlich zu machen, wurde die Maschine durch einen Elektromotor angetrieben und die infolge von Belastungsänderungen auftretenden Stromschwankungen mittels des bereits erwähnten Funkenregistrier-Amperemeters aufgenommen. a) Maschine lief ohne Luftpuffer. Textabbildung Bd. 321, S. 650 Fig. 61. Diagramm einer Zweitourenmaschine mit Doppelrechenbewegung ohne Verwendung von Luftpuffern bei n = 16 u. η = 1 : 8. Wie aus dem Diagramm (Fig. 61) zu erkennen ist, zeigt die Stromkurve, trotzdem die Maschine ohne Luftpuffer lief, einen sehr ruhigen Verlauf, was eigentlich gegen die Theorie spricht. Der Grund liegt jedoch darin, dass durch die genaue Führung der am Doppelrechenrad befestigten Rolle im Halbring bereits die ganzen Beschleunigungsdrücke aufgenommen werden. Die Folge davon ist aber, dass sich diese Teile in kurzer Zeit so heiss laufen, dass ein längerer Betrieb geradezu unmöglich wird. Ausserdem ist die Abnutzung der Rolle und des letzten Zahnes (vom Rechen), welcher ebenfalls als Rolle ausgebildet ist, eine derartige, dass schon aus diesem Grunde der Betrieb ohne Puffer ausgeschlossen ist. Textabbildung Bd. 321, S. 650 Fig. 62. Diagramm einer Zweitourenmaschine mit Doppelrechenbewegung bei günstigster Einstellung der Luftpuffer (n = 28 u. η = 1 : 8). Vorliegender Versuch sollte eigentlich nur den Beweis dafür liefern, mit welcher Genauigkeit der Bewegungsmechanismus ausgeführt und die Rolle in den Halbmond eingepasst werden muss, um überhaupt die Maschine ohne Puffer laufen lassen zu können. Die Tourenzahl der Antriebwelle betrug 256 i. d. Minute bei einem Uebersetzungsverhältnis von η = 1 : 8, d.h. es macht diese Welle 8 Touren, bis der Druckzylinder 1 Umdrehung ausführt. Da anderseits f. d. Bogen 2 Zylinderumdrehungen erforderlich sind, so war die Maschine demnach auf eine Produktion von x=\frac{256}{2\cdot 8}=16 Bogen einreguliert. Es dürfte dies wohl zugleich die höchste Leistung sein, welche ohne Verwendung der Luftpuffer auch nur auf kurze Zeit erreichbar ist. Das Auffallende dabei war. dass die Maschine auch in diesem Fall, was Erschütterungen betrifft, genau so ruhig lief als bei Verwendung von Luftpuffern. Textabbildung Bd. 321, S. 651 Fig. 63. Diagramm einer Zweitourenmaschine mit Doppelrechenbewegung bei n = 24 u. η = 1 : 8, sowie Einstellung der Luftpuffer wie für n = 28. Textabbildung Bd. 321, S. 651 Fig. 64. Diagramm einer Zweitourenmaschine mit Doppelrechenbewegung bei n = 20 u. η = 1 : 8, sowie Einstellung der Luftpuffer wie für n = 28. Aus diesem Diagramm ist der Charakter der Kurve sehr schön ersichtlich und auch übereinstimmend mit den theoretisch erhaltenen Diagrammen. Man erkennt deutlich den raschen Wechsel während der Geschwindigkeitsab- bezw. Zunahme des Karrens (fast senkrechter Verlauf der Kurve) und anderseits den flachen bezw. sogar geraden Verlauf während der gleichmässigen Geschwindigkeit des Karrens. Immerhin ist das Diagramm durch die bei normalem Betrieb der Presse auftretenden Kräftewirkungen durch Heben des Zylinders während des Rückgangs des Karrens sowie durch periodisch einsetzende Exzenterbewegungen usw. stark beeinflusst. b) Einfluss der Luftpuffer auf das Diagramm. Die Maschine wurde auf 28 Druckbogen i. d. Minute einreguliert und die Puffer nun so gestellt, dass die Presse am ruhigsten arbeitete. An den beiden Manomentern war dabei eine Kompressionsspannung von 3 bis 3½ at abzulesen. Die Stromschwankungen (Fig. 62) waren dabei sehr gering und lagen zwischen 17 und 21 Amp. (als Maximalunterschied sonach etwa 4 Amp., als Minimum dagegen nur eine Differenz von etwa 2 Amp., entsprechend 18½ und 20½ Amp.). Textabbildung Bd. 321, S. 651 Fig. 65. Diagramm einer Zweitourenmaschine mit Doppelrechenbewegung bei erhöhter Geschwindigkeit des Registrierpapieres (n = 35 u. η = 1 : 8). Ohne eine Verstellung der Kolben vorzunehmen, wurde nun die Tourenzahl auf 24 Bogen verringert. Die Folge davon war, dass die Ausschläge (Fig. 63) wesentlich grösser ausfielen (zwischen 12 und 19 Amp., also eine Differenz von 7 Amp.), was ein Beweis dafür ist, dass infolge der hohen Kompressionsdrücke einerseits eine starke Entlastung, anderseits aber eine starke Ueberlastung des Antriebmotors eintreten muss. In diesem Fall sind also die auftretenden Beschleunigungsdrücke kleiner wie die mn den Luftzylindern erzeugten Kompressionsdrücke. Bei nur 20 Druckbogen i. d. Minute (Fig. 64) liegen die Verhältnisse noch ungünstiger. Die Ausschläge betragen hier jetzt 11 und 20 Amp., sonach der Unterschied 9 Amp. Durch diese drei Versuche wurde also bewiesen, dass übereinstimmend mit der Theorie für jede Tourenzahl der Presse die Luftpuffer eingestellt werden müssen, wenn eine möglichst vollkommene Kompensation der Beschleunigungsdrücke erreicht werden soll. Man begnügt sich jedoch in der Praxis damit, diese Neueinstellung nur innerhalb gewisser Grenzen vorzunehmen, und muss dieselbe dem Gefühl und der Geschicklichkeit des betreffenden Maschinenmeisters überlassen werden. Im allgemeinen laufen aber die Maschinen mit konstanter Tourenzahl, so dass ein Verstellen der Kolben ohnedies nur selten vorgenommen werden muss. Bemerkt sei noch, dass die Versuche unter a und b an einer Maschine grösseren Typus ausgeführt wurden. Ein Vergleich der Diagramme lässt auch den Unterschied hinsichtlich des Kraftbedarfes der Maschine bei verschiedenen Tourenzahlen erkennen. Während der mittlere Kraftbedarf der Presse bei 20 und 24 Druckbogen i. d. Minute nur wenig verschieden ist, nimmt derselbe bei 28 Bogen ziemlich zu. Da ferner der Antrieb unter Verwendung von Voll- und Leerscheibe vorgesehen war, so konnte gleichzeitig die Leerlaufsarbeit des Motors mit aufgenommen werden. c) Nachweis der Uebereinstimmung der theoretisch und graphisch ermittelten Arbeitsdiagramme. Der Versuch wurde an einer Maschine kleineren Typus ausgeführt. Der Unterschied in der Aufnahme lag nur darin, dass dem ablaufenden Papierstreifen eine höhere Geschwindigkeit erteilt wurde, als wie er durch das vorhandene Uhrwerk des Funkenregistrier-Amperemeters erhalten hätte. Erreicht wurde diese grössere Papiergeschwindigkeit wieder durch Aufsetzen einer kleinen Handkurbel. Die Maschine lief auf maximal 35 Druckbogen i. d. Minute. Durch entsprechende Einstellungen der beiden Luftpuffer konnten die auftretenden Massenwirkungen fast ganz kompensiert werden, was aus dem ruhigen Verlauf der Kurven zu entnehmen war (vergl. Fig. 65). Der Charakter der Kurven liess sich bei den so erhaltenen Diagramm besonders deutlich erkennen. Während der Bewegung des Rades auf dem geradlinigen Teil des Rechens, was einer konstanten Geschwindigkeit des Karrens entspricht, waren übereinstimmend mit den schematisch ermittelten Arbeitsdiagrammen, die Ausschläge sehr gering und werden erst bei der letzten Verschiebung des Karrens (um r) wegen der nicht ganz zu erreichenden Kompensation der Beschleunigungsdrücke etwas grösser. Ein weiterer Versuch wurde bei gleicher Luftpuffereinstellung auch für 29 Druckbogen i. d. Minute durchgeführt. Infolge der höheren Produktion der Presse mussten auch die Stromschwankungen wieder etwas grösser ausfallen. Jedoch zeigte das Diagramm denselben charakteristischen Verlauf, wie jenes für die kleinere Geschwindigkeit der Maschine. III. Abschnitt. Schlussfolgerungen. Ergebnisse der theoretischen und praktischen Untersuchungen. Vorstehende Untersuchungen haben eine Reihe wichtiger Ergebnisse geliefert, welche sowohl für die Konstruktion von Schnellpressen, als auch für deren Betrieb von Bedeutung sind. Im Folgenden sollen diese Ergebnisse kurz zusammengefasst werden. a) Schnellpressen mit Kurbelbewegung. 1. Alle Schnellpressen mit Kurbelbewegung, gleichgültig welcher Bauart (ob Eisenbahn-, Kreis- oder Schlittenbewegungsmaschinen), arbeiten infolge ihres durch die Massenwirkungen bedingten stark wechselnden Kraftbedarfes gleich ungünstig. 2. Die seither verwendeten Schwungräder sowie die gewählten Uebersetzungsverhältnisse (zwischen 1 : 3 und 1 : 9) sind noch viel zu klein, um die Belastungsänderungen ausgleichen zu können. 3. Ein vollständiger Ausgleich ist zwar theoretisch durch Wahl entsprechender Schwungmassen und Uebersetzungsverhältnisse möglich, würde jedoch zu praktisch unausführbaren Verhältnissen führen. So z.B. müsste für eine Kreisbewegungsmaschine grösseren Typus bei einer Uebersetzung von 1 : 15 noch ein Schwungrad von etwa 300 kg (bei 1 m Durchmesser) verwendet werden. Die lebendige Kraft dieses Schwungrades wäre aber viel zu gross, um noch ein rasches Anhalten (auf ¼ Karrenweg!) bewerkstelligen zu können, was bei Schnellpressenbetrieb eine wichtige Bedingung ist. 4. Eine vollständige Aufhebung der Massenwirkungen ist auch mit Luftpuffern nicht zu erreichen; dieselben können sogar eine wesentliche Erhöhung des Kraftbedarfes sowie Erschütterungen des Zylinders bedingen. 5. Bei elektrischem Einzelantrieb darf die Stärke des Motors wegen den durch die Massenwirkungen hervorgerufenen Belastungsänderungen nicht dem mittleren Kraftbedarf der Presse entsprechend gewählt werden. Wie Versuche ergeben haben, schwankt nämlich die Stromstärke um 50 v. H. und mehr auf- und abwärts, was zwecks Erzielung erhöhter Betriebssicherheit für die Bestimmung der Motorgrösse berücksichtigt werden muss. Da Gleichstrommotore inbezug auf augenblickliche Stromschwankungen wesentlich empfindlicher sind als Drehstrommotore, so empfiehlt es sich, erstere etwa 50 v. H. und letztere etwa 25 v. H. grösser zu nehmen, als der von den Firmen angegebene mittlere Kraftbedarf der Presse. 6. Bei Maschinen mit kleinen Uebersetzungsverhältnissen (unter 1 : 4) kann ein Ausgleich durch Aufsetzen schwerer Schwungräder überhaupt nicht erreicht werden. Hierin liegt auch der Grund, dass man solche Maschinen in der Paxis sogar ohne Schwungräder laufend antraf. Als Beispiel möge angeführt werden, dass zum praktischen Ausgleich der Massenwirkungen an einer Maschine grösseren Typus bei einem Uebersetzungsverhältnis von 1 : 3 ein Schwungrad von etwa 7000 kg verwendet werden müsste, während im allgemeinen nur Schwungräder von 150 bis 300 kg vorgesehen sind. Eine Erhöhung des Gewichtes um 100 oder 200 kg würde sonach bei diesem grossen Unterschied auf den Gang der Maschine, also auf die inneren Arbeitsvorgänge, so viel wie keinen Einfluss ausüben. Dagegen ist die Wirkung eines schweren Rades bei gleichzeitig höherem Uebersetzungsverhältnis sehr günstig. 7. Die auftretenden Belastungsänderungen sind in der Hauptsache durch die Bewegung des Karrens und Zylinders bedingt und werden verhältnismässig nur wenig durch die Zylinderpressung beeinflusst. 8. Für die Berechnung des Schwungrades sowie der inneren Arbeitsverhältnisse der Presse überhaupt genügt es daher vollständig, die Diagramme für die Beschleunigungs- und Tangentialdrücke (bei leerlaufender Presse und reibungslosem Zustand) zu ermitteln. Auf Grund vorliegender Untersuchungen wurde eine Kreisbewegungsmaschine mit einem Uebersetzungsverhältnis η = 1 : 12 gebaut. Die elektrische Untersuchung ergab, dass der Einfluss dieser hohen Geschwindigkeit ein sehr günstiger ist. Namentlich verdient der leichte und stossfreie Anlauf erwähnt zu werden, was speziell bei elektrischem Einzelantrieb von grosser Wichtigkeit ist. Bei Aufnahme der Arbeitsdiagramme zeigte es sich, dass die Anlaufstromstärke (auch ohne Verwendung von Fest- und Leerscheibe) einen nahezu konstanten Wert aufwies und ausserdem unter der normalen Betriebsstromstärke blieb, so dass auch bei weniger sorgfältigem Einschalten des Motors die Gefahr einer Beschädigung so viel wie ausgeschlossen ist. Eine weitere Maschine mit einem Uebersetzungsverhältnis von η = 1 : 16 befindet sich zur Zeit im Bau, und werden sich die Verhältnisse hier voraussichtlich noch günstiger gestalten. b) Zweitourenmaschinen. 1. Die inneren Arbeitsvorgänge sind bei den einzelnen Bewegungsarten die gleichen. Der Vorzug des einen oder anderen Systems liegt also lediglich in der praktischen Ausführung selbst 2. Ein Ausgleich der Massen Wirkungen ist hier nur durch Anwendung von Luftpuffern zu erreichen. Schwungräder können wegen der schnellen Geschwindigkeitsänderung überhaupt nicht zur Verwendung kommen. 3. Eine vollständige Kompensation der auftretenden Beschleunigungsdrücke ist auch mit Luftpuffern nicht möglich. Jedoch sind die Kräftewirkungen bei richtiger Einstellung der Kolben sehr gering, was auch an den aufgenommenen Arbeitsdiagrammen zu erkennen ist. 4. Da sich die Massenwirkungen mit der Geschwindigkeit der Presse ändern, so müssen auch die Puffer theoretisch für jede Tourenzahl neu eingestellt werden. Praktisch genügt es jedoch, wenn die Einstellung innerhalb gewisser Grenzen vorgenommen wird. 5. Für eine gegebene Karrengeschwindigkeit (bezw. Produktion der Presse) lassen sich die Luftpufferdimensionen sowie die Einstellung der Kolben unter Zugrundelegung isothermischer Kompression bezw. Expansion in einfacher Weise berechnen, und stimmen die so erhaltenen Resultate mit praktisch ausgeführten Maschinen überein. 6. Für die auftretenden Kräfte Wirkungen ist es vorteilhafter, wenn die Regulierung der Kompressionsdrücke nicht durch Aenderung des Luftvolumens herbeigeführt wird (was mit einer Vergrösserung bezw. Verkleinerung der Zylinderlänge verbunden ist), sondern durch Verstellen der Pufferkolben selbst, so dass die Zylinderlänge und damit auch das zu komprimierende Luftvolumen stets von gleicher Grösse bleibt. Dabei ist es jedoch gleichgültig, ob die verschiebbaren Kolben am Gestell der Maschine angeordnet sind und die Zylinder mit dem Karren hin- und hergehen (wie bei Koenig & Bauer vergl. auch Fig. 52a), oder ob die Anordnung umgekehrt getroffen ist. 7. Infolge des guten Ausgleiches der Massenwirkungen kann bei elektrischem Einzelantrieb von Zweitourenmaschinen die Stärke des Motors dem mittleren Kraftbedarf der Presse entsprechend gewählt werden. Bei Verwendung von Gleichstrom als motorische Kraft dürfte es sich immerhin empfehlen, den Motor etwa 15 v. H. grösser zu nehmen, wodurch auch bei unrichtiger Einstellung der Luftpuffer eine Beschädigung des Motors vermieden wird. 8. Der mittlere Kraftbedarf schwankt je nach Grösse und Bauart dieser Maschinen zwischen 2½ und 5 PS gegenüber 1 bis 3 PS bei Maschinen mit Kurbelbewegung. Dieser gewaltige Unterschied rührt zwar zum Teil von der höheren Beanspruchung (Produktion) der Zweitourenmaschinen her, ist aber in der Hauptsache durch die Verwendung der Luftpuffer bedingt, welche infolge Erwärmung der komprimierten Luft sowie Undichtheiten zwischen Zylinder und Kolben, je nach den Betriebsverhältnissen zu mehr oder weniger Energieverlusten Veranlassung geben.