Titel: Die Gaskraftmaschinen auf der internationalen Ausstellung in Mailand 1906.
Autor: Fr. Freytag
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 662
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Die Gaskraftmaschinen auf der internationalen Ausstellung in Mailand 1906. Von Fr. Freytag, Cemnitz. (Schluss von S. 617 d. Bd.) Die Gaskraftmaschinen auf der internationalen Ausstellung in Mailand 1906. Die äussere Ansicht des von der Societá Italiana Langen & Wolf ausgestellten, zum Betriebe der elektrischen Hochbahn dienenden 500 PS doppeltwirkenden Tandem-Gasmotors zeigt Fig. 18 – es ist nur das hier ersichtliche Schwungrad durch das Polrad der später mit deren Motor vereinigten Wechselstrommaschine ersetzt zu denken. Als Betriebsmittel der bei 117,5 minutlichen Umdrehungen eine Höchstleistung von 550 PS entwickelnden Maschine von 580 mm Zylinderdurchmesser und 820 mm Hub dient aus englischem Anthrazit erzeugtes Sauggas; sie ist mit einem Einphasen-Wechselstromgenevator für 2000 Volt Normalspannung bei 14 Perioden direkt gekuppelt. Das gleichzeitig als Schwungrad ausgebildete Polrad des Generators von 3400 mm Durchmesser und 500 mm Breite gewährleistet bei der Normalleistung einen Ungleichförmigkeitsgrad δ1/100; es war für den direkten elektrischen Bahnbetrieb ein niedrigerer Ungleichförmigkeitsgrad in Aussicht genommen, jedoch mit Rücksicht auf vorhandene Modelle begnügte sich die Lieferantin des elektrischen Teiles mit dem oben angegebenen Werte, der sich auch als genügend erwiesen hat. Textabbildung Bd. 321, S. 662 Fig. 18. Doppeltwirkender Tandem-Gasmotor der Società Italiana Langen & Wolf. a = Einlassventile; b = Mischventile. Der technisch richtigen Formgebung der Zylinder ist grosse Aufmerksamkeit gewidmet worden; sie sind mit dem äusseren, sehr reichlich bemessenen Kühlmantel unter Berücksichtigung möglichst gleichmässiger Matenaiverteilung aus einem Stück gegossen. Die durch die ungleichmässigen Wärmedehnungen der Zylinderlaufflächen und des äusseren Kühlmantels hervorgerufenen Materialspannungen sind durch die energische Kühlung in zulässigen Grenzen gehalten; es ist ferner der raschen Verstopfung der Kühlräume durch unreines Wasser usw. wirksam vorgebeugt worden. Um letztere nach Bedarf auf einfachste Weise gründlich reinigen zu können, sind am Zylindermantel zweckmässig verteilte Putzluken angeordnet. Das Gewicht der wassergekühlten Kolbenkörper und zugehörigen Stangen wird vom Kreuzkopf und mittleren Gleitschuh bezw. von dem letzteren und der hinteren Führung aufgenommen; sie werden damit ohne im Zylinder aufzuliegen – freischwebend getragen, so dass, da nur die Kolbenringe mit ∾ 0,5 kg/qcm Flächenpressung am Zylinder anliegen und die eigentliche Dichtung besorgen, Abnutzungen der Zylinderlaufflächen nur in geringem Masse auftreten können. Um eine genaue zentrische Führung der hin- und hergehenden Triebwerkteile zu ermöglichen, sind die Zylinder mit dem Gestell, der Laterne und der hinteren Führung durch runde Flanschen verbunden. Der Rahmen ist als doppeltes Bajonett mit offener Kreuzkopfbahn gebaut, womit eine bequeme Wartung des Kreuzkopfes und der Gleitbahn, ferner einfachste Demontage des vorderen Zylinderdeckels bei Reinigung der vorderen Zylinderseite und deren Ventile erreicht wird. Selbstverständlich sind auch alle übrigen Gleitbahnen so tief gelegt, dass man die Zylinderdeckel bequem darüber hinwegschieben kann. Die Steuerung der Einlass- und Auslassventile geschieht in bekannter Weise durch Nocken mittels Hebelübertragung. Die Regelung erfolgt nach dem Füllungsverfahren. Das Einlassventil öffnet mit konstantem Hub, während der Hub des als Doppelsitzventil ausgebildeten Regulierorgans veränderlich ist. Die Steuerung dieses Mischventils entspricht den Ausführungen der Gasmotorenfabrik Deutz. Wie dort wird der Hub des Mischventils, der jeweiligen Belastung entsprechend, durch Verschiebung des auf einer Gleitbahn beweglichen Stützpunktes des Ventilhebels verändert. Sämtliche vier Mischventile werden auf diese Weise von einem einzigen Hartung-Regulator beeinflusst. Während jedoch die Gasmotorenfabrik Deutz Einlassventil und Mischventil jeder Zylinderseite hintereinander und mit gemeinsamen Steuerungsantrieb durch Nocken und Hebel anordnet (s. Fig. 18), sitzen diese Ventile bei der in Mailand ausgestellten Maschine der Firma Langen & Wolf nebeneinander, d.h. beide in der Längsachse der Maschine und es werden die Einlassventile durch Nocken, die Mischventile – getrennt hiervon – durch einfachen Exzenterantrieb gesteuert. Durch diese Ausführung soll Montage und Wartung der Maschine vereinfacht, das Gesamtbild derselben verschönert werden! Die Zündung der verdichteten Ladung erfolgt durch eine elektrische Abreissvorrichtung in Verbindung mit einem Magnetapparat, Patent Gasmotorenfabrik Deutz. Der Zeitpunkt der Zündung ist beim Anlassen der Maschine auf einfache Weise verstellbar. Das Anlassen geschieht durch zwei selbsttätig gesteuerte Druckluftventile, die zu dem Zwecke mit zwei Pressluftbehältern von je 1200 l Inhalt in Verbindung stehen. Zur Speisung dieser Behälter ist ein kleiner Kompressor vorgesehen, der mittels Riemen von einem Leuchtgasmotor angetrieben wird; letzterer dient auch gleichzeitig zum Antrieb des beim Warmblasen des Generators nötigen Ventilators. Textabbildung Bd. 321, S. 663 Fig. 19 und 20. Schiffsmotoren der A.-G. vorm. F. Martini & Co. Die in den gekühlten Zylinderdeckel eingesetzte Stopfbüchsendichtung besteht aus einer grösseren Anzahl selbstspannender sogenannter Kammerringe der mittleren Oelkammer und einer Nachdichtung aus Weissmetall- und Bronzesegmenten. Die Oelzuführung geschieht selbsttätig und unter Druck. Behufs hinreichender Kühlung der Zylinder sind dieselben mit zwei getrennten Zu- und Ableitungen für das Wasser versehen. Das zur Kühlung der beiden Kolben und Stangen dienende Wasser wird gemeinsam dem Mittelstück in der Laterne bei 4,5 at Ueberdruck zugeführt, von hieraus getrennt durch die hohlen Stangen nach dem vorderen und hinteren Kolben geleitet, um schliesslich in Behälter im Rahmen bezw. der hinteren Führung abzufliessen. Die Auslassventile selbst haben keine innere Kühlung; sie werden durch die zweckmässig konstruierten mit Wasserumlauf versehenen Ventilgehäuse genügend kühl gehalten; letztere bilden ein einziges Gusstück, d.h. sie sind ohne die die Wärmeableitung verschlechternden Einsätze gebaut und mit getrennten Kühlleitungen versehen. Um den Auspuff geräuschlos zu machen, ist eine injektorartige Wassereinspritzung in die heissen Auspuffgase vorgesehen. Diese Vorrichtung ist noch jedem Auspuffgehäuse unter Vorschaltung eines gekühlten Krümmers in die Auspuffleitung eingebaut. Hauptlager, Aussenlager und die verschiedenen Steuerwellenlager sind als Ringschmierlager ausgebildet. Für alle übrigen sich bewegenden Maschinenteile besteht Zentraldruckschmierung und zwar besitzt jeder Zylinder einen, eigenen Schmierapparat, System Hamelle, mit dem zugehörigen Oelverteiler. Bemerkenswert ist noch die Konstruktion des Aussenlagers. Die Lagerschalen desselben sind in kugelförmige Auflageflächen des Lagerkörpers eingepasst, womit, ausser bedeutender Erleichterung der Montage, ein Warmlaufen der Welle bei etwaigen Durchbiegungen derselben verhindert wird. Der zur Erzeugung des Kraftmittels dienende Generator hat in seinem Unterteil acht Aschentüren, von denen vier grössere den Zugang unter den Rost, vier kleinere denjenigen über den Rost ermöglichen, so dass das Reinhalten desselben wie auch ein Abschlacken während des Betriebes ohne jede Unterbrechung vorgenommen werden kann. Zur Erzeugung des zur Vergasung nötigen Dampfes ist im Oberteil des Generators ein der Societá Italiana Langen & Wolf patentierter Röhrenverdampfer eingebaut. Die Wärme der abziehenden Gase wird weiter noch dadurch ausgenutzt, dass die Abzugsrohre wassergekühlt sind und das hierdurch vorgewärmte Wasser dem Verdampfer zufliesst. Zur Beschickung des Generators dient ein Fülltrichter mit Doppelverschluss, der so konstruiert ist, dass jeder Verschluss nur für sich allein, nie beide gleichzeitig geöffnet werden können. An verschiedenen Stellen angebrachte Stechlöcher ermöglichen ein Durchstossen des glühenden Brennstoffes auch während des Betriebes. Jeder Zylinder steht durch eine besondere Gasleitung: mit dem Generator in Verbindung, in welche die erforderlichen Reinigungsapparate – je ein Skrubber von 1800 mm Durchmesser und 6000 mm Höhe sowie ein Kondensator – eingebaut sind. Das mittels des bereits erwähnten Ventilators bewirkte Anblasen des Generators erfordert bei frischem Anheizen ∾ 40 Minuten, bei Wiederinbetriebsetzung des die Nacht durchbrennenden Generators ∾ 15 Minuten. Die von der A.-G. vorm. F. Martini & Co. in Frauenfeld (Schweiz) gebauten, mit Benzin betriebenen Schiffsmotoren sind sogen. Schnelläufer mit Umlaufzahlen von 1100–1400 und langsam laufende Motoren mit Umlaufzahlen von 700–900 i. d. Minute; selbstverständlich gelten die höheren Umlaufzahlen nur für die kleineren Typen – bis zu 60 PS. Die Motoren sind ein-, zwei-, vier- und sechszylindrig, und zwar werden Vierzylindermotoren, die einen ruhigen Gang des Schiffes gewährleisten, schon für Höchstleistungen von 18 PS angebaut. Fig. 19 zeigt einen Einzylindermotor von 3 PS Höchstleistung bei 1400 minutlichen Umdrehungen, dessen Gewichte – ohne Umsteuerungsvorrichtung – ∾ 60 kg beträgt, Fig. 20 einen Sechszylindermotor, der mit 1100 minutlichen Umdrehungen eine Höchstleistung von 85 PS entwickelt und ohne Umsteuerungsvorrichtung 900 kg wiegt. Die Motoren arbeiten mit elektro-magnetischer Zündung, mit einem regelbaren Vergaser, der noch mit einer Vorrichtung versehen ist, um das Benzin plötzlich absperren oder aber bei Verstopfung der Zerstäuberdüse diese mit einem kurzen Handgriff demontieren und nachsehen zu können; sie haben wassergekühlte Zylinder und eine Kühlwasserpumpe. Der Magnetapparat ist ein solcher für Lichtbogenzündung mittels Zündkerzen. Die sämtlichen Ventile sind leicht zugänglich. Der Antrieb der Motoren erfolgt mittels einer Andrehvorrichtung. Bei den grösseren Typen findet ausserdem noch eine Verschiebung der Steuerwelle statt, wodurch besondere Anlassnocken in Wirkung treten. Der von der Firma Carrera Luigi & Co. in Turin ausgestellte liegende Sauggasmotor von 35 PS bietet nichts bemerkenswertes.