Titel: Die Wärmekraftmaschinen der Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg 1906.
Autor: H. Meuth
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 801
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Die Wärmekraftmaschinen der Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg 1906. Von Dr.-Ing. H. Meuth, Karlsruhe. (Fortsetzung von S. 789 d. Bd.) Die Wärmekraftmaschinen der Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg 1906. In Fig. 56 ist die Generatorgasanlage, Bauart Güldner, welche die Maschine speist, im Querschnitt abgebildet; sie arbeitete auf der Ausstellung mit Anthrazit, ist jedoch so gross bemessen, dass auch Hüttenkoks darin vergast werden kann. Der Schacht des Generators ist ringförmig aus Chamotte gemauert und mit Isoliermasse umkleidet; der äussere Blechmantel hat einen quadratischen Querschnitt. In den dadurch gebildeten Mantelecken sind die Leitungen zum Verdampfer und von diesem zum Aschenraum untergebracht. Der letztere entleert sich selbst durch ein weites Rohr, welches in eine Wassergrube unter dem Generator eintaucht. Durch drei Feuer- bezw. Aschetüren mit besonderen Stochlöchern wird der Rost bedient. Der Hauptverdampfer liegt wie gewöhnlich im oberen Teil des Generators; das erzeugte Gas passiert zunächst den Vorverdampfer, in welchem die mitgerissene Flugasche zurückgehalten und der grösste Teil der Gaswärme an das Speisewasser und an die Generatorluft abgegeben wird. Der Vorverdampfer ist mit einem Blechmantel umkleidet, der im unteren Teil auch die Teervorlage des Nassreinigers umschliesst. Der Generator saugt aus dem so gebildeten Ringraum die darin vorgewärmte Luft und den Teerwasserdunst der Vorlagen ab. Diese zum Patent angemeldete Konstruktion bezweckt die Verminderung sowohl der Wärmestrahlung als der Abwässergerüche im Maschinenraum. Die Abwärme des Generators wird dabei gut ausgenutzt. Der schmiedeeiserne Nassreiniger von 4,5 m Höhe ist statt mit Koks mit Holzhorden gefüllt, die nicht so oft ausgewechselt zu werden brauchen. Das Wasser fällt zur Verhütung von Verstopfungen durch Teer durch ein einziges grösseres Loch auf einen Schirm, durch welchen es verteilt wird. Ueber dem Nassreiniger passiert das Gas noch einen Trockenreiniger mit Holzspanfüllung, ferner zwei Teerabscheider und schliesslich einen gleichzeitig als Druckregler dienenden Gastrockner, in dem sich der im Gas mitgeführte Wasserdampf niederschlägt. Zum Ingangsetzen der Anlage dient ein kleiner elektrisch angetriebener Ventilator. Wenn bei der Konstruktion der Maschine der Hauptwert auf eine ökonomische Verbrennung und solide Bauart gelegt wurde, so war man auch bei der Konstruktion des Generators darauf bedacht, dass der Maschine ein möglichst gutes und reines Gas geliefert wird. Durch diese Sorgfalt bei der Durchbildung der Gesamtanlage wird denn auch ein ausserordentlich gutes wirtschaftliches Ergebnis erzielt: Nach Versuchen von Prof. Schröter an einem 20pferdigen mit Leuchtgas betriebenen Güldnermotor betrug der Gasverbrauch bei nahezu maximaler Leistung 0,298 cbm f. d. PSi/Std. (auf Gas von 5000 W. E. f. d. cbm bezogen); bei ¾ der maximalen Leistung betrug der Gasverbrauch 0,33 cbm. Es wurden somit bei der Höchstleistung 42,7 v. H. der im Gase zugeführten Wärmemenge in indizierte Arbeit verwandelt; 33,2 v. H. gingen aus Kühlwasser und 24,1 v. H. gingen durch Strahlung und mit den Abgasen verloren. Bei Sauggasbetrieb wurden 29 v. H. der im Generator verfeuerten Kohle in indizierte Arbeit umgesetzt, entsprechend einem stündlichen Anthrazitverbrauch f. d. PSi/Std. von 250 g. Für die ausgestellte Zwillingsmaschine wird der Brennstoffverbrauch bei Vollbelastung im Maximum zu 350 g Anthrazit und 430 g Zechenkoks f. d. PSe und Stunde angegeben. 4. Die Maschinenfabrik von Scharrer & Gross in Nürnberghatte eine liegende Sauggasmaschine von 40 PSe samt Generator ausgestellt. Fig. 57 gibt ein Bild von der schönen, sehr gedrungenen Ausführung der Maschine. Form und Einrichtungen sind die im modernen Gasmaschinenbau üblichen. Die Maschine hat eine Zylinderbohrung von 410 mm, einen Hub von 550 mm und macht 180 Umdrehungen i. d. Minute. Das zweiteilige Schwungrad von 3 m Durchmesser und 270 mm Breite hat für einen Ungleichförmigkeitsgrad von 1/80 ein Gewicht von 4000 kg. Der Zylindermantel ist mit dem breit aufliegenden Fundamentrahmen zusammengegossen und der Laufzylinder auswechselbar und mit der Möglichkeit, sich frei auszudehnen, in den Zylindermantel eingesetzt. Um eine richtige Zündung auch bei hoher Kompression und bei verschiedener Leistung zu sichert, wird beim Saughub des Kolbens zunächst nur reine Luft angesaugt und dann erst das Gemisch; bei abnehmender Leistung wird ferner gleichzeitig Luft- und Gaszufuhr geändert und zwar so, dass mehr reine Luft angesaugt wird und die Oeffnung des Gasventils später erfolgt, so dass der Brennstoff erst während des letzten Teiles des Saughubes in den Zylinder gelangt. Es wird sich hierbei der Belastung entsprechend am Kolbenboden mehr oder weniger reine Luft befinden, während das zündfähige Gemisch sich am Deckel und um den Zünder herum lagert. Dieser letztere ist zentral im Deckel des Verbrennungsraumes angeordnet und ermöglicht so eine gleichmässige Fortpflanzung der Zündung durch das ganze Gemisch. Die Kompression bleibt bei der angewendeten Regulierungsart immer gleich hoch für alle Belastungen. Einlass- und Auslassventil liegen in einer Achse übereinander; das Auslassventil ist besonders gekühlt. Die Bewegung der Ventile erfolgt durch eine unrunde Scheibe von der Steuerwelle aus. Im Steuerwellenlagerbock ist auch der Hebel zur Bewegung des Gasventils gelagert, dessen frühere oder spätere Oeffnung von der Stellung des auf der Steuerwelle vom Regulator verschiebbaren, konischen Nockens abhängt. Die Luft tritt aus dem Fundamentrahmen, der als Luftansaugetopf dient; ihre durchtretende Menge wird mit einer Drosselklappe durch den Regulator gleichzeitig mit dem Gaszufluss geregelt. Das Gas mischt sich nach Passieren des Gasventils auf dem weiteren Wege mit der von unten kommenden Luft besonders innig in den Schlitzen des Einlassventilsitzes. Sämtliche Ventile und Flanschen sind aufgeschliffen. Der Antrieb der Steuerung erfolgt durch Schraubenräder von der Hauptwelle aus; der Hartungfederregulator wird ebenfalls durch ein Schraubenräderpaar von der Steuerwelle aus angetrieben. Die Räder sind eingekapselt und laufen in Oel. Die Einzelheiten des Triebwerks sind sorgfältig behandelt. Der Kolben ist sehr lang gehalten und besitzt vor dem Kolbenbolzen zwei, hinter diesem sechs selbstspannende Dichtungsringe; seine Lauffläche wird durch eine von der Steuerwelle aus angetriebene Oelpumpe geschmiert. Der Kolbenbolzen erhält sein Schmiermaterial durch eine Abstreifvorrichtung. Alle Zapfen haben grosse Auflagerflächen. Der Kurbelzapfen hat Zentrifugalschmierung; die Lager der Hauptwelle Ringschmierung. Weniger zweckmässig sind die Steuerwellenlager ausgebildet. Kurbel und Wellenzapfenlager sind mit Weissmetall ausgegossen. Die Massenwirkung des Kolbens und der Lenkstange ist zum grossen Teil durch Gegengewichte ausgeglichen. Die Zapfen und Büchsen des Steuergestänges sind alle gehärtet und geschliffen. Textabbildung Bd. 321, S. 802 Fig. 56. Generatorgasanlage, Bauart Güldner. Die Zündung ist eine magnetelektrische Abreisszündung, die ihren Antrieb durch eine Kurbelscheibe auf der Steuerwelle erhält. Der Zündpunkt kann von Hand leicht verstellt werden. Angelassen wird die Maschine durch Druckluft aus einem besonderen Behälter. Das Oeffnen des Anlassventils erfolgt von der Steuerwelle aus durch einen Nocken, welcher auf der vom Regulator verschiebbaren Hülse für die Gasregulierung sitzt. Hierdurch wird auch das Abstellen der Druckluft bewirkt. Das Anlassen erfolgt somit selbsttätig durch den Regulator nach Oeffnen der Druckluftleitung. Die Maschine war auf der Ausstellung nicht mit einer Arbeitsmaschine gekuppelt; um sie im Betrieb unter Belastung zu zeigen, war eine Wirbelstrombremse vor das Schwungrad eingebaut. Textabbildung Bd. 321, S. 803 Fig. 57. 40 PS-Sauggasmaschine von Scharrer & Gross. Die zu der Maschine gehörige Generatorgasanlage Ist in Fig. 58 im Querschnitt dargestellt. Sie besteht aus dem Generator mit Chamotteschacht von 525 mm l. W., Verdampfer und Nachverdampfer, dem Koksreiniger und dem Gassammeltopf. Der Verdampfer ist in den Deckel des Generators verlegt. Die eingesaugte Luft kann sich, wenn sie über die grosse Wasserfläche des Verdampfers streicht, mit Wasserdampf reichlich sättigen und gelangt durch den Nachverdampfer und das Luftrohr unter den Rost. Der Generator kann durch die vorhandenen Türen über und unter dem Rost auch während des Betriebes abgeschlackt und die Asche leicht entfernt werden. Der Füllkasten für den Brennstoff besitzt doppelten Verschluss, welcher verhindert, dass beim Nachfüllen Luft in den Generator gesaugt und das Gas dadurch verschlechtert wird. Der Innenraum des Nachverdampfers dient dem durchziehenden Gas als Flugaschenfänger; die zurückbleibende Asche ist durch eine Tür leicht zu entfernen. Das verdampfte Wasser wird durch regelbaren Zulauf ersetzt. Der Wasserspiegel im Verdampfer wird durch einen Ueberlauf konstant gehalten. Das überlaufende Wasser fliesst in den Ascheraum, wo es verdampft. Das erzeugte Gas gelangt auf seinem weiteren Weg in den Koksreiniger mit Wasserberieselung. Das Rieselwasser sammelt sich in den Behälter unter dem Reiniger und bildet, durch einen Ueberlauf in bestimmter Höhe gehalten, einen dichtenden Abschluss nach aussen. Das Gas passiert vor seinem Eintritt in den Reiniger einen Rost, der eine Verteilung des Gases und eine innige Berührung mit dem Wasser bewirkt. Textabbildung Bd. 321, S. 803 Fig. 58. Sauggasgeneratoranlage von Scharrer & Gross. Schliesslich passiert das Gas noch den Sammeltopf, der die Wirkung der stossweisen Gasentnahme durch die Maschine auf den Generator etwas abschwächt. Gas Ingangsetzen des Generators erfolgt durch einen Ventilator nach Oeffnung des Umschaltventils V (Fig. 58). Scharrer & Gross hatten ausserdem noch mehrere kleinere Maschinen von 3, 5, 6 und 15 PS ausgestellt, die nach Auswechselung eines Ventils ohne sonstige Aenderung mit flüssigen Brennstoffen: Benzin, Benzol, Ergin und Spiritus und andererseits mit gasförmigen Brennstoffen betrieben werden können. Textabbildung Bd. 321, S. 804 Fig. 59. 15 PS-Verbrennungskraftmaschine von Scharrer & Gross. Fig. 59 zeigt einen Querschnitt durch den Verbrennungsraum der 15 PS-Maschine, Fig. 60 die Rückansicht derselben mit der Steuerung. Anordnung des Zylinders, des Triebwerks und Fundamentrahmens ist die gleiche wie bei der Sauggasmaschine. Textabbildung Bd. 321, S. 804 Steuerung der Verbrennungskraftmaschine von Scharrer & Gross Fig. 60a. Einlassventil für gasförmige Brennstoffe.Fig. 60b. Einlassventil für flüssige Brennstoffe. Zu besprechen bleibt noch die Einrichtung zur Mischung bezw. Verpackung des Brennstoffes. In Fig. 60a ist die Einrichtung bei Verwendung von Gas, in Fig. 60b bei Verwendung flüssiger Brennstoffe dargestellt. In letzterem Falle wird der Brennstoff aus einem Behälter zu dem Zerstäuber Z geleitet, dessen eines Ventil die Oelzufuhr regelt, während das andere, zwangläufig gesteuert, das für jeden Arbeitshub nötige Oelquantum durch sechs kleine Löcher zu dem Zerstäuber treten lässt. Letzterer besteht aus einem gerippten Konus, auf dessen Fläche der herabfliesende Brennstoff von dem vorbeistreichenden Luftstrom mitgerissen und bei der wirbelnden Bewegung der Luft zerstäubt wird und vergast. In ganz ähnlicher Weise, nur mit etwas grösseren Abmessungen ist das in Fig. 60a ersichtliche Mischventil für gasförmige Brennstoffe ausgebildet. Die Regelung der Maschine erfolgt durch Veränderung der Ladungsmenge durch früheren Schluss des Mischventils, welches von einem vom Regulator verstellbaren Nocken auf der Steuerwelle gesteuert wird. Das Gemisch behält immer die gleiche Zusammensetzung. Auch die sechspferdige Maschine wird auf diese Weise reguliert. Die kleineren 3 und 5pferdigen Maschinen haben Aussetzerregulierung mit Hilfe einer sehr einfachen Einrichtung, welche in Fig. 61 dargestellt ist. Der Hebel zur Oeffnung des Brennstoffventils trägt an seinem Ende ein Pendel, welches mit der Stange zur Oeffnung des Ventils um den Hebelendpunkt drehbar ist und bei normaler Belastung durch eine Feder in einer solchen Lage gehalten wird, dass die Stange S1 bei ihrer Auf- und Abwärtsbewegung die Ventilstange S2 immer trifft und das Brennstoffventil jedesmal öffnet. Steigt aber die Geschwindigkeit der Maschine, so bleibt das Pendelgewicht infolge seiner Trägheit etwas zurück und damit kommt Stange S1 in eine Lage, in welcher sie das Ventil nicht öffnen kann. Textabbildung Bd. 321, S. 804 Fig. 61. Regelung der kleinen Oelmaschine von Scharrer & Gross. 5. Die Maschinenfabrik Karl Bachmann in Ansbach, die Maschinenfabrik Schweinfurt und die Münchener Motorenfabrik in München-Sendling hatten eine Reihe kleinerer Gas- und Oelmaschinen von der Bauart der beschriebenen Maschinen von Scharrer & Gross ausgestellt. Die erstgenannte Firma hatte ausserdem noch eine 100pferdige doppeltwirkende Sauggasmaschine ausgestellt, die aber keinen Fortschritt im Gasmaschinenbau bedeutet. 6. Die Maschinenfabrik J. W. Engelhardt & Co. in Fürth hatte zwei stehende Gasmaschinen von 20 und 40 PS, erstere in Betrieb mit einem Generator, Bauart Lüderitz, ausgestellt. Die Bauart gleicht im wesentlichen derjenigen des Güldnermotors. Die Regulierung erfolgt durch Veränderung der Mischung. Die Einrichtung des Generators ist insofern bemerkenswert, als das Gas vor seinem Eintritt in den mit Koks gefüllten Reiniger gezwungen wird, über dem Wasser, welches den Boden des Reinigers abschliesst, in kreisender Bewegung hinwegzustreichen. Die Bewegung wird dem Wasser mitgeteilt und durch die Wirkung der Zentrifugalkraft werden die sich absetzenden Verunreinigungen des Gases nach der Wand des Reinigers getrieben, so dass die Oeffnungen für den Eintritt des Gases in das Tauchrohr des Reinigers frei bleiben. 7. In einem Sonderpavillon ausserhalb der Ausstellung hat die Gasmotorenfabrik Deatz ausser einer 40 PS-Sauggasanlage mit Braunkohlengenerator eine Anzahl kleinerer Gas- und Oelmaschinen in stehender und liegender Bauart ausgestellt, die den Lesern des Journals durch die Beschreibungen in D. p. J. Bd., 320, S. 723–726 schon bekannt sind. (Schluss folgt.)