Titel: Deutsche Verladevorrichtungen für Kohlen und Erz.
Autor: K. Drews
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 2
Download: XML
Deutsche Verladevorrichtungen für Kohlen und Erz. Von Ingenieur K. Drews, Posen. Deutsche Verladevorrichtungen für Kohlen und Erz. Wie schon im vorigen Jahrgange S. 770 erwähnt, wurden im letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts amerikanische Verladevorrichtungen auch in Deutschland eingeführt, indem einige deutsche Firmen das Ausführungsrecht hierfür erwarben. So finden wir den Huntschen Umlader, von der Firma J. Pohlig in Cöln-Zollstock geliefert, auf dem Eisenwerk „Kraft“ in Kratzwiek bei Stettin, in Hochfeld und in Biebrich am Rhein. Die Brownsche Verladebrücke, deren Ausführung Adolf Bleichert & Co. in Leipzig übernommen hatten, finden wir u.a. in Rote Erde, bei Krupp in Rheinhausen, am Indiaquai in Hamburg. Der Hulett-Umlader indes hat bei uns bisher keine Verwendung gefunden, da die Vorbedingungen für ihn, nämlich die Anpassung des Schiffes an die Verladevorrichtung, hier noch nicht in dem Maße durchgeführt werden konnte wie drüben. Als Betriebskraft kam bei amerikanischen Verladevorrichtungen bis vor 10 Jahren fast nur Dampf in Frage. Als dann der Elektromotor als Antriebsmaschine mit der Dampfmaschine in Wettbewerb trat, änderte er fürs erste wenig oder gar nichts an dem mechanischen Teil der Verladebrücken. Man behielt auch bei elektrischem Betriebe die feste Winde und den Seilantrieb bei, obwohl gerade hier im Hinblick auf die leichte Energiezufuhr und auf die Vorteile, die die Fernsteuerung bot, eine Aenderung hätte eintreten können. Feste Winde und Seilantrieb der Katze waren dem Dampfbetrieb angepaßt. Wohl hätte man auch bei dieser Betriebskraft Hubwinde und Fahrantrieb auf der Katze selbst unterbringen können. Aber dann hätte auch der Dampfkessel auf der Katze untergebracht werden müssen, denn die Energiezufuhr von einem stationären Kessel zur Katze, deren Fahrweg oft über 100 m beträgt, bietet zu viele konstruktive und Betriebsschwierigkeiten. Laufkatzen mit Dampfkessel und Dampfmaschine wiederum fallen bei den üblichen Hub- und Fahrgeschwindigkeiten sehr groß und schwer aus. Da der Massen widerstand beim Anfahren den zu bewegenden Massen verhältnisgleich ist, so ist natürlich der Energieverbrauch bei Seilantrieb und fester Winde ein geringerer. Professor Kammerer hat diese Verhältnisse in seiner sehr lesenswerten Abhandlung „Die Lastenförderung unter dem Einfluß der Elektrotechnik“ Z.d.V.d.J. 1902, S. 1423 fr. durch eine Anzahl von Schaubildern dargestellt. Wenn bei elektrischen Kranen namentlich bei Laufkranen der Einzelantrieb, d.h. für jede Kranbewegung ein besonderer Motor mit direktem Antrieb zu Anfang dieses Jahrhunderts Regel wurde, so folgte man dem, wenigstens in Amerika, bei den Verladebrücken zunächst noch nicht. Der Grund hierfür ist in den üblichen hohen Fahrgeschwindigkeiten der Katze (4 bis 6 m/Min.) zu suchen Bringt man Hub- und Fahrmotor, Triebwerke, Steuerung und Führerstand auf der Katze selbst unter, so wächst deren Eigengewicht ganz beträchtlich. Bei Verladebrücken mit großer Spannweite würde dies eine weit kräftigere Brückenkonstruktion erfordern. Dann aber, und dies ist das wesentlichere Moment, wächst die Anfahrleistung im Verhältnis der zu bewegenden Massen. Bei normalen Laufkranen, deren Katzenweg selten größer als 20 m ist, überschreitet die Fahrgeschwindigkeit der Katze 1 m/Sek. gewöhnlich nicht. Die Anfahrleistung des Katzefahrmotors hält sich also in mäßigen Grenzen; jedenfalls braucht sie bei Wahl der Motorgröße nicht berücksichtigt zu werden, da das Anlaufmoment eines Hauptstrommotors, der hier doch in Betracht kommt, stets für eine angemessene Beschleunigung ausreicht. Anders bei den Verladebrücken. Hier beträgt die nutzbare Länge der Katzenfahrbahn nicht selten 150 m und mehr. Eine hohe Fahrgeschwindigkeit erscheint daher zweckdienlich zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit; sie beträgt bei den Brownschen Verladebrücken z.B. 4 bis 6 m in der Sekunde. Motorlaufkatzen mit Führerstand würden unter diesen Verhältnissen beim Anfahren und Anhalten sehr hohe Massendrücke ergeben; ebenso wächst der Fahrwiderstand mit dem Eigengewicht der Katze. Die zeitweilige Mehrleistung des Fahrmotors beim Anlauf muß hier bei der Wahl des letzteren berücksichtigt werden und zwar um so mehr, je kürzer die Anfahrzeit sein soll. 2 bis 3 Sekunden hierfür dürfte ein Maß sein, das nicht wesentlich überschritten werden darf, wenn man die Fahrgeschwindigkeit gut ausnutzen will. Es werden also Motoren mit besonders hohem Anlaufmoment nötig sein; oder aber man greift zur Serien-Parallelschaltung, wozu man wieder 2 Fahrmotoren braucht, die beim Anlauf hintereinander, im Beharrungszustand parallel geschaltet werden. Wie man es auch anstellen mag, immer werden die Anschaffungskosten und der Stromverbrauch der Motorlaufkatzen höher sein als für feste Winde und Seilantrieb. Bei letzterer Anordnung sind die Massendrücke selbst bei kurzen Anfahrzeiten und ebenso der Fahrwiderstand entsprechend geringer als bei ersterer. Diesen Vorteilen stehen aber als Nachteile der große Seilverschleiß, der häufiges Auswechseln der Seile nötig macht, und der verwickeltere Bau (Leitrollen, ausweichbare Seilunterstützungen u. dergl.) gegenüber. Auch die Unabhängigkeit der Hub- und Fahrbewegung voneinander, ferner die Möglichkeit, an jeder beliebigen Stelle der Fahrbahn zu halten und die Hubbewegung auszuführen, ist bei Seilantrieb nicht so einfach durchzuführen wie bei Motorlaufkatzen. Der Energiebedarf beim Katzefahren wird dann am geringsten sein, wenn, wie bei mehreren der oben beschriebenen Verladevorrichtungen das Hubseil durch Einhängen der Last in den Katzenrahmen entlastet wird, so daß es lose über die Leitrollen geht; natürlich muß man dann auf gleichzeitiges Heben und Fahren verzichten. Textabbildung Bd. 324, S. 2 Fig. 1. Brownsche Erz-Verladeanlage in Buffalo am Eriesee (Nord-Amerika). Man hat nun in den letzten Jahren den Greiferinhalt ganz wesentlich vergrößert; Selbstgreifer, die 5 bis 7,5 t Kohlen oder Erz fassen, werden heute in Amerika recht häufig verwandt, ganz abgesehen von dem 10 t Hulettgreifers. D. P. J. 1908. Bd. 323, S. 802., der ja nur einen Sonderfall bildet. Bei Verwendung von solchen schweren Greifern gelangt man denn bald an eine Grenze, wo der Seilantrieb durch die erforderlichen Seilstärken unbequem wird, namentlich bei den üblichen hohen Fahrgeschwindigkeiten. Deshalb findet man auch bei den neueren schweren amerikanischen Verladebrücken anstatt des Seilantriebes Motorlaufkatzen mit Führerstand. Ein bemerkenswertes Beispiel hierfür zeigt Fig. 1Engineering News 1904., die eine Brownsche Erz-Verladeanlage in Buffalo am Erie-See darstellt. Textabbildung Bd. 324, S. 2 Kohlenverladeanlage der Benrather Maschinenfabrik im Hafen Rheinau (Baden). Die Anlage besteht aus 4 Schnellentladern am Ufer zum Löschen der Schiffe und einer Verladebrücke, die den Lagerplatz bedient. Die ersteren arbeiten mit 5 t Selbstgreifern die Arbeitsgeschwindigkeiten sind so gewählt, daß die stündliche Leistung jedes einzelnen 200 bis 300 t beträgt; damit kommen sie den Hulett-Umladerns. D. P. J. 1908, Bd. 323, S. 801. nahe. Die Verladebrücke arbeitet mit einem 7,5 t Greifer. Die Motoren auf der Führerlaufkatze sind außergewöhnlich groß, nämlich 2 Hubmotoren zu je 150 PS und 2 Fahrmotoren zu je 75 PS; das dürfte wohl die größte Anzahl von Pferdestärken sein, die jemals auf einer Laufkatze vereinigt worden sind. In Deutschland ist man jedenfalls stets weit unter diesen Zahlen geblieben. Als nun mehrere deutsche Hebezeugfirmen zu Anfang dieses Jahrhunderts den Bau von Verladevorrichtungen vornahmen, hatte sich gerade im Kranbau der elektrische Einzelantrieb, der Mehrmotorenkran durchgerungen. Die Konstrukteure hatten sich in diese Bauart so eingelebt, daß es wohl nicht weiter wundernehmen kann, wenn sie den Einzelantrieb aus dem allgemeinen Kranbau auf die Verladevorrichtungen für Massengüter übertrugen. Feste Winde und Seilantrieb findet man auch bei einigen deutschen Verladebrücken, die Regel bildet indes der direkte Antrieb. Wie früher ausgeführt, stehen dabei dem Nachteil des höheren Energieverbrauches die Vorteile des einfacheren Baues und daß man mehrere Bewegungen zu gleicher Zeit ausführen kann, gegenüber. Da die Fahrgeschwindigkeit der Katze bei deutschen Verladebrücken selten 3 m/Sek. überschreitet, so halten sich die Massenwirkungen beim Anfahren auch in mäßigen Grenzen. Wenngleich die Erhöhung der Leistungsfähigkeit durch gleichzeitiges Heben und Katzefahren namentlich bei weit gespannten Brücken nicht allzu hoch veranschlagt werden braucht, so bleibt doch noch immer der Vorteil des leichteren Manövrierens bestehen. Abgesehen von der konstruktiven Ausgestaltung, zeigen die deutschen Verladebrücken Unterschiede in der Art, wie die Ausladung an der Wasserseite hergestellt und gegebenenfalls beseitigt wird. Den aufklappbaren Ausleger amerikanischer Brücken suchte man bei uns durch andere Konstruktionen zu umgehen. Eine der ältesten deutschen Ausführungen ist die Kohlenverladeanlage des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikats in Rheinau (Baden). Es sind dort 2 elektrisch betriebene Verladebrücken von verschiedener Spannweite der Benrather Maschinenfabrik vorhanden. Fig. 2 u. 3 zeigen das schematische Bild der größeren. Wie aus den Figuren ersichtlich, fehlt hier der wasserseitige Ausleger gänzlich; er wird ersetzt durch besondere fahrbare Dampfdrehkrane auf der Kaiböschung. Diese Krane arbeiten mit Selbstgreifern und haben eine Tragkraft von 4 t bei 13 m Ausladung. Sie fördern die Kohlen aus dem Schiff in einen Schüttrumpf a, von wo sie in die Förderwagen b abgezogen werden. Unter dem Schüttrumpf befindet sich eine Wägevorrichtung. Die Förderwagen, deren jeder etwa 700 kg Kohle faßt, werden von einer elektrischen Lokomotive c auf einer zweigleisigen Fahrbahn, die von den Untergurtungen der Brückenträger getragen wird, nach dem Lagerplatz gefahren. Das Anhalten der Züge und das Entleeren der Förderwagen geschieht selbsttätig. Die Kontroller zum Steuern der elektrischen Lokomotiven befinden sich in der Nähe des Schüttrumpfes auf der wasserseitigen Brückenstütze. Die Kontroller, der Schieber des Schüttrumpfes und die Wägevorrichtung werden zusammen von einem Manne bedient. Das Umladen der Kohle vom Lager in Eisenbahnwagen geschieht mittels einer Laufkatze auf dem Obergurt der Brücke. Die Katze besitzt zwei seitliche Ausleger, an denen je ein Selbstgreifer für 1600 kg Kohle hängt. Der Führerstand mit den Steuerapparaten befindet sich auf der Katze. Die Selbstgreifer entleeren ihren Inhalt in 2 seitliche Schüttrümpfe d (Fig. 3). Wird Feinkohle verladen, so gelangt diese aus dem Rumpf zuerst in ein konisches Trommelsieb und von da mittels Schurren in die Eisenbahnwagen. Das Sieb wird durch einen 13 PS Motor betätigt, es vermag stündlich 30 t Feinkohle zu versieben. Die Stromzuführung geschieht durch zwei Schleifleitungen an der landseitigen Endstütze. Die Stromart ist Gleichstrom von 550 Volt Spannung. Das städtische Elektrizitätswerk in Rheinau liefert Drehstrom von 3000 Volt, der dann durch einen Drehstrom-Gleichstrom-Umformer auf jene Spannung umformt wird. Der Preis für die KW. St. stellt sich dort auf 10 Pf. Die Brücke ruht auf 3 fahrbaren Stützen; ihre Gesamtlänge beträgt 120 m, die nutzbare Katzenfahrbahn etwa 112 m. Nach den Fig. 2 u. 3 sind 5 Fahrmotoren vorhanden. Wie in solchen Fällen fast immer sind dies Nebenschlußmotoren, da diese bei allen Belastungen ihre Umlaufzahlen nur wenig ändern, was zum gleichmäßigen Verfahren der Stützen erforderlich ist. Geschwindigkeiten und Motorgrößen der Verladebrücke sind folgende: Fahrgeschwindigkeit der elek-    trischen Lokomotiven je mit 2 ge-    füllten Förderwagen 3 m/Sek., Motor 6,5 PS. Hubgeschwindigk. d. Katze 0,32 m/Sek., 40 Katzefahren 3 m/Sek., 10 Verfahren der Brücke 0,2 m/Sek., 5 Motoren zu    je 12 PS. Die stündliche Leistung der Brücke beim Verladen vom Lagerplatz in Eisenbahnwagen beträgt 40 t; diejenige der beiden elektrischen Lokomotiven zusammen 70 t. Die zweite Verladebrücke ist nur 60 m lang und ruht auf 2 Stützen. Beide Brücken bedienen einen Lagerplatz von 700 m Länge. Einen andern Ausweg, den aufklappbaren wasserseitigen Ausleger zu vermeiden, zeigt Fig. 4, die das vordere Ende einer Verladebrücke der Benrather Maschinenfabrik für den Kohlenlagerplatz der Firma Hugo Stinnes ebenfalls in Rheinau (Baden) darstellt. Die Brücke kragt nach der Wasserseite nur so viel aus, daß sie an den Schiffsmasten noch vorbeifahren kann. Der Rest der nötigen Ausladung befindet sich, an der Katze selbst, indem man diese mit einem Ausleger versehen hat. Um dem Führer einen besseren Ueberblick über das Arbeitsfeld des Hakens zu gewähren, hat man das Führerhaus an der Katze hängend angeordnet An der Auslegerspitze befinden sich zwei Laufrollen, die beim Einziehen der Katze auf deren Fahrschienen auflaufen, so daß sie auf sechs Rädern fährt; es soll damit ein ruhigeres Fahren erzielt werden. Da der Greifer mit Inhalt nicht durch ein Gegengewicht ausgeglichen ist, so muß das Kippmoment bei freiem Ausleger auf die Brückenkonstruktion übertragen werden; es geschieht dies nach Fig. 4 durch Schienen am wasserseitigen Brückenende, gegen die sich das Katzengerüst legt. Textabbildung Bd. 324, S. 3 Fig. 4. Kohlen-Verladeanlage der Benrather Maschinenfabrik für die Straßburger Kohlen-Aufbereisungs-Anstalt, Hafen Rheinau (Baden). Die Tragkraft der Katze beläuft sich auf 5 t. Die Brücke ruht auf 3 fahrbaren Stützen; die beiden Spannweiten betragen 68 und 40,5 m, die Ausladung an der Landseite 7,5 m. Bei äußerster Katzenstellung ist an der Wasserseite eine Ausladung von 24 m erreichbar. Die stündliche Leistung der Verladebrücke betragt: vom Schiff in Eisenwagen 100 t, vom Schiff auf den Lagerplatz 70 bis 80 t, vom Lagerplatz in Eisenbahnwagen 100 t. (Fortsetzung folgt.)