Titel: Neuerungen in der Ziegelindustrie.
Autor: Gustav Benfey
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 184
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Neuerungen in der Ziegelindustrie. Von Gustav Benfey, Lauban. Neuerungen in der Ziegelindustrie. In meiner Einführungsarbeit zu diesen Artikeln, die im Jahre 1907 (Bd. 322, Heft 27 ff.) erschien, erwähnte ich auch, daß die maschinelle Lösung und Beförderung von Abraum- und Tonmengen, letztere zur Weiterverarbeitung, nur in seltenen Fällen und nur unter ganz besonders günstigen Verhätnissen angewendet wird. Zu diesen günstigen Verhältnissen gehört der Massenbetrieb und das Anstehen gleichartiger Tone, die so, wie sie gefördert werden, auch der weiteren Verarbeitung zugeführt werden können. Dazu kommt noch die Berücksichtigung der verschiedenartigen Tone, die ja stellenweise, besonders in ihren jüngsten Bildungen, so locker liegen, daß sie mit der Schaufel einfach gelöst und gehoben werden können, anderseits so fest und zähe sind, daß sie sich nur außerordentlich schwer abtrennen und fördern lassen. Aus dem Vorgesagten erhellt wohl, welche Anforderungen an den Bagger gestellt werden müssen, um die menschliche Arbeit im Tonlager zu ersetzen, was angesichts des hohen Preises derselben dringend erforderlich ist. In den letzten Jahren hat nun der Bagger eine erheblich gesteigerte Anwendung in den Ziegeleibetrieben gefunden. Besonders hat sich die Firma H. Aug. Schmidt in Würzen das Verdienst erworben, Bagger für jenen Betrieb herzustellen und durch Schriften wie Vorträge in Fachvereinen auf das Vorteilhafte ihrer Anwendung hinzuweisen. Die Anwendung kann eben nur dann eine allgemeine sein, wenn der Bagger in all seinen Teilen so aufgebaut ist, so arbeitet, daß er die bisher verwendete menschliche Arbeitskraft nicht nur vollkommen ersetzt, sondern auch der späteren Verwendung der Tonmassen in geeigneter Weise vorarbeitet, ohne daß die Kosten zu hoch werden bzw. die bisher dazu aufgewendeten Kosten nicht überschritten werden. Im großen Massenbetriebe konnte das leicht erreicht werden. Hier verteilten sich die Unkosten der Verzinsung, der Abschreibung, der Reparaturen, der Wartung sowie das erforderliche Umrücken der Geleise, auf denen der Bagger fährt, auf so große Mengen geförderten Tones, daß die Kosten der Förderung für das einzelne Kubikmeter nur in geringem Maße davon beeinflußt wurden. Bei Anlagen mit geringer Leistung bzw. Förderung erhöhten sich die Kosten des einzelnen Kubikmeters durch den Baggerbetrieb aber so stark, daß ein Wettbewerb gegen die Unkosten der Handarbeit aussichtslos erschien. Dies auszugleichen, mußte zunächst versucht werden. Es war das um so wichtiger, als wir in den Ziegeleibetrieben nicht mit bedeutenden Fördermengen rechnen dürfen, da z. B eine Verarbeitung von 75 cbm Ton gleich ungefähr 30000 Stück Ziegel täglich schon eine größere Anlage voraussetzt. Die oben erwähnte Firma stellt nun Bagger für derartige Leistungen her, die einschließlich Dampfmotor und 50 m Geleis mit Schwellen, wie auch Fracht und Montage 7800 Mk. kosten. Das würde an Abschreibung (10 v.H.), Verzinsung (5 v.H.), Reparaturen und Wartung (10 v.H.) bei 200 Arbeitstagen für den Tag 9.75 Mk. Kosten verursachen; dazu kommen für den Baggerführer 5 Mk., Kohlenverbrauch 4.40 Mk. und Geleisrücken 2 Mk., zusammen 11.40 Mk. Demnach kostet die tägliche Gewinnung von 75 cbm. Ton 21.15 Mk. oder 1 cbm Ton zu lösen und in die Fördergefäße oder auf die Halde zu schaffen 0.285 Mk., während die gleiche Arbeit im Handbetrieb etwa 0.40 Mk. kostet. Während man nun in Amerika zu jenem Massenbetriebe fast ausschließlich den Löffelbagger oder die Dampfschaufel verwendet, bei denen eine kräftige und geräumige mit Stahlspitzen versehene Dampfschaufel jedesmal eine größere Menge Ton ablöst, aufnimmt und weiterbefördert, beziehen sich obige Zahlen auf den Eimerkettenbagger, der sich bei uns am besten einführt. Er hat vorgenanntem Bagger gegenüber den großen Vorteil, daß der Ton von den Eimern leicht und in sehr dünnen Scheiben an der Gewinnungsstelle abgeschält werden kann, was eine wesentliche Ersparung an weiterer Durcharbeitung bedeutet. Dann kann die Leiter, in der die Eimer laufen, leicht gestellt werden und dort mit einem einfachen Handgriff ohne lösende Tätigkeit hinweggleiten, wo andersartige oder verunreinigte Schichten nicht gefördert werden sollen. Ferner kann diese Art Bagger je nach Bedarf für Hoch- oder Tiefarbeit eingestellt werden, je nachdem er den Ton aus der Tiefe oder vom Berge herabholen soll, ja er kann gleichzeitig nach oben und nach unten durch zwei Leitern arbeiten, die ihre Förderung dann einem in der Mitte des Baggers angebrachten Fülltrichter zuführen. Textabbildung Bd. 324, S. 185 Fig. 1. Bagger für Tonförderung von Schmidt. Textabbildung Bd. 324, S. 185 Fig. 2 u. 3. Misch- u. Beschickungsapparat von Handle & Sohn; A Verteilertrommel. B Walz- oder Kollerwerk. C Transportband. D Sand. E ferter Ton. F Schieferton. Fig. 1 zeigt einen Eimerbagger für Tiefbetrieb, mit elektrischem Antriebe und 150 cbm Tagesleistung. Wichtige Erfordernisse für diese Bagger sind außer dem Vorgesagten, daß sie sehr kräftig gebaut sind und den wechselnden Witterungseinflüssen gut widerstehen. Dies ist hier durch die überall durchgeführte Eisenkonstruktion gewährleistet. Der Motor treibt durch Riemen das Baggervorgelege, welches wiederum durch starke Stirnrädergetriebe die Turasachse in Bewegung setzt. Achse und Turasscheibe sind aus Stahl und sehr solid bemessen. Von diesem Vorgelege aus wird auch die Fahrvorrichtung betätigt. Auf den Fahrachsen befinden sich Schneckenradgetriebe, die durch ein gemeinsames Vorgelege bewegt werden. Kettentriebe ermöglichen die wechselnde Drehrichtung durch Ein- und Ausschaltung einer Kupplung. Mittels Riemenwendegetrieb wird auch die Schneckenradwinde durch die Hauptwelle in Bewegung gesetzt. An der Eimerleiter ist durch Drehbolzen die Windengabel befestigt, in welcher eine Führungsrolle eingebaut ist. Das Tragseil wird an der Stütze festgeschraubt und läuft über die Rollen nach der Winde. An dem unteren Teil der Eimerleiter befindet sich die Endumführung, bestehend aus der Turasachse von Stahl mit den Turasscheiben. Die Lagerungen sind durch Schlitten- und Spindelstellung nach Bedarf verstellbar und nehmen den seitlichen Druck der Stahlpfannenlager auf. Mit staubdichten Lagern versehen, sind in kurzen Abständen Tragrollen für die Kettenführung angeordnet. Je nach Art und Festigkeit des Bodens läuft die untere Kette frei oder in Führungen. Der Baggerbecher ist aus einem Stück gepreßt und zeigt an der Schneidseite ein zum Nachschärfen leicht abnehmbares Stahlmesser. An der Auswurfsseite der Becher befindet sich eine der Firma H. Aug. Schmid in Würzen gesetzlich geschützte Entleerungsvorrichtung, die zum Entfernen von kleben den Tonen besonders wichtig ist. Trotz dieser wesentlichen Vorzüge wird die Anwendung des Baggers immer eine beschränkte in den keramischen Betrieben bleiben, da die Vorbedingungen zum erfolgreichen Arbeiten desselben, wie schon auseinandergesetzt ist, nicht überall vorhanden sind, auch wird er recht zähen, trockenen Tonen gegenüber, die ihrer Loslösung energischen Widerstand entgegensetzen, kaum anwendbar sein. Textabbildung Bd. 324, S. 185 Fig. 4. Beschickungs- und Mischapparat des Eisen- und Hartgußwerkes Concordia. Zu Loslösung von Tonen letztgenannter Art hat sich das Sprengen, wenn richtig ausprobirt und in geeigneter Weise ausgeführt, gut bewährt. Es werden dazu die sogenannten Sprengstoffe, wie Westfalit, Donarit usw. verwendet, die sich rasch entzünden und dementsprechend rasch große Mengen Gas entwickeln, um in ihrer plötzlichen energischen Ausdehnung den umliegenden Ton auseinanderzureißen und ihn von seiner Lagerstätte abzurücken. Auch hier sind es nicht alle Tone, die sich mit Erfolg sprengten lassen. Zu lockere Tone würden dabei zerstieben, zerklüftete Tone würden die Gase zu leicht ohne genügende Wirkung entweichen lassen. Textabbildung Bd. 324, S. 186 Fig. 5. Steinaussonderung-Walzwerk „Svedala“ von Gebr. Pfeifer. Textabbildung Bd. 324, S. 186 Fig. 6. Knetwalzen-Ziegelmaschine von der Rixdorfer Maschinenfabrik G.m.b.H. vorm. C. Schickeysen. Immer größere Beachtung finden in der Ziegelindustrie die Beschickungsapparate für die den Ton aufbereitenden Maschinen, aus Gründen, wie ich sie schon früher (1908, Heft 36, S. 570) auseinandergesetzt habe. Hier sind neuerdings noch zwei derartige Apparate eingeführt. Zunächst der automatische Misch- und Beschickungsapparat (System Händle) der Firma Karl Händle & Sohn in Mühlacker. Derselbe (Fig. 2 und 3) besteht im wesentlichen aus dem Kasten a, welcher beliebig groß gewählt werden kann, dessen Seitenwände sich nach oben und hinten verjüngen, und dem Transportbande C, das mit entsprechendem Antriebe ausgestattet ist. Dazu kommt die Abschneidevorrichtung d und beliebig viele, d.h. nach Anzahl der zu mischenden Stoffe, senkrecht verstellbare Mischschaber e. Diese werden nun so eingestellt, daß von den in die einzelnen Fächer eingekippten bzw. einzukippenden Ton- usw. Sorten nur die zum richtigen Mischverhältnis notwendigen Mengen hindurchgehen können. Mittels des Transportbandes gelangen die Materialstränge in Bewegung, und zwar derart, daß sie sich ähnlich wie in den Sumpfgruben, schichten weise übereinander legen und hernach von der erwähnten Verteilervorrichtung abgehackt, der weiteren Vorbereitungsmaschine schon vorgekleinert zugeführt werden. Die wesentlichen Vorteile dieses Apparates sind leicht ersichtlich: Die vielen zum Mischen der Stoffe notwendigen Hände kommen in Wegfall, und das Mischverhältnis ist stets sicher und genau gleichmäßig. Eine Vorrichtung zum Bewässern der Stoffe kann an dem Apparate leicht angebracht werden. Den früher geschilderten Beschickungs- und Mischapparaten ähnlich arbeitet jener der Eisen- und Hartgußwerke Concordia in Hameln a.d.W. Der Apparat (Fig. 4) besteht aus einem feststehenden Schüttrumpf, in welchen der Inhalt der Kippwagen einfach hineingeschüttet wird. Die Entleerung des Apparates erfolgt selbsttätig in der Weise, daß unterhalb des Schüttrumpfes ein sich sehr langsam bewegender Teller mit Umdrehungszahlen bis zu etwa 12 i.d. St. angebracht ist. Diese Umdrehungszahlen sind in einigen Sekunden durch wenige Handgriffe vermittels einer einfachen aus der Abbildung ersichtlichen Vorrichtung zu verändern, um so den Apparat fast augenblicklich auf jede gewünschte quantitative Leistung (große sowohl wie geringe) einzustellen. Durch die Drehung des Tellers wird nämlich das auf ihm lagernde Material der oberhalb des Tellers, innerhalb des Schüttrumpfes angebrachten Transportschnecke, deren Rückwand aus einem halben Misch trog besteht, zugeführt. Hier soll das Material gleichzeitig gemischt und in etwas zerkleinert der nachfolgenden Aufbereitungsmaschine zugeführt werden. Besondere Vorzüge dieses Apparates sind die rasche Abstellung durch eine Schnur; denn durch das Ziehen an der Schnur ist das Exzenter von der Riemenscheibe abgezogen, wodurch der Transport des Tellers und daher die Materialzufuhr zu den Schnecken aufhört, ohne daß die Maschine als solche ausgerückt zu werden braucht, dieselbe läuft weiter leer. Ferner eignet er sich ohne weiteres für jedes Gemenge, sowohl steiniges wie klebriges, und wird das Material nicht zusammengeballt. Zum Entfernen von gröberen Verunreinigungen aus den Tonen, bevor sie ihrer weiteren Verarbeitung zugeführt werden, hat sich neuerdings das Steinaussonderungs-Walzwerk Svedala (Fig. 5) gut bewährt. Es ist wie ein gewöhnliches zylindrisches Walzwerk kräftig konstruiert, nur daß die gegeneinander arbeitenden Walzen eine spiralförmige Oberfläche zeigen, die es ermöglicht, daß die auszusondernden Steine nicht vor der Walzenspalte liegen bleiben, sondern dem Gange der Spiralen folgend nach den Seiten transportiert werden. Auf diese einfache Weise werden sie vom Tone getrennt, gelangen auf eine seitliche Rutsche und werden so entfernt. Eine interessante Neuerung unter den Maschinen zur Ziegelherstellung bildet die Patent-Knetwalzen-Ziegelmaschine „Rixdorf“ der Rixdorfer Maschinenfabrik G.m.b.H. vorm. C. Schlickeysen (Fig. 6). Sie soll in sich eine Maschine zur intensiven Aufbereitung der Tongemenge, wie zur leistungsfähigen Formgebung vereinigen. Während alle bisher gebauten Schneckenpressen einen geschlossenen, stillstehenden Rumpf besitzen, in welchem die den Ton mischende und ihn vorwärtstreibende Schnecke arbeitet, wobei das Tongemenge ihr nur von einer Seite durch einen Einwurfstrichter zugeführt wird, ist diese Maschine mit einem durchbrochenen Mantel versehen, der sich um dieselbe Achse, wie die Achse der Schnecke dreht. In ähnlicher Weise, wie wir schon bei dem Baurschen Mischkollerwalzwerke (s. D. P. J. 1908, S. 569) gesehen, wird das Tongemenge von außen gegen jenen durchbrochenen Mantel gepreßt und der Lochung entsprechend in feiner Verarbeitung durch ihn hindurchgequetscht. Diese Pressung wird durch eine geschlossene Glattwalze bewirkt, welche gegen den durchbrochenen Mantel arbeitet. Gröbere Verunreinigungen, die sich nicht durch die Lochung drücken lassen, werden ausgesondert und zwischen der glatten und der gelochten Walze entfernt. Das in das Innere des gelochten Mantels gelangte Gemenge wird von der Schneckenwelle ergriffen, durch den geschlossenen Teil des Preßrumpfes hindurchgeführt und erhält seine Form durch die am Preßkopfe befestigten Mundstücke. Je nach gewünschter Leistungsfähigkeit wird die Presse mit ein oder zwei Austritts Öffnungen geliefert. Während diese Maschinen, wie auch die in meinen früheren Arbeiten beschriebenen neueren Aufbereitungsmaschinen, wesentliche Aenderungen gegen die früher dazu benutzten Apparate zeigen, hat die Firma Richard Raupach in Görlitz zur Erreichung des gleichen Zweckes, d.h. zu einer möglichst vollständigen Aufbereitung der Tongemenge, wie zur feinsten Zerkleinerung in ihnen auftretender Verunreinigungen, wieder zum einfachen Walzwerk zurückgegriffen. Es ist jedoch nach verschiedener Richtung hin verbessert, um bei möglichst geringem Verschleiß das leisten zu können, was im vorigen Satze ausgeführt wurde. Das Patent-Feinwalzwerk (Fig. 7) ist ein zylindrisches Glattwalzwerk mit geschliffenen Panzerhartgußwalzen, die durch eine praktisch angeordete Präzisions-Walzenstellvorrichtung stets genau parallel eingestellt werden, was um so wichtiger ist, als diese Walzwerke bis auf ½ mm Spaltweite arbeiten müssen, um den obigen Anforderungen manchen Gemengen gegenüber entsprechen zu. können. Die Walzenstellvorrichtung ist aus der Darstellung ersichtlich. – Eine zweite wesentliche Verbesserung bedeutet die Anbringung genau einstellbarer, beweglicher Hartgußabdichtplatten an den Seiten der Walzen. Aehnliche Abschlußplatten sind zwar an den Stirnseiten der meisten Walzwerken schon von Anfang an in Gebrauch. Die praktische Erfahrung zeigte jedoch, daß sie recht rasch verschleißen, so daß der Ton einen ungehinderten Durchgang fand und so unvorbereitet der weiteren Verarbeitung zugeführt wurde, was besonders schädlich bei durch größere Kalkstücke verunreinigtes Gemenge war. Diesem Uebelstande ist durch die leicht nachstellbaren glasharten Scheiben dieses Walzwerkes entgegengetreten. Textabbildung Bd. 324, S. 187 Fig. 7. Patent-Feinwalzwerk von Raupach. (Fortsetzung folgt.)