Titel: Neuerungen in der Erzeugung der verschiedenen Papiersorten.
Autor: Alfred Haußner
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 220
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Neuerungen in der Erzeugung der verschiedenen Papiersorten. Von Professor Alfred Haußner, Brünn. (Schluß von S. 205 d. Bd.) Neuerungen in der Erzeugung der verschiedenen Papiersorten. Papier-Prüfung. In erster Linie sei hervorgehoben, daß die zahlenmäßige Fassung der Eigenschaften der Papiere und ihres inneren Wertes, wie sie in den Papiernormalien zum Ausdrucke kommt, trotz mancher Einwände gegen die „Normalisierung“ doch immer mehr Anhänger gewinnt, immer mehr Länder sich zur Einführung von Normalien entschließen. Preußen, das nach dieser Richtung an der Spitze schreitet, hat sich den eigenen Erfahrungen gemäß, welche tatsächlich in einer Unzahl von Untersuchungen gewonnen worden sind und den Wünschen aus dem Kreise der Papierfabrikanten entsprechend zu einer Neuaufstellung von Normalien entschlossen. Es ist hier nach Ansicht des Berichterstatters nicht der Ort, die Einzelheiten der neuen Vorschriften, welche in allen angesehenen Fachschriften des Jahres 1904 wiedergegeben worden sind, näher anzuführen. Hervorgehoben sei aber, daß diese neuen Vorschriften manche Fortschritte enthalten. Der Aschengehalt für alle Normalpapiere wurde freigestellt, da man diese ohnehin nur mit geringen Aschegehalten entsprechend herzustellen in der Lage ist, wenn den Festigkeitseigenschaften genügt werden soll. Die Dehnungssätze wurden in den zwei ersten Festigkeitsklassen um je ½% herabgesetzt, die Handknitterung wurde nach einer Uebergangszeit bis Ende 1904 durch die Prüfung mit Hilfe des Schopperschen FalzersVgl. Dinglers polytechn. Journal Bd. 318, S. 731. ersetzt. Schlecht liefernde Fabriken können verwarnt, von Lieferungen ausgeschlossen, aber später wieder zugelassen werden. Der Ersatz der Handknitterungsstufen durch die Falzklassen; welche mit dem Schopperschen Apparate gewonnen werden, ist vielleicht die weitgehendste der Neuerungen. Soll doch dadurch vielen Anregungen und Beschwerden, welche gegenüber der amtlichen Anwendung der Handknitterung erhoben worden sind, Rechnung getragen, die durch das persönliche Gefühl allerdings geschulter, geübter Kräfte bedungene Einreihung und Bewertung der Papiere durch eine solche ersetzt werden, welche ein erprobter Apparat zahlenmäßig ergibt. Daß diese Zahlen durchaus nicht immer in Einklang stehen mit Reißlänge und Dehnung, ist, obwohl dies immer und immer wieder zu Aeußerungen Anlaß gibt, nicht unnatürlich. Denn schon die Handknitterung, die allerdings schließlich anders das Papier beansprucht, als die Falzung, obwohl diese leidlich gute Uebereinstimmung mit der Bewertung durch die Handknitterung zeigte, gab zu solchen oft auffallenden Unterschieden Anlaß. Die Falzung strengt das Papier auch wesentlich anders an, wie die Probe auf Zug, so daß man nicht unbedingt gleiche Bewertung eines Papieres durch Reißlänge und Dehnung einerseits, durch Falzung andererseits erwarten darf. Es ist unbedingt die ganze Behandlung der Fasern im ganzen Fabrikationsgange bis zum fertigten Papier, welche hier als einflußnehmend zu bezeichnen ist. Die Sache steht nunmehr so, daß, wenn man auch in dem Schopperschen Falzer ein nicht ganz einwandfreies Hilfsmittel zur Papierprüfung, insbesondere in der Knitterfrage besitzt, wie die Einwendungen von beachtenswerten Seiten, etwa der Leipziger PapierprüfungsanstaltVgl. Papierzeitung 1905, S. 886. und des Ingenieurs K. NaoumofVgl. Papierzeitung 1905, S 3030. der Versuchsstation bei der kaiserlichen Expedition zur Anfertigung der Staatspapiere in St. Petersburg dartun, man doch in ihm den derzeit befriedigendsten Ersatz für die Handknitterung zu betrachten hat, ein Moment, welches auch in der Papierfabrikation gewürdigt wird, trotz des größeren Zeitaufwandes, welchen die Falzversuche gegenüber dem Handknittern erfordern. Klagen über den Schopperschen Falzer sind meist auf unrichtige Behandlung und Pflege desselben zurückzuführen. Bei richtiger Arbeit hört man auch aus der Papierfabrikationspraxis ganz befriedigte Stimmen über die Verläßlichkeit des Schopperschen Falzers. In einer sehr gründlichen Arbeit behandeln Cross, Bevan, Clayton Bradle und SindallAbhandlung zur Schaffung eines Normalsystems für Papierprüfling. Verlag von Wood Pulp limited. London 1903. die Papierprüfung; sie besprechen die preußischen Normalien, die sie nicht für einwandfrei halten und vertreten besonders die Mit berücksichtung des Volumens des Papieres, wobei sie allerdings von einer Reihe von Annahmen, z.B. allgemein: spezifisches Gewicht der Fasern 1 . 5 ausgehen, die auch keinesweges einwandfrei sind. Professor N. Téclu hat neuerlich einen Apparat zur Papierprüfung bekannt gegebenZentralblatt f.d.ö.u. Papierindustrie 1903., welcher bestimmt sein soll, die bisher bekannten vollständig zu ersetzen. Das Wesen des neuen Apparates besteht darin, daß auf ein in einem Pendel befestigtes Papierblättchen von bekanntem Quadratmetergewicht in der Mitte ein Druck ausgeübt wird, welcher das Pendel ablenkt, dadurch die Kraft mißt und, bis zum Reißen des Papieres die Beanspruchung desselben fortgesetzt, aus den Ablesungen die Bewertung des Papieres ermöglichen soll. Der Apparat ist wohl noch zu erproben. Vorläufig liegt eine Erprobung des oben schon erwähnten Ingenieurs Naoumof vor, der sich von dem Apparate nicht befriedigt erklärtPapierzeitung 1905 S. 2498.. Gegen die häufig geübte Prüfung der Saugfähigkeit von Papier durch die Steig-(Saug-)Höhe in 10 Minuten werden immerhin Einwände erhoben, wenn auch anerkannt werden muß, daß diese Probe den Vorzug großer Einfachheit und Bequemlichkeit in der Ausführung für sich hat. Doch wird dabei die Flüssigkeit im wesentlichen nur an der unteren Kante des Probestreifens durch längere Zeit eingesaugt, während sonst im gewöhnlichen Gebrauch von der Papierfläche nur durch kurze Zeit aufgesaugt wird. Durch diesen Umstand wird auch, man denke nur an das Löschen von Tinte und an die in ihr enthaltenen festen Bestandteile, die Saugfähigkeit durch Verlegen der Kappilarröhrchen für den weiteren Gebrauch beeinträchtigt. Clayton Beadle und H.P. Stevens veröffentlichten über das Prüfen von Löschpapier eine StudiePaper and Pulp 1904, Heft 23. und berührten insbesondere den eben erwähnten Punkt. Vor allem die Ränder von bereits zum Löschen benutzten, also mit Tintenrückständen versehenen Stellen verhielten sich bei den Versuchen der genannten Forscher sehr widerspenstig gegen eine neuerliche Flüssigkeitsaufnahme. Dieser Umstand wird von ihnen hauptsächlich der Wirkung- der Füllstoffe zugeschrieben, im Gegensatze zu den bisherigen Erfahrungen, wonach, wenigstens nicht allzu bedeutende Füllstoffgehalte die Saugfähigkeit nicht ungünstig beeinflussen sollen. Clayton Beadle und H.P. Stevens gründeten auf ihre Ansicht sogar ein eigenes Verfahren für die Herstellung von Löschpapier, wonach schon im Mahlprozeß dafür gesorgt wird (durch Säurezusatz), daß alle kohlensauren anorganischen Verbindungen u. dgl. in lösliche überführt und dadurch auswaschbar gemacht werden. Löschpapier aus so vorbereiteten Fasern soll häufiger wiederholt zum Löschen benutzt werden können. Das Durchscheinen von Papieren ist auch eine Eigenschaft, welche das Papier für verschiedene Zwecke verschieden geeignet macht. Zur Prüfung der Transparenz hat die Leipziger Papierprüfungsanstalt folgendes Verfahren vorgeschlagen. Auf eine Glasplatte werden mehrere undurchsichtige Buchstaben festgeklebt. Darauf legt man das zu prüfende Papier und drückt es durch eine zweite Glasplatte fest. Hält man nun das zwischen den Glasplatten eingeschlossene Papier in guter Sehweite gegen das Licht und sieht durch, so erkennt man die erwähnten, auf einer der Glasplatten befindlichen Buchstaben mehr oder weniger deutlich. Man legt dann auf das erste Blatt ein zweites, untersucht das Durchscheinen wieder, dann für ein drittes Blatt usf., bis zum völligen Unsichtbarmachen der Buchstaben für das Durchsehen, in der Zahl der hierfür nötigen Blätter gewinnt man ein Maß für die Beurteilung der Transparenz des Papiers. Clayton BeadleVgl. Papierzeitung 1904 S. 1463, auch Paper and Pulp 1904. geht von ähnlichen Gedanken aus und bezeichnet als „Undurchsichtigkeitsdicke“ die in Millimetern ausgedrückte Dicke von soviel Bogen Papier, als nötig sind, um das Licht einer Lampe von i Kerzenstärke in einer Entfernung von i Fuß auszulöschen. Für Glanzuntersuchungen denkt Beadle die Spiegelungserscheinungen zu benutzen, doch werden keine bestimmten Vorschläge gemacht. Glanz hängt übrigens mit der Glätte des Papieres innig zusammen. Die Prüfung dieser wird wohl am besten durch den Reibungskoëfficienten der Oberfläche geschehen. Tatsächlich hat T. Tait den Reibungswinkel für die Beurteilung der Papierglätte schon verwendet. Die Fettdichtigkeit von Pergamentpapieren wird durch die Blasenprobe und durch Terpentinöl geprüft. Erstere wird ausgeführt, indem man die Papiere über einer Flamme stellenweise erhitzt, wodurch Blasen aufgetrieben werden, die ihre Erklärung darin finden, daß die verdampfte, im Innern befindliche Feuchtigkeit durch die dichte Außenschichte nicht so ohne weiteres entfliehen kann. Mit Terpentin wird so untersucht, daß man einigte Tropfen Terpentinöl auf dem Papier verreibt. Schlägt nichts durch, so gilt das Papier als fettdicht. Von Dr. Bartsch sind nach dieser Richtung vergleichende Versuche gemacht wordenMitteilungen a.d. Königl. Materialprüfungsamt Groß-Lichterfelde 1904.. Die Terpentinölprobe zeigte mit den praktischen Versuchen auf Fettdichtigkeit große Uebereinstimmung. Auch die Blasenprobe bewährte sich ziemlich, wenn auch nicht so weitgehend wie die Terpentinölprobe. Kurz sei nur auf die Erkennung von Holzschliff im Papier zurückgekommen. Bekannt sind die Farbenreaktionen mit Phloroglucin und Salzsäure, schwefelsaures Anilin, Citrophen (Gelbfärbung), Wursters Di-Papiere und Lösungen u.a. Nach der Farbenintensität auf dem zu prüfenden Papier im Vergleich mit den Farbenerscheinungen auf Papieren, deren Schliffgehalt genau bekannt ist, wird auf den Holzschliff entsprechend geschlossen. Um die Musterfärbungen in den zahlreichen Abstufungen zu vermeiden, hat Prof. E. Valenta ein kolorimetrisches Verfahren ausgearbeitetChemiker-Zeitung 1904 No. 28., welches hübsche Resultate ergibt, aber nach Ansicht des Verfassers doch für den allgemeinen Gebrauch umständlicher als die bisherige farbenvergleichende Methode ist. Vorsicht ist jedenfalls immer nach der Richtung walten zu lassen, daß nicht durch Veränderung von im Papier enthaltenen Farben eine Täuschung hinsichtlich des Holzschliffgehaltes veranlaßt wird. Auch verholzte Fasern, wie Jute, können in dieser Richtung zu Irrtümern Anlaß geben, so daß in letzter Linie nur die mikroskopische Untersuchung sicheren Aufschluß gewährt.