Titel: Der gegenwärtige Stand des Fördermaschinenbaus mit besonderer Berücksichtigung des elektrischen Antriebes.
Autor: K. Drews
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 261
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Der gegenwärtige Stand des Fördermaschinenbaus mit besonderer Berücksichtigung des elektrischen Antriebes. Von Ingenieur K. Drews. (Fortsetzung von S. 243 d. Bd.) Der gegenwärtige Stand des Fördermaschinenbaus mit besonderer Berücksichtigung des elektrischen Antriebes. Die großen Erfolge, die der elektrische Antrieb von Fördermaschinen in sehr kurzer Zeit errang, feuerte die Dampffördermaschinen bauenden Firmen zu intensivster Tätigkeit an, um aus dem nun beginnenden Kampfe zwischen beiden Antriebsarten den Dampfantrieb, wenn nicht als Sieger, so doch als gleichwertigen Gegner hervorgehen zu lassen. Auch hier wie auf so vielen anderen Gebieten der Technik wirkte die Elektrizität aneifernd und belebend auf die konstruktive und Erfindertätigkeit ein. Und der Dampfantrieb hatte in der Tat noch eine Anzahl von Reserven, die er nun zu Hilfe ziehen konnte. Zwar grundlegendes Neues wurde nicht erfunden, es wurden nur schon vorhandene Hilfsmittel vervollkommnet. Die Vorteile des elektrischen Antriebes gegenüber der gebräuchlichen Zwillings-Dampffördermaschine ohne Verbundwirkung liegen teils auf wirtschaftlichem, teils auf betriebstechnischem Gebiet. Zunächst die Wirtschaftlichkeit, also in der Hauptsache der Dampfverbrauch für die Schachtpferd-Stunde. Die älteren Zwillingsfördermaschinen mit Kulissensteuerung verbrauchen im Mittel wohl 25 bis 30 kg Dampf für die Schachtpferdstunde; solche mit Knaggensteuerung und seitlich angeordneten Ventilkästen etwa 20 kg. Diese Maschinen arbeiteten mit Eintrittsspannungen, die selten über 8 Atm. hinausgingen, mit großen Füllungen und Auspuff. Das Bestreben, den Dampfverbrauch zu vermindern, indem man die Errungenschaften des modernen Dampfmaschinenbaus auch bei Fördermaschinen verwandte, führte zu größerer Ausnutzung der Expansionskraft des Dampfes durch Verbundwirkung, zu hochgespanntem und überhitztem Dampf. Auch konstruktive Verbesserungen, z.B. die Verkleinerung der schädlichen Räume durch Anordnung der Ventile oberhalb und unterhalb der Zylinder, nicht seitlich, zielten auf eine Verminderung des Dampfverbrauches hin. So entstand denn die Zwillings-Tandemfördermaschine für hochgespannten, überhitzten Dampf, die in ihrem Aufbau völlig einer modernen Präzisions-Dampfmaschine gleicht. Der Erfolg dieser Verbesserungen blieb denn auch nicht aus. Versuche an einer von der Friedrich-Wilhelms-Hütte in Mühlheim a.d. Ruhr gebauten Zwillings-Tandemfördermaschine auf Zeche „Werne“ ergaben einen Dampfverbrauch von 11,73 kg für eine Schachtpferd-Stunde, während der durch einen 24stündigen Versuch festgestellte durchschnittliche Dampfverbrauch der elektrischen Fördermaschine auf Zeche „Zollern II“ der Gelsenkirchener Bergwerks-Aktiengesellschaft 14,226 kg beträgt. Die Versuche auf Zeche „Werne“ fanden im Jahre 1906 statt; sie hatten eine Dauer von 3 bzw. 5 StundenZ.d.V.d.J. 1907, S. 77.. Bei dem fünfstündigen Versuch betrug die Dampfspannung 12,5 Atm., die Dampftemperatur 199,5° C. Die Maschine arbeitete mit Kondensation. Die Dauer eines Treibens betrug 55 Sek. einschließlich Pause 114,6 Sek.; Dampfeintritt fand dabei nur während 18 Sek. statt. Die Teufe betrug 738,5 m, die gehobene Nutzlast in der Stunde etwa 1611 und die mittlere Fördergeschwindigkeit 13,4 m/Sek. Da der Dampfverbrauch bei weniger flotter Förderung, bei Seilfahrt u. dgl. steigt, so muß für den Tagesdurchschnitt ein Zuschlag gemacht werden, der in der angegebenen Quelle mit 15% veranschlagt wird. Der Dampfverbrauch auf Zeche „Werne“ würde durchschnittlich mithin 13,5 kg für eine Schachtpferd-Stunde betragen. Dieses für den Dampfbetrieb so günstige Ergebnis muß indes außerordentlich vorsichtig behandelt werden; es besagt weiter nichts, als daß unter besonders günstigen Betriebsverhältnissen die Dampfverbrauchszahlen elektrischer Fördermaschinen wohl erreicht, ja sogar unterschritten werden können. Auf Zeche „Werne“ liegen aber die denkbar günstigsten Verhältnisse für eine Dampffördermaschine vor. Das gilt besonders von der große Teufe 738,5 m; denn erst dort, wo die Höchstgeschwindigkeit auf einem größeren Teil des Förderweges beibehalten werden kann, kommen die Vorteile kleiner Zylinderfüllungen, d.h. die Ausnutzung der Expansion zur vollen Geltung. Daß der Versuch nur bei flotter Lastenförderung durchgeführt wurde, hat das Ergebnis natürlich in günstiger Weise beeinflußt. Auch der Zuschlag von 15% dürfte doch wohl nicht ausreichen, um auf den wirklichen durchschnittlichen Dampfverbrauch an gewöhnlichen Betriebstagen zu kommen. Jedenfalls dürfen die Versuchsergebnisse auf Zeche „Werne“ nicht mit denen an der elektrischen Förderungsmaschine auf Zeche „Zollern II“ in Beziehung gebracht werden; denn hier beträgt die Teufe nur 280 m, eine Teufe, bei der Tandemfördermaschinen überhaupt nicht mehr in Betracht kommen; dann erstreckte sich der Versuch auch über einen ganzen Tag, umfaßte also Lastenförderung, Seil- und Revisionsfahrten und Einhängen von Lasten. Der auf „Zollern II“ ermittelte durchschnittliche Dampfverbrauch, 14,226 kg für eine Schachtpferdstunde entspricht also den tatsächlichen Verhältnissen. In der Zeit flotter Lastenförderung, d.h. in der Morgenschicht, betrug der Dampfverbrauch übrigens auch hier nur 11,787 kg für eine Schachtpferdstunde. Bei neueren elektrischen Fördermaschinen dürfte der Dampfverbrauch kaum 13 kg im Tagesdurchschnitt überschreiten, wenn das Schwungrad in den großen Betriebspausen und in der Nachtschicht, wo nur wenige Züge getan werden, abgekuppelt wird; man vermeidet dabei die nicht unbeträchtliche Leerlaufsarbeit des Schwungradumformers. Was nun die Anlagekosten betrifft, so wird man wohl jeden Fall für sich zu betrachten haben. Einige Gesichtspunkte dürfen indes allgemeine Gültigkeit haben. Die Beschaffungskosten der Fördermaschine selbst, bei elektrischem Antrieb einschließlich Umformer, sind bei Dampfantrieb geringer, obwohl ein Zwillings-Tandem schon eine recht kostspielige Maschine ist. Man darf indes die Fördermaschine nicht von ihrer Kraftquelle trennen. Die Dampffördermaschine bedarf, um den Gang anderer Betriebsmaschinen durch ihre außerordentlich ungleichmäßige Dampfentnahme nicht zu stören, einer besonderen Kesselanlage. Diese Kesselanlage arbeitet nun aber aus eben jenem Grunde unwirtschaftlicher als bei gleichmäßiger Dampf entnähme, wie es bei Gleichstrom-Fördermaschinen mit Schwungrad-Umformer der Fall ist. Wollte man nun auch bei elektrischem Antrieb ein besonderes Dampfkraftwerk für die Fördermaschine anlegen, so würden die Anlagekosten trotz der gleichmäßigen Belastung des Kraftwerkes, wodurch dessen Leistung nicht nach der Höchstleistung, sondern nach der durchschnittlichen der Fördermaschine bemessen werden kann, bedeutend höhere sein als bei Dampfantrieb; es schieben sich ja zwischen der Kraftquelle, dem Dampfkessel, und dem Kraftverbraucher, dem Fördermotor, zwei Zwischenglieder, die Primärmaschine und der Umformer, ein, in denen allein 45 bis 50% der erzeugten Energie verloren gehen. Textabbildung Bd. 324, S. 262 Fig. 34. Geschwindigkeitsschwankungen einer Dampffördermaschine. Aber einer der Hauptgründe für die Wahl des elektrischen Antriebes ist ja die Zentralisierung der Krafterzeugung; dieselben Kraftmaschinen erzeugen nicht nur die Energie für die Beleuchtung, die Wasserhaltung, die Bewetterung, die Kohlenwäsche und die sonstigen Maschinen, sondern auch die Energie für die Hauptschachtfördermaschinen. Durch diesen Anschluß erhält man neben anderen Vorteilen betriebstechnischer Natur auch ganz wesentliche bezüglich der Anlagekosten, Vorteile, die naturgemäß erst bei planmäßig entworfenen Neuanlagen voll zum Ausdruck kommen. Wenn nun die Leistung der Kraftmaschinen um die durchschnittliche der angeschlossenen Fördermaschinen erhöht wird, so steigen die Anlagekosten nicht etwa in dem gleichen Maße mit der Leistung, sondern in einem geringeren. Unter diesen Umständen ist es nicht ausgeschlossen, daß auch die Anlagekosten für die gesamten maschinellen Einrichtungen bei rein elektrischem Antriebe niedriger sein können als bei Verwendung von Dampffördermaschinen trotz des niedrigeren Preises der letzteren an sich. Zu dem arbeiten auch die Kraftmaschinen um so wirtschaftlicher, je größer ihre Leistung ist. In manchen Fällen wird der Anschluß einer Fördermaschine sogar ohne wesentliche Erhöhung der Leistung des Kraftwerkes geschehen können, dann nämlich, wenn der Betrieb so eingerichtet werden kann, daß z.B. die Wasserhaltung, die Kohlenwäsche u.a. nur in den Tageszeiten mit geringer Förderung arbeiten. Textabbildung Bd. 324, S. 262 Fig. 35. Geschwindigkeitskurve der Zwillings-Tandemfördermaschine auf Zeche Werne. Wird eine Grube stufenförmig aufgeschlossen, so braucht man nicht wie bei Dampfbetrieb die Leistung der Fördermaschine gleich von vornherein für die größte Teufe zu bemessen, sondern man kann vorerst das Schwungrad weglassen und mit verminderter Geschwindigkeit fahren; steigt dann die Förderung oder baut man in größerer Teufe ab, so wird durch Anbau des Schwungrades die Fördergeschwindigkeit auf den vollen Betrag gebracht. Endlich kann man auch noch die Nutzlast, also die Förderleistung, verdoppeln, wenn man einen zweiten Fördermotor und einen zweiten Umformer, diesen an das schon vorhandene Schwungrad anschließt. Abgesehen davon, daß ein Teil des Anlagekapitals anfänglich für andere Zwecke nutzbringend verwandt werden kann, arbeitet auch die Fördermaschine bei diesem der Förderung angepaßten Ausbau günstiger. Textabbildung Bd. 324, S. 262 Fig. 36 u. 37. Vorrichtung; zum selbsttätigen Einstellen auf kleinere Füllungen bei Dampffördermaschinen. Ein nicht unwesentlicher Vorzug des Elektromotors vor der Dampfmaschine ist die Gleichmäßigkeit des Drehmomentes an der Trommelwelle. Fig. 34E.T.Z. 1908, S. 426. zeigt die Geschwindigkeitsschwankungen einer Dampffördermaschine während eines Treibens. Eine Zwillings-Tandemmaschine mit weit getriebener Expansion wird in dieser Beziehung ungünstigere Verhältnisse zeigen als die unwirtschaftlich arbeitende Zwillingsmaschine ohne Verbundwirkung. Diese Geschwindigkeitsschwankungen an der Trommelwelle übertragen sich nun auf das Förderseil als pulsierende Längenänderungen; der Förderkorb beginnt zu tanzen, auch leiden die Schachtführungen unter dem unruhigen Lauf der Körbe. Bei Trommelmaschinen wird dieser Uebelstand nicht in dem Maße zum Ausdruck kommen, wie bei den Koepemaschinen. Denn dort wirken die schweren Trommeln wie ein Schwungrad auf eine konstante Winkelgeschwindigkeit hin. Bei größeren Teufen werden aber gerade die leichteren Koepe-Scheiben bevorzugt, um die Massenwirkungen beim Anfahren und Stillsetzen auf ein Mindestmaß zu bringen. Die Längenänderungen eines Seiles infolge der fortwährenden Beschleunigungen und Verzögerungen sind aber mit der Länge des Seiles verhältnisgleich. Man hat deshalb bei Dampffördermaschinen für größere Teufen die Koepe-Scheibe sehr schwer als Massenschwungrad ausgeführt. Das ist bei elektrischen Fördermaschinen nun nicht nötig; denn hier ist der ruhige Lauf durch die Gleichmäßigkeit des Drehmomentes gewährleistet. Bei größeren Teufen kann die Treibscheibe so leicht, wie es die Festigkeit zuläßt, ausgeführt werden, ohne ein Tanzen der Korbe und ein Schlagen des Unterseils befürchten zu müssen. Das gleichmäßige Drehmoment im Verein mit der Festlegung der höchsten Beschleunigung und der selbsttätigen Verzögerung haben denn auch zur Folge gehabt, daß als Höchstgeschwindigkeiten für Lastenförderung und Seilfahrt bei elektrischen Fördermaschinen, wie schon oben S. 226 erwähnt, 20 bzw. 10 m/Sek. zugelassen werden. Das bedeutet aber eine ganz beträchtliche Erhöhung der Leistungsfähigkeit, die besonders bei großen Teufen und auf Kohlenzechen mit starken Belegschaften von großer Bedeutung ist. Fig. 35 zeigt das Geschwindigkeitsdiagramm der schon oben erwähnten Zwillings – Tandemmaschine auf Zeche „Werne.“ Man bemerkt, daß ein Beharrungszustand gar nicht erreicht wird; nachdem eine Höchstgeschwindigkeit erreicht ist, tritt sofort die Verzögerung ein, Und für diese Maschine liegen wegen der großen Teufe von 738 m die Verhältnisse doch recht günstig. Es ist nicht so sehr die Beschleunigungs- als die Verzögerungskurve, die das Diagramm so ungünstig gestaltet. Der Maschinist muß den Dampf schon viel zu früh absperren, um die Maschine in seiner Gewalt zu behalten. Besonders nachteilig für die Zeitdauer eines Treibens ist der flache Verlauf der Verzögerungskurve, die das vorsichtige Steuern andeutet, wenn sich der Förderkorb der Hängebank nähert. Um eine mittlere Geschwindigkeit von 13,7 m/Sek. zu erreichen, muß die Höchstgeschwindigkeit bis nahezu 32 m/Sek. getrieben werden. Die starke Beschleunigung, wozu noch die Veränderlichkeit des Drehmomentes kommt, birgt aber die Gefahr des Seilgleitens bei Treibscheiben in sich. Viel günstiger wäre natürlich das gestrichelte theoretische Diagramm; trotz einer Höchstgeschwindigkeit von nur 24 m/Sek. beträgt die mittlere Fördergeschwindigkeit 14,4 m/Sek. und die Zeitdauer eines Treibens ist um 3,5 Sek. verkürzt. Allen Dampffördermaschinen ist nun aber die Dreiecksform des Geschwindigkeits-Diagramms eigen, während dieses bei elektrischen Fördermaschinen selbst bei kleinen Teufen eine ausgeprägte Trapezform zeigt. Das wirkliche Diagramm weicht von dem theoretischen nur wenig ab. Man kann die günstigste Beschleunigung und Verzögerung unabhängig von der Belastung und der Willkür des Maschinisten festlegen. Eine elektrische Fördermaschine wird daher einer Dampffördermaschine von gleicher Höchstleistung bezüglich der Leistungsfähigkeit überlegen sein, weil sie trotz geringerer Höchstgeschwindigkeit für ein Treiben weniger Zeit braucht. Wie oben geschildert „beruht der geringere Dampfverbrauch neuerer Fördermaschinen auf der Ausnutzung der Expansionskraft des Dampfes. Damit aber auch wirklich mit kleineren Füllungsgraden gefahren wird, ist es nötig, daß das Einstellen der Steuerung“ zu diesem Zwecke selbsttätig geschieht, und zwar geschieht dies durch einen Regler, der mittels eines Gestänges auf den Steuerhebel einwirkt. Fig. 36 u. 37Z.d.V.D.I. 1907, S. 7. zeigen das Schema einer derartigen Anordnung, die von der „Prinz Rudolph-Hütte“ herrührt, e ist der in 2 gelagerte Steuerhebel; er trägt um den Zapfen 9 drehbar den Doppelhebel m. Die Stange w greift oben an der Kolbenstange des Dampfumsteuerapparates in der Mitte an dessen Steuerschieber an. Ein Ausschlag des Steuerhebels betätigt daher den Umsteuerapparat in der Weise, daß dessen Arbeitskolben mittels der Gestängegruppe xyz die Steuerkegel verschiebt, wodurch eine Füllungsänderung oder eine Umsteuerung der Dampfmaschine bewirkt wird. Der Fliehkraftregler wirkt mittels der Stange g, der Kulisse h und der Gestängegruppe ikl auf den Steuerhebel e und damit auf Füllungsänderung ein. Der Kulissenstein v wird beim Umlegen des Steuerhebels auf entgegengesetzte Fahrtrichtung durch die Gestängegruppe rtu verschoben; Fig. 37 zeigt diese neue Lage. Fig. 38 zeigt ferner die konstruktive Ausgestaltung der Regelung und Fig. 39 die Dampfdiagramme während eines Treibens. Textabbildung Bd. 324, S. 263 Fig. 38. Vorrichtung zum selbsttätigen Einstellen auf kleinere Füllungen bei Dampfmaschinen. Textabbildung Bd. 324, S. 263 Fig. 39. Dampfdiagramme einer Fördermaschine mit Regler. (Schluß folgt.)