Titel: Der Reguliervorgang beim direkt gesteuerten hydrostatischen Turbinenregulator unter Berücksichtigung der Wirkung der Anschläge am Steuerventil.
Autor: Hans Hiemenz
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 330
Download: XML
Der Reguliervorgang beim direkt gesteuerten hydrostatischen Turbinenregulator unter Berücksichtigung der Wirkung der Anschläge am Steuerventil. Von Dipl.-Ing. Hans Hiemenz, Assistent an der Großh. Techn. Hochschule zu Darmstadt. (Schluß von S. 316 d. Bd.) Der Reguliervorgang beim direkt gesteuerten hydrostatischen Turbinenregulator usw. Allgemeine Betrachtungen im Anschluß an die bisherigen Untersuchungen. Das Ergebnis unserer Untersuchungen läßt sich in Folgendem zusammenfassen: 1. Durch Einbau eines Anschlags am Steuerventil wird im allgemeinen ein Ueberregulieren über die Umdrehungszahl des neuen Beharrungszustands hervorgerufen werden. Da man aber möglichst stets einen schwingungsfreien Uebergang anstrebt, so würde es sich empfehlen, den Ventilhub durch diese Anschläge nicht allzusehr zu beschränken. Im vorliegenden Fall hätte beispielsweise ein nach 3 mm Ausweichung des Steuerventils eingreifender Anschlag schon einen aperiodischen Uebergang ergeben. 2. Trotz des Ueberregulierens durch den Anschlag geht die Umdrehungszahl stets wieder auf die des neuen Beharrungszustands zurück, sei es im Fall genügend großer Schwungmassen schwingungsfrei, sei es im andern Fall unter Entwicklung von Schwingungen um die angestrebte neue Umdrehungszahl. An diese Ergebnisse lassen sich an Hand der Fig. 5 bis 7 noch einige weitere Erwägungen knüpfen. Nehmen wir an, wir hätten den Anschlag so gesetzt, daß eine etwas größere Eröffnung als die gerade gewählten 1,5 mm zustande hätte kommen können. Dann wäre bei gleichem J wie zuvor die Zeit tmax für die Parabel geringer geworden und auch die absolute Größe von nmax nicht so hoch ausgefallen wie in unserem Beispiel. Man sieht das am leichtesten, wenn man überlegt, daß die k-Linie uns zugleich auch ein Bild der Momentüberschüsse Auf darstellt, wenn wir nur die Linie k = 0,17 als Nullinie für die ΔM ansehen. Nun ist ganz allgemein: dn=\frac{30}{\pi \cdot J} \cdot \Delta\,M \cdot dt . . . . . . . . . . (10a) und mithin: n=\frac{30}{\pi \cdot J} \cdot \int\limits_{t=t_h}^{t=t}\,\Delta\,M \cdot dt . . . . . . . . . . (30) Also ist uns n gegeben durch den Inhalt der Fläche oberhalb der k'-Linie bis zur Linie k = 0,17. Unter den obigen Voraussetzungen würde aber die k'-Linie steiler verlaufen, sie würde also die Linie M = 0 früher schneiden, d.h. die Zeit für die Erreichung der maximalen Umdrehungszahl würde kürzer ausfallen. Auch der Inhalt der erwähnten Fläche würde geringer werden, mithin die Umdrehungszahl selbst nicht bis zu einem so großen Höchstwert ansteigen können. Die umgekehrte Ueberlegung führt uns dazu, daß für einen tiefer gesetzten Anschlag das Maximum der Umdrehungszahl später erreicht wird und einen größeren Wert annehmen muß. Wie schon eingangs erwähnt, entspricht also das Bild des ganzen Vorgangs um so weniger unseren Wünschen, je geringere maximale Eröffnung wir durch den Anschlag zulassen. Durch solche Aenderungen in der Stellung des Anschlags können wir es erreichen, daß der Schnittpunkt C der tatsächlichen Muffenweglinie mit der angestrebten mehr nach rechts oder auch mehr nach links zu liegen kommt als er in Fig. 6 gerade liegt. Der Fall, daß C mehr nach rechts fällt, unterscheidet sich grundsätzlich in nichts von dem im Zahlenbeispiel behandelten. Kommt Punkt C links vom Parabelscheitel zu liegen, so ist das nur möglich, wenn er zugleich auch tiefer liegt, als in Fig. 5 gezeichnet. Dann wird, wenn C nicht allzuweit nach links liegt, immer noch ein Ansteigen der k''-Linie über k = 0,17 eintreten, aber dieses Ansteigen wird um so geringer werden, je steiler die k'-Linie verläuft, d.h. je höher wir den Anschlag setzen. Schließlich wird ein Punkt kommen, wo sogar die neue k''-Linie gar nicht mehr über k = 0,17 hinauskommt. Der Grenzfall wird erreicht, wenn wir den Anschlag gerade so setzen, daß er eben noch von dem beim Eröffnen ansteigenden Ventil berührt wird. Dann haben wir gerade noch die zuerst betrachtete Art des Uebergangs in den neuen Beharrungszustand zu erwarten. Je weiter wir aber C gegenüber der Lage in Fig. 5 nach links rücken lassen, d.h. je höher wir den Anschlag setzen, um so geringer wird auch das Ueberregulieren sein und schließlich wird es sogar ganz verschwinden müssen, um einem schwingungsfreien Uebergang in die neue Umdrehungszahl zu weichen, so daß es sehr wohl denkbar ist, daß auch unter Einwirkung eines Anschlags noch ein schwingungsfreier Uebergang zu stände kommt. Gleichung 30 gibt uns aber auch weiter Aufschluß über den Charakter des Vorgangs bei Aenderung von J, während die sonstigen Regulatorverhältnisse beibehalten werden. Eine Verkleinerung von J würde, wie schon früher gezeigt, sehr bald schon auch ohne Anschlag einen Uebergang mit Schwingungen an die Stelle des aperiodischen in Fig. 5 setzen. Auch würde sie das Maximum der Parabel höher bringen. Dagegen würde eine Vergrößerung von J unter allen Umständen sehr vorteilhaft wirken. Denn sie bringt den Vorgang immer weiter von dem Uebergang mit Schwingungen hinweg, und wenn wir nur J genügend groß wählen, so kann es sehr wohl eintreten, daß wir trotz der Einwirkung des Anschlags doch ohne jegliche Ueberregulierung in die neue Umdrehungszahl hineinkommen. Freilich müßte dann noch der Anschlag an geeigneter Stelle sitzen; denn, wollten wir das erwähnte Ergebnis erreichen, so würde das heißen, daß die Parabel mit ihrem Scheitel etwas unterhalb der Linie der Umdrehungszahl des neuen Beharrungszustands bleiben müßte, und zugleich auch ein wenig vor dem Scheitel von der Muffenweglinie getroffen würde. Das letzte Ende des Uebergangs würde dann durch den allmählichen Abschluß des Steuerventils in gewünschter Weise vollzogen werden. Vergleich des untersuchten Reguliervorganges mit dem Reguliervorgang für konstante Reguliergeschwindigkeit. Bei konstanter Reguliergeschwindigkeit würden wir anzunehmen haben, daß sich der Kolben mit der gleichförmigen Geschwindigkeit bewegt, wie sie eintritt, wenn die größtmögliche Eröffnung gegeben ist, also in unserem Falle mit vh. Unter dieser Annahme erhalten wir als Gleichung für die Kolbenweglinie: k = vk . t + kA . . . . . . . . . . (31) und bei Benutzung von Gl. 11 und 18 ergibt sich ähnlich wie früher schon für die Zeit nach Erreichung des Anschlags: \frac{dn}{dt}=\frac{30}{\pi \cdot J} \cdot \frac{M_1}{k_1-k_0} \cdot (v_k \cdot t+k_A-k_B) und damit: n=\frac{B_1}{2} \cdot t^2+B_2 \cdot t+\mbox{Const.} und da für t = 0 auch n = nA eintreten muß: n=\frac{B_1}{2} \cdot t^2+B_2 \cdot t+n_A . . . . (32) Die Konstante B1 bleibt dieselbe wie früher schon und findet sich mit: B_1=\frac{30}{\pi \cdot J} \cdot \frac{M_1}{k_1-k_0} \cdot v_k . . . . . . (32a) Dagegen ändert B2 seinen Wert und wir erhalten: B_2=\frac{30}{\pi \cdot J} \cdot \frac{M_1}{k_1-k_0} \cdot (k_A-k_B) . . . (32b) Mit kA = 0,201 und vh = – 0,0514 m/Sek. erhalten wir die Gleichung der Kolbenweglinie: k = – 0,0514 . t + 0,201. Der früher schon gefundene Wert von B1 war: B1 = – 16,04, während B2 sich berechnet zu: B_2=\frac{30}{\pi \cdot 10} \cdot \frac{49}{0,21-0,06} \cdot (0,201-0,17)=+9,61. Hiermit und unter Beachtung, daß nA = 195,2 Umdr./Min. ist, lautet die Gleichung der n-Kurve für konstante Reguliergeschwindigkeit: n = – 8,02 . t2 + 9,61t + 195,2. Es läßt sich nun leicht zeigen, daß man genau die gleichen Beziehungen erhält, wenn man die von Pfarr angegebenen Formeln für den ideellen Reguliervorgang benutzt. Wir fanden früher schon die Füllungen der beiden Beharrungszustände A und B zu: a = 0,94 und b = 0,735. Mit der Pfarrschen Gleichung 836 ergibt sich dann: nA = 194,5 . (1 + 0,06 . (1 – 0,94)) = 195,2 und: nB = 194,5 . (1 + 0,06 . (1 – 0,735)) = 197,6. Diese beiden Umdrehungszahlen stimmen mit den von uns weiter vorn berechneten für die beiden Beharrungszustände überein. Die Pfarrsche Gleichung 839 liefert uns die Beziehung für die n-Kurve zu: n=n_A+\frac{60 \cdot M_1}{2\,\pi \cdot J} \cdot \left\{(a-b) \cdot t-\frac{t^2}{2 \cdot T_s}\right\} Hierin ist TS die Schlußzeit des Regulators, ein Begriff, der bei unserer Betrachtung bislang überhaupt nicht vorkam, weil wir bei veränderlicher Reguliergeschwindigkeit eben streng genommen gar nicht von einer eigentlichen Schlußzeit reden können. Die Schlußzeit berechnet sich aus dem zum vollen Abschließen von größter Eröffnung aus nötigen Kolbenweg S und der dabei vorhandenen Geschwindigkeit vh zu: T_s=\frac{S}{v_h} . . . . . . . . . . (33) Hierbei ist aber für S der wirklich nutzbar zum Schließen verwendete Kolbenweg und nicht etwa der ganze Kolbenweg überhaupt einzuführen, d.h. in unserem Falle ist: S = k1– k0 = 0,21 – 0,06 = 0,15 m. Wir erhalten deshalb: T_s=\frac{0,15}{0,0514}=2,92\mbox{ Sek.} Das in Gl. 839 eingeführt ergibt: n=195,2+\frac{60 \cdot 49}{2\,\pi \cdot 10} \cdot \left{(0,94-0,735) \cdot t-\frac{t^2}{2 \cdot 2,92}\right} oder auch: n = 195,2 + 9,6 . t – 8,02 . t2, also genau die gleiche Beziehung, wie die früher gefundene. Die durch diese Gleichung dargestellte Parabel ist in Fig. 6 als Kurve nK bezeichnet, und es ist dort auch noch die sogenannte Schlußlinie eingetragen. Hierbei fällt uns vor allem auf, daß diese Schlußlinie eben nur als eine einzige Linie zum Ausdruck kommt, daß sie demnach notwendig zugleich Kolbenweglinie und Muffenweglinie in einem vorstellen muß. Fig. 5 dagegen zeigt uns, daß bei Verfolgung des wirklichen Vorgangs unter Beachtung der allmählichen Eröffnung und des allmählichen Abschlusses am Steuerventil an der genannten Stelle zwei getrennte Linien vorhanden sind. Daß diese beiden wirklich für Annahme konstanter Reguliergeschwindigkeit in eine zusammenfallen müssen, läßt sich leicht durch folgende Ueberlegung bestätigen. Um überhaupt konstante Reguliergeschwindigkeit zu erhalten, müßte man sich vorstellen, daß der Steuerquerschnitt in unendlich kurzer Zeit bis auf seine volle Größe fj eröffnet würde. Aber hieran müssen wir noch eine zweite Bedingung anschließen. Der volle Querschnitt f1 muß zugleich auch durch einen unendlich kurzen Anhub des Steuerventils erzielt werden. Rascher, als es die Muffenbewegung zuläßt, kann ja unter keinen Umständen eröffnet werden, und die Muffe braucht nach unseren Voraussetzungen immer eine gewisse Zeit, bis sie so hoch angestiegen ist, daß sie genügend weit aufgemacht hat. Die Voraussetzung einer endlichen Hubgröße am Steuerventil widerspricht also direkt der der plötzlichen Eröffnung. Diese plötzliche Eröffnung auf den vollen Querschnitt f1 können wir uns demnach nur so erzielt denken, daß wir dem Steuerkolben unendlich großen Durchmesser geben, oder doch wenigstens einen solchen, daß wir die Hubgröße praktisch dagegen vernachlässigen dürfen. Aus dem Gesagten geht dann auch sofort hervor, daß für die Annahme konstanter Reguliergeschwindigkeit notwendig die Kolbenweglinie und die Muffenweglinie in eine einzige Gerade, eben die Schlußlinie, zusammenfallen müssen, weil das Ordinatenstück zwischen ihnen den Hub des Ventils angibt und dieser ja gleich Null geworden ist. Weiter folgt dann, daß unter Beachtung der allmählichen Eröffnung und des allmählichen Abschlusses am Steuerventil der Punkt, wo die tatsächliche Muffenweglinie die angestrebte trifft, immer etwas näher am Parabelscheitel wird liegen müssen, als bei Annahme konstanter Reguliergeschwindigkeit, weil ja die Muffenweglinie stets etwas höher verläuft als die Kolbenweglinie. Das kommt auch in Fig. 6 in der Lage der Punkte C und G zum Ausdruck. Ein Abschluß und damit ein neuer Abschnitt des Reguliervorgangs würde bei Annahme konstanter Reguliergeschwindigkeit schon im Punkt G eingeleitet werden. Unter dem Einfluß der allmählichen Eröffnung usw. ist dort aber, wie uns Fig. 5 an dem entsprechenden Punkt C zeigt, noch eine Eröffnung vorhanden, die erst im Punkt E verschwindet. Der neue Abschnitt des Reguliervorgangs beginnt also tatsächlich stets etwas später als bei konstanter Reguliergeschwindigkeit angenommen wird. Ferner zeigt sich jetzt, daß die Annahme konstanter Reguliergeschwindigkeit doch gegenüber der strengeren Verfolgung noch etwas zu günstige Werte ergibt, so daß man bei der vereinfachten Rechnung immerhin etwas vorsichtig wird sein müssen. Die Abweichung ist aber. für praktische Entlastungsgrößen, wie sie für unser Beispiel gewählt wurden, nur von sehr geringer Bedeutung. Zum Schluß sei dann noch auf einen Umstand hingewiesen, von dem bereits in der Einleitung der Arbeit die Rede war. Sowohl der Punkt C wie der Punkt G in Fig. 6 liegen derartig, daß es ausgeschlossen erscheint, daß für den Fall konstanter Reguliergeschwindigkeit die dort anschließende Parabel die gewünschte Umdrehungszahl nB des neuen Beharrungszustands erreichen könnte. Die Verhältnisse liegen hier also ganz ähnlich wie bei Pfarr S. 731 näher ausgeführt. Wir sehen nun, daß wir trotz den unter Annahme plötzlicher Eröffnung und plötzlichen Abschlusses des Steuerquerschnittes hier eigentlich nicht richtig gewählten Schwungmassen gleichwohl zu der angestrebten Umdrehungszahl nB kommen werden. Die Annahme der plötzlichen Eröffnung ist eben besonders wegen des sehr großen Steuerkolbendurchmessers niemals streng zu verwirklichen. Mehr oder weniger werden stets bei Beginn und Ende der einzelnen Abschnitte Vorgänge eintreten, die den in dieser Arbeit behandelten ähnlich sind, und eben diese Vorgänge führen dann die richtige Umdrehungszahl früher oder später herbei und beseitigen so die scheinbar unter den gemachten Annahmen entstandenen Schwierigkeiten wenigstens für den hier behandelten Fall des hydrostatischen Regulators.