Titel: Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen Maschinen.
Autor: Bujes
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 353
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Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen Maschinen. Von Dipl.-Ing. Bujes, Charlottenburg. Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen Maschinen. 1. Dynamomaschinen. A. Gleichstrommaschinen. Die Wiedereinsetzung der Wendepole in ihre Rechte bedeutete für die schnelllaufenden Maschinen insofern einen großen Fortschritt, als sie endlich ihren funkenlosen Gang herbeiführten und bei richtiger Wahl der Sättigung im Eisen sogar die Selbstkosten der Maschine verminderten. Neue Schwierigkeiten traten nun auf, als es sich darum handelte, elektrische Maschinen den mit ihnen direkt gekuppelten Dampfturbinen in bezug auf die Tourenzahl und den günstigsten Wirkungsgrad anzupassen; das Ziel, dem jetzt der moderne Turbodynamobau entgegenstrebt, ist die Erhöhung der Leistungsgrenze der Dynamomaschinen. Textabbildung Bd. 324, S. 353 Fig. 1. Werte von AS für 550 V-Dynamos. Und so zeigt PohlE.T.Z. 08. S. 113 u. ff., daß die Faktoren, welche für die höchstmögliche Leistung der Turbogeneratoren maßgebend sind, in der Rundfeuer-, Funken- und Festigkeitsgrenze verkörpert sind. Die Rundfeuergrenze findet ihre Begründung in dem Ueberschlagen des Funkens, im allgemeinen infolge einer zu hohen Segmentspannung am Kommutator. Dieser Gefahr, wie auch dem Funken im allgemeinen, könnte man am besten durch größere Abmessungen des Ankers, insbesondere durch die Wahl eines großen Durchmessers, entgegenwirken. Textabbildung Bd. 324, S. 353 Fig. 2. Höchste erreichbare Umlaufzahl moderner Turbodynamos. Doch auch hier ist wieder die Grenze durch die Umfangsgeschwindigkeit gezogen. Bekanntlich bieten Bronzekappen Schutz den freien Wicklungsenden des Ankers, die von den Fliehkräften beansprucht werden. Legt man einer einfachen Festigkeitsrechnung- die hochstzulässigen Beanspruchungen für Bronze zugrunde, dann kommt man einerseits zu einer größten Umfangsgeschwindigkeit von 75 m/Sek. für Anker mit dieser Art von Schutz der Wicklungsenden. Nach den Erfahrungen mit langsamlaufenden Maschinen kann man anderseits als Grenzwert der Segmentspannung 40 Volt setzen, und so kommt man bei der üblichen Kraftliniendichte von 5000 zu einer Ankerlänge von 43 cm. Textabbildung Bd. 324, S. 353 Fig. 3. Anker-Bandagiermaschine der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft. Für die Funkengrenze sind so viele Faktoren maßgebend, daß eine allgemeine Regel sich dafür kaum eingeben läßt. Da aber eine richtige Kommutierung im innigsten Zusammenhang mit der Funkengrenze steht, so sind auch die Amperestäbe für 1 cm Ankerumfang (im allgemeinen mit AS bezeichnet) durch dieselbe begrenzt. Setzt man in die allgemeine Formel für die Leistung =L=\frac{E \cdot J}{1000}=p \cdot N \cdot AS \cdot v \cdot 10^{-9} (p = Polpaarzahl, N = Gesamtkraftlinienzahl) die oben erwähnten Grenzwerte ein, dann erhält man L_{\mbox{max}}=3,3\,\frac{d_a}{100} \cdot AS\mbox{ KW,} (worin da = Ankerdurchmesser in cm ist). Unter Zugrundelegung einer Kurve für AS (Fig. 1) und einer Geschwindigkeit von 75 m/Sek., kommt man zu der gestrichelten Schaulinie (Fig. 2), während die ausgezogenen Linien den Angaben der Firmen über Umlaufzahl bei günstigstem Wirkungsgrad entsprechen. Textabbildung Bd. 324, S. 354 Fig. 4. Doppelmaschine der Siemens-Schuckertwerke. Hieraus ist zu ersehen, daß man in den allermeisten Fällen die Tourenzahl eines Turbogenerators für eine bestimmte Leistung über die zulässige Grenze erhöhen müßte, um mit dem besten Wirkungsgrad der Dampfturbine arbeiten zu können. Solange man also die Umlaufzahl der Dampfturbinen bei dem heutigen Wirkungsgrad nicht vermindern kann, wird der Wetteifer aller Firmen, die sich mit dem Bau der Turbodynamos beschäftigen, darin gipfeln, die Umlaufzahl der Turbogeneratoren zu erhöhen. Die Mittel dazu liegen in der Erhöhung der angenommenen Grenzwerte, und zwar erstens der Festigkeitsgrenze, durch Verwendung des allerbesten Materials und zweitens der Funkengrenze, durch vollkommene Kompensation des Ankerfeldes. Im Hinblick hierauf wird neuerdings von der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft auf die Ankerbandagen ein besonderes Augenmerk gerichtet, da dieselben laut vorangegangener Ausführung keinen zu unterschätzenden Konstruktionsteil der schnelllaufenden Dynamomaschine bilden. Die A.E.G. verwendet zur Befestigung der freien Wicklungsschaltköpfe Bronze- und Stahldraht; sämtliche Bandagen werden maschinell (Fig. 3) mit einer Spannung aufgewickelt, die etwas größer ist als die in ihnen auftretende Zugspannung bei 50% Uebertouren. Die Befestigung der Wicklungsköpfe durch Drahtbandagen scheint in mechanischer Beziehung den sonst üblichen gegossenen Bronzekappen überlegen zu sein, denn beim Aufwickeln wird dem Draht genau die rechnerisch ermittelte Montagespannung gegeben, was bei massiven Bronzeringen undurchführbar ist. Hierzu kommt, daß Bandagendraht das zuverlässigere Konstruktionsmaterial ist, zumal er während der Aufwicklung dauernd einer einwandfreien Kontrolle unterzogen werden kann. Um wiederum bei gedrängter Bauart der Maschine ihre Leistungsgrenze zu erhöhen, muß für kräftige Kühlung des Ankers, der Magnetspulen und des Kommutators gesorgt werden. Fig. 4 zeigt das Innere eines Turbogenerators der Siemens-Schuckertwerke. Das eigentliche Joch wird zwecks vollständiger Einkapselung der Maschine von einem besonderen gußeisernen Gehäuse umschlossen, wodurch gleichzeitig ein Sammelkanal für die abziehende Kühlluft gebildet wird. Die Kühlluft wird aus dem Kellerraume oder unmittelbar von außen angesaugt. Ein Teil der Stirnfläche des Rotors ist als Ventilator ausgebildet; auch bei der Konstruktion aller anderen Teile wurde auf kräftige Ventilation Rücksicht genommen. Die Einkapselung gibt außerdem den Maschinen ein ruhiges Aussehen und schützt sie gegen das Hereinfallen von Fremdkörpern; ferner wird die Berührung stromführender Teile, soweit sie nicht der Bedienung zugänglich sein müssen, verhindert. Zur Erhöhung der Funkengrenze dient, wie oben erwähnt, die Kompensierung der Ankerreaktion. Von den vielen Kompensierungsmethoden, insbesondere bei den mittleren Maschinengrößen, ist die billigste, wenn auch nicht die vollkommenste, die Verwendung von ausgeprägten Wendepolen (Fig. 4). Textabbildung Bd. 324, S. 355 Fig. 4a. Brown, Boveri & Co. und die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft verwenden die etwas kompliziertere, aber auch vollkommenere Methode der Kompensierung des Wendefeldes und der Aufhebung der Ankerreaktion; beide Wicklungen sind um eine halbe Polteilung gegen die Hauptfeldwicklung verschoben und sind auf den ganzen Statorumfang verteilt, so daß der Stator das Aussehen eines Drehstromgehäuses hat. (S. Dinglers polyt. Journal 08, Heft 1). Zur genaueren Abgleichung der Wirkung der Kompensation erhalten neuerdings die kompensierten Maschinen der A.E.G. (außer zur Spannungsregulierung dienenden Nebenschluß-Magnet-Regulatoren) ShunteWiderstände, parallel zu einem Apparat in elektr. Stromkreis geschaltet, die den Zweck erfüllen, daß nur ein Teilstrom den Apparat durchfließt., welche parallel zur Kompensations- und Kornmutationswicklung geschaltet, durch Ableitung eines Teilstromes eine genaue Einstellung der Amperewindungen ermöglichen. Jede Wicklung erhält nötigenfalls einen besonderen Shunt, so daß deren Stromstärken unabhängig voneinander einreguliert werden können, um bei besten Kommutationsverhältnissen eine möglichst geringe Feldverzerrung zu erhalten (D.R.P. No. 169825). Das Schaltungschema dieser Anordnung gibt Fig. 4 a wieder. In die Nuten c kommt die Hauptpolwicklung hinein, a ist die Kompensationswicklung, b sind die Wendepole, d ist der regulierbare Widerstand für die Wendepolwicklung, e derjenige für die Kompensationswicklung. Textabbildung Bd. 324, S. 355 Fig. 4b. S kompensations- und Kommutationswicklung; n die Hauptpolwicklung; W regelbarer Shunt. Damit auch bei plötzlichen Stromschwankungen das Verhältnis der Stromstärken in der Kompensations- und Kommutationswicklung zu derjenigen im Shunt unverändert bleibt, enthält dieser in Betrieben mit stark wechselnder Last sowohl Ohmschen wie induktiven Widerstand (D.R.P. No. 125920). Textabbildung Bd. 324, S. 355 Noeggerath-Dynamo. Magnetgestell im Schnitt. Fig. 4b möge das Schaltungsschema einer solchen Maschine wiedergeben. Bei plötzlichen Belastungsschwankungen nimmt der scheinbare Widerstand der Kompensations- und Kommutationswicklung in erheblichem Maße zu; hätte der Shunt nur Ohmschen Widerstand, müßte durch s ein kleinerer Strom fließen und daher würde ihre Wirkung vermindert werden. Um das zu vermeiden, führt man auch den Shunt als induktiven Widerstand, so daß bei plötzlicher Belastungsschwankung auch sein scheinbarer Widerstand proportional steigt und zwar kann man ihn so einrichten, daß er sich stets zum Ohmschen Widerstand verhält, wie derjenige der Kompensations- und Kommutationswicklung zu ihrem Ohmschen Widerstand. Auf diese Weise kann man auch bei plötzlichen Stromstößen dieselbe Stromstärke in den fraglichen Wicklungen und damit ein Minimum der Feldverzerrung und günstigste Kommutations Verhältnisse erreichen. Insbesondere in Amerika versuchte man die immer komplizierteren Einrichtungen, die hauptsächlich bei größeren schnellaufenden Maschinen das Funken verhüten sollen, durch eine neue Maschinengattung zu vermeiden; und das ist die beinahe in Vergessenheit geratene Unipolarmaschine. Schon Faraday schlug vor, zwei Scheiben in demselben Felde in entgegengesetzten Richtungen zu drehen, ihre Umfange zu verbinden und den Strom von beiden Wellen abzuleiten. Das Verdienst jedoch, die Unipolarmaschine sorgsam ausgebildet und die ersten Untersuchungen an einer größeren Maschine der Oeffentlichkeit übergeben zu haben, gebührt Noeggerath und der General Electric Co., Schenectady. Textabbildung Bd. 324, S. 355 Fig. 7. Stromlaufschema der Noeggerath-Dynamo. Es wird daher nicht ohne Interesse sein, auf das Wesen der Unipolarmaschine, und zwar in ihrer zylindrischen Ausführung, an dieser Stelle etwas näher einzugehen. Fig. 5, 6 u. 7 zeigen den Längs- und Querschnitt der Dynamo, den Kraftlinienfluß, sowie das Stromlaufschema. In Fig. 7 ist C der rotierende Leiter, R der im Magnetgestell untergebrachte feste Leiter, K1 und K2 sind Schleifringe, B1 und B2 Bürsten. Zwischen R und B2 ist der äußere Stromkreis eingeschaltet, oder das Ende R ist mit dem nächsten Schleifring K2' verbunden, um auf diese Weise eine Summierung der Spannungen zu bewirken. Der nützliche Teil der Kraftlinien ist in bezug auf die Bewegung des Leiters keinen Richtungsänderungen unterworfen, deshalb kommt der Kommutator, das sehr oft schwierige und teure Element, insbesondere bei Turbogeneratoren, bei dieser Maschine in Fortfall: der Leiter bewegt sich relativ zu den Kraftlinien stets in demselben homogenen Felde, erzeugt deshalb eine konstante Gleichstromspannung. (Fortsetzung folgt.)