Titel: Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerindustrie im 2. Halbjahr 1908.
Autor: A. Stift
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 392
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Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerindustrie im 2. Halbjahr 1908. Von k.k. landw. techn. Konsulent A. Stift (Wien). (Fortsetzung von S. 365 d. Bd.) Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerindustrie im 2. Halbjahr 1908. Einen verschiedene Vorteile bietenden Kalkmilch-Ausscheider, der alle Verunreinigungen, wie Sand, Schlacke, Koks usw. aus der Kalkmilch entfernt, hat KořanZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen 1908. 33. Jahrg. S. 121. konstruiert. Dieser Apparat (Fig. 8) besteht aus einem Gefäß A, welches mit einem Stutzen B und einem Verschluß C versehen ist. Auf diesem Gefäß ist ein Dach D in der Form eines abgestumpften Kegels angebracht, welches aus feinstgelochtem Messingblech hergestellt ist. Eine Rinne E, an welcher sich der Abzugstutzen F befindet, umgibt den Unterteil des Daches. Im Dache selbst ist ein schraubenförmiges Rührwerk G eingehängt, welches als Abstreicher funktionierend, das Sieb beständig reinigt und die Filtration befördert. Die ohne jeglichen Druck durch den Stutzen B einlaufende Kalkmilch fließt unterhalb der schiefen Fläche J in den Konus K, in welchem der vorhandene Absatz durchgespült und der Kalkgries nachgelöscht wird. Die Kalkmilch wird in den unteren Teil des Ausscheiders eingeführt, steigt bis zum Dach desselben, fließt durch die feinstgelochten Messingsiebe und sammelt sich vollkommen gereinigt in der Rinne, von welcher aus sie dem weiteren Betriebe zugeführt wird. Die im Innern des Apparates angesammelten Verunreinigungen der Kalkmilch werden zeitweise unter Zutritt von Wasser in den Abfallkanal abgelassen. Als Vorteile dieses Kalkmilch-Ausscheiders werden angegeben: Keine Bedienung und keine Aufsicht, absolut verläßliche und selbsttätige Arbeit, kein Verlegen der Kalkmilchmeßgefäße, Mischgefäße, Rohrleitungen usw., Schonung der Plunger und Stopfbüchsen der Schlammpumpen, Ersparnis an Dichtungsmaterial bei den Schlammpumpen, Ausnutzung der Abfälle zur Kalkung der Abfallwässer, Ersparnis an Arbeitslohn und einfache, wenig Raum beanspruchende und billige Anordnung. Textabbildung Bd. 324, S. 393 Fig. 8. Bei den gewöhnlichen Saturationspfannen mit einfachen Kohlensäureverteilern ohne Rührvorrichtungen treten große Gasverluste auf, die eine unrichtige Arbeit in der 1., 2. und 3. Saturation sowie auf den Filterpressen zur Folge haben. Dazu kommt ein größerer Tücherverbrauch und eine fortgesetzte Reinigung der Kohlensäureverteiler und der Schlangenröhren. Die Beseitigung dieser Nachteile wird durch die Saturationspfanne mit einem Zentrifugalkohlensäureverteiler, System F. PaulZentralblatt für die Zuckerindustrie 1908, 16. Jahrg. S. 1200. erreicht, welche aus einem runden oder viereckigen Metallkessel besteht und mit einer Zentrifugalrührvorrichtung A (Fig. 9, 10 u. 11) versehen ist. Die letztere ist unten offen oder geschlossen und sitzt an einer vertikalen, hängenden Welle B, welche sich auf Kugeln mittelst der Zahnräder G dreht. Der Vorzug dieser Einrichtung besteht in der Verkürzung der Zeit des Saturationsprozesses bis auf sechs Minuten bei einer Saftfüllung von 74 hl, wodurch drei derartige Saturationspfannen für eine tägliche Verarbeitung von 5000 Meterzentnern Rübengenügen. Das Saturieren geht sehr regelmäßig vonstatten, was eine regelmäßige Arbeit auf den Filterpressen bei einem geringeren Verbrauch an Kalk und Kohlensäure infolge ihrer fast vollständigen Ausnutzung zur Folge hat. Die Kohlensäureverteiler und die Schlangenröhren brauchen während der ganzen Kampagne nicht gereinigt zu werden. Die regelmäßige Arbeit in der 1. Saturation und auf den 1. Filterpressen ruft eine regelmäßige Arbeit in allen Stationen, in den Verdampf- und Vakuaapparaten und in den Zentrifugen hervor und vermindert dadurch die Menge der Endmelasse. Der Saft gelangt durch das Ventil und eine gewöhnliche oder in zwei Teile geteilte Röhre E direkt in das Zentrifugalrührwerk; das Gas tritt durch eine in zwei Teile geteilte Röhre in das Rührwerk ein, die Endteile der Röhre sind platt und mit Ausschnitten zur besseren Ausnutzung des Gases versehen. Der Kalk gelangt durch den Hahn und das Rohr F ebenfalls in die Mitte des Rührwerks. Textabbildung Bd. 324, S. 393 Fig. 9. Textabbildung Bd. 324, S. 393 Fig. 10. Das eigentliche Rührwerk A besteht aus einem sphärischen unteren Brett, welches mit sechs Flügeln zur Erzeugung des Zentrifugalganges der Flüssigkeit, mit 3 Schaufeln G zur Vermischung der Niederschläge am Boden der Saturationspfanne und endlich oben mit einem runden zentrischen Ring H zur Erzeugung eines zentrifugalen, einsaugenden Ganges des Saftes versehen ist. Die vertikale Zirkulation wird in der Pfanne mittels der Schlangenröhren erreicht, welche durch einen Zylinder aus Eisenblech ersetzt werden können. Infolge der intensiven Zirkulation werden die Wände der anwärmenden Schlangenröhren mechanisch vom Ansatz gereinigt. Vom Dampfrohr mit dem Ventil J führt ein Rohr zum Oelgefäß K zum Einspritzen des Oeles in die Saturationspfanne, um den Schaum zu vernichten. Von der Gasverbindung L geht eine Röhre mit dem Ventil M ab, welche den Schaum in der Saturationspfanne zerschlägt. Die Saturationspfanne ist mit einem Einlaßventil N, welches sich in der untersten Stelle des Bodens der Saturationspfanne befindet, mit einem Thermometer O, mit einem Retourventil P und mit zwei Mannlöchern R versehen. Zur Kontrolle des Ganges der Saturation dient der Hahn S und das sich schnell öffnende Mannloch T mit einem Schauglas. U ist das Druckabzugsrohr. Die wesentlichen Neuerungen der beschriebenen Saturationspfanne sind: 1. Das Zentrifugalrührwerk A mit dem sphärischen Boden, welches mit Flügeln zur Erzeugung des Zentrifugalganges der Flüssigkeit, mit dem runden oberen Ring H und mit den Schaufeln G zur Vermischung der Niederschläge versehen ist. Für spezielle Fälle kann unten anstatt des sphärischen Bodens ein ebensolcher runder Ring, wie der obere Ring H angebracht werden. 2. Der zentrische Gang des Saftes, Kalkes und Gases in dem Rührwerk dient zur besseren Ausnutzung von Gas und Kalk. 3. Die Anordnung der Schlangenröhren J als Mittel zur Erzeugung der Zirkulation von Saft, Kalk und Gas in vertikaler Richtung. Textabbildung Bd. 324, S. 394 Fig. 11. Textabbildung Bd. 324, S. 394 Fig. 12. 4. Das Zentrifugalrührwerk dient als Kohlensäureverteiler. 5. Anstatt der Einführung von Kalkmilch durch die Röhre F kann man direkt durch eine Röhre, Schnecke, Ventilator oder Injektor das Kalkpulver im Gemisch mit einem anderen Filtriermertium, wie Ziegelsteinpulver, Kieselguhr usw. einführen. In diesem Falle ersetzt das Zentrifugalrührwerk die speziell für den Saft aufgestellten Rührwerke. Während der Eindickung des Saftes bildet sich in den Dampfröhren ein mehr oder minder bedeutender Steinansatz, welcher die Wärmeleitung der Röhren vermindert. J. SawanewskiZentralblatt für die Zuckerindustrie 1908. 16. Jahrg. S. 1375. hat nun eine Vorrichtung zur Reinigung der Körper der Verdampfapparate konstruiert, die ermöglicht, jeden beliebigen Apparat während des Betriebes selbst, ohne die Verdampfung des Saftes in den anderen Körpern einzustellen, zu reinigen. Zu diesem Zwecke wird an dem vorhandenen üblichen System der Saftleitungen (Fig. 12), welche durch die Buchstaben C' A', a1 b2 A2, a2 b3 A3 und a3 A3 bezeichnet sind, eine Reihe von Verbindungsröhren b1 B2, b2 B3 und b3 B4 angebracht, welche jeden beliebigen Körper während der Arbeit selbst auszuschalten erlauben. Außerdem wird ein Reservoir D, welches durch die Röhren C1, C2, C3 und C4 mit jedem Körper und durch die Röhre E mit dem hermetisch geschlossenen Gefäß L verbunden ist, aufgestellt. Das Gefäß L wird durch die Röhre F mit dem Kondensator oder mit der Luftpumpe verbunden und außerdem mit einer Wasserabflußröhre H mit einem Ventil versehen. Will man einen beliebigen Körper, z.B. den ersten reinigen, so verfährt man wie folgt: Man schließt das Ventil A', zieht den Saft aus dem Körper I in den Körper II ab und öffnet das Ventil B2, wodurch der Körper I ausgeschaltet wird. Im Reservoir D wird vorher eine Sodalösung in der für den gegebenen Körper nötigen Menge bereitet. Man öffnet dann die Ventile C und C', läßt die Sodalösung in den Apparat eintreten, setzt die nötige Menge Wasser hinzu und schließt dann wieder diese Ventile, wonach die Wirkung der Apparate, als eines Mehrkörperverdampfapparates, nicht aufhört. Der Unterschied besteht nur darin, daß in dem zu reinigenden Körper das Wasser mit Soda, und in den übrigen Körpern der Saft gekocht wird. Nach einigen Stunden öffnet man die Ventile C und E, und entfernt aus dem Apparat die Sodalösung, welche in das Gefäß L und von da aus durch das Ventil H in den Graben gelangt. Nach Entfernung der Sodalösung wird der Apparat mit reinem Wasser ausgewaschen, welches auf dieselbe Weise abgelassen wird. Nachdem der Apparat mit Soda und Wasser gereinigt worden ist, wäscht man ihn noch einmal mit Wasser und Salzsäure aus, wonach er vollständig rein und zum weiteren Gebrauch fertig ist. Textabbildung Bd. 324, S. 394 Fig. 13. Die zur automatischen Ableitung der Flüssigkeiten (Kondenswasser oder Saft) aus den Dampfkammern der Verdampfapparate gebräuchlichen selbsttätigen Apparate enthalten Hebeln, Schwimmer, oft komplizierte Ventile und ähnliche, leicht zu beschädigende Teile und sind daher sehr unzuverläßlich. Am einfachsten müßte man die Flüssigkeiten aus den Dampfkammern durch eine U-förmige Röhre ableiten können, welche den Raum A (Fig. 13), aus dem die Flüssigkeit abzuleiten ist, mit dem Raum B, in welchen sie geleitet wird, verbindet. Dabei muß das aufsteigende Knie einen sicheren hydraulichen Verschluß bilden, welcher den Uebergang des Dampfes verhindert. In Wirklichkeit zeigt sich aber, daß, wenn die abzuleitende Flüssigkeit die Temperatur des Dampfes in A hat, die Flüssigkeit selbst beim Uebergang in den Raum von niederem Druck zu kochen beginnt, wodurch sie zerspritzt wird und durch die Röhre ein Gemisch von Dampf und Flüssigkeit fließt. Befestigt man aber nach K. AbrahamZentralblatt für die Zuckerindustrie 1908. 16. Jahrg. S. 1400. am Raum B (Fig. 14), wohin die Flüssigkeit geleitet wird, eine genügend breite U-förmige Röhre mn, so daß der Arm n am Boden und der Arm m an der Oberfläche der Flüssigkeit in B beginnt, und verbindet man den Arm m durch die Röhre s mit der Röhre p und dem Raum A, so ruft der Flüssigkeitsstrahl, welcher aus A durch die Röhre s in mn eintritt, einen energischen Kreislauf in der Richtung der Pfeile hervor. Dabei wird sich zum heißeren Wasser aus A an der Röhre s eine viel größere Menge von kälterem Wasser aus B beimischen, wodurch die Temperatur der in m aufsteigenden Flüssigkeit sich bedeutend der Temperatur in B nähern, und das Kochen nur im obersten Teil der Röhre m beginnen wird, wobei die zerspritzte und bis zur Temperatur in B abgekühlte Flüssigkeit sich von neuem am Boden von B ansammeln und wieder in den Kreislauf eintreten wird, wenn der Ueberschuß derselben nicht abgeleitet wird. Textabbildung Bd. 324, S. 395 Fig. 14. Textabbildung Bd. 324, S. 395 Fig. 15. Eine derartige Einrichtung gibt bei der entsprechenden Höhe des Hebers mn einen zuverläßlichen hydraulischen Verschluß, welcher unbedingt den Uebergang des Dampfes aus A verhindert, aber die Flüssigkeit von dort frei ableitet, welche im Arm p sich auf solcher Höhe einstellt, daß die Differenz der Säulen in mn und p, addiert mit der Höhe der Säule, welche zur Ueberwindung der Reibung geht, stets der Druckdifferenz zwischen A und B gleich sein wird. Mit Aenderung dieser Differenz zwischen A und B oder mit Aenderung der Menge der in A zufließenden Flüssigkeit ändert sich auch das entsprechende Niveau in p. Ist nach bestehenden Verhältnissen nicht möglich, einen genügend hohen Heber mn anzuordnen, so muß man vor der Röhre s auf der Röhre p ein Reduktionsventil r (Fig. 15) mit entsprechender Belastung anbringen. Dabei muß der Heber mn so lang sein, daß die Summe der Belastung des Ventils plus die Höhe der Säule in mn größer ist, als die maximale Druckdifferenz zwischen A und B. In diesem Falle wird selbstverständlich aus dem Reduktionsventil ein Gemisch von Dampf und Flüssigkeit austreten, aber dieser Dampf wird, nachdem er die Röhre s passiert hat, sich sofort in der kälteren Flüssigkeit aus dem Arm n verdichten und sich von neuem nur im oberen Teil m ausscheiden. Solange die Summe der Drucke der Flüssigkeitssäule in m und der Belastung des Ventils größer ist, als die Druckdifferenz in A und B, und das Minimum dieser Differenz größer ist, als die Belastung des Ventils r, ist ein richtiges Arbeiten dieses Systems, bei dem Hebel, Schwimmer, Ventile und andere leicht zu beschädigende Teile nicht vorhanden sind, während der ganzen Kampagne gegesichert. Fig. 16 zeigt dieselbe Vorrichtung, nur mit dem Unterschied, daß die Röhre mn sich in ein Zwischengefäß e öffnet. Nach Fig. 17 ist die Ableitung aus A nicht am Boden, sondern auf einer gewissen Höhe, auf der man aus irgend einem Grunde das Niveau der Flüssigkeit unterhalten will, angebracht und kann diese Vorrichtung somit auch zur automatischen. Regulierung des Flüssigkeitsniveau dienen. Textabbildung Bd. 324, S. 395 Fig. 16. Textabbildung Bd. 324, S. 395 Fig. 17. (Fortsetzung folgt.)