Titel: Die Spiralseile.
Autor: P. Stephan
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 785
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Die Spiralseile. Von P. Stephan, Dortmund. (Fortsetzung von S. 756 d. Bd.) Die Spiralseile. Ein in derselben Weise untersuchtes verschlossenes Seil nach Fig. 6, dessen Material allerdings dieselbe Zerreißfestigkeit hatteEs war ebenfalls von Felten & Guilleaume, Carlswerk zur Verfügung gestellt worden., war erheblich loser geschlagen und hatte sich wohl auf dem Transport noch etwas mehr gelöst. Es bestand aus einer Lage von 6 Runddrähten von 3,7 mm über einem weichen Runddrahtkern von derselben Stärke, darüber kamen 12 Runddrähte gleichen Durchmessers und hierüber 21 Keildrähte von 3,7 mm Höhe und je 0,0925 qcm Querschnitt, darüber befanden sich die äußeren Zförmigen Drähte von 5,2 mm Höhe und je etwa 0,191 qcm Querschnitt. Der Steigungswinkel der einzelnen Lagen betrug 1 2 3 4 74°30' 73°50' 70°10' 70°0' Die an einer Meßlänge von 2418 mm ausgeführten Zugversuche ergaben die in der Fig. 7 dargestellte Abhängigkeit von Dehnung und Belastung, aus der sich Es = 0,60E berechnet, also genau mit dem von Hrabák angegebenen Wert. Da Hrabáks Versuche sich im wesentlichen auf Förderseile erstreckten, so dürfte sein Zahlenwert wohl an dünndrähtigen Seilen derselben Type ermittelt worden sein. Textabbildung Bd. 324, S. 785 Fig. 6. Aus dem Unterschied der für steigende und fallende Belastung geltenden Dehnungslinien, die aus mehreren übereinstimmenden Versuchsreihen gewonnen sind, ergab sich wie oben: für die Lage 4 der Z- Drähte: Ra = 0, R_i\,\sim\,\frac{176}{1+\frac{1,44}{n}}, 3 Keil- R_a+R_i\,\sim\,\frac{86}{1+\frac{1,45}{n}}, 2 Rund- R_a+R_i\,\sim\,\frac{110}{1+\frac{3,14}{n}}, 1 R_a+R_i\,\sim\,\frac{110}{1+\frac{3,14}{n}}. Die Unterschiede der Werte für die Lagen 4 und 3 erklären sich durch die verhältnismäßig große Breite der Z-Drähte und die besonders schmale Form der Keildrähte. Zur Bestimmung des Faktors m dienen die folgenden Gleichungen: für die Lage 4: m\,\left(0,0160+\frac{274}{Q}\right)=5,06\,\left(1+\frac{12,5}{n}\right) 3: m\,\left(0,078+\frac{133}{Q}\right)=5,03\,\left(1+\frac{15,4}{n}\right) 2: m\,\left(0,090+\frac{155}{Q}\right)=4,68\,\left(1+\frac{14,6}{n}\right) 1: m\,\left(0,090+\frac{155}{Q}\right)=4,47\,\left(1+\frac{7,5}{n}\right) 0: m = 3,04 . 10– 3 . Q, Textabbildung Bd. 324, S. 785 Fig. 7. wenn dabei die Streckgrenze des Kerndrahtes zu rund 3000 kg/qcm angenommen wird. Aus der Gleichung \frac{21}{m_4}+\frac{21}{m_3}+\frac{12}{m_2}+\frac{6}{m_1}+\frac{1}{m_0}=1 erhält man dann für Q = 10 12,5 15 t n 21,1 23,3 24,9, also nur \frac{1}{3} und noch weniger, als bei dem ersten Seil 3 festgesellt wurde. Es rührt das davon her, daß die Drähte bei der Herstellung loser gelassen wurden. Den Verlauf von n in Abhängigkeit von Q stellt Fig. 8 dar. Textabbildung Bd. 324, S. 786 Fig. 8. Damit folgen schließlich die nachstehenden Werte von m: Seilbelastung Q: 10 12,5 15 t Lage 4 (Z-Drähte): 42,9 42,6 42,5 (76,2) (75,7) (75,5) 3 (Keildrähte): 95,6 94,6 94,0 (82,3) (81,5) (80,9) 2 (Runddrähte): 75,0 74,3 73,8 1         „          : 57,4 57,5 57,7 0 (Kerndraht): 30,4 36,5 45,6 Die Verteilung der Belastung ist also eine sehr ungleichmäßige. Rechnet man die Zahlen auf den Querschnitt der Runddrähte um, so daß man die auf den gleichen Drahtquerschnitt entfallende Belastung der einzelnen Lagen bekommt, so ergeben sich die eingeklammerten Zahlen, bei welchen die Unterschiede in den Lagen 2, 3, 4 nicht sehr bedeutend sind; nur die Keildrähte sind etwa 10 v.H. stärker belastet. Ein Seil nach Fig. 9 aus 37 Runddrähten von je 5 mm , dessen Meßlänge 1163 mm betrug, war recht lose geschlagen, da das Drahtmaterial nur eine Zerreißfestigkeit von 7000–7500 kg/qcm besaßEs war von E. Heckel, G.m.b. H in Saarbrücken, zu Verfügung gestellt worden.. Infolgedessen ergaben sich dafür die von den beiden andern erheblich abweichenden Dehnungskurven der Fig. 10, die bei mehrfacher Wiederholung des Versuches für steigende und fallende Belastung dieselben blieben. Man erkennt, daß zuerst, wo die Windungen sich noch nahezu ungehindert zusammenziehen können, eine sehr bedeutende Dehnung stattfindet – der Nullpunkt der Kurve wurde gelegentlich der unten beschriebenen Biegungsversuche ermittelt –, die dann in eine mit der Last langsam steigende übergeht. Berechnet man für die einzelnen Belastungen die Elastizitätsziffer E, des Seiles, so erhält man den in Fig. 11 aufgetragenen Verlauf. Bei der für das vorliegende Seil in der Praxis üblichen Belastung zwischen 7 bis 12 t kann die Es-Kurve sehr gut durch eine Gerade ersetzt werden, für die Es = 590000 + 35,5 Q gilt. Bei der höchsten gemessenen Dehnung bemerkt man ein geringes Sinken der Dehnungslinie in Fig. 10, also ein entsprechendes Steigen der Es- Kurve, das vielleicht auf eine Vergrößerung dei Reibungsziffer μ infolge des starken Druckes zurückzuführen ist, den dann die sich nur in einer kleinen punktähnlichen Fläche berührenden Drähte voneinander erfahren. Textabbildung Bd. 324, S. 786 Fig. 9. Eine weitere Eigentümlichkeit des lose geschlagener Seiles ist die, daß die bei sinkender Belastung aufgenommene Dehnungslinie nicht parallel zu der bei steigender Belastung gewonnenen verläuft, sondern einen bei den praktisch verkommenden Belastungen konstanten Winkel mit ihr bildet. Man entnimmt der Fig. 10 dafür: \frac{\lambda_2-\lambda_1}{l}=\frac{0,033\,\Delta\,Q_t}{1163}, wenn ΔQ1 den in t gemessenen Belastungsunterschied angibt, und ferner \frac{\lambda_1}{l}=\frac{0,711+\frac{1}{10}\,Q_t}{1163} Damit erhält man für die Lage 3: R_a+R_i=\frac{17,25\,Q_t}{1+\frac{3,15}{n}}, 2: \frac{16,55\,Q_t}{1+\frac{3,11}{n}}, 1: \frac{16,38\,Q_t}{1+\frac{3,10}{n}}. Die Unterschiede sind also bei dem aus gleichartigen Drähten hergestellten Seil recht geringe. Textabbildung Bd. 324, S. 786 Fig. 10. Zur Bestimmung des Faktors m dienen die nachstehenden Gleichungen: für die Lage 3: m\,\left(0,169+\frac{1031}{Q}\right) =4,65\,\left(1+\frac{22}{n}\right), 2: =4,78\,\left(1+\frac{14,4}{n}\right), 1: =4,82\left(1+\frac{7,16}{n}\right), 0: m = 1,70 . 10– 3 . Q, wenn auch hier wieder für den Kerndraht σs = 3000 kg/qcm angenommen wird. Aus dem Zusammenhang \frac{18}{m_3}+\frac{12}{m_2}+\frac{6}{m_1}+\frac{1}{m_0}=1 folgt für Q = 7,5 10 12,5 15 t n = 7,31   8,47 10,03 11,76, also sehr kleine Werte, deren Abhängigkeit von Q noch deutlicher durch die Fig. 12 gezeigt wird. Hiermit ergibt sich schließlich für m die nachstehende Zusammenstellung: Seilbelastung Q: 7,5 10 12,5 15 t Lage 3: 60,6 61,5 58,8 56 2: 46,3 47,4 46,1 44,7 1: 31,1 32,6 32,8 32,5 0: (Kern): 12,8 17,0 21,2 25,5 Die Belastung der äußeren Drähte ist nur rund die Hälfte der um den Kerndraht liegenden. Die so ermittelten Werte von m geben nur an, wieviel von der Gesamtbelastung auf einen Draht kommt. Seine wirkliche Beanspruchung dagegen ist damit noch nicht bekannt. Um sie festzustellen, muß auf die bei Berechnung des λ gemachten Angaben zurückgegriffen werden. Der Drahtquerschnitt F wird auf Zug beansprucht durch die Kraft P sin α – μ (Ra + Ri); die auftretende Zugspannung ist \simga_1=\frac{P}{F}\,\left[\mbox{sin}\,\alpha-\frac{\mu\,(R_a+R_i)}{P}\right]. Dazu kommt die Biegungsbeanspruchung durch das Moment \frac{1}{n'}\,\left[P\,\mbox{sin}\,\alpha \cdot r-\frac{1}{2}\,\mu\,(R_a+R_i) \cdot 2\,e\right], wobei, statt genau mit μRa . e1 + μRi . e2 zu rechnen, der Mittelwert beider Kräfte am ganzen Drahtdurchmesser wirkend eingesetzt ist, was der Einfachheit wegen zulässig erscheint, da der Einfluß dieses Gliedes bei den äußeren Drähten, wo größere Unterschiede darin auftreten, nur sehr klein ist. Rechnet man ferner nach den für gerade Stäbe geltenden Regeln, so erhält man als größte Biegungsspannung Textabbildung Bd. 324, S. 787 Fig. 11. \sigma_2=\frac{P\,\mbox{sin}\,\alpha \cdot r-\mu\,(R_a+R_i)\,e}{W\,n\,\frac{r}{e}}, oder, wenn noch geschrieben wird W = ζ3Fe, \sigma_2=\frac{P}{n\,\zeta_3\,F}\,\left[\mbox{sin}\,\alpha-\frac{\mu\,(R_a+R_i)}{P}\,\frac{e}{r}\right]. Die Gleichung trifft für die äußeren Drahtlagen mit guter Annäherung zu, nur für die stärker gekrümmten, innersten Lagen ergibt sie etwas zu kleine Werte von σ2. In ähnlicher Weise erhält man die Schubspannung \tau_3=\frac{P}{\zeta_4\,F}\,\left[\mbox{cos}\,\alpha-\frac{\mu\,(R_a+R_i)}{P}\right], worin ζ4 der Faktor ist, mit dem F multipliziert werden muß, damit man den Höchstwert der ungleichförmig über den Querschnitt verteilten Schubspannung bekommt, der in den Punkten des Querschnittes auftritt, die auf dem Radius der „Spirale“ liegen. Dazu kommt noch die Verdrehungsspannung \tau_4=\frac{P\,\mbox{cos}\,\alpha\,r-\frac{\mu\,(R_a+R_i)}{2} \cdot 2\,e}{n'\,W_d}, wenn Wd das für die Verdrehungsbeanspruchung in Frage kommende Widerstandsmoment des Querschnittes ist, das die größte Beanspruchung in den äußersten auf dem Radius r der „Spirale“ liegenden Fasern liefert. Setzt man wieder Wd = ζ5Fe, so folgt \tau_4=\frac{P}{\zeta_5\,n\,F}\,\left[\mbox{cos}\,\alpha-\frac{\mu\,(R_a+R_i)}{P}\,\frac{e}{r}\right]. Addiert man die gleichartigen Spannungen, so wird mit P=\frac{Q}{m}: \sigma=\sigma_1+\sigma_2=\frac{1}{F}\,\left[\frac{Q\,\mbox{sin}\,\alpha}{m}\,\left(1+\frac{1}{n\,\zeta_3}\right)-\mu\,(R_0+R_i)\,\left(1+\frac{e}{\zeta_3\,n\,r}\right)\right] und ebenso \tau=\tau_3+\tau_4=\frac{1}{F}\,\left[\frac{Q\,\mbox{cos}\,\alpha}{m}\,\left(\frac{1}{\zeta_4}+\frac{1}{n\,\zeta_5}\right)-\mu\,(R_0+R_i)\,\left(\frac{1}{\zeta_4}+\frac{e}{\zeta_5\,n\,r}\right)\right] Beide können zusammengesetzt werden zu der Hauptspannung \sigma_{max}=\frac{1}{2} \cdot \left(\sigma+\sqrt{\sigma^2+4\,\tau^2}\right). Für die verschiedenen, hier untersuchten Drahtquerschnitte gelten die folgenden Werte von ζ, von denen die ein geklammerten nur näherungsweise bestimmt sind: Textabbildung Bd. 324, S. 787 Fig. 12. Querschnitte: ζ3: 0,25 0,4 0,38 0,60 ζ4: 0,75 (0,65) 0,66 0,61 ζ5: 0,50 (0,45) 0,46 (0,3) Berechnet man außerdem den gewöhnlich benutzten Betrag der Spannung \sigma_0=\frac{Q}{\Sigma\,F}, so erhält man für das halbverschlossene Seil, in dessen äußerster Lage noch Runddrähte zwischen den Formdrähten liegen, in Lage 3a (Formdrähte): σmax 0,95 σ° 3b (Rund     „   ): 0,90 σ° 2 (    „       „   ): 1 σ° 1 (    „       „   ): 1,26 σ°, ebenso für das ganzverschlossene mit den Z-förmigen Drähten in der äußersten Lage in Lage 4 (Z-Drähte): σmax 1,07 σ° 3 (Keil-Drähte): 0,96 σ° 2 (Rund-Drähte): 1,06 σ° 1 (         „         ): 1,64 σ°! und für das nur aus Runddrähten gebildete offene Seil in Lage 3: σmax 0,77 σ° 2: 1,27 σ° 1: 1,38 σ° Bei der Berechnung- der vorstehenden Zahlen sind der Einfachheit halber die oben gekennzeichneten Vernachlässigungen gemacht worden, die besonders deshalb statthaft sind, weil die Grundlagen der Rechnung einen weit mehr ins Gewicht fallenden Mangel aufweisen: Es wurde oben festgestellt, daß der Wert n, der den Bruchteil der zur Ausbildung kommenden Verlängerung infolge des Biegungs- und Verdrehungsmomentes angibt, von der Herstellung des Seiles abhängig ist. Nun ist die Bremsung der Drähte beim Ablauf von den Bobinen, von welchen sie bei der Verseilung abgewickelt werden, sicher bei zu verschiedenen Zeiten hergestellten Seilen derselben Type und desselben Drahtmaterials schon etwas voneinander verschieden, aber auch schon bei verschiedenen Lagen desselben Seiles, Ja selbst in derselben Lage findet bisweilen während der Arbeit je nach besonderen Umständen eine Aenderung der Drahtspannung statt. Da in der vorgeführten Rechnung n für alle Drähte desselben Seiles gleich groß angenommen ist, so ist ihre Genauigkeit keine große. Immerhin werden bei ordnungsmäßiger Herstellung keine allzugroßen Abweichungen von den einmal als vorteilhaft erkannten Bremsungen der Drähte stattfinden, so daß die errechneten Zahlen wenigstens ungefähr für alle Seile der betreffenden Gattung Geltung behalten. (Schluß folgt.)