Titel: Der Maihak-Indikator mit dem Böttcher'schen Leistungszähler.
Autor: Böttcher
Fundstelle: Band 328, Jahrgang 1913, S. 6
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Der Maihak-Indikator mit dem Böttcher'schen Leistungszähler. Von Ingenieur Böttcher in Hamburg. Böttcher: Der Maihak-Indikator mit dem Böttcher'schen Leistungszähler. Der in den Abbildungen 1 und 2 dargestellte Böttcher'sche Leistungszähler ist ein Apparat, welcher die Ausrechnung der an der Maschine genommenen Diagramme selbsttätig bewirkt, eine Arbeit, die bislang mit Hilfe des Indikatorrostes unter Anwendung der Simpson'schen Regel oder auch mit Hilfe des Planimeters unter großem Zeitaufwand durchgeführt wird. Das Ergebnis der Rechnung ist bei der Simpson'schen Regel die mittlere Höhe des Diagramms in mm, bei der Planimetrierung der Flächeninhalt des Diagramms in qmm; um im letzteren Falle die mittlere Höhe in mm zu erhalten, muß der Flächeninhalt durch die Basis des Diagramms dividiert werden. Ist die mittlere Höhe des Diagramms in mm auf diese Weise berechnet, so findet man den mittleren Druck in kg pro qcm, indem man die mittlere Höhe, wie vorstehend ermittelt, durch den Federmaßstab dividiert. Aus dem so gefundenen mittleren indizierten Druck eines Diagramms findet man dann die zugehörige indizierte Leistung der betreffenden Maschine mit Hilfe folgender Formeln: 1. Einfach wirkende, einzylindrige Dampfmaschine. N_i=1/2\,\frac{F\,.\,s\,.\,n\,.\,p_i}{30\,.\,75}             (I) in welcher Formel bedeutet: Ni die indizierte Pferdestärke, F die wirksame Kolbenfläche in qcm evtl. abzüglich des Kolbenstangenquerschnittes, s den Kolbenhub der Maschine in Metern, n die Umdrehungszahl i. d. Minute, pi den vorstehend ermittelten indizierten Druck des Diagramms in kg/qcm. 2. Doppeltwirkende, einzylindrige Dampfmaschine. Hier ist fast stets der mittlere indizierte Druck des Diagramms auf der Vorderseite und Hinterseite des Kolbens verschieden, desgleichen auch die wirksame Kolbenfläche. Man rechnet am besten das Ni für beide Kolbenseifen getrennt und zwar: Vorderseite: N_v=1/2\,\frac{F_v\,.\,s\,.\,n\,.\,p_v}{30\,.\,75} Hinterseite: N_h=1/2\,\frac{F_h\,.\,s\,.\,n\,.\,p_h}{30\,.\,75}            (II) (Index v für Vorderseite, h für Hinterseite des Kolbens.) Es folgt dann N = Nv + Nh. Ist bei einer Maschine Fv = Fh (durchgehende Kolbenstange), und ergeben sich für Pi aus dem Diagramm der Hinterseite und Vorderseite verschiedene Werte (ph und pv), so kann man auch setzen: p_i=\frac{p_v+p_h}{2} und N_i=\frac{F\,.\,s\,.\,n\,.\,p_i}{30\,.\,75}                      (IIa) 3. Bei Maschinen mit mehreren doppelwirkenden Zylindern (Verbund- und dreifach-Expansions-Dampfmaschinen) ist für jeden Zylinder nach (II) das Ni getrennt auszurechnen; die Summe der Ni-Werte in den einzelnen Zylindern ergibt dann den gesamten Ni-Wert der Maschine. 4. Bei sogenannten einfachwirkenden Viertaktmaschinen (z.B. gewöhnlicher, einzylindriger Gasmotor, oder gewöhnlicher, einzylindriger Dieselmotor), ist die entsprechende Formel: N_i=1/4\,\frac{F\,.\,s\,.\,n\,.\,p_i}{30\,.\,75}                    (III) 5. Die einfachwirkende Zweitaktmaschine berechnet sich wie die einfachwirkende Kolbenmaschine nach Formel (I). 6. Für den doppeltwirkenden Viertaktzylinder ist ähnlich Formel (II) zu rechnen mit N_v=1/4\frac{F_v\,.\,s\,.\,n\,.\,p_v}{30\,.\,75} Ni = Nv + Nh N_h=1/4\,\frac{F_h\,.\,s\,.\,n\,.\,p_h}{30\,.\,75}             (IV) 7. Der doppeltwirkende Zweitaktzylinder kann direkt nach Formel (II) bzw. (II a) berechnet werden. Textabbildung Bd. 328, S. 7 Abb. 1. Hat eine Maschine konstante Belastung, wie es z.B. bei Maschinen für Lichtbetrieb vorkommt, so fallen- die nacheinander geschriebenen Diagrammevollständig gleichartig aus, sie decken sich. Würde man also einen Indikator andauernd auf das Papier schreiben lassen, so würde er nur eine Diagrammlinie aufzeichnen, wenn auch der Stift während mehrerer 100 Umdrehungen geschrieben hätte. Anders verhält es sich jedoch bei Maschinen, welche nicht eine konstante Belastung aufweisen, was meist der Fall ist. Würde man bei einer derartigen Maschine den Indikatorstift längere Zeit auf das Papier schreiben lassen, so würden ebensoviel verschiedene Diagramm-Linien gezeichnet werden, als die Maschine während des Schreibvorganges Umdrehungen macht. Es ist klar, daß das Diagramm jeder Umdrehung einen anderen Wert für N aufweisen würde. Um nun den genauen Wert der indizierten Leistung bei solchen Maschinen mit veränderlicher Leistung zu bestimmen, müßte man für jede Umdrehung der Maschine das Diagramm schreiben lassen und mit Hilfe der Formeln (I) bis (IV) berechnen. Bei einer Maschine mit 150 Umdrehungen müßte man, falls die genaue Leistung während einer Stunde ermittelt werden sollte, mit dem Indikator 150. 60 = 9000 Diagramme, für jede Zylinderseite, nehmen und auch ausrechnen. Das arithmetrische Mittel der 18000 einzelnen Werte würde die indizierte mittlere Leistung der Maschine ergeben. Hätte die betreffende Maschine drei Zylinder, so wären für die einstündige Betriebszeit 54000 Diagramme zu nehmen und auszurechnen. Nun ist es zunächst ausgeschlossen, mit einem Indikator für jede Umdrehung das Diagramm auf ein neues Blatt zu schreiben; die Indikatoren mit wanderndem Papierstreifen sind nicht für derart große Diagrammzahlen eingerichtet; ferner aber ist es auch aus naheliegenden Gründen ausgeschlossen, die sämtlichen Diagramme der Reihe nach auszurechnen. Aus diesem Grunde ist es üblich, besonders bei Abnahmeversuchen, die Belastung der Maschine möglichst konstant zu halten, und nur alle 10 oder 5 Minuten ein Diagramm zu nehmen. Auf diese Weise erhält man für eine bestimmte Versuchszeit eine Anzahl Diagramme, welche man für die Berechnung der mittleren indizierten Leistung zu Grunde legt. Dieses Verfahren ist nun durchaus nicht einwandsfrei und nur als ein Notbehelf anzusehen, weil die Belastung einer in normalem Betriebbefindlichen Maschine einfach nicht konstant gehalten werden kann, und deshalb ist es stets mehr oder weniger bedenklich, nach diesem, wenn auch allgemein verbreiteten Verfahren die mittlere indizierte Leistung von Maschinen zu bestimmen. Textabbildung Bd. 328, S. 7 Abb. 2. Der Böttcher'sche Leistungszähler verfolgt den Zweck, die Berechnung des Flächeninhalts der Diagramme, welche so außerordentlich mühsam und zeitraubend ist, selbsttätig durchzuführen, so daß die ganze bisherige Rechenarbeit ersetzt wird durch das Ablesen eines gewöhnlichen Zählwerkes. Die Wirkung des Zählers, dessen Theorie zum Schlusse angefügt ist, geht von dem Grundgedanken aus, daß er ohne Hilfe des Beobachters bei geöffnetem Indikatorhahn und eingehängter Indikatorschnur den Flächeninhalt sämtlicher Diagramme berechnet und zusammenzählt, die während des Offenhaltens des Hahns geschrieben werden, so daß durch einfache Division durch die zugehörige Anzahl Umdrehungen der mittlere Flächeninhalt der Diagramme festliegt. Läuft z.B. eine Maschine mit 150 minutlichen Umdrehungen, und ist der Indikatorhahn am Zähler 20 Minuten lang geöffnet, so rechnet der Zähler den Flächeninhalt von 20 mal 150 gleich 3000 Diagrammen genau aus, ohne daß der Beobachter weitere Tätigkeit zu entwickeln hat, als den Zähler vor Oeffnen des Indikatorhahnes und nach Schließen desselben abzulesen. Hat man die Zählerablesung (z) genommen, so ergibt die Formel f=\frac{A\,.\,z}{n}                  (V) den mittleren Flächeninhalt sämtlicher während der Zählperiode genommenen Diagramme in qmm. Es bedeutet in der vorstehenden Formel (V): f den mittleren Inhalt sämtlicher während der Zählperiode genommenen Diagramme in qmm, A die sogenannte Zählerkonstante, die jedem Apparat beigegeben wird, z die Zählerablesung und n die Anzahl Umdrehungen, welche die Maschine während der Zählperiode gemacht hat. Für Viertaktzylinder ist der doppelte Wert für f zu nehmen. Ist dieser Wert von f gefunden, so findet man zunächst die mittlere indizierte Höhe sämtlicher geschriebenen Diagramme in mm, wenn man den mit Hilfe der Formel V gefundenen Wert f durch die Diagrammbasis dividiert. Mit Hilfe des Federmaßstabes ist dann der mittlere indizierte Druck der betreffenden Zylinderseite und nach vorstehenden Formeln I–IV in bekannter Weise die mittlere indizierte Leistung der betreffenden Maschine zu berechnen. Zu bemerken ist, daß jede Zylinderseite einen Zähler haben muß. Die wirtschaftliche Bedeutung des Zählers erscheint nach der vorstehenden Erläuterung erst dann in der richtigen Beleuchtung, wenn man bedenkt, daß Abweichungen der einzelnen Diagrammsätze untereinander die Genauigkeit des Endresultates in keiner Weise beeinflussen, da ja jedes überhaupt in der Maschine so zu sagen entwickelte Diagramm gezählt wird; dabei erleichtert der Zähler in bisher ungeahnter Weise das ganze Ermittlungsverfahren der indizierten Leitung, welches sich auf 2 Ablesungen beschränkt, die das ganze übliche Planimetrierverfahren vollständig ersetzen; Arbeiten, die bisher wochenlange rechnerische Ermittelungen umfaßten, beschränken sich auf wenige Minuten. Dabei ist die Möglichkeit gegeben, wie sonst üblich, während der Zählperiode Diagramme an der Maschine zu nehmen, da der Zähler mit einem Indikator kombiniert ist, und dieser nach Belieben und nach Erfordernis mit und ohne Zähler in Verwendung genommen werden kann. Der Wirkungsweise des Zählers liegt folgende Theorie zu Grunde: Die Säule a (Abb. 1 und 2) trägt bei e einen Winkelhebel, dessen wagerechter Schenkel bei p an die Kolbenstange des Indikators angeschlossen ist, während der senkrechte Schenkel die Verbindung mit dem eigentlichen Zählapparat d bewirkt. Dieser Zählapparat d besteht aus einer in der Ebene von Trommelmittel und Säulenmittel in Spitzen gelagerten Achse, welche das Zählrad e trägt. Auf der gleichen Achse dieses Zählrades e sitzt eine kleine Schnecke, die ein Zählwerk betätigt, welches in Abb. 2 bei aufgeklapptem Zähler sichtbar ist. Eine schwache Feder f erzeugt einen bestimmten Adhäsionsdruck des Zählrades e, mit welchem dasselbe gegen die obere Stirnfläche der Indikatortrommel gedrückt wird. Während des Arbeitens des Zählers, d.h. bei offenem Indikatorhahn und eingehängter Schnur, wird nun einmal das Zählrad e durch die Trommel selbst in Drehung versetzt und gleichzeitig die im Gehäuse d gelagerte Zählradachse durch Vermittlung des Winkelhebels c auf der oberen Stirnfläche der Indikatortrommel radial zu dieser verschoben. Durch diese gleichzeitig eingeleiteten Bewegungen ist das Element des abgerollten Umfangsbogens des Zählrades proportional dem Verdrehungswinkel der Indikatortrommel, d.h. proportional dem Element des Kolbenweges, gleichzeitig aber auch proportional dem indizierten Druck pi im Zylinder, der ja durch den Indikatorkolben in Verbindung mit seiner Feder jeweils gemessen wird. Hieraus ist ersichtlich, daß der in einem bestimmten Zeitabschnitt abgerollte Umfangsbogen des Zählrades proportional ist dem \int\,p_i\,.\,d_s, d.h. der indizierten Arbeit in dem betreffenden Zeitabschnitt. Charakteristisch ist für die Wirkungsweise des Zählers, daß er selbsttätig die während des Kolbenrücklaufes entwickelte negative Arbeit der betreffenden Kolbenseite in Abzug bringt, weil während dieses Rücklaufes die Indikatortrommel das Zählrad rücklaufend dreht. Das Zählrad schreitet also während des Zählvorganges über mehrere Umdrehungen der Maschine im Pilgerschritt vorwärts, d.h. es rollt ein größeres Stück vor, darauf ein kleineres zurück, dann wieder ein größeres Stück vor usw. Aus dem geometrischen Zusammenhang der einzelnen Elemente ergibt sich in einfacher Weise die vorstehend angegebene Formel (V), deren weitere Verwendung bereits angegeben ist. (Schluß folgt.)