Titel: Polytechnische Rundschau.
Fundstelle: Band 328, Jahrgang 1913, S. 105
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Die Treibmittel des Dieselmotors. Für die wirtschaftliche Beurteilung einer Wärmekraftmaschine sind die Brennstoffkosten ausschlaggebend. Die Krafterzeugung durch Oelmotoren, so große Ausdehnung sie auch bereits angenommen hat, wird in ihrer weiteren Entwicklung sehr gehemmt durch die großen Kosten jener Oelsorten, die voraussetzungslos als Treibmittel verwendet werden können. Die hohen Brennstoffkosten führten selbst zu der Behauptung: „Vom Diesel-Motor ist vorerst in kohlenreichen Ländern ein Wettbewerb für große Dampfkraftanlagen nicht zu befürchten.“ Als Treibmittel des Diesel-Motors kommen in Deutschland in Betracht: 1. Die Gasöle der inländischen Petroleumindustrie. 2. Die Solaröle der Braunkohlenindustrie. 3. Die Teeröle. 4. Die ausländischen Petroleumprodukte. Die leichtesten Destillate des Petroleums, der Steinkohle und der Braunkohle mit einem spezifischen Gewicht unter 0,7 und einer Siedetemperatur von weniger als 90 ° C finden für den Diesel-Motor keine Verwendung, sie sind teuer und feuergefährlich. Tabelle 1. Brennstoff Preisfür 100 kgM UntererHeizwertWE/kg Preisfür 1000 WEPf. Benzin 30 11000 2,7 Benzol 25 10000 2,5 Rein Petroleum 25 10000 2,5 Die billigen Schweröle mit einem spezifischen Gewicht über 0,88 und einem Siedepunkt von mehr als 300 ° C sind das geeignete Treibmittel für den Diesel-Motor. Selbst bei einem Oelpreis von 7½ M für 100 kg (einschließlich 3,60 M Zoll) arbeitet der Diesel-Motor für kleinere Leistungen (unter 600 PS) billiger als eine Dampfmaschinenanlage gleicher Größe. Neuerdings ist nun die Zollermäßigung für Treiböle weiter ausgedehnt worden. „Mineralöle mit einem spezifischen Gewicht von mehr als 0,830 bei 15° C, die in inländischen Betriebsanstalten gewonnen sind oder aus dem Auslande eingehen und zum Betriebe von Motoren unter Ueberwachung verwendet werden, unterliegen dem Zollsatz von 1,50 M für 100 kg.“ Damit tritt eine wesentliche Ersparnis an Brennstoffkosten ein. Tabelle 2. Brennstoff Heiz-wertWE Preisfür100 kgM Preisfür1000 WEPf. Wirkungs-graddes Motorsη Wärmepreisfür1 PSe/Std.Pf. Galizisches Gasöl 10000 8 0,8 0,32 1,6 Braunkohlenteeröl 10000 10 1,0 0,31 2,0 Steinkohlenteeröl 8500 4 0,47 0,30 1,0 Steinkohlenteer mit   Zündöl 8000 2 0,25 Tabelle 3. Rohölsorte Marke W Marke Z Spezifisches Gewicht bei 15° 0,8542 0,83414          „                  „      „   20° 0,8502 0,83048 Flammpunkt unter 0° unter 0° Viskosität in Englergraden (bei 15° C) 1,4 1,1 Asphaltgehalt (nach der Alkohol Aether-   Methode bestimmt) 0 Koksgehalt   3,5 v. H. Paraffingehalt 3,6     „ 0 Schwefelgehalt (nach der Verbrennungs-   Methode bestimmt) 0,119 „ Benzinausbeute: Rohbenzin ca.  30 v. H.                          Rektifiziertes Benzin „    22      „ Aussehen dunkelbraunleichtflüssig Der Wärmepreis für 1 PSe/Std. bestimmt sich durch den Ausdruck: \frac{632}{\eta}\,\times\,\frac{\mbox{Wärmepreis für 1000 WE}}{1000} Angefügt sei noch die Analyse zweier galizischer Motortreiböle. Der Heizwert liegt zwischen 10000 und 11000 WE. Die Preise schwanken zurzeit zwischen 8,50 bis 10 Kronen für 100 kg innerhalb Oesterreich. Wimplinger. –––––––––– Bestimmung der Leerlaufsverluste von Dynamomaschinen. Unter Leerlaufsverlusten eines Generators oder Motors versteht man im allgemeinen den Verlust durch Luft-, Lager- und Bürstenreibung, oft auch Eisenverluste, die letzteren nur bei Maschinen, die nach Unterbrechung des Ankerstromkreises, ihre Erregung behalten, also bei Nebenschlußmaschinen, synchronen Generatoren, asynchronen Motoren usw. Bei Reihenschlußmaschinen für Gleich- und Wechselstrom werden die Eisenverluste nicht zu den Leerlaufsverlusten gerechnet, da diese Maschinen bei Leerlauf so gut wie kein Feld haben, und als Motoren, wegen der dabei auftretenden hohen Drehzahl, nicht geprüft werden können. Textabbildung Bd. 328, S. 106 Das meist übliche Verfahren, die Leerlaufsverluste zu bestimmen, ist die Antriebsmethode. Die zu untersuchende Maschine wird unbelastet von einem Motor angetrieben, dessen Wirkungsgrad bekannt ist, oder dessen Leistungsaufnahme, vor Kupplung mit der Versuchsmaschine, bei derselben Drehzahl gemessen wurde. Im ersten Falle ergibt die Leistungsaufnahme des Antriebsmotors, multipliziert mit seinem Wirkungsgrad, die gesuchten Leerlaufsverluste, im zweiten Falle werden sie erhalten durch die Differenz der Leistungsaufnahmen. Ein anderes vollkommeneres Verfahren ist die Auslaufsmethode. Hierbei bestimmt man das Drehmoment der Verlustleistung bei entsprechenden Drehzahlen und erhält aus Drehmoment und Winkelgeschwindigkeit die Leerlaufsverluste. Zu diesem Zweck bringt man die Versuchsmaschine auf eine bestimmte Geschwindigkeit, überläßt sie dann sich selbst, notiert die abnehmenden Drehzahlen in irgendwelchen Zeitintervallen und trägt dann diese Drehzahlen als Funktion der Zeit in rechtwinkligen Koordinaten auf, wie Abbildung zeigt. Die Richtung der Tangenten AB dieser so erhaltenen Kurve ist \frac{d\,n}{d\,t}, wo n die Drehzahl p. m. und die Zeit bedeutet, sie ist dem Drehmoment proportional, denn das Drehmoment Md ist gleich Trägheitsmoment J mal Winkelbeschleunigung \left(\frac{d\,\omega}{d\,t}\right), ω bedeutet dabei die Winkelgeschwindigkeit. Da ω aber gleich \frac{\pi\,n}{30} ist, so ist M_d=\frac{\pi}{30}\,.\,J}\,.\,\frac{d\,n}{d\,t} (gem.). Die entsprechende Verlustleistung V=M_d\,.\,\omega=\left(\frac{\pi}{30}\right)^2\,.\,J\,.\,n\,.\,\frac{d\,n}{d\,t} (gcm/Sek.) oder dieselbe in Watt W=1,076\,.\,10^{-6}\,.\,J\,.\,n\,\frac{d\,n}{d\,t} (Watt). Es kommt also darauf an, \frac{d\,n}{d\,t} resp. n\,\frac{d\,n}{d\,t} zu finden. Mit Hilfe der hergestellten Kurve n = f(t) lassen sich die beiden Werte zeichnerisch bestimmen, \frac{d\,n}{d\,t} als Richtung der Tangente und n\,\frac{d\,n}{d\,t} als Subnormale (CD) der Kurve. A. Ytterberg schlägt in der E. T. Z. Heft 45, 1912, eine andere Methode vor, um n und \frac{d\,n}{d\,t} zu finden, und zwar durch Ablesung am Volt- und Amperemeter. Zu diesem Zwecke kuppelt er mit der zu untersuchenden Maschine eine kleine Gleichstrommaschine von etwa 1/20 KW, die mit konstanter Fremderregung arbeitet. Zwischen die Bürsten dieser kleinen Maschine ist ein Voltmeter geschaltet, und parallel zum Voltmeter ein Kondensator, in dessen Stromkreis ein Amparemeter liegt. Die Ausschläge des Voltmeters sind der Drehzahl n proportional, die des Amperemeters dem Drehmoment \left(\mbox{also auch }\frac{d\,n}{d\,t}\right). Daß die Voltmeterausschläge e = kn sind, ist ohne weiteres klar, da die Erregung der Gleichstrommaschine konstant vorausgesetzt wurde, die Spannung e also nur von der Drehzahl abhängt. Um die Amperemeterausschläge zu verstehen, brauchen wir nur daran zu denken, daß ein Kondensatorstrom i=c\,.\,\frac{d\,e}{d\,t} ist, wo c die Kapazität und e die Klemmenspannung des Kondensators bedeutet. Da nun die Klemmenspannung gleich der Spannung am Voltmeter ist, und diese wie gesehen e = k ∙ n> so folgt, daß i=c\,k\,\frac{d\,n}{d\,t} ist. e\,.\,i=c\,k^2\,.\,n\,\frac{d\,n}{d\,t} entspricht der Verlustleistung. Der erwähnte Aufsatz von A. Ytterberg bringt ein durchgerechnetes Zahlenbeispiel, sowie eine Methode zur Berechnung des Trägheitsmomentes J des Rotors der Versuchsmaschine aus seiner Schwingungszeit bei pendelnder Aufhängung. Interessant ist auch der Hinweis, daß man mit Hilfe derselben Methode andere Vorgänge darstellen kann, wie z.B. den Tangentialdruck der Dampfmaschinen sowie die Möglichkeit, kinematographisch die Vorgänge aufzunehmen. v. Kleist. Liegende mehrzylindrige Dieselmaschinen für Großbetriebe. Die liegende Diesel-Maschine, besonders das Zweitaktsystem, gewinnt für elektrische Zentralen usw. eine nicht zu unterschätzende Bedeutung, namentlich bei größeren Leistungen. Die gedrungene Bauart in mehrzylindriger Ausführung und die infolge der Kurbelversetzungen erzielte große Gleichförmigkeit des Ganges, ferner die etwas geringeren Anschaffungskosten der Zweitakt- gegenüber Viertaktmaschinen sind einige allgemeine Vorzüge dieses Systems. Hierzu kommen die betriebstechnischen Vorteile, welche bei der einfach wirkenden Bauart in der leichten Zugänglichkeit und Revisionsfähigkeit der Zylinder, Kolben und Steuerung besteht. Auch der unmittelbare und einfache Anbau von Spülpumpe und Kompressor, sowie die gute Lagerung der Kurbelwelle, sind für den Betriebsmann zwei nicht unwichtige Punkte. Textabbildung Bd. 328, S. 107 Abb. 1. Textabbildung Bd. 328, S. 107 Abb. 2. Die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg hat verschiedene Großausführungen dieser liegenden Art geliefert, bzw. in Bau, so z.B. zwei mit Gasöl betriebene Maschinen von je 940 PS für die Società Anonima Elettricità Toskana in Pisa in vierzylindriger Anordnung, welche in diesem Jahre in Betrieb genommen sind. Ferner sind u.a. in Bau begriffen zwei Maschinen des gleichen Systems von je 1500 PS für die neue Zentrale „Chalma“ in Mexiko für Rohölbetrieb, sowie mehrere liegende Zweizylindermaschinen für Teeröl bzw. Gasöl, von je 1000 PS für die Elektrizitätswerke in Stargard in Pommern und Alexandrien. Abb. 1 und 2 zeigen einen 1800 bis 2000 PS Zweitakt-Diesel-Motor in Vierzylinderanordnung für Drehstromzentralen bei 150 Umdrehungen und 1000 mm Hub. Aus den Abbildungen geht die gute Zugänglichkeit der betriebstechnisch wichtigen Teile ohne weiteres hervor und gleichzeitig der Grundrißbedarf derartiger Maschinen. Man sieht, wie kurz sie sich in der Zylinderlängsrichtung bauen. Der etwas größere Brennstoffverbrauch der Zweitaktmaschine infolge des Kraftbedarfs der Spülpumpe und der dadurch bedingte geringere thermische Wirkungsgrad (30 v. H. gegenüber 33 v. H. beim Viertakt), sowie ein größerer Kühlwasserverbrauch dürften bei großen Zentralen und nicht zu hohen Brennstoffpreisen kaum zuungunsten des einfachwirkenden Zweitaktes sprechen gegenüber seinen betriebstechnischen Vorzügen. Daß auch für Hüttenwerkszentralen die Groß-Diesel-Maschine als Zusatz- und Reservemaschine unter Umständen Eingang zu finden beginnt, zeigt der Fall der im Jahre 1913 in Betrieb kommenden Troisdorfer-Zentrale des Fassoneisenwalzwerks Mannstaedt & Co. Dort werden Hochofengasdynamos für 440 Volt Gleichstrom zu Walzwerkshauptantrieben parallel mit liegenden, vierzylindrigen Teeröl-Diesel-Maschinen Nürnberger Bauart arbeiten. Diese werden je 2000 PSe leisten. In der Zentrale sind außer diesen beiden Maschinen noch rund 7000 PS in Hochofengasmaschinen installiert. Anstatt, wie auf verschiedenen Hütten, besondere Gaserzeugungsanlagen zur Reserve aufzustellen, welche im Betrieb immerhin Schwierigkeiten zu machen pflegen, hat man also hier stets betriebsbereite und billig arbeitende Teeröl -Diesel- Maschinen gewählt. Für die Röchlingschen Eisen- und Stahlwerke, Völklingen, ist ferner ein zweizylindriger Motor von 250 PS, ebenfalls liegender Bauart, für den Antrieb einer Zentrifugalpumpe in Betrieb genommen werden. Es ist zu erwarten, daß der liegende Mehrzylinder-Diesel-Motor, namentlich für Zweitaktbetrieb und Teerölverwendung, im kommenden Jahr noch mehr als jetzt für Großbetriebe herangezogen wird. Schömburg. –––––––––– Die Abscheidung und Entfernung der Flugasche aus den Heizkanälen von Dampfkesselanlagen. Rauch- und Rußbildung läßt sich bei hochwertigen Brennstoffen durch geeignete Ausbildung des Feuerraumes und richtige Luftzufuhr vermeiden. Werden aber auf einem für Steinkohle berechneten Rost minderwertige Brennstoffe verheizt, so muß man meist künstlichen Zug verwenden. Dabei erhält man wohl eine vollkommene Verbrennung, aber ein beträchtlicher Teil unverbrannten Brennstoffes geht als Flugasche durch die Heizkanäle in den Schornstein. Seitdem besonders Braunkohle und Braunkohlenbriketts immer mehr Verwendung finden, hat die Bekämpfung von Flugasche allgemeine Bedeutung gewonnen. Es entsteht bei der Verfeuerung von Flugaschebildnern die doppelte Aufgabe, nämlich die Freihaltung der Heizzüge und die Verhinderung des Flugaschenauswurfes aus dem Schornstein, um eine Belästigung der Nachbarschaft zu vermeiden. Flugaschenfänger sind in verschiedener Bauart bekannt, die in zufriedenstellender Weise wirken. Aus den Heizkanälen wird die Flugasche meist durch kratzenartige Werkzeuge entfernt. In die Heizung eingebaute mechanische Förderwerke haben sich nicht bewährt. Am einfachsten wird die Flugasche aus den Heizkanälen durch Ausblasen mittels Dampfstrahles entfernt. Bei Neuanlagen von Dampfkesseln soll von vornherein auf die Abscheidung und leichte Abführung der Flugasche Bedacht genommen werden. An den Umkehrstellen in den Heizkanälen müssen Flugaschensäcke angelegt werden. Diese münden mit verschließbaren Lutten in Aschenkanäle, aus denen die Asche leicht entfernt werden kann. Einfacher als bei Flammrohrkesseln gestaltet sich die Abscheidung der Flugasche bei Wasserrohrkesseln, weil diese gedrängt gebaut sind, und die Heizzüge auf- und absteigen. Um bei der Fortschaffung der Flugasche die Staubentwicklung zu dämpfen, kann eine Besprengung der Asche erfolgen. In neuerer Zeit scheint man auch in der mechanischen Förderung der Asche Erfolge zu erzielen. Die Asche wird bei einer solchen ausgeführten Anlage mit Wasser zu einem Schlamm angerührt und dann durch eine baggerartige Vorrichtung gefördert. Die Beseitigung von 1 cbm Asche kostet dabei nur 0,28 M gegen 0,62 M mit Handbetrieb. Durch solche Vorrichtungen erzielt man eine staubfreie Abfuhr und vermeidet gesundheitliche Schädigung der Arbeiter. Auch durch ein endloses Band, das um zwei Trommeln abrollt und seitlich mit Wangen versehen ist, kann die Asche abgeführt werden. Ansatzlutten an den Aschesäcken leiten die Asche auf das Band. Die Asche wird dann zweckmäßig an eine Grube abgegeben, aus dieser mittels Becherwerkes in ein Aschensilo gehoben. [Rauch und Staub 1912, S. 4 bis 10.] Wimplinger. –––––––––– Bemerkenswerte Reparatur an dem Seilscheibenschwungsrad einer Walzenzug-Dampfmaschine. Ein interessantes Beispiel einer schnellen Betriebsreparatur zeigt der nachstehende Fall. Kurz vor der Inbetriebnahme eines westfälischen Drahtwalzwerks zeigte sich an dem schweren, 7 m großen Seilscheiben – Schwungrad der 2000 PS-Dampfmaschine ein langer Riß, innen und außen, welcher sich mitten durch eine Rille hindurch zog. Die Seilscheibe, welche aus zwei nebeneinander aufgekeilten Einzelscheiben mit vierteiligem Kranze bestand, hatte folgende Abmessungen: Durchmesser 7000 mm, Gesamtbreite 2250 mm, Bohrung 700 mm, 30 Seile von 46 mm ⌀ zur Uebertragung von 1500 bis 1600 PS. Entfernung von Mitte zu Mitte Rille 70 mm, Rillenwinkel 60 °, acht schmiedeeiserne Arme, Gesamtgewicht 86000 kg. Die nachstehende Abbildung zeigt das Kranzprofil. Die Entstehung des Risses konnte einwandfrei nicht festgestellt werden; abgesehen von Gußspannungen, welche durch die etwas schwierige Montage dieser einen Scheibenhälfte als ausgelöst zu denken sein würden, konnte auch Unachtsamkeit der Monteure beim Zusammenbau des Rades oder beim Auflegen der Seile die Ursache sein. Da das Schaltwerk der Maschine während der Montage nicht benutzbar war, mußte das Drehen der Scheibe mittels des elektrischen Montage-Laufkranes von 20 t Tragkraft erfolgen. Mit Rücksicht auf die unbedingt erforderliche, schnellste Inbetriebnahme der Neuanlage war die Angelegenheit natürlich äußerst peinlich. Ein Abbohren des langen Risses und seitliches Abstützen dieses Kranzteiles nach der Nabe zu mittels Zugstangen, welche durch Gewinde eingesetzt werden mußten, bot bei der hohen Umfangsgeschwindigkeit von 35 bis 37 m/Sek. und den auftretenden Stößen nicht genügende Sicherheit. Man mußte sich entschließen, das etwa 1800 kg wiegende Kranzstück gegen ein neues auszuwechseln. Nach gemeinsamer Ueberlegung mit der liefernden Maschinenfabrik sollte dann das Ausdrehen der Rillen an Ort und Stelle, also im Rade selbst, erfolgen. Das neue Kranzstück war noch am Tage der Feststellung des Risses abgegossen worden. Das schadhafte Stück wurde ausgebaut, an die Maschinenfabrik gesandt und nach den Maßen desselben die Bearbeitung der seitlichen Flächen vorgenommen. Inzwischen hatte man auf dem Hüttenwerk die Frage des Antriebs für das Abdrehen des neuen Kranzteils im Rad erwogen. In Betracht kam ein Antrieb mittels Elektromotor und Getriebe auf die kleine Scheibe und von da durch die Seilübersetzung von 1 : 5 weiter auf die Maschinenachse. Des Platzes wegen hätte sich diese Antriebsweise nur mittels zweier Schneckengetriebe usw. lösen lassen, hätte also großen Kraftbedarf erfordert, ohne genügende Sicherheit beim Dauerbetrieb in Tag- und Nachtschicht zu bieten. Man entschloß sich daher, eine hin- und hergehende Bewegung des neu abzudrehenden Kranzteils zugrunde zu legen und dieselbe mittels des Laufkranes durchzuführen. Textabbildung Bd. 328, S. 109 Das neue Kranzstück mit den etwas vorgegossenen Rillen wurde in die Radscheibe fertig eingebaut und gleichzeitig ein kräftiger Drehbanksupport auf Flurhöhe gut einbetoniert. Die Hubhöhe des Kranes reichte gut aus, um die erforderliche Viertelbewegung des Rades ohne Umstecken der um Speichen und Kranz gelegten Schlinge zu erzielen. Die Anordnung war nun eine solche, daß beim Spannehmen der Hubmotor des Kranes durch Hochziehen der Schlinge die Vierteldrehung bewirkte, wobei gleichzeitig der Kran eine entsprechende Längsfahrtbewegung ausführte. Der Rückgang erfolgte dann durch Gegengewichte in den Speichen bei entsprechenden Kranbewegungen im entgegengesetzten Sinne. In dieser Weise wurde mit zwei Stählen auf Doppelschicht gearbeitet; zuletzt in gleicher Weise mit Fasson- und Schlichtstählen. Außer einem Dreher war nur der Kranführer und ein Junge während dieser Arbeit erforderlich. Der Kran hat sich sowohl im mechanischen wie auch im elektrischen Teil bei diesem Dauerbetrieb tadellos gehalten; beide Motoren, die natürlich etwas warm wurden, sind gekapselte Drehstrom-Typen der A. E. G. von 10 bzw. 16 PS intermittierender Leistung. Die Hubgeschwindigkeit beträgt 2 m in der Minute. In der letzten Schicht versagte der Hubmotor beinahe, doch gelang es durch vorsichtiges Fahren doch noch, die Arbeit des seitlichen Abdrehens zu beenden. Der Strombedarf innerhalb der gesamten etwa achttägigen Arbeitsperiode hat rund 6500 KW/Std. betragen, einschließlich aller Verluste bis zum Schaltbrett der Kraftstation. Der gesamte Zeitverlust infolge dieses Zwischenfalls belief sich, vom Ausbau des defekten Kranzteils bis zum Leerlauf der Seilscheibe mit fertig bearbeitetem, neuem Stück, auf nur rund 14 Tage. Schömburg. –––––––––– Eigenartige Konstruktion einer Radial-Dampfturbine. In Nr. 8 der Zeitschrift „Kraftmaschinenbau“ wird über eine eigenartige Konstruktion einer Radial-Dampfturbine berichtet. Es handelt sich um ein Erzeugnis der schwedischen Firma Aktiebolaget Ljungströms Angturbin in Liljeholm“. Textabbildung Bd. 328, S. 109 Es sind 30 bis 40 konzentrische Ringe vorhanden, welche die ziemlich schmal ausgeführten Schaufeln tragen. Bezeichnet man, vom kleinsten Ring ausgehend, dieselben der Reihe nach mit 1, 2, 3, 4, 5, 6, usw., so sind die Ringe 1, 3, 5, 7, 9... an einem Tragring oder Laufring 1 befestigt, ebenso die Ringe 2, 4, 6, 8.... an einem Tragring II, siehe Abb. 1 und 2. Die Anordnung erfolgt entweder in der Weise, daß die beiden Tragringe I und II beweglich sind, oder daß der eine fest und der andere beweglich ist. Sind beide beweglich, so sind sie angeschraubt an die inneren Enden zweier Wellen, auf denen die Anker zweier Dynamomaschinen sitzen. Die Tragringe sind daher fliegend aufgesetzt. Besondere Lager für den Turbinenteil sind daher nicht erforderlich. Die beiden Tragringe drehen sich entgegengesetzt. Die Schaufeln, die zu ein und demselben Tragring gehören, haben dieselbe Krümmung, die Schaufeln des anderen Tragringes dagegen entgegengesetzte Krümmung, so daß die eine Art als Leitschaufeln für die andere dient, siehe Abb. 2. Die Schaufeln, welche zu den Ringen von kleinerem Durchmesser gehören, sind am kürzesten. Die Länge der Schaufeln nimmt entsprechend der Ausdehnung des Dampfes um so mehr zu, je weiter die betreffende Schaufel vom Mittelpunkt der Welle entfernt liegt. Die Zuführung des Dampfes erfolgt durch zwei seitlich liegende Rohre. Die Schaufeln, welche zu einem Kranze gehören, sind mit zwei Führungsringen, die die Schaufeln zwischen sich tragen, verschweißt, siehe Abb. 1. Jeder Schaufelring ist nun, wie aus Abb. 1 ersichtlich ist, mit seinem Tragring durch einen Dehnungsring verbunden. Der Dehnungsring ist in Abb. 3 noch einmal besonders gezeichnet. Er wird am Tragring durch den Haltering befestigt. Der Haltering wird im Tragring festgehalten durch eine schmale Leiste, die verstemmt wird. Der Dehnungsring hat an den beiden Seiten eine durch einen Halbkreis begrenzte Form. Die Nuten am Haltering und Schaufelring zur Aufnahme des Dehnungsringes werden, nachdem der Dehnungsring eingelegt ist, verstemmt, so daß derselbe aus den Nuten sich nicht entfernen kann. Durch diese Einrichtung ist in weitgehendem Maße dafür gesorgt, daß jeder einzelne Schaufelring sich infolge des Einflusses des Wärme und der Zentrifugalkraft frei ausdehnen kann. Um das Entweichen des Dampfes beim Ueberströmen von einem Schaufelkranz zum andern möglichst zu verhindern, ist, wie aus Abb. 1 hervorgeht, an jedem Schaufelring links und rechts von der Schaufel noch je ein Nickelblechring eingesetzt. Er wird durch einen Draht von rundem Querschnitt festgehalten in einer Nut, in welche der Draht eingestemmt wird. Jeder Ring legt sich mit seinem äußeren Rande gegen den benachbarten Schaufelring von größerem Durchmesser. Ist der Ring etwa in seinem äußeren Durchmesser zu groß, so wird er sich beim Betriebe von selbst auf das richtige Maß abschleifen. Mit diesen gegenläufigen Schaufelringen ist eine 1000 KW Maschine ausgeführt, welche 3000 Umdrehungen i. d Min. macht. Es sind 38 Schaufelräder vorhanden. Der äußere Durchmesser des größten Laufrades beträgt 705 mm. Dazu gehört eine Umfangsgeschwindigkeit von etwa 110 m/Sek. Als Dichtung der beweglichen Teile gegenüber den festliegenden ist nur Labyrinth-Dichtung verwendet. Die Stopfbuchsen sind mit Lamellen ausgeführt, so daß der Dampf gezwungen wird, sehr oft seine Richtung zu ändern und dadurch seine Spannung zu verlieren. Die gesamte Schaufelung wird vom Diffuser umgeben. Dieser hat den Zweck, die Dampfaustrittsgeschwindigkeit noch in Druck umzusetzen. Die Schmierung erfolgt durch gekühltes Drucköl in reichlicher Menge. Die erzeugte Reibungswärme wird dadurch in genügender Weise abgeführt. Eine besondere Kühlung der Lagerschalen ist daher nicht nötig. Turbinen mit nur einem beweglichen Laufrade und feststehendem Leitapparate ergeben einen einfacheren Aufbau. Die Kosten sind geringer. Aber der Gütegrad ist ebenfalls geringer als bei der gegenläufigen Anordnung. Der stündliche Dampfverbrauch einer 1000 KW Maschine bei 3000 Umdrehungen in der Minute und gegenläufiger Anordnung der Schaufelräder beträgt 3,64 kg für 1 PS an der Welle. R. Simon, Posen. –––––––––– Ueber die Berechnung der Windkräfte an Platten und anderen Körpern liegen bisher noch wenig Versuchsergebnisse vor. Mit Rücksicht auf die Bedeutung dieser Frage insbesondere für die Luftschiffahrt, außerdem aber auch für viele andere Gebiete des Ingenieurbauwesens sind von Föppl im Anschluß an die bisherigen Versuchsergebnisse neue eingehende Versuche ausgeführt und in Heft 48 der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure von 1912 veröffentlicht. Die Windkräfte sind innerhalb weiter Grenzen dem Raumgewicht, dem Quadrat der Geschwindigkeit und der Fläche des Versuchskörpers proportional. Infolgedessen lassen sich aus den Versuchsergebnissen eines Körpers die Werte für geometrisch ähnliche Körper ableiten, wenn man durch Einführung einer Widerstandszahl (Koeffizienten) die zufälligen Größen der Körperabmessungen und der Flüssigkeitsgeschwindigkeit ausschaltet. Für die Berechnung der Windkräfte an Platten ist diese \zeta=\frac{W}{F\,.\,\frac{\gamma\,v^2}{g}} worin W die Windkraft, F die Plattenfläche, v die Geschwindigkeit und γ das spezifische Gewicht der Luft bezeichnet. Entsprechend den aus der Windkraft abzuleitenden zwei Komponenten in der Windrichtung und senkrecht dazu unterscheidet man zwischen einer Widerstands- und Auftriebszahl ζw und ζa. Diese sind \zeta_w=\frac{\mbox{Widerstand}}{F\,.\,\frac{\gamma\,.\,v^2}{g}} und \zeta_a=\frac{\mbox{Auftrieb}}{F\,.\,\frac{\gamma\,.\,v^2}{g}}. Textabbildung Bd. 328, S. 110 Abb. 1.Seitliche Ansicht einer 20 cm tiefen Platte. Versuche über die Windstärke an Platten sind bereits früher von Duchemin, Lilienthal, Dines, Langley, v. Lössl und Eiffel ausgeführt. Für die senkrecht vom Wind getroffene quadratische Platte fand Duchemin ζ = 0,627 gegenüber etwa 0,6 nach den neueren Versuchen, doch hat er die Abhängigkeit der Windkraft vom Seitenverhältnis noch nicht erkannt. Die Brüder Lilienthal, welche ihre ersten Versuche mit einer Rundlaufeinrichtung anstellten, erhielten zu hohe Werte für ζ, nämlich 1,03 gegenüber dem neueren Werte 0,6. Sie wiesen jedoch als erste auf die Abhängigkeit der Windkraft vom Seitenverhältnis hin. Die besten Versuche wurden von Eiffel ausgeführt, der auf Grund von Fallversuchen als Widerstandszahl für quadratische Platten von 25 bis 100 cm Seitenlänge 0,56 bis 0,63 angab. Die auf Grund theoretischer Behandlung der Strömungsvorgänge abzuleitenden Werte für die Widerstandszahlen können nur eine angenäherte Uebereinstimmung mit den Versuchswerten ergeben. Bei den Vernachlässigungen, insbesondere der Vernachlässigung der Reibung, zu denen die Theorie gezwungen ist, ist das unvermeidlich. Mit Hilfe der Strömungstheorie lassen sich aber das Zustandekommen des Strombildes und die Strömungsvorgänge im einzelnen erklären, und damit wird das Verständnis für Fragen aus der Hydro- und Aerodynamik im ganzen gehoben. Die Versuchswerte müssen als der Prüfstein angesehen werden, an dem die Richtigkeit der theoretischen Zahlenwerte geprüft wird. Textabbildung Bd. 328, S. 111 Abb. 2.Auftrieb abhängig vom Neigungswinkel (f = Wölbungspfeil). Bei den Versuchen von Föppl in der Göttinger Modellversuchsanstalt wurde in einem Kanal von 2 × 2 qm Querschnitt, in den die zu untersuchende Platte eingehängt wurde, ein gleichmäßiger Luftstrom von einer Geschwindigkeit bis zu 10 m/Sek. erzeugt. Die Platte wurde an sechs Drähten aufgehängt, die ihrerseits an die Hebelarme von zwei drehbaren Wellen angehängt waren, und durch diese der auf die Platte wirkende Auftrieb auf zwei Meßwagen übertragen. Der Auftrieb wurde an den beiden Wagen in je einer Komponente abgelesen, die zu einer Resultierenden vereinigt wurden. Die Bewegung der Platte in der Windrichtung senkrecht zu obengenannten Drähten wurde von einem weiteren, an der Platte befestigten Draht auf eine dritte Wage übertragen. Aus den Ablesungen der drei Wagen wurde die resultierende Luftkraft zusammengesetzt. Die Windgeschwindigkeit, deren genaue Feststellung für die Verwertung der Versuche sehr wichtig ist, wurde durch ein sorgfältig geeichtes Pitot-Rohr gemessen, das an ein ebenfalls geeichtes Mikromanometer angeschlossen war. Die Platten waren fast ausschließlich aus rd. 2,5 mm starkem Zinkblech von Hand getrieben und gut nachgerichtet. Sie hatten sämtlich kreisbogenförmige Wölbung, bei denen das Wölbungsverhältnis γ (Pfeilhöhe: Sehne) und das Seitenverhältnis λ geändert wurde. Vorstehende Abb. 1 zeigt ein Plattenprofil. Die Messungen wurden für jede Platte bei verschiedenen Neigungswinkeln durchgeführt. In Abb. 2 ist die Auftriebszahl ζa abhängig vom Neigungswinkel α für Platten 20 × 80 cm groß dargestellt, wobei \zeta_a=\frac{\mbox{Auftrieb}}{1/2\,\mbox{Geschwindigkeitshöhe · Plattenfläche}}=\frac{a}{\frac{\gamma\,.\,v^2}{g}\,.\,F} ist. In Abb. 3 ist in gleicher Weise die Widerstandszahl ζw abhängig von a aufgetragen. Außer den hier wiedergegebenen Versuchswerten sind im Bericht von Föppl kurvenmäßige Darstellungen enthalten über die Entfernung s der Resultierenden des Winddruckes von der vorderen Kante der Platte abhängig vom Neigungswinkel, über den Auftriebskoeffizienten von Platten von gleicher Wölbung und verschiedenem Seitenverhältnis, desgleichen von ebenen Platten von verschiedenem Seitenverhältnis sowie über den Widerstandskoeffizienten für die senkrecht vom Wind getroffene rechteckige Platte abhängig vom Seitenverhältnis. Textabbildung Bd. 328, S. 111 Abb. 3.Widerstand, abhängig vom Neigungswinkel. Für die gewöhnlich vorkommenden Seitenverhältnisse [a : b = λ) Von λ = 1 : 1,5 bis etwa 1 : 15 und das Gebiet von α = – 3° bis α = + 8° oder 9° hat Föppl auf Grund der Versuchsergebnisse nachfolgende Formeln aufgestellt: Für ebene Platten \zeta_a=\frac{a}{16+54\,.\,\lambda} \zeta_w=0,004+0,3\,\frac{d}{a}+\mbox{sin}\,a\,.\,\zeta_a, worin d die Stärke der Platte und a deren Tiefe in der Stromrichtung bedeutet; α in Graden gemessen. Für gewölbte Platten kommt das Verhältnis Wölbungspfeil: Sehne = γ hinzu. Die Formeln gelten für das gleiche Gebiet von α und λ wie oben angegeben und für γ zwischen 0,015 und 0,1. Es ist dann \zeta_a=(\alpha+3^{\circ})\,\left(0,32\,\gamma+\frac{1}{18+95\,\lambda}\right) \zeta_w=0,3\,\frac{d}{a}+0,4\,\gamma+\frac{0,01}{100\,\gamma+1}-0,006+0,0005\,\alpha^2. Für die senkrecht vom Wind getroffene Platte kann man setzen \zeta_{90^{\circ}}=0,72-\frac{3}{7+5,5\,\left(\lambda+\frac{l}{\lambda}\right)}. Als sehr bemerkenswertes Ergebnis wurde noch unter Bestätigung der bereits von Ahlborn gemachten Beobachtungen festgestellt, daß zwischen 38° und 40° eine sprunghafte Aenderung des Strömungsverlaufes stattfindet, wenn man die Platte über einen gewissen Betrag neigt. Diese Vorgänge sind von Föppl in photographischen Aufnahmen von dem Luftstrom zugeführten Salmiaknebeln festgehalten. Um die Windkräfte an den Platten einwandfrei angeben zu können, wurden die Widerstände von Drähten, wie sie zur Aufhängung der Platten verwendet wurden, festgestellt. Sie wurden, ebenfalls mit Hilfe einer Wage, an 15 Drähten von 0,05 bis 30 mm ⌀ bei vier verschiedenen Geschwindigkeiten gemessen. Das Ergebnis läßt sich für den praktischen Gebrauch in folgenden einfachen Formeln wiedergeben: ζ = 0,45 für v ∙ d > 0,015 qm/Sek. ζ = 0,66 – 14 (v ∙ d) qm/Sek. für vd < 0,015 (aber > 0,001) qm/Sek., worin v die Luftgeschwindigkeit in m/Sek., d den Drahtdurchmesser in m darstellt. Dipl.-Ing. C. Ritter.