Titel: Polytechnische Rundschau.
Fundstelle: Band 328, Jahrgang 1913, S. 298
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Weltrekordflug des Leutnant Canter auf Rumpler-Taube mit 85 PS-Sechszylinder-Stahl-Mercedes-Motor. Leutnant Canter und sein Passagier Leutnant Böhmer, die nach Jüterbog abkommandiert waren, um die Verwendungsmöglichkeit der Flugzeuge für artilleristische Zwecke zu erproben, hatten schon lange die Absicht, einen großen Rundflug durch Deutschland anzutreten. Zu diesem Zweck wurde die mit einem 85 PS-Sechszylinder-Stahl-Mercedes-Motor versehene Rumpler-Taube mit besonders großem Benzinreservoir, das ein vielstündiges Verweilen in der Luft gestatten sollte, ausgerüstet. Endlich am 31. März gestatteten die Witterungsverhältnisse die Ausführung dieses Vorhabens. Der Start fand in Jüterbog um 6 Uhr 51 Minuten vormittags statt. An Bord befanden sich 190 l Benzin und 25 kg Oel, da ein Stundenverbrauch von 30 l angenommen wurde. Die Absicht Leutnant Canters war, den Flug zunächst in nordöstlicher Richtung aufzunehmen und die definitive Entscheidung, ob nach Königsberg oder nach Holstein geflogen werden sollte, erst in Küstrin zu treffen, bis die Witterungsverhältnisse einigermaßen geklärt waren. Der Weg ging nun zunächst nach Johannisthai, das 7 Uhr 37 Minuten erreicht wurde. Hierauf wurde Berlin überflogen, und 8 Uhr 38 Minuten Küstrin erreicht. Hier entschied sich Canter, wegen der außerordentlich starken Gegenwinde, einen nördlichen Kurs einzuschlagen. Es wurde zunächst der Weg nach Stettin genommen, wo man um 9 Uhr 35 Minuten anlangte. Hier wurde eine Meldung abgeworfen, deren Eintreffen vom Oberpostrat Schwieger bestätigt wurde. Von Stettin wurde dann nordwestliche Richtung eingeschlagen, und zunächst Neubrandenburg um 10 Uhr 39 Minuten, Lübeck um 12 Uhr 30 Minuten erreicht. Da die Rumpler-Taube fast sechs Stunden in der Luft war, und wegen sehr tiefliegender Wolken und der Nähe des Meeres, sowie des zur Neige gehenden Benzinvorrates, mußte an die Landung gedacht werden. Diese wurde um 1 Uhr 04 Minuten in Malente-Gremsmühlen auf dem Gute Rodensande glatt vollzogen. Vor der Landung vollführte Leutnant Canter noch über dem Lübecker See lange Kreise, um den Zeitweltrekord, den er bereits gesichert hatte, möglichst auszudehnen. Die genaue Gesamtzeit, welche Canter durchflog, ist 6 Stunden und 13 Minuten, die durchschnittliche Höhe betrug 750 bis 800 m, die größte erreichte Höhe 950 m. Ohne Rücksicht auf die Kreisflüge beim Starten und beim Landen betrug die zurückgelegte Strecke genau 599 km, so daß sich eine mittlere Geschwindigkeit von 97,4 km ergab. Es muß insbesondere auch in Betracht gezogen werden, daß derartige Ueberlandflüge an das Können des Piloten ungleich höhere Anforderungen stellen, als die sogen. Flugplatzrekorde, da bedeutende meteorologische Kenntnisse für die Orientierung nötig sind und die Haupterschwerung der zu lösenden Aufgabe darstellen. Der verwendete Motor ist ein 85 PS-Sechszylinder-Stahl-Mercedes-Motor, der im Kaiserpreis-Wettbewerb den zweiten Preis erstehen konnte. Dieser Ueberlandflug Canters mit Passagier bedeutet für die deutsche Aviatik einen besonderen Erfolg und zeigt wieder, daß sie den Vergleich mit der anderer Länder nicht zu scheuen braucht. Der junge schneidige Offizier hat durch diese Leistung, diesen doppelten Weltrekord, die sogen. großen Kanonen des Auslandes nicht etwa mit einer Spezialmaschine, sondern mit einer normalen Militärmaschine glatt überboten. Die bisherige größte Leistung war: Leutnant Baarigton Kennet auf einem englischen Eindecker, Typ Neuport, 401,5 km in 4 Stunden 51 Minuten. Es ist somit durch die zurückgelegte Strecke zugleich ein Ueberland-Distanzweltrekord erreicht. Leutnant Canter hatte die Absicht, seinen Flug gleich fortzusetzen, konnte dies aber nicht ausführen, da er durch besonders schlechtes Wetter zurückgehalten wurde. Da kein Zelt zur Verfügung stand, mußte die Rumpler-Taube mehrere Tage und Nächte unbedeckt im Freien, Sturm und Regen ausgesetzt, zubringen. Um nicht von den Winden fortgerissen zu werden, wurde die Maschine durch Stricke und Pflöcke in der Erde fest verankert. Am 2. April klärte sich das Wetter auf, und Leutnant Canter unternahm zuerst einige Probeflüge, um festzustellen, ob die Maschine durch den Aufenthalt im freien Felde nicht gelitten hatte. Am 3. April 1913 um 8 Uhr 5 Minuten startete Canter von Malente, überflog Plön und flog nach Kiel. Dort kreuzte Canter längere Zeit über dem Kieler Hafen, in dem auch der russische Kreuzer „Russija“ lag. Um 9 Uhr 15 Minuten erfolgte die Landung auf dem Spiel- und Sportplatz, dort wurde das Flugzeug in der Zeppelin- Halle untergebracht. Leutnant Canter und Boehmer wurden von dem Chef der Marinestation, Exzellenz von Cörper, gastfreundlich aufgenommen, ebenso von dem Vorstande des Nordmarkenvereins, Direktor Claassen. In Kiel begann das Wetter wieder sehr stürmisch zu werden, und der Abflug konnte daher erst am 6. April bewirkt werden. Der Flug ging nun nach Hamburg, das um 3 Uhr 19 Min. erreicht wurde. Die Landung geschah auf der Barenfelder Rennbahn, zum Zweck der Benzinaufnahme. Da dort kein genügendes Benzin aufzutreiben war, flog Canter nach dem Fuhlsbütteler Flugplatz. Unterdessen war es zu spät geworden, um den Flug nach Berlin fortzusetzen, und so begnügte sich Canter noch mit einigen Probeflügen, bei denen er es bis zu einer Höhe von 2700 m brachte. Da am 7. April das Wetter zu schlecht war, konnte der Flug erst am 8. April fortgesetzt werden. Der Start fand unter sehr ungünstigen und schwierigen Windverhältnissen um 7 Uhr 5 Minuten statt. Es wurde nun Lauenburg um 7 Uhr 45 Minuten, Dömitz um 8 Uhr 20 Minuten, Wittenberge um 8 Uhr 44 Minuten, Nauen um 9 Uhr 40 Minuten überflogen, worauf die Landung auf dem Döberitzer Flugplatz um 9 Uhr 45 Minuten glatt erfolgte. Diese 255 km wurden in 2 Stunden 40 Minuten zurückgelegt, was einer mittleren Geschwindigkeit von 95 km entspricht. Das Wetter, das am Anfang der Fahrt sehr günstig war, war bei dem letzten Teil des Fluges sehr schlecht. Abgesehen von den starken Böen kam die Rumpler – Taube in schwere Regenschauer. Die größte Höhe betrug 1000 m, der Durchschnitt 800 m. Die letzte Strecke wurde wegen der sehr tiefgehenden Wolken in Höhe von 400 m durchflogen. Während des ganzen Rundfluges, der 11 Stunden 34 Minuten und etwa 1200 km betrug, wurde weder an dem Motor noch an dem Flugzeug irgend eine Reparatur vorgenommen. Desgleichen ist festzustellen, daß alle Arbeiten zum Betrieb des Flugzeuges, wie Benzin-, Oel-Auffüllen usw. durch Leutnant Canter und seinen Passagier nur mit Hilfe der an Bord befindlichen Hilfsmittel ausgeführt wurden. Um die Länge des Gesamtfluges besser beurteilen zu können, sei hier noch ausgeführt, daß diese Strecke doppelt so lang ist wie die des in diesem Jahre auszuführenden Prinz-Heinrich-Fluges, und daß Leutnant Canter für diese Strecke trotz meist sehr ungünstiger Witterungsverhältnisse nur 4 Flugtage benötigte. Wenn diese Leistung von einem Zivilpiloten ausgeführt worden wäre, betrügen die von der National-Flugspende ausgeschriebenen Preise für den Weltrekord in der Stunde 1000 M, gleich 6000 M, und eine monatliche Rente von 3000 M bis zum Höchstbetrage von 15000 M bzw. bis zu dem Tage, an dem der Rekord von einem anderen Flieger geschlagen wird. –––––––––– Der wassergekühlte Hohlrost. Die Erkenntnis, daß im Kesselhause die größte Energieumsetzung bei Uebertragung des chemisch gebundenen Arbeitsvermögens des Brennstoffes an den Wasserdampf stattfindet, hat in neuerer Zeit zu zahlreichen Verbesserungen auf dem Gebiet der Dampferzeugung geführt. Neue Kesselkonstruktionen sind entstanden, selbsttätige Beschickung und mechanische Transportanlagen finden sich vielfach, geeignete Meßinstrumente ermöglichen eine Kontrolle der Verbrennungsvorgänge; nur der Rost, auf welchem doch gerade die Verbrennung selbst stattfindet, hat meist die alte Form behalten. Als einziger Fortschritt wäre die Einführung des Wanderrostes bei größeren Kesselanlagen zu bezeichnen. Die Tatsache, daß der Rost nach wie vor aus gußeisernen Vollstäben gebildet wird, legt den Gedanken nahe, daß diese Konstruktion eine recht vollkommene sei. Dies trifft indessen keinesfalls zu. Der alte nicht gekühlte Rost leidet stark durch die hohen Temperaturen. Die Stäbe werden an der- Oberfläche porös, Schlacke backt an ihnen fest, und es bildet sich allmählich eine aus Verbrennungsrückständen bestehende Brücke zwischen den Stäben, welche die Luftschlitze verschließt. Um diesen Uebelstand zu vermeiden, ist in kürzeren Zwischenräumen ein sorgfältiges Abschlacken mit schwerem Schürzeug notwendig, so daß während geraumer Zeit die Feuertüren offen stehen und kalte Luft einströmen lassen. Gerade bei hochwertigem Brennstoff tritt das schädliche Anbacken der Schlacke ein, da zu seiner Verbrennung ein geringerer Zug genügt als bei der Verwendung von minderwertigen Brennstoffen, und somit die Luftkühlung ganz unbedeutend ist. Sofern man nun gezwungen ist, hervorragenden Brennstoff auf dem alten Vollrost zu verwenden, sucht man durch Unterwind und feuchte Luft eine stärkere Kühlung zu erzielen. Dieses Hilfsmittel hat den Nachteil, daß die Verbrennungsgase viel Flugasche mit sich führen, da durch das Gebläse, welches den Unterwind erzeugt, der Abbrand zum Teil in die Brennstoffschicht getrieben wird. Verwendet man ferner ein Dampfstrahlgebläse, so tritt ein Wärmeverlust infolge der Verdampfung des ständig in das Feuer geblasenen Wasserstaubes ein. In weitaus vorteilhafterer Weise wird das Offenbleiben der Luftschlitze durch die Verwendung des wassergekühlten Hohlrostes. erreicht. Das Verdienst, diesen eingeführt zu haben, gebührt den Ingenieuren Joh. H. Mehrtens und Robert Grabowsky, von denen der letztere die Roste, System Mehrtens, für die Deutschen Prometheus Hohlrost-Werke in Hannover herstellt. Wie die Abbildung zeigt, ist bei den jetzigen Ausführungen eine zweiteilige Wasserkammer a vorhanden, in die von unten durch die Oeffnung b das Kühlwasser eintritt. Durch die Oeffnung c gelangt das Wasser in den unteren Hohlraum d des Roststabes, steigt dann in den oberen Hohlraum e und kommt in die obere Hälfte f der Wasserkammer. Textabbildung Bd. 328, S. 300 Längsschnitt durch den Rost Von dort geht es durch die Oeffnung g in eine Rohrleitung, die es zu einem Reiniger führt. Nach dem Durchgang durch diesen kann das Kühlwasser als vorgewärmtes Speisewasser verwendet werden. Die Verbindung der Roststäbe mit der Wasserkammer erfolgt durch Einschweißen. Das verwendete Material ist Siemens-Martinstahl. Alle Einzelteile sind auf Spezialmaschinen unter Verwendung von Lehren hergestellt, so daß ein Auswechseln schadhaft gewordener Stellen ermöglicht ist. Bei Steinkohlenfeuerung wäre für 1 qm Rostfläche stündlich etwa 1 cbm Wasser notwendig, das um 20 bis 30 ° C erwärmt werden würde. Da nun ein solcher Rost auch für 1 qm etwa 1 cbm Wasser stündlich verdampft, so würde das gesamte Speisewasser um 20 bis 30 ° vorgewärmt werden. Es kann also bei der Verwendung des Hohlrostes jeder Wärme- oder Wasserverlust vermieden werden. Die Vermutung, daß sich Kesselstein in den Hohlräumen der Stäbe oder in den Wasserkammern bilden könnte, ist unzutreffend, da die Temperaturen des Kühlwassers zu niedrig, die Geschwindigkeiten zu groß sind. Wenn einerseits eine Verkürzung der für das Abschlacken erforderlichen Zeit einen Fortschritt bedeutet, so wird andererseits die Verwendung eines leichteren Schürzeuges ermöglicht, da die Schlacke lose auf dem Rost liegt und nicht festbackt. Bei handlicherem Schürzeug aber kann man den Rost bedeutend vergrößern, bis zur Länge von 2,5 m. Auch ist eine Beschädigung der Oberfläche beim Abschlacken weniger zu befürchten. Ein Probeversuch bei der Firma Hermann Berstorff zeigte, daß der gußeiserne Vollrost bei 7,12 stündiger Versuchszeit fünfmal je 10 bis 15 Min. lang abgeschlackt werden mußte, während beim Hohlrost in 6,13 Std. nur ein einmaliges fünf Minuten währendes Abschlacken erforderlich war. Außerdem mußten dreimal große Schlackenstücke mit der Krücke entfernt werden, was jedesmal kaum eine Minute in Anspruch nahm. Ein weiterer Vorteil des gekühlten Rostes ist die volle Ausnutzung der nach unten strahlenden Wärme des Feuers. Im engen Zusammenhang mit der Erzielung einer schlackenreinen Oberfläche und der nur selten eintretenden Notwendigkeit, die Feuertüren zu öffnen, steht eine beinahe rauchfreie Verbrennung. Auch kommt der Schornsteinzug zur vollen Wirkung, da ein Verstopfen der Spalten nicht eintreten kann. Ferner wird eine bei weitem größere Luftmenge durch den Hohlrost gesogen, da an den Roststäben eine erhebliche Vorwärmung der Luft nicht stattfindet. Es ist aber bei Vergrößerung der Luftmenge möglich, eine viel lebhaftere Verbrennung zu erzielen. Die Auswahl des Brennstoffes unterliegt bei der Verwendung des Hohlrostes keinen Beschränkungen. Geringwertige Kohle läßt sich eben so gut wie Anthrazit verfeuern. Nur wenn eine völlig rauchlose Verbrennung beabsichtigt ist, empfiehlt sich die Verwendung von Koks, bei dem sich keine Kohlenwasserstoffe bilden können, durch deren Zerlegung Ruß entsteht. Die ausgedehntere Verwendung von Koks aber würde einen großen wirtschaftlichen Vorteil bedeuten, da die Kokereibetriebe, die bisher von allen Nebenprodukten gerade den Rückstand des Verbrennungsprozesses am schlechtesten unterbringen konnten, einen bedeutenden Aufschwung erfahren würden. Einige besonders dem Schiffsmaschinenbau zugute kommenden Vorzüge bringt überdies die Wasserkühlung mit sich. So wäre bei plötzlichem Stoppen ein Durchbrennen des Rostes infolge mangelnder Luftkühlung nicht zu befürchten, da sie durch intensivere Wasserverwendung leicht zu ersetzen ist. [Zeitschrift für Dampfkessel und Maschinenbetrieb 1913, Nr. 1.] Schmolke. –––––––––– Rechtswissenschaftlicher und staatsbürgerlicher Unterricht an Technischen Hochschulen. Unter dieser Ueberschrift veröffentlicht Prof. W. Franz, Charlottenburg, in der Monatsschrift des Vereines deutscher Ingenieure „Technik und Wirtschaft“ eine Abhandlung, in der er für die von ihm verfochtene Umgestaltung des Lehrplans an den Technischen Hochschulen folgende zwei Leitsätze aufstellt: 1. Der rechtswissenschaftliche und staatsbürgerliche Unterricht an Technischen Hochschulen muß in den übrigen Unterricht organisch eingefügt werden; 2. die Lehrer der Rechtswissenschaft müssen Ordinarien werden oder hauptamtlich tätige Lehrpersonen sein. In den Hauptzügen führt Prof. Franz in seiner Abhandlung folgendes aus: Die Aufgabe der Technischen Hochschulen ist nach den Verfassungsstatuten der preußischen Hochschulen, „für den technischen Beruf im Staats- und Gemeindedienst wie im industriellen Leben die höhere Ausbildung zu gewähren, sowie die Wissenschaften und die Künste zu pflegen, welche zu dem technischen Unterrichtsgebiete gehören“. Der Unterricht hat also den aus der Berufstätigkeit ersichtlichen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Es bedarf daher auch der Pflege der Rechts- und Staatswissenschaften an den Technischen Hochschulen. Diplomingenieure benötigen als Regierungsbaumeister oder im Kommunaldienst oft ein reiches Maß an Einsicht in unsere Rechtsordnungen und eine nicht geringe Gesetzeskenntnis. Eingehender rechtswissenschaftlicher Kenntnisse auch auf Einzelgebieten bedürfen Patentanwälte. Die Industrie verlangt von ihren Technikern weitgehende Kenntnis unseres Rechts (Recht der Schuldverhältnisse, Immobiliarrecht, Grundbuchrecht, Abfassung von Werk- und Lieferungsverträgen). Es gibt zurzeit kaum einen anderen Berufsstand, bei dem die Durchdringung mit juristischer Intelligenz so zwingend ist, so sich aus dem täglichen Berufsarbeiten ergibt, wie bei dem der Technik. Ein im wissenschaftlichen Geiste betriebener Rechtsunterricht kann zurzeit auf keiner deutschen Technischen Hochschule mehr entbehrt werden. Auch eine wissenschaftliche staatsbürgerliche Bildung ist erforderlich auf der Grundlage einer gefestigten Kenntnis von der geschichtlichen Entwicklung des Staates, in dessen Verbände der einzelne lebt und an dessen Bestehen er ein ausschlaggebendes Interesse hat. Diese Kenntnis muß sich auf die Zweckbestimmung der staatlichen Einrichtungen erstrecken, insbesondere auch auf die Formen, unter denen die Beziehungen der Staatsbürger unter sich und zum Staatsganzen geregelt sind und fortbestehen können. Mit dem wirtschaftswissenschaftlichen Unterricht, der offenbar auf weitere Vertiefung eingestellt ist, ist es besser bestellt, als mit dem rechtswissenschaftlichen. Letzterer leidet vor allem auch an der unsicheren Stellung der Lehrpersonen. Sie sind nebenamtlich oder als Privatdozenten ohne Aussicht auf ein Ordinariat tätig und sind nicht Mitglied einer der Abteilungen, aus denen sich die Hochschule zusammensetzt. Hierdurch ist dem Rechtslehrer der Einfluß auf die Gestaltung des Unterrichts nur unter ganz besonderen Umständen möglich. Die Errichtung von Ordinariaten für Rechtswissenschaft findet bei den Unterrichtsverwaltungen einen starken Widerspruch. Es bedarf des Nachweises des Bedürfnisses. Hierbei entsteht die Frage, in welcher Form, Umfang und Art der Unterricht durchgeführt werden soll. Es sind zwei Meinungen geäußert worden: einmal, zur Diplomhauptprüfung muß jeder Kandidat ein gewisses Maß rechts- und wirtschaftswissenschaftlicher Kenntnisse nachweisen. Die andere Ansicht wünscht eine Differenzierung in den Anforderungen, um eine größere Anpassung an Fähigkeiten und Lebensziele der einzelnen Studierenden sicherzustellen. Das letztere Programm verdient den Vorzug. Ihm trägt die Prüfungsordnung der Abteilung III (Maschineningenieurwesen) der Charlottenburger Hochschule Rechnung. Das höchste Ziel des rechtswissenschaftlichen und staatsbürgerlichen Unterrichts an Technischen Hochschulen ist die Durchdringung des ganzen Unterrichts mit der Idee, daß die Arbeit des Technikers in allen Berufszweigen letzten Endes auf die Festigung und Mehrung der Macht des Staates gerichtet sein muß. Dies sind, zum Teil in wörtlicher Wiedergabe, die Ausführungen von Prof. Franz. Die Abhandlung enthält die dankenswertesten Anregungen. Der hohen Idee, die Arbeit des Technikers letzten Endes in den Dienst des Vaterlandes zu stellen, wird gewiß jeder begeistert zustimmen. Auch das, was über die staatsbürgerliche Bildung gesagt ist, kann nicht ernst genug genommen werden. Denn, wenn wir ehrlich sind, werden wir gestehen müssen, es ist damit leider heute noch in den meisten akademischen Ständen recht schlecht bestellt. Es sollte etwas Selbstverständliches sein, daß ein Deutscher sein Staatswesen in seiner historischen Entwicklung kennt, denn nur die Kenntnis der Gliederung dieses Gefüges gibt ihm die Fähigkeit, an seinem weiteren Ausbau mitzuwirken; eine Mitwirkung, zu der ja in der Gegenwart ein jeder Staatsbürger sich berufen fühlt. Wie leicht bleibt eine Maschine stehen, an der wir in Unkenntnis die falsche Schraube lockern. Ein wenig anders liegen die Dinge unserer Ansicht nach auf rein juristischem Gebiete. Gewiß ist es erstrebenswert, den Techniker, den Kaufmann, kurz jeden, der mit dem Wirtschaftsleben in Fühlung steht, zu scharfem juristischem Denken zu erziehen. Gerade bei dem Techniker, der gewöhnlich auch ein guter Mathematiker sein wird, kann eine Veranlagung zu leichtem Erfassen der Rechtsbegriffe vorausgesetzt werden. Im Grunde liegen logisches Denken und ein gesunder Menschenverstand eng beieinander. Wie viel schneller und leichter würden sich die Prozesse abwickeln, wenn Parteien, wenn Zeugen klarer den Rechtsgehalt der tatsächlichen Vorgänge durchschauen würden. Dies darf aber, glauben wir, nur den Zweck verfolgen, den Berufsjuristen die Erkenntnis der Rechtslage zu erleichtern. Wie leicht kann durch eine unklare Schilderung eines Vorganges der Jurist zu einer falschen Auffassung verleitet werden. Der Vorwurf, den wir fast täglich hören können, die Juristen haben aus meinem Prozeß etwas ganz anderes gemacht als ich beabsichtigt habe, würde mehr und mehr verstummen. Sich selbst an die Stelle des Rechtsanwalts zu setzen, dürfte der Techniker schwerlich in der Lage sein. Nicht allein die Vertretung vor Gericht, nein auch die Rechtstätigkeit im wirtschaftlichen Leben, wie Abschlüsse von Werk- und Lieferungsverträgen, erfordern eine eingehende Kenntnis der Gesetze und der sie auslegenden Entscheidungen der höheren Gerichte, die ein Studium voraussetzen, zu dem dem Techniker nicht die Zeit übrig bleiben wird. Man darf nicht vergessen, – und auch Prof. Franz erwähnt dies, – daß die Rechtswissenschaft ein Lebensstudium für sich ist, und daß immer nur wenige Zeit und Geisteskraft zu dem Studium zweier Wissenschaften haben werden. Aber ohne ernsthafte juristische Durchbildung wird eine selbständige Tätigkeit des Technikers im Rechtsleben jnicht den gewünschten Erfolg – die Erleichterung des Rechtsverkehrs – zeitigen. Abschlüsse von Werk- und Lieferungsverträgen größerer Unternehmen erfordern bei ihren mannigfaltigen Klauseln im allgemeinen eine besonders eingehende Kenntnis der für ein bestimmtes Wirtschaftsgebiet einschlägigen Gesetzesbestimmungen, ohne der Beherrschung der allgemeinen Rechtsnormen zu überheben. Die notwendige Folgerung aus dieser Tatsache wird bereits vom Berufsjuristen gezogen. Aus der Erkenntnis heraus, daß es für die Arbeitskraft des einzelnen im allgemeinen nicht möglich ist, alle Rechtsgebiete gleich eingehend zu beherrschen, widmen sich viele Rechtsanwälte vor allem der Bearbeitung einzelner Rechtsgebiete, denen ihr Interesse sie zuführt, wodurch sich, wie im medizinischen, so auch im juristischen Beruf eine Spezialisierung der Arbeitskraft des Berufsjuristen einführen wird. Hat nun der Vertragsgegner beim Abschluß eines Vertrages vielleicht einen auf dem in Frage stehenden Rechtsgebiete besonders eingearbeiteten Anwalt zu Rate gezogen, so wird der Techniker mit seinen eigenen Rechtskenntnissen schwerlich immer seine Interessen genügend zu wahren vermögen und sich doch bald wieder an den Berufsjuristen wenden. Auf Grund dieser sich unserer Ueberzeugung nach ergebenden tatsächlichen Verhältnisse erscheint uns ein umfangreiches im wissenschaftlichen Geiste betriebenes Rechtsstudium auf den technischen Hochschulen nicht angebracht. Dringend zu wünschen ist eine Vorlesung, die den Techniker mit den juristischen Grundbegriffen vertraut macht und ihn zu juristischem Denken erzieht. Eine derartige Vorlesung wäre allerdings in streng wissenschaftlichem Geiste zu halten. Besonderen Erfolg würden wir uns hier versprechen, wenn der Dozent Fälle des praktischen Lebens geben und diese an der Hand des Gesetzes durchsprechen würde. Der Techniker kann hierdurch so weit gefördert werden, daß er in der Lage ist, Gesetzestexte mit juristischem Verständnis zu lesen und vor allem einen Vorgang des Wirtschaftlebens in seinem Rechtsgehalte zu erkennen. Um den Techniker mit dem Inhalt der einzelnen Gesetze vertraut zu machen, würden des weiteren Uebersichtsvorlesungen über die einzelnen Rechtsgebiete zu halten sein. Hier kann sich der Student, sofern ihn sein späterer Beruf oder seine Neigungen einem bestimmten Wirtschaftsgebiete zuführen, auch besonders eingehend mit den diesem Wirtschaftsgebiet eigenen Rechtsnormen befassen. Doch wird dem Techniker zu einer erfolgreichen wissenschaftlichen Durcharbeitung selbst einzelner Rechtsgebiete bei den großen Anforderungen, die sein eigentliches Berufsstudium an ihn stellen, Zeit und Kraft fehlen. Da sich hiernach für die wissenschaftliche Tätigkeit eines Ordinarius des Rechts auf der Technischen Hochschule kein ausreichendes Feld finden würde, sehen wir auch den Widerspruch der Unterrichtsverwaltungen gegen die Einrichtung von Rechtsordinariaten an technischen Hochschulen durchaus nicht als so ungerechtfertigt an. Die Uebersichtsvorlesungen, die vor allem praktischer Natur sein müssen, werden am geeignetsten von Praktikern in nebenamtlicher Dozententätigkeit gehalten werden. Hierbei sei eines Vorwurfs, dem der Berufsjurist oft begegnet, kurz Erwähnung getan. Es heißt, er sei nicht genügend mit den tatsächlichen Verhältnissen des Wirtschaftslebens vertraut, und der Techniker und Kaufmann glaubt, um Recht und Wirtschaft in Einklang zu bringen, gezwungen zu sein, sich selbst umfangreiche Rechtskenntnisse aneignen zu müssen. Unseren Bedenken in dieser Hinsicht haben wir Ausdruck gegeben. Eine wirksamere Abhilfe sehen wir darin, daß der Jurist in die wirtschaftlichen Verhältnisse mehr, als er es bisher getan hat, einzudringen sucht. Bei ihm wird es sich dabei nicht um ein neues Studium, sondern nur um eine Vertiefung seines Berufsstudiums handeln. Daher wird die Industrie ihrer eigenen Sache am besten dienen durch eine Unterstützung der darauf abzielenden Bestrebungen, die auch der Staat dadurch zu fördern sucht, daß er jungen Gerichtsassessoren die Gelegenheit zu einer einjährigen Beschäftigung in Privatbetrieben bietet. Zweck und Ziele dieser Bestrebungen hat Regierungsrat Dr. Rathenau in seiner Abhandlung „Die Beschäftigung von Gerichtsassessoren in Privatbetrieben“ besprochen. (D. p. J. Heft 1, Jahrg. 1913.) W. Dietze. –––––––––– Elektrische Kupfererzschmelzung. Um die wirtschaftliche Brauchbarkeit des elektrothermischen Verfahrens für die Verhüttung von Kupfererzen aus dem belgischen Kongo zu beurteilen, hat Stephan (Ugine), wie er Ende letzten Jahres auf der Berliner Generalversammlung Deutscher Metallhütten- und Bergleute, E. V., berichtete, Versuche ausgeführt mit einem Elektrodenofen, System Girod, den er, um sowohl die Lichtbogen- als auch die Widerstandsbeheizung allein auszuproben, jede mit Gleichstrom oder mit Wechselstrom verschiedenster Spannung, mehrmals umbaute und teils mit Kohlenstäben, teils mit weichen Stahl- und wassergekühlten Kupferstäben als Elektroden betrieb. Die behandelten Erze enthielten etwa 30 v. H. SiO2, 10 v. H. Al2O3, 10 bis 20 v. H. CuO, 3 bis 5 v. H. CoO bei einem Feuchtigkeitsgehalt von 7 bis 32 v. H. Als Zuschlag bewährte sich Kalkstein, als Reduktionsmittel Holzkohle, Koks und Anthrazit. Zum Schmelzen der Erze erwies sich höhere Temperatur nötig, als eigentlich zu erwarten; erst bei 1500 ° wurde die Schlacke so dünnflüssig, daß sich Kupfer und Schlacke klar schieden. Ohne Zuschlag ergab sich ein durch beträchtlich viel Co, Fe und Si verunreinigtes Schwarzkupfer; denn ohne Zuschlag war für guten Fluß wesentlich höhere Temperatur (1900°), als nur die Schmelztemperatur des Kupfers nötig. Der Stromverbrauch war 1000 bis 2000 KW/Std. für 1 t Erz. Der Elektrodenabbrand betrug im Mittel 8 kg/1 t; der Verbrauch an Reduktionskohle 25 v. H. des Cu-Gehaltes der Beschickung. Für den Ofen eignete sich am besten eine Stampfmasse aus feuerfester Kieselerde mit etwa 80 v. H. SiO2 und 15 v. H. Al2O3. Was übrigens das Isolationsvermögen feuerfester Materialien bei sehr hoher Temperatur anbelangt, so haben Stausfield, Leod und Mahon Kieselsäureziegel „Star“, Magnesia- und Chromziegel von der Harbison-Walker Refractories Co. in Pittsburgh (Pa.) geprüft und im Mittel bei 1550° C ungefähr 25 Ohm für einen Zentimeterwürfel Ziegel festgestellt; bei 1300° C ließen die Kieselsäure- und Magnesiaziegel, die reinen Oxyden sehr nahe sind, noch keinen merklichen Strom hindurch; die Chromziegel hingegen und auch kaledonische Chamotteziegel fangen bereits bei erheblich niedrigeren Temperaturen zu leiten an. Alles in allem folgerte Stephan aus seinen Versuchen, daß angesichts der Wirtschaftlichkeit der heutigen metallurgischen Einrichtungen, der elektrische Ofen für die Verhüttung von Kupfererzen nur da am Platze ist, wo der Transport der dasigen Erze anderswohin nicht rentiert, jedoch reichlich Wasserkraft als Ersatz für feste Brennstoffe vorhanden ist. Schn. –––––––––– Verein deutscher Maschineningenieure. In der Sitzung am 18. Februar hielt Ingenieur Kautny aus Nürnberg einen Vortrag über „Anwendung der autogenen Schweißung in Eisenbahn-Reparaturwerkstätten“. Nach einer Besprechung des Verfahrens im allgemeinen ging der Vortragende auf das Wesen der technisch wichtigsten autogenen Schweißmethode mittels Azetylen-Sauerstoff ein und zeigte unter Vorführung von Lichtbildern die eigenartigen Vorgänge in der autogenen Schweißflamme sowie den Einfluß ihrer verschiedenen Verbrennungszonen auf die Struktur von Flußeisenblechen. Hierauf ging er dazu über, an Hand von Lichtbildern über ausgeführte Schweißungsarbeiten und von Einrichtungen hierfür die Ausführung des Verfahrens und seine Anwendung für Reparaturarbeiten in Eisenbahnwerkstätten zu zeigen, wozu ihm eine große Anzahl von praktischen Beispielen aus deutschen sowohl wie auch aus amerikanischen Reparaturwerkstätten zur Verfügung stand. Nach Besprechung einer Reihe von ausgeführten schwierigen Reparaturarbeiten an Dampfzylindern wies er auf die Möglichkeit hin, durch ein Verstählen von großen Abnutzungen unterworfenen Stellen am Eisenbahnbetriebsmaterial solche Körper nach ihrer Schweißung in einen dieser Beanspruchung besonders angepaßten Zustand überzuführen, und er ging weiter auf die neueren Verfahren des Verpuddelns von Flußeisenblechschweißungen und auf die autogene Schweißung von Kupfer ein.