Titel: Das Kugellager und seine Bedeutung für die Kraftübertragung.
Fundstelle: Band 328, Jahrgang 1913, S. 407
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Das Kugellager und seine Bedeutung für die Kraftübertragung. (Schluß von S. 392 d. Bd.) Das Kugellager und seine Bedeutung für die Kraftübertragung Insbesondere auch verlangte das Automobil eine Lagerung von äußerst geringem Reibungsverlust und größter Betriebssicherheit. Lagerung und Antrieb einer Automobil-Hinterradachse gibt Abb. 8 wieder. Man sieht, wie hier auf dem engsten Raum eine Anzahl Kugellager vereinigt sind. In Doppelring- oder Traglagern ruht die Antriebswelle vom Motor aus. Für die Lagerung der Räder sind ebenfalls doppelte Traglager vorgesehen, die sich von den obengenannten Traglagern dadurch unterscheiden, daß sie außerdem einstellbar ausgebildet sind. Die äußeren Ringe der Lager sind außen kugelig abgeschliffen und in einem in gleicher Weise kugelig ausgedrehten Ueberring gelagert. Wegen der Erschütterungen, welchen die Räder besonders bei holprigem Pflaster ausgesetzt sind, ist die Einstellbarkeit der Lager von wesentlicher Wichtigkeit. Auf der Antriebseite laufen die Räderachsen in einfachen Traglagern. Zur Aufnahme der Schübe in achsialer Richtung sind sowohl für die Antriebwelle als auch für die Räderachsen Stützlager vorgesehen. Da bei den Getriebekästen der Automobile Achsialschubkräfte nicht zu berücksichtigen sind, so werden hier für die Lagerung der Achsen durchweg Traglager vorgesehen, für höher beanspruchte Lagerstellen Doppellager, für geringer beanspruchte einfache Traglager. Abb. 9 läßt die Anordnung der Kugellager in einem Getriebekasten der Phänomen Automobil-Werke klar erkennen. Textabbildung Bd. 328, S. 407 Abb. 8. Ueberhaupt geht man neuerdings bei der Lagerung von Zahnrädergetrieben in größerem Maße zur Benutzung der Kugellagerung über. Abb. 10 zeigt ein Zahnrädervorgelege zur Uebertragung von 1 PS bei 1200 Umdrehungen i. d. Min. Während bei der langsam laufenden Welle mit der Kurbel mit achsialem Schub nicht zu rechnen war und diese daher lediglich in zwei Traglagern ruht, ist die schnellaufende Welle zur Aufnahme des Achsialdruckes mit einem einfach wirkenden Stützlager versehen. Textabbildung Bd. 328, S. 407 Abb. 9. Die Vorteile des Kugellagers in bezug auf den Kraftverbrauch hat sich in neuerer Zeit auch der Schiffbau bei der Lagerung der Propellerwellen zunutze gemacht. Kugellager als Schiffsdrucklager sind schon seit langen Jahren in Benutzung und haben nach jeder Richtung hin die Erwartungen erfüllt, die sich an ihre Einführung knüpften. Abb. 11 zeigt ein Schiffslager, das als reines Drucklager ausgebildet ist und nur die in beiden Richtungen wirkenden Wellendrucke aufnimmt. Abb. 12 gibt die Anordnung eines derartigen Lagers in einem Schleppdampfer wieder. Textabbildung Bd. 328, S. 407 Abb. 10. Bei neueren Ausführungen von Schiffsdrucklagern werden sowohl die Achsial- als auch die Radialschübe von Kugellagern aufgenommen. Die hierfür erforderlichen Trag- und Stützlager werden in einem gemeinsamen Gehäuse vereinigt, das somit sowohl zur Führung der Welle als auch zur Aufnahme der Achsialdrucke dient. Textabbildung Bd. 328, S. 408 Abb. 11. Um die Betriebssicherheit solcher Lager, die jeweils aus zwei größeren Traglagern und zwei Stützlagern bestehen, einwandfrei nachzuweisen, wurden in den Laboratorien und Prüfräumen der Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken ausgedehnte Versuche vorgenommen. Ein größeres Schiffsdrucklager wurde einem sechstägigen Probelauf unterworfen, bei dem die Achsialbelastung durchschnittlich 8000 kg betrug, während der Radialschub mit 6000 kg festgestellt wurde. Die Welle machte 470 Umdrehungen i. d. Min. Während der ganzen Versuchszeit war kein Geräusch wahrzunehmen. Gegen das Ende des Versuchs wurde der Kraftverbrauch gemessen, der sich zu 3 KW im kalten Zustande des Lagers und zu 2 KW ergab, nachdem eine leichte Erwärmung des Lagers eingetreten war. Unter Annahme eines Wirkungsgrades η = 0,9 für den Elektromotor und η = 0,95 für den Riementrieb beträgt der Kraftverbrauch im kalten Zustande 3,5 PS, im warmen Zustande 2,3 PS. Die nach Beendigung des Versuches auseinandergenommenen Lager zeigten nicht die geringste Beschädigung oder Abnutzung. Den Einbau eines kombinierten Schiffsdrucklagers zeigt Abb. 13. Textabbildung Bd. 328, S. 408 Abb. 12. Textabbildung Bd. 328, S. 408 Abb. 13. Die Bedeutung des Kugellagers für das Seewesen zeigt auch seine Verwendung in Schiffskreiseln, bei denen es ja bei der außerordentlich hohen Umdrehungsgeschwindigkeit einerseits, bei peinlichst genauer Lagerung andererseits auf geringen Reibungswiderstand ankommt. Der in Abb. 14 und 15 dargestellte Schiffskreisel, mit Kugellagern der Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken ausgerüstet, wurde auf dem Peildampfer Scharhörn eingebaut. Das Gewicht der Kreiselscheibe wird von einem Stützlager aufgenommen, während die beiden Zapfen gleichfalls von Kugellagern getragen werden. Auch die beiden senkrechten Tragzapfen des Kreiselgehäuses, um welche das letztere seine Pendelungen ausführt, laufen in Kugellagern. Textabbildung Bd. 328, S. 409 Abb. 14. Der Kreisel hat ein Gesamtgewicht von 8000 kg. Bei 2000 Umdrehungen in der Minute ergab sich im Betriebe der außerordentlich geringe Kraftbedarf von 4,5 PS. Die Schmierung der Kugellager erfolgt in der Weise selbsttätig, daß das unterhalb der Lager sich ansammelnde Oel durch einen Schöpfapparat aufgefangen und den Lagerstellen, nachdem es durch ein Reinigungssieb gegangen ist, wieder zugeführt wird. Es wird auf diese Weise bei nachhaltigster Schmierung ein geringer Oelverbrauch gewährleistet. Textabbildung Bd. 328, S. 409 Abb. 15. Es würde natürlich zu weit führen, in dieser Abhandlung auch nur annähernd eine erschöpfende Darstellung der vielen Verwendungsmöglichkeiten des Kugellagers bei der Kraftübertragung zu geben. Es sollte an dieser Stelle lediglich an einzelnen angewendeten Beispielen gezeigt werden, welche Vorteile die Kugellagerung gegenüber der Gleitlagerung bietet – Verminderung der Reibungsverluste, geringer Schmiermittelverbrauch, geringer Raumbedarf, – und wie in bestimmten Fällen die Kugellager in die der Kraftübertragung dienende Vorrichtung eingebaut werden können.