Titel: Anlaßvorrichtungen für Verbrennungskraftmaschinen.
Autor: F. Georgius
Fundstelle: Band 330, Jahrgang 1915, S. 26
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Anlaßvorrichtungen für Verbrennungskraftmaschinen. Von Dr. F. Georgius in Lichterfelde. GEORGIUS: Anlaßvorrichtungen für Verbrennungskraftmaschinen Die Eigenschaft der Verbrennungskraftmaschinen, daß sie nicht durch das eigene Kraftmittel in Gang gebracht werden können, hat eine Reihe von Anlaßvorrichtungen gezeitigt, die der Art und der Größe der Maschine angepaßt sind. Das Ankurbeln von Hand erfolgt nur bei kleineren Motoren. Bei größeren Explosionsmaschinen bedient man sich eines besonderen kleinen Anlaßmotors, Druckgas- (Luft- oder Kohlensäure-) Motors oder Elektromotors. Bei Benutzung dieser letzteren Art von Hilfsmotoren bei Verbrennungsmaschinen mit Zündvorrichtung ist es u.a. üblich, den zum Laden der Zündbatterie dienenden Generator während des Anlassens der Maschine als Motor laufen zu lassen. Der Elektromotor kann dabei unmittelbar auf die Kurbelwelle der Verbrennungsmaschine wirken. Bei Dieselmaschinen ist das übliche Anlaßmittel Druckluft, die unmittelbar auf den Kolben des Arbeitszylinders wirkt. Die Druckluft wird beim Anlassen mit Hilfe maschinengesteuerter Ventile auf die verschiedenen Zylinder verteilt. Wenn die Maschine genügend in Bewegung ist, wird die Druckluft abgeschaltet und der Brennstoffbetrieb eingeleitet. Wenn man eine besonders kräftige Anlaßwirkung erzeugen will, so läßt man dieDruckluft noch eine Zeitlang neben dem Brennstoff arbeiten, wie es z.B. bei Schiffsmaschinen der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg der Fall ist. In folgendem sollen einige neue Vorrichtungen beschrieben werden, die Fortschritte auf dem Gebiete der Anlaßmittel darstellen, u.a. vereinfachte Anlaßsteuerungs- und Sicherungseinrichtungen bei Druckluftanlassern der Gasmotorenfabrik Deutz und der Daimler-Motoren-Gesellschaft sowie bei Maschinen mit einem Hilfsmotor der Auto Gas Engine Starter Comp. in Detroit (V. St. A.) Wenn es sich darum handelt, die Druckluft zum Anlassen sowie die beim Auslaufen der Maschine durch die Pumpenwirkung des Arbeitskolbens geförderte, in den Druckluftbehälter abströmende Luft durch ein und dasselbe Ventil zu leiten, so muß das Anlaßventil einmal aus der Betriebsteuerung ausgeschaltet und zum Anlassen eingeschaltet werden können, und ferner muß es in geöffneter Stellung festgehalten werden können. In einfacher Weise werden diese Bedingungen durch eine neue Vorrichtung der Gasmotorenfabrik Deutz erfüllt. Sie benutzt ein einziges Exzenter, das auf der Achse des Ventilhebels drehbar ist (Abb. 1 und 2). Das Anlaßventil d steht unter der Einwirkung eines Winkelhebels c, der um das Exzenter e drehbar ist und von der Nockenscheibe f gesteuert wird. Das Exzenter sitzt lose auf der festen Achse g und trägt die mit dem Handgriff i versehene Scheibe h. Bei normalem Gang des Motors ist der Hebel c durch das Exzenter in die höchste Stellung gebracht, so daß der Hebel außerhalb des Bereiches der Nockenscheibe f ist. Das Ventil d bleibt daher durch seine Feder geschlossen. Beim Anlassen wird das Exzenter durch den Handgriff in die Mittelstellung, und dadurch der Hebel c in den Bereich des Nockens gebracht. Gleichzeitig wird Druckluft durch das von Hand mit Hilfe des Nockens b geöffnete Ventil a zugelassen. Soll der Druckluftbehälter beim Abstellen der Maschine aufgeladen werden, so wird der Hebel c durch Umstellen des Handhebels in die niedrigste Stellung gebracht. Dadurch wird das Ventil d ständig offen gehalten, indem es bei seinem Spiel seinen Sitz nicht berührt. Um zu verhüten, daß während des Anlassens Brennstoff zugeführt wird, kann die Handscheibe h in besonderer Weise gesperrt werden. Es kann zu diesem Zweck ein Stift n durch einen Handgriff o in eine entsprechende Oeffnung der Scheibe h gebracht werden. Eine Feder ist bestrebt, diesen Eingriff aufrecht zu erhalten. Der Stift n hat eine ringförmige Aussparung, in die bei entsprechender Lage des Stiftes ein Bolzen p eingreift, der auf ein Umführungsventil q einwirkt. Wenn der volle Querschnitt des Stiftes n dem Bolzen q gegenübersteht, wird das Ventil q geöffnet und gleichzeitig ist die Scheibe h durch den Stift n freigegeben. Da der Raum oberhalb des Ventils q mit dem Saugraum der Pumpe in Verbindung steht, so wird die Pumpe bei Oeffnung des Ventils q unwirksam gemacht. In dieser Weise ist dafür gesorgt, daß, wenn der Hebel h zum Anlassen durch den Stift n freigegeben ist, eine Förderung von Brennstoff nicht eintreten kann. Textabbildung Bd. 330, S. 27 Abb. 1. Textabbildung Bd. 330, S. 27 Abb. 2. Textabbildung Bd. 330, S. 27 Abb. 3. Eine zwangläufige Sperrung zwischen Anlaßluft und Zündung gegeneinander in der Weise, daß die Zündung nicht früher eingeschaltet werden kann, bis die Anlaßluft abgestellt ist, ist der Zweck einer neuen Anordnung der Daimler-Motoren-Gesellschaft (Abb. 3). Das zur Verschiebung der Steuerwelle des Motors in die verschiedenen Stellungen dienende Handrad ist mit Nocken b und c verbunden, von denen der eine oder der andere jenach der Drehrichtung des Rades auf einen Winkelhebel d einwirkt. Dieser greift an einen Kolben f an, der die bei g eintretende und bei h austretende Druckluft steuert. Beim Anlassen wird der Lufteintritt durch den Kolben f geschlossen, bevor die Steuerwelle in die Zündstellung gelangt. Der Kolben bleibt in dieser Schließlage, bis er durch Drehen des Handrades beim Ausschalten des Motors zurück in seine obere, zum Anlassen bereite Stellung kommt. Bei Motoren, die mit Selbstzündung durch Kompression arbeiten, ist ein Andrehen der Maschine über den hohen Verdichtungsdruck hinweg schwierig. Man verringert daher u.a. beim Anlassen den Verdichtungsdruck, muß dann aber, da der Selbstzündungspunkt bei diesem geringeren Druck nicht mehr erreicht wird, für eine derartige Wärmezufuhr sorgen, daß schon bei der geringeren Verdichtung eine Selbstzündung eintritt. Bei den sogen. Glühkopfmotoren erfolgt diese Wärmezufuhr in der Weise, daß man eine Brennstoffretorte, den Glühkopf, von außen erwärmt. Demgegenüber erzeugt Dipl.-Ing. Steinbecker durch besondere Mittel beim Anlassen innerhalb der Retorte, die durch einen Kanal in ständiger Verbindung mit dem Arbeitszylinder steht, eine heiße Stichflamme, durch welche die Verdichtungsluft so stark erwärmt wird, daß bei Eintritt des Brennstoffes in die Retorte Selbstzündung vor sich geht. In der Retorte (Abb. 4) ist eine Heizpatrone a eingesetzt, die eine Zündmasse b hat. Letztere wird bei Stoß gegen die Spitze c entzündet. Der Stoß wird mittels des Schlagbolzens d von Hand oder durch den Motor selber bewirkt. Beim Ankurbeln der Maschine entgegengesetzt der Drehrichtung wird der Brennstoff nach Erreichung eines bestimmten Verdichtungsdruckes eingespritzt. Darauf werden die ersten Brennstoffteile durch die Retorte nach der Patrone geschleudert, die gleichzeitig durch den Schlagbolzen zum Abbrennen gebracht wird. Das Brennstoff-Luftgemisch in der Retorte wird dadurch entzündet, und aus der Retorte schießt eine Stichflamme in den Zylinder, so daß auch dort die Zündung sicher eingeleitet und die Maschine in der gleichen Richtung in Bewegung gesetzt wird. Kurbelt man die Maschine in der Drehrichtung an, so wird so viel Luft beim Verdichtungshub abgeblasen, daß nur der halbe Verdichtungsdruck erreicht wird, der überwunden werden kann. Der Brennstoff wird alsdann normalerweise um den Totpunkt herum eingespritzt, und gleichzeitig die Patrone entzündet. Das umständliche Anheizen des Glühkopfes wird durch dieses Anlaßverfahren vermieden. Textabbildung Bd. 330, S. 28 Abb. 4. Bei Dieselmotoren, die mit schwerflüchtigem Brennstoff wie Masut, Teeröl, Gasteer u. dgl. betrieben werden, erfordert das Anlassen einen leicht flüchtigen Brennstoff. Man führt diesen Hilfsbrennstoff entweder durch eine besondere Pumpe zu, oder man speist die gewöhnliche Betriebsbrennstoffpumpe aus einem mit dem Hilfsbrennstoff gefüllten Behälter. Nach dem Warmwerden der Maschine wird dann auf den schweren Brennstoff umgeschaltet. Um bei derartigen Anlagen zu vermeiden, daß die Brennstoffpumpe und die ganze Druckleitung mit dem teueren leichten Brennstoff angefüllt zu werden braucht, hat die A.-G. Weser durch Einschaltung des Behälters für den leichten Brennstoff zwischen der Pumpe und dem Brennstoffventil der Maschine erreicht, daß nur ein verhältnismäßig geringer Teil der Brennstoffleitung mit dem Leichtöl gefüllt ist. Die Abb. 5 stellt z.B. einen Viertakt-Dieselmotor dar. In die Druckleitung l der Pumpe c ist der Behälter i, der mit einer durch ein Ventil m regelbaren Anfülleitung versehen ist, eingefügt. Vor dem Anlassen des Motors wird der zwischen dem Brennstoffventil b und dem Ablaßventil o noch lagernde schwere Brennstoff abgelassen und darauf nach Abschluß des Ventils o der Hilfsbrennstoff durch die Leitung n eingefüllt. Nach Abschluß des Ventils m wird die Maschine durch Druckluft in bekannter Weise angelassen und später auf Betrieb umgeschaltet. Hierbei arbeitet der Motor zunächst mit dem leichten Brennstoff. Die Einblaseluft wird dabei demZylinder durch die Leitung f vom Kompressor zugeführt. Nachdem das Leichtöl verbraucht ist, läuft die Maschine mit dem schweren Brennstoff allein weiter, denn inzwischen ist der Motor sowie die durch die Leitung f, die durch das Auspuffrohr führt, zugeleitete Druckluft und ferner das Heizmittel, das den Behälter i erwärmt und seine Wärme aus dem Mantel des Auspuffrohres erhält, genügend erwärmt, um eine sichere Zündung des Schweröles zu gewährleisten. Textabbildung Bd. 330, S. 28 Abb. 5. Textabbildung Bd. 330, S. 28 Abb. 6. Bei Benutzung eines besonderen Anlaßmotors, wie er für Explosionskraftmaschinen auf Fahrzeugen üblich ist, trifft man vielfach die Anordnung, daß durch das Einschalten des Anlaßmotors gleichzeitig die Kupplung des Motors mit der Explosionsmaschine erfolgt. Die Einrichtung wird zum Beispiel in der Weise getroffen, wie aus den Abb. 6 bis 9 zu erkennen ist, die ein Kraftwagengestell der Auto Gas Engine Starter Comp. darstellt. Vom Motor b wird die Bewegung in bekannter Weise durch eine als Schwungrad ausgebildete Kupplung c mittels der Welle a auf die hintere Achse übertragen. Von der Welle a wird durch die Räderübersetzung d die Luftpumpe e angetrieben, die durch das Gestänge g und den Fußhebel h eingeschaltet werden kann. Zum Antrieb des Motors b beim Anlassen dient der Druckluftmotor i, der als zylindrisches Gehäuse mit exzentrischer Trommel und radialen Schaufeln ausgebildet ist. Auf der Welle des Motors i ist ein Kupplungsglied k angebracht, das mit einem entsprechenden, auf der Motorwelle verschiebbaren und mit Zähnen m versehenen Glied l zusammenarbeitet. Textabbildung Bd. 330, S. 29 Abb. 7. Textabbildung Bd. 330, S. 29 Die Zahnung des Teiles l kommt bei Einschaltung der Kupplung mit den Zähnen des Schwungrades in Eingriff. Die Luftzufuhr zum Motor i von dem Behälter f aus wird durch ein Ventil n geregelt. Dieses Ventil hat einen Hauptventilkörper o, durch dessen hohlen Schaft die Stange eines zweiten Ventilkörpers p geführt ist. Beim Oeffnen des Ventils n durch den um den Punkt r drehbaren Hebel q wird zunächst das Hilfsventil p geöffnet und darauf das Hauptventil o. Mit dem Ventilhebel q ist der Hebel zum Einschalten der Kupplung lm verbunden. Durch das Oeffnen des Hilfsventils wird dem Druckluftmotor zunächst eine langsame Bewegung erteilt, während der die Einschaltung des Zahnrades m in das Schwungrad vor sich gehen kann. Die Form der Zähne der Kupplungsteile ist derartig, daß, sobald der Explosionsmotor angelassen ist und das Schwungrad voreilt, die Zähne des einen Kupplungsteiles über die des andern Kupplungsteiles hinweggleiten und das Zahnradm auf seiner Welle verschoben wird, so daß es außer Eingriff mit dem Schwungrad kommt. Die Anlaßmaschine wird also auf diese Weise selbsttätig wieder ausgeschaltet. Das Anlassen des Druckluftmotors erfolgt durch den Hebel s, der in besonders bemerkenswerter Weise mit dem Ventilhebel q verbunden ist, und zwar ist eine Kupplung ähnlich der Kupplung kl zwischen Druckluftmotor und Schwungrad verwendet. Das Verbindungsgestänge x greift an dem beweglichen Kupplungsglied u an, das durch eine Feder v mit dem festen Kupplungsteil t in Eingriff gehalten wird. Beim Anlassen der Maschine wird der Hebel s gegen die Feder y, die den Hebel in der Außerbetriebstellung hält, gedreht, öffnet dadurch das Ventil u und kuppelt den Druckluftmotor i mit dem Schwungrad. Wenn nun durch das Anlaufen des Explosionsmotors das Zahnrad m wieder außer Eingriff mit dem Schwungrad kommt, bevor der Wagenführer den Handhebel s losläßt, so gestattet die Kupplungsverbindung der Stange x mit dem Hebel, daß der Kupplungsteil u sich unabhängig von dem Hebel s drehen kann. Textabbildung Bd. 330, S. 29 Abb. 10. Im Interesse eines schnellen und sicheren Anlassens liegt es bei Motoren mit Zündvorrichtung und Vergaser, diesen letzteren beiden Organen oder einem derselben eine besondere Einstellung zu geben, die von der normalen Betriebstellung abweicht. Besonders bei Kraftwagen, die mit einer kleinen Anlaß-Akkumulatorbatterie mit geringer Energieaufnahme arbeiten, ist diese Einstellung der Zündvorrichtung und des Vergasers von großem Nutzen. Man bringt daher Zündhebel und Vergaserhebel in Bewegungsabhängigkeit von dem das Anlaufen der Anlaßmaschine bewirkenden Stellglied. Hierbei geht aber gewöhnlich die Unabhängigkeit der Handhabung von Zündhebel und Vergaserhebel voneinander verloren. Mit einer neuen Einrichtung von Kettering wird jedoch die Verbindung der beiden erwähnten Organe unter Aufrechterhaltung ihrer selbständigen Regelbarkeit erreicht (Abb. 10). Der auf dem Handrad angebrachte Gashebel a überträgt seine Bewegung in bekannter Weise durch Hebel b und Stange c auf den Vergaser. Ebenso arbeitet der Hebel d auf dem Handrad durch die Stange e auf den Hebel f der Zündvorrichtung. Bedingung ist, daß der Vergaser beim Anlassen sich nicht zu weit in der Offenstellung, in der Abbildung also nach links, befindet, da sonst mehr Brennstoff zugelassen werden würde, als zweckmäßig ist. Durch den Fußhebel g wird nun bewirkt, daß der Vergaserhebel beim Anlassen eine bestimmte Stellung einnimmt. Zu diesem Zweck ist die Stange c zwischen zwei auf ihr angebrachten Ansätzen h in einer Gabel der Fußhebelstange i geführt. Wenn sich der Reglerhebel k zu weit nach links befindet, so wird beim Anlassen zunächst die Stange c durch die Gabel des Fußhebelgestänges entgegen der Wirkung der Feder l in die entsprechende Lage zurückgedrückt. In der gleichen Weise bringt eine zweiteGabel der Stange i die den Zündhebel f bewegende Stange e in die zum Anlassen zweckmäßigste Stellung. Voraussetzung bei dieser Anordnung ist allerdings, daß der Wagenführer beim Anlassen nicht vergißt, den Fußhebel in Bewegung zu setzen.