Titel: Rechts-Schau.
Autor: Eckstein
Fundstelle: Band 331, Jahrgang 1916, S. 259
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Rechts-Schau. Rechts-Schau. Haftet der Erwerber einer Maschinenfirma für den vom Vorgänger nicht bezahlten Erwerbspreis? Wer eine Maschinenfirma, die über den Umfang des Kleingewerbes hinausgeht, von ihrem bisherigen Eigentümer übernimmt, und die frühere Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführt, haftet gemäß § 25 des Handelsgesetzbuches für alle im Betriebe des Geschäftes begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers, gleichviel ob der Uebernehmer des Geschäftes auch vertragsgemäß in diese Verbindlichkeiten seines Vorgängers eintreten will oder nicht. Es kommt nun nicht selten vor, daß eine Maschinenfirma in kurzen Zwischenräumen mehrfach von Hand zu Hand geht, und daß ein Maschinengeschäft oder eine Maschinenfabrik bereits ein oder mehrere Male verkauft wird, ehe die Erwerbspreise des Voreigentümers bezahlt sind. Die Möglichkeit, für den Erwerbspreis des Vorgängers haften zu müssen, begründet natürlich eine nicht unbeträchtliche Gefahr für den Erwerber. Dieser Gefahr kann er zwar dadurch aus dem Wege gehen, daß er vertraglich den Uebergang der Verbindlichkeiten ausschließt und den Ausschluß in das Handelsregister eintragen läßt. Ist aber einmal die Eintragung unterblieben, so findet der § 25 des Handelsgesetzbuches auch schlechthin Anwendung. Will man den § 25 HGB sinngemäß auslegen, so muß man auf seinen wirtschaftlichen Untergrund eingehen. Der Nachfolger soll darum in die Verbindlichkeiten des Vorgängers eintreten, weil das Geschäft als eine wirtschaftliche Einheit betrachtet wird, und weil daher Verbindlichkeiten und Forderungen – die gleichfalls nach § 25 HGB im Zweifel auf den Erwerber übergehen – als Teil des Veräußerungsgegenstandes anzusehen sind. Deswegen ist die Bestimmung des § 25 durchaus naturgemäß. Von diesem Gesichtspunkte aus, daß das Maschinengeschäft oder die Maschinenfabrik, wie überhaupt jedes kaufmännische und industrielle Unternehmen als eine wirtschaftliche Einheit anzusehen ist, daß daher alle Forderungen des früheren Inhabers dem Geschäft als solche zu gute kommen, alle Verbindlichkeiten das Geschäft als solches belasten, muß man den § 25 HGB dahin auslegen, daß nur diejenigen Verbindlichkeiten Geschäftsverbindlichkeiten sind, durch die auch in irgend einer Weise bereits ein Gegenwert in das Geschäft hineingekommen ist. Da der Erwerbspreis des Geschäftes eine Verbindlichkeit des Eigentümers vor seinem Geschäftserwerbe ist, da es sich hier um eine persönliche Schuld handelt, die mit dem Geschäft als solchem nichts zu tun hat, muß eine Haftung des neuen Erwerbers für den Erwerbspreis des Vorinhabers abgelehnt werden, eine Entscheidung, die auch von der Rechtsprechung geteilt wird und allein der Billigkeit entspricht. Dr. jur. Eckstein.