Titel: Die Betriebsmittelkosten der städtischen Klein-Motoren und der Krieg.
Autor: Neumann
Fundstelle: Band 332, Jahrgang 1917, S. 267
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Die Betriebsmittelkosten der städtischen Klein-Motoren und der Krieg. Von Oberingenieur Neumann, Köln-Deutz. NEUMANN: Die Betriebsmittelkosten der städtischen Klein-Motoren und der Krieg Für die Beschaffung einer Kraftmaschine sind nicht nur die augenblicklichen Anlagekosten und die den derzeitigen Marktpreisen entsprechenden Betriebskosten maßgebend, sondern auch die voraussichtlichen Kosten, die bei weiterer Benutzung der Anlage bis zur vollständigen Abschreibung entstehen dürften. Eine Kraftquelle wird um so wertvoller sein, je mehr Stetigkeit die Preise ihrer Betriebsmittel aufweisen, indem man mit um so größerer Sicherheit die zukünftigen Betriebskosten übersehen kann. Es dürfte sich verlohnen, bei den wichtigsten Kraftmaschinen des städtischen Kleingewerbes, Leuchtgas und Elektrizität, festzustellen, inwieweit hier der Krieg in die Stetigkeit der Betriebskosten durch Verteuerung der Betriebsmittelkosten eingegriffen hat. Nachstehend sind die Gaspreis- und Elektrizitätspreis-Erhöhungen einer Reihe von Städten aufgeführt, und zwar in Tabelle 1 derjenigen Städte, für die sowohl Angaben über das Elektrizitätswerk wie über das Gaswerk vorlagen, in Tabelle 2 und 3 von solchen, bei denen nur Angaben über das Elektrizitätswerk oder Gaswerk allein erhältlich waren. Aus Tab. 1 ergibt sich, daß bei denselben Städten, in denen der Kraftgaspreis sich um durchschnittlich 14,8 Pf. erhöht hat, die Preiserhöhung der Elektrizität 19,0 Pf. betrug. Im Durchschnitt aller Städte, für die überhaupt Angaben vorlagen, stellt sich (gemäß Tab. 1 u. 2) bei der Elektrizität für Kraftzwecke die Preiserhöhung auf 25,0 v. H., bei Leuchtgas für Kraftzwecke (gemäß Tab. 1 u. 3) auf 14,6 v. H. Tabelle 1. Gas- und Elektrizitätspreise. Nameder Stadt Gas Elektrizität Friedenspreise Veränderungen Friedenspreise Veränderungen LichtPf. KraftPf. Licht Kraft LichtPf. KraftPf. Licht Kraft JetzigerPreisPf. Zuschlagv. H. JetzigerPreisPf. Zuschlagv. H. JetzigerPreisPf. Zuschlagv. H. JetzigerPreisPf. Zuschlagv. H. Bromberg 13 13 15    15,4 15 15,4 50 25 55 10 30 20 Breslau 18 10    19,8 10 11 10 50 20 55 10 22 10 Chemnitz 18 13 19      5,5 14 7,7 50 20 55 10 22 10 Danzig    14,5 12 18 24 15 25 40 20 50 25 25 25 Fallingbostel 21 16 25    19,5 20 25 40 25 60 50 30 20 Karlsruhe 14 12 16    14,3 14 16,7 40 20 50 25 25 25 Pforzheim 16 14 16 15 4,3 40 20 46 15 22 10 Pößneck 18 12    19,8 10    13,2 10 40 20 44 10 22 10 Rastatt 20 14 16 16 14,3 40 20 50 25 25 25 Straubing 25 16 30 20    19,2 20 S40W50   T15  N30    S48  W60 20    T18   N36 20 Villingen 16 16 17     6,3 17 6,3 40 15 45   12,5 20    33,3 Weißensee 13 13 16 23 16 23 30 10 36 20 12 20 Mittel = 14,8 = 14,8 = 19,4 = 19,– Tabelle 2. Elektrizitätspreise. Nameder Stadt1) Friedenspreise Veränderungen LichtPf. KraftPf. Licht Kraft JetzigPreisPf. Zu-schlagv. H. JetzigPreisPf. Zu-schlagv. H. Adelnau i. Pos. 40 20 60 50 25 25 Apenrade 45 25 55    22,3 30 20 Ob. Balingen 50 20 55 10 25 25 Zaump 60 35 70    16,7 40    14,3 Dahlenburg 50 30 60 20 35    16,7 Eckernförde 55 48 66 20    57,6 20 Ellwangen 40 40 45    12,5 45    12,5 Erdmannsdorf 10 10 Feuchtwangen 60 30 65 8 40    33,3 Gaildorf 40 20 50 25 25 25 Gmünd (Schwab.) 20 25 25 Lüneburg 50 22 60 20 26    16,7 Reichenbach 50 60 20 10 Steinheim i W 45 60    33,3 30 Stettin 40 20 50 25 25 25 Tiegenhof 45 25 55    22,3 30 20 Twistringen 10 40 Walsrode 40 20 60 50 35 75 Wirsitz 50 25 65 30    32,5 30 Mittel = 22,5 = 25,0 Gesamtdurchschnitt einschl. der in Tabelle 1 aufgeführten Städte = 21,3 = 22,6 1) Städte, für die nur Angaben über Elektrizität vorliegen. Tabelle 3. Gaspreise. Nameder Stadt 1) Friedenspreise Veränderungen LichtPf. KraftPf. Licht Kraft JetzigPreisPf. Zu-schlagv. H. JetzigPreisPf. Zu-schlagv. H. Landshut 19 13 20    5,3 14     7,7 M. Gladbach    16,7 10 17    5,1 12 20 Neubrandenburg 20 14 16 16    14,3 Saarbrücken   13,5    13,5    15,5 14,8 10 Mittel = 8,4 = 14,0 Gesamtdurchschnitt einschl. der in Tabelle 1 enthaltenen Werke = 13,4 = 14,6 1) Städte, für die nur Angaben über Gas vorliegen. Maßgebend ist für den Betriebsbesitzer natürlich in erster Linie die Barsume, um die die Jahresbetriebskosten sich erhöhen. Schon bei gleicher verhältnismäßiger Steigerung der Einheitspreise von Gas und Elektrizität muß diese Barsumme für die Elektrizität im allgemeinen mehr betragen, da ja die Jahresstromkosten im allgemeinen höher sind als die Gaskosten für die gleiche Kraftleistung sind; der Unterschied steigert sich aber weiter dadurch, daß die Elektrizitätspreise auch noch stärker als die Gaspreise gestiegen sind. Erfahrungsgemäß stellen sich zum Beispiel bei einer mittleren Betriebsdauer von 1500 Stunden im Jahr die Kosten des Leuchtgases für einen sechspferdigen Gasmotor bei einem Leuchtgaspreise von 12 Pf./m3 auf 670 M, die Stromkosten unter denselben Kraft- und Zeitverhältnissen bei einem Strompreis von 20 Pf./KW-Std. auf 1566 M.s. Neumann, Verbrennungskraftmaschinen II. Auflage (Verlag Max Jänecke) S. 353 ff. Rechnet man also mit einer durchschnittlichen Preissteigerung von 14,7 v. H. bei Gas und 22 v. H. bei Elektrizität, so erhöhen sich die Betriebsmittelkosten des Leuchtgasmotors um 99 M, des Elektromotors um 345 M. Allerdings wird dieser Unterschied zugunsten des Elektromotors etwas gemildert durch die Preiserhöhung des Schmieröles, von dem der Gasmotor mehr gebraucht als der Elektromotor, doch handelt es sich natürlich nicht um annähernd so große Summen, da die Schmierung des Gasmotors in Friedenszeiten nur 45 M kostet.a. a. O. S. 354. Während es bei bestehenden Anlagen sich nur um die Verteuerung der Betriebsstoffe handeln kann, kommt bei Neubeschaffungen während des Krieges auch die Verteuerung der Anlage selbst in Betracht, wenn man nicht aus Erfahrungen der Friedenszeit falsche Schlüsse ziehen will. Auch darin hat bei beiden Gattungen von Maschinen der Krieg verschiedenen Einfluß ausgeübt. Während man bei Gasmotoren heute im allgemeinen mit einem Kringszuschlag von 40 v. H. auf den Lichtpreis rechnet, werden für Elektromotoren, abgesehen von den sehr teueren Drahtleitungen, Meßinstrumenten und Installationsmaterial, 100 bis 120 v. H. mehr erhoben. Was die Güte der beiden Motorarten im Kriege anbelangt, so mußten für beide Maschinengattungen Ersatzmetalle herangezogen werden. Für die Kupferwicklungen der Elektromotoren nahm man Zinkdraht. Nun hat dieser Zinkdraht den großen Nachteil, daß er nach kurzer Zeit kristallinisch wird und bei solchen Ueberlastungen, die im allgemeinen bei kupfergewickelten Maschinen unschädlich sind, sogar zu schmelzen anfängt. Günstiger liegt es bei den Gasmotoren. Abgesehen von den Lager- und Gleitflächen, die bei beiden Maschinengattungen aus Ersatzmetallen, statt der bisher verwandten Bronze, hergestellt werden, können die im Frieden aus Messing und Rotguß bestehenden Oelleitungen und -Hähne ohne Anlaß zu Betriebsstörungen aus Eisen hergestellt werden. Es ist daher erklärlich, daß die in letzter Zeit sich mehrenden Klagen über Störungen der Stromversorgung durch Ueberlandzentralen zusammen mit der unverhältnismäßigen Verteuerung der Elektrizität wieder zu einer besseren Würdigung des Gasmotors geführt haben, der sich den wirtschaftlichen Veränderungen gegenüber standfester gezeigt hat, als der Elektromotor. Wie sich nach dem Kriege die Betriebsmittelkosten der Kleinmotoren stellen werden, ist natürlich schwer zu übersehen. Der Preis des Kupfers, auf dessen Verwendung die elektrischen Maschinen bei Forderung guter Betriebssicherheit angewiesen sind, wird sich wegen der starken Entblößung der Industrie und der Haushaltungen an diesem Stoff voraussichtlich auf der Höhe halten. Im übrigen hängt sowohl der Gaspreis wie der Elektrizitätspreis von der Kohle ab. Nur bietet die gegenwärtige erhöhte Bewertung der Nebenerzeugnisse der Kohlezerlegung den Gasanstalten günstige Aussichten für Erzielung gewinnbringender Betriebe auch bei Ermäßigung des Gaspreises, was für die Elektrizitätswerke bezüglich Verbilligung des Stromes nicht zutrifft. –––––– Anmerkung der Schriftleitung: Nachdem im Vorstehenden ein Vertreter der Gasindustrie die Vorzüge der Gasmotoren gegenüber den Elektromotoren hervorgehoben hat, dürfte es recht und billig sein, im nächsten Heft einem Vertreter der Elektrotechnik das Wort zu dieser Frage zu erteilen.