Titel: Polytechnische Schau.
Autor: Th. Rümelin
Fundstelle: Band 334, Jahrgang 1919, S. 260
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Polytechnische Schau. (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge – nur mit Quellenangabe gestattet.) Polytechnische Schau. Gastechnik. Koks für Lokomotivbeheizung und gewerbliche Feuerungen. In Oesterreich wurde während des Krieges ein Ausschuß gebildet zur Förderung der erhöhten Gewinnung der Nebenprodukte bei der Koks- und Gaserzeugung. Ueber die auf dem Gebiete der Koksverwertung gesammelten Erfahrungen macht Ingenieur K. Marischka ausführliche Mitteilungen. Die bei den deutschen Eisenbahnen mit der Koksfeuerung der Lokomotiven gemachten Erfahrungen sind als sehr günstig zu bezeichnen. Koks wird teils allein, teils mit Kohle oder Briketts gemischt bei allen Zuggattungen verwendet. Anfangs wurde nur Zechenkoks, später auch Gaskoks benutzt, und man zieht diesen sogar in mancher Beziehung vor, weil er im allgemeinen kleinstückiger ist und sich schneller entzündet als Zechenkoks. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß sehr poröser Gaskoks (aus Retortenöfen) geringere Festigkeit hat, auf der Lokomotive mehr Raum beansprucht und infolge des geringeren Raumgewichts auch mehr Schaufelwürfe des Heizers erfordert. Gaskoks aus Großraumöfen steht in seinen Eigenschaften in der Mitte zwischen Retortenofenkoks und Zechenkoks. Dieser wird meist mit Kohle oder Briketts im Verhältnis 1 : 3 oder auch 1 : 2 gemischt verwendet. Die eisernen Feuerbuchsen eignen sich weniger für die Koksbeheizung als die kupfernen; der Koks wird auf dem Tender von der Kohle getrennt gelagert, so daß der Heizer je nach Bedarf Koks oder Kohle verfeuern kann. Bei Koksfeuerung wird mehr Brennstoff gebraucht als bei Verwendung von Kohle, es muß daher aus Gründen der Wirtschaftlichkeit darauf geachtet werden, daß keine unverbrannten Koksteile mit ausgeschlackt werden. Für den Rangierdienst mit seiner wechselnden Beanspruchung der Maschine ist Koks weniger geeignet; alles in allem ist jedoch durch die Heranziehung des Kokses zur Lokomotivbeheizung eine wesentliche Entlastung des Koksmarktes und eine bedeutende Ersparnis an Steinkohle erzielt worden. Auch in Oesterreich standen der erhöhten Koksverwendung seitens der Eisenbahnen keine technischen Schwierigkeiten im Wege, doch herrschte bei den. Kokereien eine starke Koksknappheit, und die geforderten Preise waren zu hoch. Die Steigerung der Kokserzeugung in Oesterreich ist auch abgesehen von dem großen Bedarfe der Heeresverwaltung an Ammoniak, Teer und Benzol während des Krieges wünschenswert, weil die Eisenhütten vor dem Kriege etwa 40 v. H. ihres Koksbedarfes aus Deutschland beziehen mußten. Die Steigerung der einheimischen Kokserzeugung in dem Umfange, daß die bisherige Kokseinfuhr entbehrlich wird, ist im volkswirtschaftlichen Interesse geboten, zumal dadurch auch erheblich größere Mengen der wertvollen Nebenprodukte im Inlande gewonnen werden. Durch eine planmäßige Werbetätigkeit könnte namentlich auch der Absatz von Gaskoks sehr gesteigert werden, dessen Verwendung vielfach noch Vorurteile im Wege stehen. Die in Deutschland bestehenden wirtschaftlichen Organisationen werden hierbei als Vorbild empfohlen. Die Einführung der Kohlenwäsche vor der Entgasung zum Zwecke, einen höherwertigen Koks zu gewinnen, dürfte bei den österreichischen Gaswerken aus technischen und wirtschaftlichen Erwägungen heraus kaum möglich sein. Dennoch ist eine Verbesserung der Eigenschaften des Gaskokses mit allen Mitteln anzustreben. Für Zentralheizungen und Dauerbrandöfen führt sich der Gaskoks mehr und mehr ein, auch für Schmiedefeuer könnte er ohne weiteres an Stelle von Kohle Anwendung finden, wie die in den letzten Jahren ausgeführten Versuche beweisen. Weiter kann der Koks zur Erzeugung von Generatorgas mit Vorteil Verwendung finden, so werden bereits jährlich gegen 80000 t Koks lediglich in den Wiener Gaswerken in Generatoren vergast. Es wird daher auch bei einer wesentlichen Steigerung der Kokserzeugung an Absatzmöglichkeiten nicht fehlen. Für die Unterbringung einer erhöhten Kokserzeugung eine verläßliche Gewähr zu schaffen, hat sich der oben erwähnte Ausschuß zur Aufgabe gemacht, doch müssen auch die maßgebenden Behörden und Unternehmungen hierbei mitwirken. (Ztschr. d. Vereins d. Gas- und Wasserfachm. in Oesterreich-Ungarn 1919, S. 105 bis 112.) Eine Gaszentrale in Niederschlesien. Ebenso wie in Rheinland-Westfalen hat die Fern Versorgung mit Koksofengas auch in Niederschlesien bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Das Gas wird von der Kokerei der kons. Fuchsgrube in Neuweißstein geliefert und nach der Reinigung von Teer und Ammoniak dem städtischen Gaswerk in Waldenburg sowie durch eine besondere Leitung der Gaszentrale in Altwasser zugeführt. Die dort errichtete Gasförderanlage, die 3 ½ km von der Kokerei entfernt liegt, erhält das Gas unter verhältnismäßig niedrigem Druck, weil diese Leitung eine Grubenbruchstrecke mit häufigen starken Bodensenkungen durchzieht. In Altwasser wird das Gas zunächst gemessen und dann in mehreren Behältern aufgespeichert. Aus diesen wird das Gas von Kolbenkompressoren angesaugt und mit einem Druck bis zu 10 m WS in die Fernleitungen gefördert, die einen Durchmesser von 80 bis 175 mm haben. Die Anfänge dieser Fern Versorgung gehen bis auf das Jahr 1911 zurück, in welchem die Orte Altwasser und Bad Salzbrunn angeschlossen wurden. Es folgten Hausdorf und Wüstegiersdorf sowie 11 weitere Ortschaften des Kreises Waidenburg, die bis dahin noch nicht mit Gas versorgt waren, sodann Nieder-Salzbrunn und Freiburg und schließlich die Stadt Schweidnitz. Alle diese Orte legten alsbald ihre eigenen Gaswerke still; der Uebergang zum Bezug von Koksofengas machte keinerlei Schwierigkeiten, nur mußten sämtliche Brenner nachreguliert werden, weil das Koksofengas ein etwas höheres spezifisches Gewicht hat. Diejenigen Ortschaften, die bisher noch keine Gasversorgung hatten, wurden, um den Bau von Gasbehältern zu ersparen, mittels Membranreglern direkt an die Hochdruckleitung angeschlossen. Diese Regler, die den bis zu 10 m betragenden Hochdruck auf den Gebrauchsdruck von 40 bis 80 mm verringern, haben sich besser bewährt als die zuerst benutzten nassen Regler mit Glyzerinfüllung. Die Hochdruckleitungen bestehen aus 10 bis 12 m langen, nahtlosen Stahlrohren mit Schalker-Muffen, deren Dichtung mit besonderer Sorgfalt ausgeführt wurde. Für die oben erwähnte etwa 3 km lange Bruchstrecke zwischen der Kokerei und der Förderanlage in Altwasser war zuerst eine oberirdische Rohrleitung, die auf Masten verlegt werden sollte, geplant, man entschloß sich jedoch schließlich, die Leitung unter Anwendung besonderer Vorkehrungen mit 1 m Deckung in der Erde zu verlegen. Es wurden für diesen Teil der Leitung Mannesmannrohre mit verlängertem Muffenhals gewählt. Die Bodenbewegungen an dieser Stelle waren manchmal so groß und traten so plötzlich auf, daß die Rohre bisweilen aus der 400 mm langen Muffe vollständig herausgezogen waren; trotzdem wurde die Gaszufuhr nach Altwasser kein einziges Mal länger als 3 bis 4 Stunden unterbrochen. Seit Einführung des Koksofengases hat der Gasverbrauch in dem von der Zentrale Altwasser versorgten Gebiet eine Zunahme von mehr als 100 v. H. erfahren, trotzdem alle diese Ortschaften schon seit etwa 20 Jahren auch mit elektrischem Strom versorgt sind. Der Preis des Koksofengases beträgt je nach der Verwendung und der Menge des entnommenen Gases nur 4 bis 8 Pf. für 1 m3, wodurch auch zahlreiche Industrien in jener Gegend zur Gasfeuerung übergegangen sind. Der gesamte Gasverbrauch des Versorgungsgebiets hat infolgedessen eine erhebliche Steigerung erfahren und ist trotzdem noch sehr ausdehnungsfähig, denn das Koksofengas ist dazu berufen, nicht nur im Haushalt und Gewerbe, sondern auch in zahlreichen Betrieben der Industrie an die Stelle der Kohlenfeuerung zu treten. In Niederschlesien wird es bereits in Spinnereien und Webereien, in Maschinenfabriken, Buchdruckereien, Porzellan- und Glasfabriken, in Ziegeleien, einem Fernheizwerk zur Kesselfeuerung, im Brunnen- und Badebetrieb, in Bäckereien zum Heizen von Backöfen, in Fleischereien, Schneidereien und Plättanstalten als Kraft- und Heizmittel und schließlich auch in der Landwirtschaft zur Stallbeleuchtung, zur Heizung von Futterdämpfern und zum Betrieb von Gasmotoren benutzt. Die Koksofengasversorgung des ganzen Gebiets hat sich bisher ohne Störung vollzogen und hat sich namentlich auch während des Kriegs als vorteilhaft erwiesen, weil alle an die Fernleitung angeschlossenen Orte von der Kohlennot kaum etwas verspürten. (Journal f. Gasbeleuchtg., 60. Jahrg., S. 544–546.) Die Aussichten der Verkokung der Kohle bei niedriger TemperaturVgl. D. p. J., Bd. 334, S. 150.. Ueber die in England während des Krieges unternommenen Versuche zur Tieftemperaturdestillation der Steinkohle machte E. C. Evans in einem Vortrag vor der Society of Chemical Industry nähere Angaben. Er wies zunächst auf die älteren Versuche in dieser Richtung hin, namentlich auf das Coalite-Verfahren von Parker (1906), das zwar wirtschaftlich keinen Erfolg gehabt, aber doch das allgemeine Interesse auf dieses Problem gelenkt habe. Evans berichtete ausführlich über die neueren Verkokungsversuche und teilte Kostenberechnungen mit, aus denen hervorgeht, daß die der Tieftemperaturverkokung von interessierter Seite nachgerühmten Vorteile nur unter ganz besonders günstigen Bedingungen zu erzielen sind; dennoch sei diese Frage des eingehenden Studiums wert. Eine Apparatur, in der alle Kohlenarten diesem neuen Verfahren unterworfen werden könnten, sei noch nicht vorhanden, auch seien die Probleme der Tieftemperaturverkokung noch nicht völlig gelöst, doch dürfe man erwarten, daß durch ein eingehendes Studium der Kohlen, das in Angriff genommen werden solle, sowie auf Grund einer genauen Kenntnis der Verhältnisse in der Kokerei und durch einmütiges Zusammenarbeiten von Chemikern und Ingenieuren diese bedeutsamen Fragen einer erfolgreichen Lösung entgegengeführt werden könnten. In der Besprechung, die diesem Vortrag folgte, wies Dr. Armstrong darauf hin, daß man der wissenschaftlichen Seite dieser Fragen bisher nicht genügende Beachtung geschenkt habe, auch müsse vor allem die wirtschaftliche Seite dieser Frage berücksichtigt werden, die bisher nicht sehr verlockend sei. Man dürfe es darum begrüßen, daß der neu gebildete „Rat für wissenschaftliche Forschung“ die Begründung eines Laboratoriums zum näheren Studium dieser sämtlichen Fragen in Aussicht genommen habe. Dr. Perkin betonte, daß die Fortschritte auf dem Gebiete der Tieftemperaturverkokung tatsächlich größer seien, als es nach dem Bericht von Evans den Anschein habe. In der Nähe von Nottingham erbaue die Regierung eine Anlage nach dem Del Monte - Verfahren, bei dem allerdings nur nichtbackende Kohlen verwendbar seien. Bei der Retorte von Tozer seien dagegen alle Kohlenarten zu gebrauchen, da hier im Vakuum gearbeitet werde. Ebenso sei in der letzten Zeit auch die Retorte von Pringle-Richards wesentlich verbessert worden und schließlich werde man unter Umständen auch die Retorte von Lamplough mit Erfolg verwenden können. Eine Verdrängung der alten Kokereien sei indessen nicht zu erwarten, da große Mengen von Benzolkohlenwasserstoffen benötigt würden, die man bei der Tieftemperaturdestillation der Kohle nicht gewinnen könne. In seinem Schlußwort bemerkte Evans dann noch, daß die unangenehmen Eigenschaften des Tieftemperaturkokses, namentlich seine leichte Zerreiblichkeit, dem neuen Verfahren hindernd im Wege ständen, doch sei begründete Hoffnung vorhanden, daß die Eigenschaften des Kokses verbessert werden, was angeblich auch einigen Werken bereits gelungen sei. (Dokumente a. d. ehem. Ind. des Auslandes 1919, S. 49–50.) Gasfernversorgung in Rheinland-Westfalen. Die umfangreiche Gasfernversorgung des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerks, A.-G. in Essen, wurde während der Kriegsjahre 1914 bis 1917 von 155 auf 215 km ausgebaut. Abgesehen von anderen Anschlüssen wurde während des Krieges auch die Hochdruckleitung auf das linke Rheinufer geführt zur Versorgung der Stadt Neuß mit Koksofengas, und zwar wurde südlich von Düsseldorf der Gasrohrdüker durch den Rhein verlegt. Dies dürfte die erste vollständige Dükerung durch den Rhein sein, da bisher wohl auch im Ausland kaum irgendwo ein Düker für Gas oder Wasser durch den Rhein verlegt worden ist. Das Rohrmaterial besteht aus nahtlosen Stahlrohren von 300 mm lichter Weite, die mit Spezialdükermuffen versehen sind; es sind zwei Rohrstränge vorhanden. Die Baggerung, sowie die Montage und Versenkung der Rohre wurde durch die Firma Ph. Holzmann & Co., A.-G., ausgeführt, während die Stahlmuffenrohre von der Firma Thyssen & Co., Mülheim (Ruhr), geliefert wurden, die auch die Dichtungarbeiten bei der Verlegung des Dükers ausgeführt hat. Die Arbeiten wurden im Sommer 1915 begonnen, der linke Stromteil wurde 1916 und der rechte im Jahre 1917 verlegt. Im Januar 1918 konnte die Inbetriebnahme des Dükers erfolgen, und von jenem Zeitpunkte an wird die Stadt Neuß mit Ferngas versorgt. Sander. Wärmekraftmaschinen. Abdampfheizung als Dampfersparnis bei derFördermaschine. Die Fördermaschinen waren lange Zeit starke Wärmeverbraucher infolge ihrer wechselnden Belastung, der zahlreichen Betriebsunterbrechungen und der mit diesen verbundenen Abkühlung. Durch Einführung der Zwillingsmaschinen mit Auspuff gelang es, den Dampfverbrauch von 60 bis 100 kg für 1 Schacht-PS-Stunde auf 20 kg herabzusetzen, Die Zwillings-Tandemmaschinen mit Abdampfverwertung benötigen sogar nur 11 bis 15 kg Dampf für dieselbe Leistung, und bei elektrischem Antriebe sind 9,6 bis 16 kg ausreichend. Eine erhebliche Steigerung der Wirtschaftlichkeit wurde somit erreicht. Jedoch ist man noch weit von ganz befriedigenden Ergebnissen entfernt, denn eine Turbine von mittlerer Größe bedarf nur 5,88 kg Dampf für 1 PSe-Stunde. Die Möglichkeit einer weiteren Verminderung des Wärmeverbrauchs ist vorhanden. Man müßte nämlich die Abdampf-Verwertungsanlagen tunlichst vervollkommnen. Nun läßt sich allgemein sagen, daß es wirtschaftlicher ist, Abdampf zu Heizzwecken zu verwenden, als ihn zur Krafterzeugung in einer Niederdruckturbine auszunutzen oder ihn im Kondensator niederzuschlagen. Dies gilt ganz besonders für Fördermaschinen. Textabbildung Bd. 334, S. 262 Diese arbeiten stoßweise mit längeren Unterbrechungen und machen daher teure Wärmespeicher notwendig, wenn eine Abdampfturbine an die Kolbenmaschine angeschlossen werden soll. Auch würde eine Abkürzung der Zugdauer durch Gegendampfgeben bei Trommelmaschinen nicht gut mit Kondensationsbetrieb vereinbar sein. Andererseits ließe sich eine Ausnutzung des Abdampfes zum Heizen von Umkleideräumen und für die Erwärmung des Wassers zum Waschen und Baden unschwer ermöglichen. Die Verhältnisse liegen sogar recht günstig, denn der starke Dampfverbrauch tritt erst am Ende der Schicht ein, wenn sich die Leute reinigen müssen. Gerade dann ist aber auch eine hinreichende Abdampfmenge verfügbar. Ferner liegt die Möglichkeit der Fernheizung von Arbeiterkolonien und dergleichen vor, und es kann daher keinesfalls bezweifelt werden, daß stets Bedarf an Heizdampf vorhanden ist. Es scheint somit empfehlenswert, auf die Ausnutzung des Abdampfes zu Kraftzwecken zu verzichten und ihm die Wärme in anderer Form zu entziehen. In diesem Falle macht sich aber beim Gegendampfgeben der Uebelstand bemerkbar, daß Abdampf in die Leitung zurückgesaugt wird. A. Lütschen schlägt daher in Heft 39 der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure die in der Abbildung gezeigte gesteuerte Verbindung des Auspuffes mit zwei Rohrleitungen vor. Im Augenblicke des Saugens strömt Luft durch das Ventil b in der Richtung b1 in den Zylinder. Die Abdampf-Verwertungsanlage ist bei a angeschlossen und erhält nur in Richtung a1 Dampf. Die Einrichtung kann mit zwangläufig gesteuerten Ventilen versehen werden. Schmolke. Eisenbeton. Die technischen und wirtschaftlichen Grundlagen der Verwendung von Eisenbeton als Schiffbaumaterial. Die Gründe zur Verwendung des Eisenbetons als Schiffbaumaterial liegen einerseits im Frachtraummangel, andererseits im Mangel an Facharbeitern. (Dr.-Ing. Carl Commentz. Z. d. V. d. I. 1019, Nr. 10.) Für Schiffbauten wird fast nur fetter Beton verwendet, obwohl er verhältnismäßig schwer ist. Die Längsbeanspruchung von Schiffen ergibt sich als Differenz von Auftrieb und Gewicht. Die Biegungsmomente sind verschieden, je nach der Zahl der Räume; sie haben z.B. bei einem vierräumigen Donauschiff die Größe \frac{\mbox{Verdrängung mal Länge}}{\mbox{150 bis 180}}, und bei einem zehnräumigen Rheinschiff \frac{\mbox{Verdrängung mal Länge}}{\mbox{200 bis 230}}. Eine genaue Berechnung der bei Seegang auftretenden Biegungsmomente ist bis jetzt noch nicht möglich gewesen; man hat sich hier an die Erfahrung gehalten, was auch die Vorschriften der Klassifikationsgesellschaften berücksichtigen. Es werden die Eisenquerschnitte danach festgelegt und für Eisenbeton umgerechnet. Ein solcher Gang der Berechnung wird z.B. von der norwegischen Klassifikationsgesellschaft des „Norske veritas“ verlangt. Die verschiedenen Gesellschaften lassen nun verschiedene Beanspruchungen für Eisen und Beton zu, welche im allgemeinen etwas höher sind als für Eisenbeton bei Landbauten, was von der Verwendung eines besseren Materials herrührt. Bisher durften die Zugspannungen des Betons wie im Landbau vernachlässigt werden. Neuere Untersuchungen, namentlich von englischen Ingenieuren, kommen zu dem Ergebnis, daß eine solche Vernachlässigung durchaus nicht angängig ist, „daß die Grundlage für die Errechnung der Beanspruchungen der gesamten Längsfestigkeit im Schiffbau die tatsächliche elastische Formänderung sein muß“. Da für schwimmenden Eisenbeton schon das Auftreten kleinster Haarrisse von Gefahr ist, müssen die Zugspannungen vor allem im Boden gering gehalten werden. Wie verhält sich nun das Eisenbetonschiff gegen Stoß? Verfasser kommt hierbei zu dem Schluß, daß kleine Stöße vom Eisenbetonschiff besser aufgenommen werden wie vom Eisenschiff, selbst bei stärkeren Stößen wird ein ungehindertes Einströmen des Wassers nur sehen eintreten. Was die Gewichte von Eisenbetonschiffen anbetrifft, so schwanken die Angaben darüber außerordentlich. Als Mittelwert für Seeschiffe ergeben sich bei einer Tragfähigkeit von   300 t ein Eigengewicht von 340 t in Beton                                           gegen 160 t in Flußeisen, 1000 t ein Eigengewicht von 850 t in Beton                                           gegen 450 t in Flußeisen, 3000 t ein Eigengewicht von 1820 t in Beton                                           gegen 1120 t in Flußeisen, 6000 t ein Eigengewicht von 2880 t in Beton                                           gegen 2000 t in Flußeisen. Von der weiteren Entwicklung muß gefordert werden, daß sich diese Gewichte noch wesentlich verringern. Zur Erzielung einer vollständigen Wasserdichtigkeit sind verschiedene Wege eingeschlagen worden, am sichersten dürfte die Herstellung eines entsprechenden Betongemisches sein. Auch empfiehlt es sich, Eisenbetonschiffe mit äußeren und inneren Anstrichen zu versehen. Um die schädliche Einwirkung des Seewassers auf den Beton zu verringern, wird mit Vorteil ein Gemisch von Portlandzement und Traß gewählt. Der Hauptnachteil des Eisenbetons als Schiffbaumaterial ist sein hohes Gewicht. Daher ist versucht worden, dieses herabzusetzen, was aber nur wieder auf Kosten seiner Festigkeit möglich ist. Durch Verwendung leichter Zuschläge, z.B. Hochofenschlackensand an Stelle von Kiessand könnte eine Verminderung des Gewichts um 20 v. H. erreicht werden. Wird dann noch ein günstiges Zusammenwirken des Eisens mit einem leichten, dabei doch festen und elastischen Beton erreicht, so werden auch die Abmessungen geringer werden als dies zurzeit der Fall ist. Kleinere örtliche Schäden können bei Eisenbetonschiffen während der Fahrt behoben werden, größere Reparaturen sind schwieriger auszuführen als bei Eisenschiffen. Ueber die Baukosten der Eisenbetonschiffe ist es schwer, zurzeit ausführlich zu berichten. Der Schiffsrumpf samt Ausrüstung wird für Seeschiffe in Eisenbeton etwa 80 v. H. der Kosten vom Eisenschiff betragen; bei Flußschiffen kann zunächst eine wesentliche Ersparnis nicht erzielt werden. Die Reparaturkosten werden die gleichen sein wie bei Eisenschiffen, die Abschreibungen etwas geringer, etwa 1 v. H. des Neubauwertes. Das Eisenbetonschiff wird in jenen Fällen bevorzugt werden, wo viel Raum erforderlich ist, wo es auf die Geschwindigkeit nicht ankommt und wo die Hafenabgaben gering sind; günstige Aussichten eröffnen sich für das Flußschiff in Eisenbeton. A. Marx, Dipl.-Ing. Elektrotechnik. Kondensatoranfressungen. (Nach Dr. Michalke in Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Bd. 63, 1919, S. 728.) Durch Anfressen von Kondensatorrohren, die von der Kühlflüssigkeit durchströmt werden, wird der Betrieb häufig gefährdet. Die Ursachen solcher Anfressungen, die ähnlich wie an Röhren in der Nähe elektrisch betriebener Straßenbahnen mit Stromrückleitung durch die Schienen Löcher erzeugen, sind noch nicht genügend geklärt. Unreinheiten des Metalles oder Verschiedenheit der verbundenen Metalle, Unreinheiten des Wassers, mitgerissene Luft oder Kohlensäure können den Lochfraß in den Röhren veranlassen oder begünstigen. Die verschiedenen Schutzmaßnahmen, wie Reinigung oder Entlüftung des Wassers, Vorsicht in der Auswahl des Rohrmetalles, haben je nach den Verhältnissen mehr oder weniger Erfolg. Vielfach wurde wirksam die Einführung elektrischer Ströme in die Rohrwandungen durch die Kühlflüssigkeit verwendet. Das einfachste Verfahren besteht darin, Metallplatten, die sich gegenüber dem Rohrmetalle elektropositiv verhalten, in die Kesselwandung einzuhängen. Die durch die Kühlflüssigkeit in die Rohre eintretenden Ströme geben Schutz gegen Anfressungen. Die Stärke der Schutzströme hängt im wesentlichen von dem Widerstände der Kühlflüssigkeit und der Höhe der elektrischen Spannung ab. Sie sind bei Verwendung der weniger gebräuchlichen Eisenplatten geringer als bei Zinkplatten. Die Schutzstromdichte, gemessen in Milliampere auf das Quadratdezimeter, ist bei diesem Verfahren beschränkt, da die Spannung nicht willkürlich erhöht werden kann. Ist eine größere Stromdichte wünschenswert, als sie durch Einhängen von Zinkplatten erreicht wird, so müssen Ströme von außen durch eine Gleichstromquelle eingeführt werden. Dies Verfahren wird gewöhnlich nach Cumberland benannt, der es zuerst beschrieben hat. Textabbildung Bd. 334, S. 263 Abb. 1. Der für den Schutz der Rohre erforderliche Strom wird gewöhnlich aus der gesamten Kühlfläche bestimmt. Dies gibt jedoch Ungenauigkeiten, da auf die Verschiedenheit der Stromdichte an den einzelnen., Stellen nicht Rücksicht genommen wird. Die Stromdichte nimmt nämlich nach innen ab wegen des auf dem Stromwege zunehmenden Widerstandes. Es ist dies um so mehr der Fall, je enger und länger die Rohre sind. Um beurteilen zu können, ob auch an den von den Einführungstellen entferntesten Rohrteilen die Stromdichte noch genügende Schutzhöhe hat, ist die Möglichkeit einer Nachrechnung erwünscht. Diese Rechnung ist auch erforderlich, um die Höhe der erforderlichen Maschinenspannung von vornherein bestimmen zu können, wenn die Abmessungen des Kondensators und die Leitfähigkeit der Kühlflüssigkeit bekannt ist. Textabbildung Bd. 334, S. 263 Abb. 2. Schematisch ist aus Abb. 1 der Stromverlauf für ein Rohr, in das nach dem Cumberland-Verfahren Strom geschickt wird, zu ersehen. Der von einer äußeren Stromquelle gelieferte Ström wird durch einen isolierten Durchführungsbolzen zu einer Elektrode geführt, von der der Strom in das Rohr tritt. Am Anfange des Rohres, wo der Strom in das Rohr eintritt, ist die Spannung zwischen Flüssigkeit und Rohr, demgemäß die Stromdichte am größten, die nach innen zu abnimmt. Die Werte können rechnerisch verfolgt werden. Das Verhältnis der größten zur kleinsten Stromdichte ist angenähert 1\,:\,\frac{W}{2\,w}, wenn W der Widerstand der Kühlflüssigkeit in der ganzen Rohrlänge, w der Uebergangswiderstand von der Kühlflüssigkeit zum Rohr ist. Ist die Leitfähigkeit des Kühlwassers nicht groß, so ist mit kleinen Spannungen nicht viel auszurichten, um ausreichende Stromdichte zu erhalten. Nimmt man für die Ausstrahlungsplatten Zink, wie zuweilen geschieht, wobei also die wirksame Spannung nicht erhöht werden kann, so ist nur bei guter Leitfähigkeit der Kühlflüssigkeit oder weiten und kurzen Rohren ausreichender Schutz zu erreichen. Nach Versuchen, die auf dem untergegangenen Kreuzer „Cöln“ mit von außen zugeführten Strömen gemacht wurden, wobei der Strom von beiden Seiten in die Rohre eingeführt wurde, ergaben sich die aus Abb. 2 ersichtlichen Schaulinien. Die Stromdichte an der Rohrwand nimmt hiernach von rund 0,1 Milliampere/dm2 in der Mitte des Rohres bis auf etwa 0,28 Milliampere/dm2 nach den beiden Rohrenden zu. Das genaue Verhältnis des größten zum kleinsten Werte beträgt 2,08. Die Spannung zwischen Rohr und Flüssigkeit, der Stromdichte proportional, steigt von 3 bis 8 Volt, die Spannung in der Kühlflüssigkeit von der Mitte nach den Enden beträgt 5 Volt. Der gesamte ins Rohr eingeführte Strom beträgt 1,2 Milliampere. Sind selbst bei einer Außenspannung von 8 Volt die Stromdichten an der Rohrwandung so gering, so ist anzunehmen, daß umgekehrt die Dichten, die durch Thermospannungen infolge metallischer Verschiedenheit von Rohr und Kessel entstehen, zu elektrolytischen Angriffen kaum wesentlich beitragen, falls die Rohre nicht weit und kurz sind. Sind elektrolytische Einflüsse die Ursache zu dem gefürchteten Lochfrass an den Rohren, so können nur die metallischen Verschiedenheiten unmittelbar benachbarter kleinster Metallteile die Schuld tragen. Dr. Michalke. Textabbildung Bd. 334, S. 264 Neue Methode zur Messung von Wechselstromfrequenzen. In der Phys. Zeitschrift 1919, S. 348 beschreibt Zácek eine Nullmethode für Frequenzmessungen, die darauf beruht, daß man einen Kreis mit Selbstinduktion und einen mit reinem Ohmschen Widerstand mit Hilfe von Thermoelementen und einem Differentialgalvanometer gegeneinander abgleicht. Die Abbildung zeigt die Schaltung. Der Wechselstromgenerator liefert eine Spannung E an den Punkten 1–4. Die Drossel D soll Oberschwingungen dämpfen. Legt man den Umschalter so, daß die Verbindungen 35 und 46 hergestellt werden, so sind die beiden Thermokreuze Th mit der Selbstinduktion L2 hintereinander geschaltet, der Ausschlag des Galvanometers G wäre Null, wenn die Konstanten α und ß beider Thermokreuze die gleichen wären. Da dies meist nicht der Fall ist, ergibt sich ein Ausschlag \varphi_0=\alpha\,.\,\frac{E^2}{(r_2+r'_1)^2+{L^2}_2\,\omega^2}-\beta\,.\,\frac{E^2}{(r_2+r'_1)^2+{L^2}_2\,\omega^2}, dabei ist                     r2 = r'2 + r''2. Setzt man αß = ε, so erhält man \varphi_0=\varepsilon\,\frac{E^2}{(r_2+r'_1)^2+{L^2}_2\,\omega^2}. Legt man den Umschalter nach oben, so daß die Verbindungen 1–3 und 2–4 gemacht werden, so erhält man einen Ausschlag \varphi=\alpha\,.\,\frac{E^2}{{r^2}_1}-\beta\,.\,\frac{E^2}{{r^2}_2+{L^2}_2\,\omega^2}. Dabei ist                   r1 = r'1 + r''1 Man ändert nun den Widerstand r''1 oder die Selbstinduktion L2, bis r21 = r22 + L22 ω2, dann wird unter der Annahme, daß ϕ0 die Nullage ist, \overline{\varphi}=\varphi-\varphi_0=\frac{2\,r'_1\,.\,r_2+{r'_1}^2}{{r^2}_2+{L^2}_2\,\omega^2}\,.\,\varphi_0. Für r'1 = 0,6 Ω, ϕ0 = 20 Skalenteile, r2 = 150 Ω, L2 = 1 Henry, ω = 300 wird z.B. ϕ = 0,032 Skalenteile. Die Abgleichung würde also praktisch genau sein beim Ausschlage \overline{\varphi}=0. Am besten ist es natürlich, man gleicht die beiden Thermokreuze genau gegeneinander ab. Aendert sich nun die Frequenz, so ändert sich der Ausschlag ϕ um einen Betrag \Delta\,\varphi=2\,\alpha\,.\,\frac{{E^2}_0}{{L^2}_2}\,.\,\frac{\frac{\Delta\,\omega}{\omega}}{\left(1+\frac{{r^2}_2}{{L^2}_2\,\omega^2}\right)^2}. E0 ist dabei eine Konstante, definiert durch E = E0ω. Aus der Gleichung sieht man, daß der Ausschlag sich proportional der Frequenz ändert, wenn \frac{{r^2}_2}{{L^2}_2\,\omega^2} klein gegen l ist. Das ist bei kleinen Frequenzen leicht zu erreichen. Die Methode ist nach Angabe des Verfassers gut zu verwenden in der Nähe von ω = 300 bis 6000, also für Frequenzen von 50 bis 1000 Per./sek. Ob ein Instrument für den praktischen Gebrauch konstruiert wurde, ist nicht angegeben. Neuer Verbrauchbegrenzer. Bei Abgabe der elektrischen Leistung nach dem Pauschaltarife setzt man meist eine obere Grenze für die vom Verbraucher zu entnehmende Stromstärke fest. Die Strombegrenzer der bekannten Ausführungen schalten entweder nach Erreichung der festgesetzten Grenze den Verbraucher ganz ab, oder machen ihn vorher durch intermittierendes Aus- und Einschalten darauf aufmerksam, daß die Grenze überschritten ist. Neuerdings ist vorgeschlagen worden, nicht die Stromstärke und damit die dem Netz entnommene Leistung, sondern die entnommene Arbeit zu begrenzen. Ein solcher Verbrauchbegrenzer ist in der Abbildung dargestellt. (Zeitschr. für Beleuchtungswesen 1919. Heft 13/14, S. 69.) Er ist die Verbindung eines Stiazählers mit einem Quecksilberkippschalter. Der ganze Apparat kann sich um die Achse a drehen, b ist ein Meßgefäß, das das durch Elektrolyse abgeschiedene Quecksilber auffängt. An das Gefäß b ist ein Heber c angeschlossen, der das Gefäß selbsttätig in kurzer Zeit entleert, wenn das Quecksilber in ihm ein durch die Lage des oberen Heberteiles bestimmtes Niveau überschritten hat. Das Quecksilber gelangt dann in den teil d und vergrößert dessen Gewicht in solchem Maße, daß sich der ganze Apparat im Sinne des Uhrzeigers um die Achse a dreht. Die bisher durch den Quecksilberkippschalter e geschlossene Leitung wird damit geöffnet. Ist z.B. der Höchstverbrauch für die Zeit von einem Monat festgesetzt worden, so wird der Verbrauchsbegrenzer nach Verlauf dieser Zeit durch einen Beamten des Werkes wie ein gewöhnlicher Stiazähler gekippt und fängt von neuem an zu arbeiten. Wird der Verbrauch innerhalb des Monats überschritten, so wird der Stromkreis abgeschaltet und der Verbraucher muß das Werk benachrichtigen, um den Stromkreis wieder einschalten zu lassen. Damit er sich schon beizeiten darüber unterrichten kann, ob er die festgesetzte Grenze überschreiten wird und wann er das Werk benachrichtigen muß, ehe sein Stromkreis unterbrochen wird, ist im Gehäuse des Apparates ein Fenster vorgesehen, das das Ansteigen des Quecksilbers im Gefäße b zu beobachten gestattet. Damit kann eine Ablesevorrichtung für den Verbrauch verbunden sein, die zur Gewährung eines Rabattes bei entsprechendem Minderverbrauche gegenüber der festgesetzten Verbrauchsgrenze benutzt wird. Textabbildung Bd. 334, S. 264 Der Verbrauchsbegrenzer ist mit einer Arretiervorrichtung versehen, um ein Drehen um die Achse a während des Transports zu verhüten. Die Arretierung löst sich erst dann, wenn der Zähler angeschlossen ist. Schml. Wirtschaft. Der Deutsche Eisenbau-Verband. Die Gesamt-Erzeugung der Werktstätten betrüg im abgelaufenen Geschäftsjahr 151331 t gegen 262799 t im Vorjahr und 411591 t im Jahre 1913/14, weist somit eine Verminderung von 42 ½ v. H. auf gegenüber dem Vorjahr und betrug also ⅓ der Leistung des letzten Jahres vor dem Kriege. Der Deutsche Eisenbau-Verband erhebt Einspruch gegen den die wirtschaftliche Selbständigkeit der Industrie stark beeinträchtigenden Entwurf der Reichsregierung zum Betriebsrätegesetz. Die unter den heutigen trostlosen wirtschaftlichen Verhältnissen besonders stark leidende deutsche Eisenbauindustrie würde bei der Verwirklichung dieses Gesetzentwurfes vernichtend bedroht. Der D. E. V. ersucht daher Regierung und Nationalversammlung, das Betriebsrätegesetz in dieser Form nicht zur Ausführung zu bringen und vor der Verabschiedung desselben führende Persönlichkeiten der Industrie zur Mitwirkung und Mitberatung heranzuziehen. Ausbau der „Mittleren Isar“. Im Mai dieses Jahres ist mit dem Wasserkraftausbau derjenigen Flußstrecke der Isar begonnen worden, welche von der Wasserkraftabteilung des bayerischen Staatsministeriums des Innern im Jahre 1907 unter dem Sammelnamen der „Mittleren Isar“ zusammengeschlossen worden war. Das bayerische Staatsministerium hat durch das Zusammenfassen solcher Flußstrecken, welche nicht mehr einzeln sondern nur im ganzen zum Ausbau zugelassen werden, einen sehr wichtigen Schritt in der Einsparung von volkswirtschaftlichen Werten getan, denn bei der früheren Art und Weise, welche es den Interessenten freistellte, sich an dem Flusse das passendste Wasserkraftstück herauszusuchen, bestand natürlich die Gefahr, daß das Beste vorweggenommen wurde und der Rest ungenützt liegen blieb, kurz daß dem Raubbau Tür und Tor geöffnet war. Bayern sowohl, wie Deutschland haben allen Anlaß, die Flußschätze des besten deutschen Wasserkraftlandes möglichst restlos an den Mann zu bringen, damit die infolge des Friedens von Versailles so wertvoll gewordene und durch das Verhalten der Arbeiter stark zurückgegangene Kohlenerzeugung Deutschlands so sehr wie möglich geschont werden kann. Selbstverständlich können die bayerischen Wasserkräfte nicht an Ort und Stelle allein verbraucht, sondern müssen mit sogenannten Oberspannungsleitungen von 150 bis 200 kV auf größere Entfernungen fortgeführt werden. Meinem Mitarbeiter Dr. Hans Thoma, welcher auf meine Anregung hin sich mit diesem Problem befaßte, ist es gelungen, für die Fortleitung größerer Leistungsmengen mittels hochgespannten Wechselstromes neue Gesichtspunkte aufzufinden.Thoma, die Bayernwerksfrage, München-Augsburger Abendzeitung vom 16. 8. 1919. Früher interessierte sich für die „Mittlere Isar“ eine Gruppe angesehener Banken und Großindustrieller. Diese gründeten die Mittlere Isar G. m. b. H., welche sich aber unter den derzeitigen Verhältnissen begreiflicher Weise nicht zum sofortigen Ausbau entschließen konnte. So gingen die Ausnutzungsprojekte, welche unter meiner Leitung als geschäftsführenden Direktors der Gesellschaft im Jahre 1918 aufgestellt worden waren, zu Beginn des Jahres 1919 in den Besitz des bayerischen Staates über, dessen Volksvertretung die rascheste Bauinangriffnahme zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und Kohlennot trotz der Verteuerung der Löhne und Materialien dringend forderte. Der Ausbau wird unter einem eigenen Staatskommissar bewirkt, hierfür wurde Herr Regierungs- und Baurat Krieger ernannt. Bis heute sind für etwa 8 Millionen Mark Bauten in Angriff genommen. Die Kraftstrecke der „Mittleren Isar“ hat nach meinem Projekt folgende besonderen Eigenschaften. Sie ist rund 51,5 km im Fluß lang und hat 87,75 m natürlichen Fall. Die mittlere Regenhöhe des zu etwa ⅔ in den nördlichen Kalkalpen liegenden rund 3000 km2 großen Einzugsgebietes beträgt 1200 mm/Jahr, die mittlere Wasserführung der Isar unterhalb München schwankt zwischen 90 und 120 m3/s, die Wasserführung im Winter liegt etwa bei 50 v. H., in katastrophalen Niederwasser-Perioden sogar noch unter diesem Prozentsatz der mittleren Jahresführung des Flusses. Das Projekt zieht den in der Talung östlich von München vorbeifließenden Grundwasserstrom zur Ausnützung mit heran, wodurch die durchschnittliche Nutzwassermenge auf 118 m3/s steigt. Die Gerinne sind auf 125 m3 sekundliche Wasserführung bemessen, der „Ausbau“ beträgt also \frac{125}{118}=106 v. H. Durch einen 32 Millionen m3 fassenden Speicherweiher im Erdinger Moos wird der Vorteil bedeutender Milderung des winterlichen Kraftmangels und derjenige der täglichen Spitzensteigerung und der besseren Ausnutzung der Abflußschwankungen im Fluß erreicht. An den Schalttafeln der fünf Tandem-Stationen mit 10,8–26,5–25,1–10,8–10,8 m Fallhöhe werden daher rund 500 Millionen kWh jedes Jahr zur Verfügung sein, entsprechend einer Ersparnis von jährlich mindestens 40000 Waggons Kohlen. Zum Ausgleich der Tagesspitzen ist am unteren Ende der Kanalstrecke ein Gegenweiher von 3 Millionen m3 Inhalt vorgesehen. Die größte abgebbare Leistung beträgt 112000 PS, mit Berücksichtigung der Ueberlastbarkeit der Kanäle sogar über 125000 PS. Die Weiher aber bewirken, daß selbst in einem wasserarmen Winter täglich 12 Stunden lang 100000 PS abgegeben werden können. Das Projekt ist bemerkenswert durch die Kombinierung von vier großen wasserwirtschaftlichen Nutzungen an einem und demselben Unternehmen. Das Grundwasser leistet nicht nur nützliche hydraulische Arbeit; sondern durch seinen Entzug wird zugleich die Entwässerung und damit die Kultivierung des Erdinger Mooses ermöglicht. Nach J. MayrMayr, Das Erdinger Moos und die „Mittlere Isar“, Bayer Staatsanzeiger Nr. 149, 1919. kann ungefähr ein Fünftel bis ein Viertel des Bedarfes der Stadt München an Getreide, Milch und Kartoffeln von dem neuen Moossiedelungsland erübrigt werden. Mit dem Speicherweiher läßt sich ferner eine großzügige Abwasserreinigungsanlage in sogenannten Hof er sehen Fischteichen verbinden. Dr. Strell hat ausgerechnet, daß durch die bisher geübte Einleitung der Münchener Abwasser in die Isar gering gerechnet jedes Jahr 5 ½ Millionen Mark an Phosphor, Kali und Stickstoff verloren gehen. Schließlich ist noch bei den Kanälen der „M J“, wie auf der denkwürdigen Wasserwirtschaftsratstagung am 17. 7. 1919 in MünchenRümelin, Die Tagung des bayerischen Wasserwirtschaftsrates am 17. VII. 1919. „Die Wasserkraft“, München, Nr. 9 und 10, 1919. dargetan, zum erstenmal in der Welt die von Hallinger geforderteHallinger, Von München bis zur Donau. Der 1200 t-Schiffszug auf Wasserkraftkanälen. Huber, Dießen vor München. 1919. Möglichkeit der Kombinierung von Wasserkraft- und Schiffahrtnutzung an einem verhältnismäßig schmalen Werkkanal wirklich als zulässig erachtet und beschlossen worden. Dr.-Ing. Th. Rümelin.