Titel: Ein neues Berechnungsverfahren für biegungsfeste Rahmen nach H. Bronneck.
Autor: Marx
Fundstelle: Band 336, Jahrgang 1921, S. 302
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Ein neues Berechnungsverfahren für biegungsfeste Rahmen nach H. BronneckEinführung in die Berechnung der im Eisenbetonbau gebräuchlichen biegungsfesten Rahmen von Ing. HugoBronneck, behördlich autorisierter Zivilingenieur für das Bauwesen, II. Auflage. Berlin. W. Ernst & Sohn.. Von Dipl.-Ing. Prof. Marx, Kaiserslautern. MARXS, Ein neues Berechnungsverfahren für biegungsfeste Rahmen. Durch diese neue Berechnungsmethode wird die Berechnung auch der kompliziertesten Rahmenformen ohne irgend welche Ableitung möglich. Darin besteht hauptsächlich der Vorteil des Verfahrens, daß der Ingenieur keinerlei Formelsammlungen oder neuer Ableitungen für seine Berechnungen bedarf, die er in der bisherigen Literatur auch bei verwickelteren Rahmenformen nirgendwo findet. Bronneck geht von den grundlegenden Gleichungen aus, wie solche in den Werken von Müller-Breslau und Mörsch zu finden sind. Zur Erläuterung des Rechen Verfahrens soll der einfache rechteckige Zweigelenkrahmen gewählt werden. Für diesen läßt sich der Rahmenschub aus folgender Gleichung berechnen: X=\frac{\frac{J_c}{J_0}\,\int\limits_0^h\,M_0\,.\,y\,dy+\frac{J_c}{J_1}\,.\,h\,\int\limits_0^l\,M_1\,dx+\frac{J_c}{J_0}\,\int\limits_0^h\,M_2\,y\,dy}{\frac{J_c}{J_0}\,.\,\frac{2}{3}\,h^3+\frac{J_c}{J_1}\,.\,l\,.\,h^2+\frac{J_c}{F_1}\,.\,l} Textabbildung Bd. 336, S. 301 Abb. 1. Dabei bedeuten M0, M1 und M2 die Biegungsmomente in den Punkten 0, 1 und 2, hervorgerufen durch die äußere Belastung, wenn der Rahmen auf irgend eine Weise statisch bestimmt gemacht wird; (siehe Abb. 1) J0, J1 die Trägheitsmomente der Stiele und des Querriegels, während Jc ein beliebiges Trägheitsmoment darstellt. Wird nun jedem Stabteilchen (dy) der beiden Stiele das elastische Gewicht \left(\frac{J_c}{J_0}\,.\,dy\right) zugeschrieben, so stellen die 2 ersten Glieder im Nenner obigen Ausdruckes nichts weiter als das Trägheitsmoment des ganzen Rahmens bezogen auf die Achse A–B dar, im folgenden mit Ta bezeichnet. Das Glied \frac{J_c}{F_1}\,.\,l rührt vom Einfluß der Längskräfte her. Der Ausdruck \frac{J_c}{J_0}\,\int\limits_0^h\,M_0\,.\,y\,.\,dy=\int\limits_0^h\,M_0\,\left(\frac{J_c}{J_0}\,.\,dy\right)\,y stellt, wie leicht zu erkennen ist, das statische Moment der über dem Stiel \overline{AC} gelegenen Momentfläche in bezug auf die Achse AB dar, also \int\limits_0^h\,M_0\,\left(\frac{J_c}{J_0}\,.\,dy\right)\,.\,y=\left(\frac{J_c}{J_0}\,.\,f_0\right)\,.\,y_{so}, wobei fo = Inhalt der Momentenfläche und yso = Abstand des Schwerpunkts dieser Flache von \overline{AB}; ähnlich sind die beiden noch übrigbleibenden Ausdrücke im Zähler von X zu deuten. Bezeichnet man die Summe dieser Ausdrücke mit Sa, so ergibt sich für den Rahmenschub die höchst einfache Beziehung X=\frac{S_a}{T_a+\frac{T_e}{F_A}\,.\,l} Mit Hilfe dieser Formel kann der Rahmenschub für alle möglichen Belastungsfälle gerechnet werden. Selbstredend kann in dieser Formel auch der Einfluß von Wärmeänderungen berücksichtigt werden; ferner gilt sie auch für beliebig geformte Zweigelenkrahmen. Bronneck leitet nun für verschiedene Rahmenformen und verschiedene Belastungen die Einflußliniengleichung für Sa ab; beispielsweise ergibt sich für den in Abb. 1 dargestellten Rahmen die Gleichung der Einflußlinie von Sa zu S_a=\frac{h\,.\,l}{2}\,.\,a\,\frac{h}{2}\,.\,a^2, gleichzeitig auch die von X für eine auf dem Querriegel wandernde Einzellast von 1 t. Da T_a=\frac{J_1}{J_0}\,.\,\frac{2}{3}\,h^3+l\,.\,h^2, so ergibt sich unter Vernachlässigung des Einflusses der Längskräfte der Rahmenschub X=\frac{S_a}{T_a}=\frac{\frac{h\,.\,1}{2}\,.\,a-\frac{h}{2}\,a^2}{\frac{J_1}{J_0}\,.\,\frac{2}{3}\,.\,h^3+l\,.\,h^2}\,.\,P, woraus nach einigen Umformungen X=\frac{1}{2\,h}\,.\,\frac{3\,a\,(l-a)}{\left(2\,.\,\frac{J_1}{J_0}\,.\,h+3\,l\right)}\,.\,P wenn die Last P am Querriegel angreift; eine Beziehung, welche sich auch in den bekannten Formelsammlungen von Kleinlogel, städt. Bauamtmann Herndl (†) usw. findet. Auf die oben bezeichnete Weise wird nun die Einflußliniengleichung von Sa für den Sheddach- und den Pultdach-Rahmen usw. bestimmt. Nach dem Gesagten müßte nun für jede gegebene Rahmenform die Einflußliniengleichung der statisch unbestimmten Größe und daraus die Berechnungsformeln für die jeweils gegebene äußere Belastung stets neu abgeleitet werden. Hier setzt nun die neueMit der 2. Auflage des Buches. Berechnungsweise von Bronneck ein, indem es ihm gelingt, die statisch unbestimmte Größe aus einer Gleichung dritten Grades von der Form y = a + bx + cx2 + dx3 zu ermitteln. Darin sind a, b, c, d Festwerte, die nur von der Rahmenform und den Rahmenabmessungen abhängen, während x den veränderlichen Abstand der Einzellast 1 von einem bestimmten Koordinatenanfangspunkt bezeichnet. Es kann also diese Gleichung sofort ziffernmäßig ausgewertet werden oder es können die Formeln aus ihr bestimmt werden. Damit lassen sich nicht nur die symmetrischen, sondern auch die unsymmetrischen Rahmen einfachst lösen, insbesondere läßt sich ein veränderliches Trägheitsmoment berücksichtigen. Für einen beliebig geformten Stabzug (Abb. 2) lautet die allgemeine Einflußliniengleichung für Sa, wie folgt: S_a=\left[\lambda'_{n-1}\,.\,\Sigma\limits_1^{n-1}+\lambda_{n-1}\,.\,\Sigma\limits_n^m\,\overline{B}\right]-\left[\Sigma_1^{n-1}\,\overline{A}-\Sigma_n^m\,B\right]\,.\,a-\frac{s'_n\,.\,y_{n-1}}{2\,l_n}\,.\,a^2-\frac{s'_n\,.\,\Delta\,y_n}{6\,.\,{l_n}^2}\,.\,a^3, wenn \frac{J_c}{J}\,.\,S_n=S'_n gesetzt wird. Alle übrigen Bezeichnungen gehen aus Abb. 2 hervor. Textabbildung Bd. 336, S. 302 Abb. 2. Für eine Reihe von Rahmenformen sind für die verschiedensten Belastungen (Einzellasten, gleichmäßig verteilte Belastungen usw.) die Einflußliniengleichungen von Sa aufgestellt worden, so für den Gelenkrahmen mit gekrümmter Querriegelachse, für den Gelenkrahmen mit doppelt geknickter symmetrischer Querriegelachse usw. Die gleiche Berechnungsweise, wie sie für die Berechnung von Gelenkrahmen durchgeführt wurde, wird auch im zweiten Abschnitt für die Berechnung von vollkommen eingespannten Rahmen verwendet. Auch hier wird die Ableitung der allgemeinen Einflußliniengleichungen für die statisch unbestimmten Größen X, Y, Z gegeben. Wertvoll sind insbesondere die durchgerechneten Beispiele, die die Einfachheit des neuen Verfahrens deutlich erkennen lassen. Zum Schlusse zeigt Verfasser, wie auch mehrstielige Rahmen mit End- und Mittelstielgelenken darnach gerechnet werden. Das neue Berechnungsverfahren eignet sich also nicht nur für die einfachen Rahmenformen und Belastungsfälle, der Hauptvorteil desselben beruht, wie bereits erwähnt, in der raschen Bewältigung jener Fälle, für welche in der Literatur Formeln nur sehr schwer oder gar nicht zu finden sind.