Titel: Die Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit feuerfester Stoffe.
Autor: K. Arndt
Fundstelle: Band 337, Jahrgang 1922, S. 185
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Die Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit feuerfester Stoffe. Von Prof. Dr. K. Arndt. ARNDT, Die Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit feuerfester Stoffe. Für eine sparsame Ausnutzung der Brennstoffe ist es wichtig, das Wärmeleitvermögen der feuerfesten Stoffe zu kennen, welche den Heizraum umschließen. Einerseits sind schlechte Wärmeleiter nötig, wenn es gilt, den Abfluß der Wärme nach außen möglichst zu verhüten; in anderen Fällen sind umgekehrt möglichst gute Wärmeleiter erwünscht, wenn der von ihnen eingeschloßene Stoff von außen her rasch auf eine hohe Temperatur erhitzt werden soll. Leider sind die vorliegenden Messungen meist nur auf Temperaturen bis 900° oder höchstens 1000° ausgedehnt worden, trotzdem das darüber liegende Temperaturbereich bis etwa 1600° für die heutige Technik große Bedeutung gewonnen hat. Ich will im folgenden über die vorhandenen Arbeiten eine kleine Uebersicht geben und dabei die für hochfeuerfeste Stoffe vorliegenden Ergebnisse besonders berücksichtigen. In ihren ausführlichen „Untersuchungen über die Wärmeleitfähigkeit feuerfester Baustoffe“ (Mitteilungen des Kgl. Material-Prüfungsamtes, Bd. 32, S. 95, 1914) geben Heyn und Bauer zunächst eine Definition der äußeren und inneren Wärmeleitfähigkeit. Aeußere Wärmeleitfähigkeit gegenüber dem umgebenden Mittel ist die in 1 Sekunde durch die 1 qm große Endfläche bei konstantem Temperaturunterschied 1° C ausströmende Wärmemenge. Ihr Wert wird außer von der Sonderart des betreffenden festen Stoffes auch von der Beschaffenheit seiner Oberfläche, von der Art und dem Bewegungszustand des umgebenden Mittels bestimmt. Die innere Wärmeleitfähigkeit wird gemessen: 1. Durch ein kalorimetrisches Verfahren nach Fourier und Peclet (Ann. de chimie et de physique 1841, S. 107). 2. Abkühlungs- und Erhitzungsverfahren: Messung an Stäben im Beharrungszustand. Beobachtet man bei einem sehr langen und sehr dünnen Stabe, welcher am Querschnitt 0 erhitzt wird, nach Eintritt des Beharrungszustandes die Temperatur an mindestens 2 Querschnitten, so kann man hieraus das Verhältnis der äußeren zur inneren Wärmeleitfähigkeit berechnen. Um den Wert der äußeren Leitfähigkeit bei Stäben aus verschiedenem Stoff gleich zu machen, gaben Wiedemann und Franz (Poggend. Ann. Bd. 89, S. 497, 1853) den Stäben Ueberzüge gleicher Art, aus Firnis, Ruß, Nickel oder Silber. 3. Abkühlungs- und Erhitzungsverfahren: Messungen an Stäben außerhalb des Beharrungszustandes. a) Nach dem Verfahren von Angström (Ann. Bd. 24, S. 512, 1861) wird der Stab abwechselnd erwärmt und abgekühlt mit einer Periode von 24 Minuten; die Temperatur wird im Anfangsquerschnitt und in einem etwa 10 cm davon entfernten Querschnitt gemessen. b) Nach dem Verfahren von F. Neumann (Ann. de chimie et de physique. Bd. 66, 1862) wird ein dünner Stab am einen Ende erwärmt und, nachdem sich Temperaturgleichheit eingestellt hat, der Abkühlung überlassen. In gleichen Zeiträumen wird die Temperatur der Enden gemessen. Die Rechnung vereinfacht sich, wenn gleichzeitig die Temperatur der Stabmitte gemessen wird. c) Nach einem Verfahren von L. Lorenz (Ann. Bd. 13, S. 422, 1881) wird ein sehr dünner Stab am einen Ende erwärmt und dann abkühlen gelassen, wobei der Luftraum auf konstanter Temperatur gehalten wird. Während des Erwärmens und des Abkühlens wird die Temperatur an 8 Stellen des Stabes gemessen. 4. Abkühlungs- und Erhitzungsverfahren: Messungen an Ringen, Kugeln, Würfeln usw. Würfel wurden z.B. von Kirchhoff und Hansemann benutzt (Ann. Bd. 9, S. 1, 1880. Bd. 12, S. 401, 1881). 5. Erhitzen durch bekannte Wärmemengen: a) Kohlrausch, Jaeger und Diesselhorst (Wissenschaftl. Abh. d. Phys. Techn. Reichsanst. 1900, S. 273) erwärmten einen Stab elektrisch und hielten die Zuführungsstellen durch Bäder auf konstanter Temperatur. Im Beharrungszustand maßen sie die Temperatur an 3 gleich weit voneinander entfernten Stellen, außerdem das Spannungsgefälle. Auf diese Weise ermittelten sie das Verhältnis der Leitvermögen für Wärme und für Elektrizität. b) Für Isolierstoffe haben Jaeger und Diesselhorst in der obigen Anordnung nebenbei die Wärmeleitfähigkeit ermittelt, z.B. der Watte, welche sich zwischen dem Metallstab und dem ihm umhüllenden doppelwandigen Kupfermantel befand, der durch strömende Flüssigkeit oder Dampf auf bestimmter Temperatur gehalten wurde. c) Clement und Egy (Metallurgical and Chemical Engineering, Bd. 8, S. 414, 1910), welche die Wärmeleitfähigkeit von feuerfesten Tonen bei hohen Temperaturen bestimmten, heizten einen Zylinder aus dem betreffenden feuerfesten Ton von innen durch eine Spule aus reinem Nickeldraht. In zwei Längsbohrungen, welche um r1 und r2 von der Achse entfernt waren, lagen Thermoelemente. Sobald die von ihnen angezeigten Temperaturen konstant geworden waren (nach 3–5 Stunden), wurde gemessen. Bei ihren eigenen Versuchen bedienten sich Heyn und Bauer des Clementschen Verfahrens in folgender Anordnung: Der Versuchsstein legt sich mit seiner einen Kopffläche gegen eine Heizplatte aus hochfeuerfester Masse, welche durch Kohlegries als Heizwiderstand elektrisch erwärmt wird. In den Versuchsstein, der mit Steinen ähnlicher Art umbaut ist, sind eine Reihe von Thermoelementen eingebaut. Nach Beginn des Heizens wird der Temperaturanstieg an allen diesen Thermoelementen beobachtet. Aus diesen Beobachtungen wird auf eine nicht ganz einfache Weise die Wärmeleitfähigkeit des Versuchssteines errechnet. An sich einfacher ist das unter 1. kurz erwähnte kalorimetrische Verfahren. Nach ihm hat S. Wologdine (Revue de Metallurgie Bd. 6, S. 767, 1909) bei Le Chatelier die Wärmeleitfähigkeit einiger feuerfester Stoffe untersucht. Er setzte die runde 5 cm dicke Versuchsplatte als Deckel auf einen Gasofen und auf die Platte ein Wasserkalorimeter. In die Platte waren drei Löcher gebohrt, das erste 50 mm, das zweite 45 mm und das dritte 5 mm tief. P. Goerens (Bericht über die 34. Hauptversammlung des Vereins deutscher Fabriken feuerfester Produkte, 1914, S. 92, Ferrum Bd. 12, S. 1 und 17, 1914) verbesserte diese Anordnung wesentlich. Er ersetzte die Gasheizung durch elektrische Erhitzung, weil es nicht möglich war, mit Gasheizung hohe Temperatur längere Zeit hindurch konstant zu halten. Außerdem wird das feuerfeste Material auf die Dauer durch das Gas in eigentümlicher Weise verändert; nach wiederholtem Erhitzen schwellen nämlich die Steine auf und in ihrem Innern lagert sich Kohlenstoff ab. Als elektrischen Heizkörper benutzte Goerens eine mit Chromnickeldraht bewickelte Schamotteplatte. Zweitens umgab er den unteren Teil des Kalorimeters mit einem Gefäß, welches in gleicher Weise wie das Kalorimeter von Wasser durchflössen wurde. Durch diese zweite Verbesserung werden Einwände, welche Heyn gegen das kalorimetrische Verfahren erhob, beseitigt. Es wird nämlich der Teil der Steinoberfläche, der mit dem Boden des Kalorimeters in Berührung steht, stark abgekühlt. Würde man nun den übrigen Teil der Steinoberfläche mit der Luft in Berührung lassen, so würde hier die Wärme langsamer abgegeben und die Temperatur höher sein. Es müßte dann von dem heißeren Rand der Steine nach der Mitte zu, wo das kühlende Kalorimeter steht, Wärme abströmen und deshalb die vom Kalorimeter aufgenommene Wärme zu groß werden. Dieser Fehler wird ausgeschaltet, indem man den übrigen Teil der Steinoberfläche durch das Kühlgefäß kühlt, welches das Kalorimeter genau umschließt. Goerens spannte von dem zu untersuchenden Material vier Normalsteine in einen Rahmen ein. Zur Einführung der Thermoelemente waren in einen der vier Steine eine Reihe von Rillen eingeschliffen. Zum Messen der niedrigeren Temperaturen wurden Kupfer-Konstantanelemente, für die höheren Temperaturen Platin-Platinrhodiumelemente benutzt. Weitere Einzelheiten sind am genannten Orte einzusehen. Weil der Wärmeleitungskoeffizient, der angibt, welche Wärmemenge in cal sekundlich auf den qcm durch eine Platte von 1 cm Dicke hindurchgeht, deren Außenflächen einen Temperaturunterschied von 1° aufweisen, bei feuerfestem Material sehr klein ist, so ergibt sich ein für die Praxis geeigneter Wert K, wenn man die abgegebene Wärmemenge W in kg-Kalorien (WE) auf die Stunde, die Oberfläche F in qm und die Wanddicke D in m mißt. Dann ist K = 360 k. Goerend hat für folgende Steine die Wärmeleitfähigkeit gemessen: Material Zeichen SiO2 Al2O3 Fe2O3 CaO MgO Alkali Halbschamotte C II 73,1 22,9 1,9 0,2   0,2 1,7 Schamotte CX 63 67,7 28,2 1,9 0,3   0,1 1,9 Schieferton NS 53,9 40,2 1,9 0,2   0,2 1,3 Lia L I A 53,0 45,3 1,2 Spur Spur 0,5 Silika Luetgen 96,0   1,8 0,7 1,5 Magnesit Bendorf   2,7   6,5 4,5 86,2 Für diese Materialien bestimmte er außerdem die Porosität, welche gleichzeitig die scheinbare Dichte ergibt. Die folgende Tabelle gibt die Zahlen für die obigen Materialien und für einen Kohlenstoffstein, der 89% C enthielt: Material Poro-sität Schein-bareDichte Wärmeleitfähigkeit 0–100° 400–500° 800–900° 900–1000° Halbschamotte 30% 1,83 0,79 0,88 1,05 Schamotte 29% 1,80 0,75 0,89 1,10 Schieferton 31% 1,81 0,78 0,97 1,15 1,18 Lia 39% 1,75 0,72 0,75 0,82 0,84 Silika 23% 1,87 1,01 1,13 Magnesit 34% 2,34 3,71 3,10 2,93 Kohlenstoff 38% 1,19 0,92 1,26 1,36 Aus den Ergebnissen seiner Versuche folgert Goerens, daß die Wärmeleitungszahlen mit wachsender Porosität abnehmen und daß feuerfeste Stoffe von hoher Dichte gute Wärmeleiter sind. Mit wachsender Temperatur steigt die Wärmeleitungszahl, nur beim Magnesit nimmt sie ab. Heyn und Bauer fanden auf ihrem Wege folgende Werte der Wärmeleitfähigkeit: Material 200° 600° 1000° 1200° Schamotte BC 0,52 0,79 0,94        „         4 0,41 0,50 0,77        „         C 0,76 0,97 0,97 0,97 Dinas M 1 x 0,49 0,61 0,65 0,86 Magnesit 0,40 0,43 0,50 Kohlenstoff 0,43 Clement und Egy selbst untersuchten Zylinder aus Ton, welche von der Laclede-Christy Clay Products Company in St. Louis für sie gebrannt worden waren. Die Mischung A war dunkelrotbraun und enthielt keinen Sand; ihr Gefüge ähnelte Sandstein. B hatte auch rotbraune Farbe, war aber mittelfein und enthielt sehr wenig weißen Sand. 1 war braun, etwa gröber als B und enthielt auch wenig Sand. Die Sorte 3 schließlich war ziemlich weiß, sehr grob und enthielt viel Sand. Wenn man ihre Ergebnisse auf die von Goerens gewählten Einheiten umrechnet, so erhält man folgende Werte: Material 350° 400° 500° 600° 700° 800° A 0,88 0,94 B 0,76 0,79 1 1,30 1,30 2 0,96 0,96 Von anderen amerikanischen Fachleuten hat sich besonders Carl Hering mit der Wärmeleitfähigkeit bei hohen Temperaturen beschäftigt. Einer von ihm zusammengestellten Tabelle (Metallurgical and Chemical Engineering Bd. 9, S. 15, 1911) entnehme ich folgende Zahlen: Ziegel aus 400–800° Graphit 3,66 Karborundum 3,36 Magnesia 1,03 Chromit 0,83 Bauxit 0,48 Silika 0,29 Kieselguhr 0,26 Die angegebenen Wärmeleitfähigkeiten sind wieder auf die von Goerens gewählten Einheiten umgerechnet, geben also an, welche Wärmemenge (in WE) stündlich auf den qm durch eine Platte von 1 m Dicke hindurchgeht, deren Außenflächen einen Temperaturunterschied von 1° aufweisen. Hering selbst empfiehlt andere Maßeinheiten, welche sich auf die elektrische Messung der durch die Platte gegangenen Wärme stützen. Er, bezeichnet als Thermal Ohm den thermischen Widerstand, welcher ein Temperaturgefälle von 1° C für 1 Watt Wärmefluß erfordert. Bezeichnet man ihn mit R, das Temperaturgefälle mit T und den Wärmefluß in Watt mit W, so erhält man eine dem Ohmschen Gesetz nachgebildete Gleichung W=\frac{T}{R} Der amerikanischen Sitte folgend, welche die elektrische Leitfähigkeit, den reziproken Wert des in Ohm gemessenen Widerstandes, als Mho bezeichnet, nennt er die Einheit der spezifischen thermischen Leitfähigkeit Thermal Mho; das Thermal Mho läßt 1 Watt Wärme fließen, wenn das Temperaturgefälle 1° beträgt. Für Silikaziegel z.B. wird der thermische Widerstand 119,5 und die thermische Leitfähigkeit 0,0084. Einige Wärmeleitungszahlen für hohe Temperaturen finden wir noch in einer Zusammenstellung von F. T. Snyder (Met. Chem. Eng. Bd. 8, S. 629, 1910). Wir entnehmen ihr für Silikaziegel, die bei 1050° gebrannt sind, im Gefälle von 0–1000° die Wärmeleitungszahl 0,65 (in unserem Maße), dagegen für Silikaziegel, die bei 1310° gebrannt sind, den Wert 1,03. Für den Elektrotechniker sind die Wärmeleitungszahlen wertvoll, welche Snyder (a. a. O.) für Kohlenelektroden und Graphitelektroden angibt: Material 100–400° 100–800° 100–1200° 100–1600° Kohlenelektroden   30   41 43 48 Graphitelektroden 166 103 94 86 Auch van Rinsum (Zeitschr. d. V. deutsch. Ing. 1918, S. 601 und 639), welcher kugelförmige Versuchskörper von innen elektrisch heizte, dehnte ebenfalls seine Versuche nicht über 1000° aus. Er gibt folgende Werte: Material 200° 600° 1000° Silika 0,56 0,88 1,19 Dinas 0,74 0,93 1,13 Schamotte 0,51 0,60 0,82 Magnesit 1,29 1,43 Er mußte 14 Tage warten, bis Temperaturgleichheit eingetreten war. Heyn und Bauer, deren Meßart und Ergebnisse wir oben besprochen haben, warteten nicht bis zum Dauerzustand, mußten aber, um aus dem Ungleichgewicht die Wärmeleitfähigkeiten zu berechnen, die spez. Gewichte und spez. Wärmen der untersuchten Stoffe kennen. Mit Recht beklagt Czako (Journ. Gasbeleuchtung Bd. 62, S. 274, 1919), daß die Zahlen der Wärmeleitfähigkeit unvollständig sind und sich zum Teil widersprechen, ganz besonders für Magnesit, eines der wichtigsten hoch feuerfesten Materialien. Hoffentlich werden diese Lücken bald durch deutsche Forscher ausgefüllt.Eine gute und teilweise ausführliche Uebersicht über die einschlägige amerikanische Literatur gab H. Krüger in Stahl und Eisen 1918, S. 1201–1210.K. A.