Titel: Die Entwicklung der neuzeitlichen Vergaser.
Autor: Wimplinger
Fundstelle: Band 339, Jahrgang 1924, S. 57
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Die Entwicklung der neuzeitlichen Vergaser. Von Dipl.-Ing. Wimplinger, Berlin-Südende. WIMPLINGER, Die Entwicklung neuzeitlicher Vergaser. Unser ganzes Wirtschaftsleben wird von den hohen Brennstoffpreisen beeinflußt. Eine bestmögliche Ausnutzung unserer Brennstoffvorräte zu erreichen ist Aufgabe der Wärmewirtschaft in Industrie, Gewerbe und Haushalt. Bei den hohen Preisen der leichten Motorenbetriebsstoffe (Benzin und seine Mischungen) ist es ebenfalls in der Motorenindustrie und besonders im Automobilbetrieb das Bestreben vorherrschend, Mittel und Wege zu finden, den Brennstoffverbrauch zu verringern und wenn möglich die billigeren schweren Brennstoffe (Benzol, Petroleum, Gasöl usw.) zu verwenden. Bei einwandfreiem Motor, Zündung usw. ist es in erster Linie vom Vergaser abhängig, den geringsten Brennstoffverbrauch bei unverminderter Motorleistung zu erzielen, bzw. schwere Brennstoffe verwenden zu können. Die bekannten und bewährten neuzeitlichen Vergaser zerstäuben auch schwere Brennstoffe genügend gut und erzeugen bei allen Motorbelastungen ein gleichbleibendes Brennstoffluftgemisch. Die vollkommene Vergasung der im Vergaser zerstäubten höher siedenden Brennstoffsorten erfolgt aber erst im Motor. Die mit dem Brennstoffluftgemisch in Berührung kommenden Motorteile, wie Saugrohr, Kanäle, Zylinderwände usw. müssen deshalb stets so heiß gehalten werden, daß sich der im Vergaser fein zerstäubte Brennstoff nicht an diesen Flächen niederschlägt. Textabbildung Bd. 339, S. 57 Abb. 1. Bei einer einfachen Vergaservorrichtung wird nun vom Hauptrohr Luft und Brennstoff bei zunehmender minutlicher Umlaufzahl nicht in gleichbleibendem Verhältnis angesaugt, sondern es tritt bei großen Geschwindigkeiten ein Ueberfluß an Brennstoff ein, wie dies die Kurve des Mischungsverhältnisses in Abb. 1 zeigt. Es ist nun der Vergaser so auszuführen, daß durch eine zweite Brennstoffzuführung (Ausgleichdüse usw.) hier ein Ausgleich geschaffen wird. Die entsprechend angeordnete zweite Düse ergibt ein Mischungsverhältnis, das durch die Kurve in Abb. 2 dargestellt ist. Beim gleichzeitigen Arbeiten der Haupt- und Ausgleichdüse werden sich die beiden ergänzen. Die beiden Kurven ergeben in ihrer Gesamtwirkung bei jeder Luftgeschwindigkeit ein gleichbleibendes Gewinde. Hierauf beruht das Grundprinzip des im Jahre 1906 erfundenen Zenithvergasers, bei dem also die Hauptdüse ihren Einfluß besonders bei hohen Umlaufzahlen des Motors geltend macht, während die Ausgleichdüse hauptsächlich für die niedrigen Luftgeschwindigkeiten in Betracht kommt. Textabbildung Bd. 339, S. 57 Abb. 2. Textabbildung Bd. 339, S. 57 Abb. 3. Textabbildung Bd. 339, S. 57 Abb. 4. Die schematische Darstellung, wie der Ausgleich bei diesem Vergaser verwirklicht ist, zeigt Abb. 3 und 4 (Abb. 3 zeigt die Anordnung eines Vertikalvergasers, Abb. 4 für einen Horizontalvergaser). Hier ist außer einer gewöhnlichen Spitzdüse G, die unmittelbar mit der Schwimmerkammer in Verbindung steht, noch eine zweite Spritzdüse \frakfamily{I} (Ausgleichdüse) angebracht, um den notwendigen Ausgleich herbeizuführen. Diese Ausgleichdüse mündet in eine Kammer J, deren oberer Teil mit der Außenluft in Verbindung steht und deshalb in der Zeiteinheit eine gleichbleibende Brennstoffmenge liefert. Der Brennstoff, der in die Kammer J fließt, wird von einer Röhre H aufgenommen, deren Mündung sich in gleicher Höhe wie die der Spritzdüse G befindet. Da der Querschnitt der Kammer J bedeutend größer ist als derjenige von H, so folgt daraus, daß die Veränderung der Saugwirkung im Vergaser ohne Einfluß auf die Brennstoffabgabe der kalibrierten Oeffnung \frakfamily{I} sind. In Abb. 5 ist die Vertikalausführung des Zenithvergasers dargestellt. G ist auch hier die Hauptdüse, \frakfamily{I} die Ausgleichdüse. Die Röhre H, welche das in der Kammer J enthaltene Benzin weiterleitet, ist ringförmig um die Hauptdüse G gelegt. Beide münden in S, an der engsten Stelle des Lufttrichters X, der infolge der ihm gegebenen Form eine rasche Zunahme der Luftgeschwindigkeit bewirkt, wodurch eine sehr gute Zerstäubung des Brennstoffes herbeigeführt wird. Die Zusammenwirkung des Ganzen erzeugt das Gemisch, welches dem normalen Gang und den verschiedenen Belastungsstufen des Motors genau angepaßt ist. Jedoch bei der Ingangsetzung und beim Langsamlauf des Motors, die mit fast geschlossener Drosselklappe vor sich gehen, besteht ein nur geringer Unterdrück an den Düsenmündungen in S, der nicht ausreicht, den Brennstoff mitzureißen, während der Unterdruck in U sehr erheblich ist. Arbeitet der Motor bei Leerlauf, also mit fast geschlossener Drosselklappe bei 200–300 Umdrehungen, so ist der Luftzug an den Oeffnungen von G und H zu schwach, um den Brennstoff zu zerstäuben. Textabbildung Bd. 339, S. 58 Abb. 5. Textabbildung Bd. 339, S. 58 Abb. 6. Um hier dennoch eine gute Zerstäubung des Brennstoffes zu erhalten, wird nach Abb. 3 im Behälter J eine Düse a angebracht, welche für die Leitung U Brennstoff liefert, der sich bei Z mit Luft vermischt. Die Leitung U mündet an der Kante der Drosselklappe P, an der eine hohe Luftgeschwindigkeit vorhanden ist. Auf diese Weise wird auch im Leerlauf eine gute Gemischbildung im Vergaser erreicht. Um den Brennstoffverbrauch noch mehr zu verkleinern und besonders eine innige Durchmischung von Brennstoff und Luft und somit ein sehr gleichmäßiges Gemisch zu erhalten, ist der in Abb. 3 und 4 schematisch dargestellte Zenithvergaser in neuer Zeit nach Abb. 6 so umgeändert worden, daß eine dreistufige Zerstäubung erreicht wird. Ein Vergleich der Abb. 3 und 6 zeigt, daß der Hauptzerstäuber X geblieben und wie bisher im Saugrohr des Vergasers angeordnet ist. Neu hinzugekommen ist dabei der Korrektor F und die Zerstäubungsvorrichtung b und c. Bei Abb. 6 ragt der doppelte Zerstäuberkonus in den Hauptzerstäuber X hinein. Dieser doppelte Zerstäuberkonus, durch dessen engsten Querschnitt der Brennstoff angesaugt wird, bildet mit dem Hauptzerstäuber X den sogenannten „dreifachen Zerstäuber“. Die Drosselklappe P regelt auch hier die Gaszufuhr. Vom Schwimmerbehälter W fließt der Brennstoff durch den Kanal G zur Hauptdüse und durch den Kanal H zur Ausgleichdüse und dann in den gemeinschaftlichen Kanal C, der zur Zerstäubungsvorrichtung führt. Im Gegensatz zur früheren Ausführung des Zenithvergasers vermischt sich der gesamte Brennstoff im Kanal C, also ehe er zur Zerstäubungsvorrichtung gelangt, mit der zugeführten Bremsluft, um so eine gute Zerstäubung einzuleiten. Der Hauptzerstäuber X erzeugt dabei mit einem geringen Ladungsverlust einen entsprechenden Unterdruck für den Brennstoffaustritt. In diese Unterdruckzone mündet ein zweiter Zerstäuber b von kleinerem Durchmesser und mit dünnen Wänden. Im Zerstäuber b wird ein Unterdruck hervorgerufen, der höher ist als in X. In den Zerstäuber b mündet der Zerstäuber c, in dem der Unterdruck am höchsten ist. Aus dem Kanal C fließt der Brennstoff in den Ringraum N und von da wird er durch die Löcher d zu dem kleinsten Durchmesser des Zerstäubers geleitet. Die Leerlaufvorrichtung B, die bei U in die Vergaserbohrung mündet und deren engste Bohrung bei u ist, wird durch die Schraube v einreguliert. Textabbildung Bd. 339, S. 58 Abb. 7. Nebenstehender Schnitt zeigt die Anordnung des dreifachen Zerstäubers bei diesem neuen Zenith-Vergaser.; Der seitlich in vergrößertem Maßstäbe abgebildete Corrector zeigt auf Stellung normal. Textabbildung Bd. 339, S. 58 Abb. 8. Die Schnittzeichnung des Vertikalvergasers (Abb. 7) läßt erkennen, daß der Zerstäuber X nach Abnahme des Krümmers E ohne weiteres leicht nach unten herausgenommen werden kann. Da hier eine dreifache Zerstäubung des Brennstoffes stattfindet, so hat der Zerstäuber X weniger Einfluß auf die Gemischbildung, den Leerlauf und die Höchstleistung des Motors als bei einfacher Zerstäubung. Der Vergaser arbeitet deshalb bei der neuen Ausführung noch einwandfrei, wenn auch die Luftgeschwindigkeit auf etwa 50 m/sek sinkt. Deshalb ist eine Auswechslung des Zerstäubers bei Brennstoffwechsel im allgemeinen nicht notwendig. In Abb. 7 bedeutet noch O den Zuflußkanal des Brennstoffes aus dem Schwimmerbehälter V zur Ausgleichdüse J und zur Hauptdüse G. Die Verbindung der Leerlaufvorrichtung mit der Außenluft wird durch den Kanal j hergestellt. Textabbildung Bd. 339, S. 59 Abb. 9. Textabbildung Bd. 339, S. 59 Abb. 10. Der in Abb. 7 mit F bezeichnete Korrektor dient dazu, bei kaltem Motor das Anspringen zu erleichtern und dann, wenn der Motor genügend warm ist, das Gemisch ärmer zu machen. Zu diesem Zwecke sind im Vergaser noch die Bohrungen m und n angeordnet. Beim Anlassen des kalten Motors werden durch den Korrektor die Bohrungen m und n geschlossen gehalten. Infolgedessen saugt die Leerlaufvorrichtung ein brennstoffreiches Gasgemisch an, da durch die Bohrung n keine Luft in den Leerlaufkanal gelangen kann. Solange der Motor noch nicht seine normale Temperatur erreicht hat, wird durch den Korrektor der Kanal m geschlossen gehalten, so daß zur Zerstäubungsvorrichtung keine Zusatzluft gelangen kann und dementsprechend hier ein brennstoffreiches Gemisch erzeugt wird. Ist der Motor nun genügend heißgeworden, so wird der Korrektor umgeschaltet, damit durch den Kanal m und n Frischluft in den Vergaser strömen kann, um auf diese Weise ein Brennstoff arm es Gemisch zu erhalten. Abb. 8 zeigt noch die eigentliche Zerstäubungsvorrichtung in vergrößertem Maßstabe. Der herrschende Mangel an Brennstoffen für den Automobilbetrieb bedingt einen häufigen Wechsel der Brennstoffsorten. Die Vergasereinstellung muß deshalb häufiger geändert werden als früher. Deshalb wird von neuzeitlichen Vergasern verlangt, daß ihre Reglerteile (wie Brennstoff-, Bremsluft-, Leerlaufdüse und Lufttrichter) leicht und schnell ausgewechselt werden können. Abb. 9 zeigt, daß dies auch hier der Fall ist. Wie bereits erwähnt, kann der Zerstäuber X nach unten ausgebaut werden, wenn dies überhaupt notwendig ist. Die Leerlaufdüse kann nach oben, die Haupt- und die Ausgleichdüse dementsprechend seitlich herausgenommen werden, so daß ein schnelles und leichtes Einregulieren des Vergasers auf diese Weise möglich ist. Textabbildung Bd. 339, S. 59 Abb. 11. Textabbildung Bd. 339, S. 59 Abb. 12. Mit der Entwicklung der schnellaufenden Automobilmotoren hat sich die Schwierigkeit vergrößert, in der kurzen Zeit, die für den Saughub zur Verfügung steht, den Zylinder mit genügender Menge von frischem Gemisch zu füllen. Diesem Uebelstand wurde bereits früher durch Vergrößerung der Ventilquerschnitte, besonders bei Rennmotoren, begegnet. Bei weiterer Vergrößerung der Umdrehungszahl versagt auch dieses Mittel. Man hat. deshalb, um eine gute Zylinderfüllung zu erhalten, in diesem Falle zu dem bereits im Großgasmaschinenbau bekannten Mittel gegriffen, den vorhandenen Unterdruck im Zylinder durch ein Gebläse auszuschalten und das Gemisch auf einen höheren als den äußeren Luftdruck zu verdichten, ehe es in den Zylinder eingeführt wird. Auch bei Flugmotoren hat dieses Verfahren bereits Anwendung gefunden, die in sehr große Höhen aufsteigen und durch den verringerten Luftdruck an Leistung abnehmen. Während man bei Flugmotoren angestrebt hat, das dem Zylinder zugeführte Gas-Luftgemisch dauernd etwa auf derjenigen Druckhöhe zu erhalten, welche es auf dem Boden hat, wird im Automobilbetrieb der Gebläsedruck noch über den atmosphärischen Luftdruck gesteigert. Zu beachten ist aber dabei, daß das Gebläse hier nicht den Zweck hat, dauernde Ueberlastung zu erzielen, sondern es soll ermöglichen, beim Anfahren oder beim Befahren von Steigungen ein größeres Drehmoment zu erhalten, so daß der Wagen ohne Hilfe des Schaltgetriebes schnell auf höhere Geschwindigkeit kommt. Auch für dieses Arbeitsverfahren eignet sich der Zenithvergaser gut, wobei derselbe entsprechend Abb. 10 abzuändern ist. Aeußerlich unterscheidet er sich nicht vom Normalvergaser. Es ist nur ein Kanal mehr angeordnet, der den Luftstutzen in unmittelbarer Verbindung mit der Schwimmerkammer bringt. An diesem Luftstutzen ist die Verbindungsleitung zum Gebläse angeschlossen. Der Vergaser muß nach außen hin luftdicht abgeschlossen sein. Die Brennstoffzufuhr kann nur mittels Druckbehälters gesichert sein und der Druck in demselben muß höher sein als der Gebläsedruck. Wie bereits erwähnt, ist man mit Rücksicht auf die hohen Benzinpreise bestrebt, Schweröle auch im Automobilbetrieb zu verwenden. Hierzu sind aber besonders gebaute Vergaser notwendig. Einen solchen zeigt Abb. 11. Es ist hier eine beweglich angeordnete Schwimmerkammer vorhanden, die mit Petroleum oder dergleichen gespeist wird. In die mit dem Vergaser zusammengegossene Schwimmerkammer fließt Benzin. Der zwischen Hauptdüse und Kompensator befindliche Verbindungskanal nach Abb. 5 ist gesperrt. Dadurch wird erreicht, daß die Düse ausschließlich mit Petroleum arbeitet und der Kompensator ausschließlich mit leichtem Brennstoff. Der Kompensator arbeitet vor allem bei niedrigen Motordrehzahlen und speist auch die Leerlaufvorrichtung, Geringe Belastung und Leer auf könnten aber nicht mit Petroleumbetrieb aufrechterhalten werden. Die Frage wird aber dadurch sehr einfach gelost, daß bei dieser Belastung das Gemisch nur reines Benzin erhält. Der Benzinverbrauch ist aber nur darauf beschränkt, der in der Zeiteinheit entsprechend dem Zenithprinzip durch den Kompensator entsteht. Wird z.B. ein Kompensator 120 verwendet, so werden in einer Betriebsstunde nur 3,4 Liter Benzin verbraucht, während der Rest Petroleum ist. Das Petroleum ist dabei etwas vorzuwärmen, jedoch nicht über 30°. Deshalb ist es zweckmäßig die Petroleum-Schwimmerkammer mit einem Wärmemantel zu umgeben, welcher von der Warmwasserleitung des Motors gespeist wird. Zu diesem Zwecke sind, wie dies Abb. 12 zeigt, entsprechende Anschlüsse an der Schwimmerkammer vorgesehen. (Fortsetzungen folgen.)